TE Bvwg Erkenntnis 2019/6/3 G306 2211668-1

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Veröffentlicht am 03.06.2019
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Entscheidungsdatum

03.06.2019

Norm

B-VG Art. 133 Abs4
FPG §67 Abs1
FPG §67 Abs2
FPG §70 Abs3

Spruch

G306 2211668-1/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Dietmar MAURER über die Beschwerde des XXXX, geb. am XXXX, StA.: Rumänien, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 04.12.2018,

Zl. XXXX, zu Recht:

A) Der Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer (BF) wurde mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen XXXX vom XXXX2018, rk, Zl. XXXX, aufgrund des gewerbsmäßigen Diebstahls gemäß §§ 15, 127, 130 Abs. 1 StGB zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von 9 Monaten rechtskräftig verurteilt.

Als mildernd wurde bei der Strafbemessung dass kein Schaden entstanden ist und es beim Versuch geblieben ist sowie das Geständnis, als erschwerend die Tatmehrheit sowie die einschlägige Vorstrafe, gewertet.

Mit Schreiben des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) - 12.11.2018 - wurde der BF aufgefordert, zur beabsichtigten Erlassung einer aufenthaltsbeendeten Maßnahme, Stellung zu nehmen.

Der BF gab keine Stellungnahme ab.

Mit dem im Spruch angeführten Bescheid wurde gegen den BF gemäß § 67 Abs 1 und 2 FPG ein auf 4 Jahre befristetes Aufenthaltsverbot erlassen (Spruchpunkt I.), gemäß § 70 Abs 3 FPG wurde ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat ab Durchsetzbarkeit erteilt (Spruchpunkt II.).

Gegen diesen Bescheid richtet sich die nunmehrige Beschwerde mit den Anträgen, das angerufene Gericht möge den angefochtenen Bescheid ersatzlos beheben, in eventu die Dauer des Aufenthaltsverbotes herabsetzen.

Das BFA legte die Beschwerde und die Verwaltungsakte dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) vor, wo sie am 27.12.2018 einlangte.

Für den 19.03.2019 wurde an der Außenstelle des BvWG Graz eine mündliche Verhandlung anberaumt.

Mit Schreiben vom 11.03.2019 der ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Flüchtlingsdienst - wurde mitgeteilt, dass die Rechtsvertretung mehr keinen Kontakt zum BF herstellen könne und sie daher die Vollmacht mit sofortiger Wirkung zurücklege.

Der BF weist im Bundesgebiet keine aktuelle Meldeadresse auf und ist sein Aufenthalt nicht bekannt und auch nicht leicht eruierbar, sodass die mündlich anberaumte Verhandlung wieder abberaumt wurde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Feststellungen:

Der BF, ein rumänischer Staatsbürger und ist der bisherige Aufenthalt im Bundesgebiet nicht feststellbar.

Da der BF im bisherigen Verfahren keinerlei Angaben zu seiner Person machte, konnten auch diesbezüglich keine Feststellungen getroffen werden.

Feststellbar ist, dass der BF vom Landesgericht für Strafsachen XXXX mit Urteil vom XXXX2018 wegen gewerbsmäßigen Diebstahls zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe verurteilt wurde.

Feststellbar ist, dass der BF von 20.10.2018 - 18.01.2019 in der JA XXXX und von 18.01.2019 - 24.01.2019 im PAZ XXXX behördlich gemeldet war. Seit dieser Zeit scheint keine aufrechte Meldung mehr im Bundesgebiet auf.

Im Strafregister der Republik Österreich scheint folgende strafgerichtliche Verurteilung auf:

"01) LG f. Strafsachen XXXX vom XXXX2018 RK XXXX2018

§ 15 StGB §§ 127, 130 (1) 1. Fall StGB

Datum der (letzten) Tat XXXX2018

Freiheitsstrafe 9 Monate, davon Freiheitsstrafe 6 Monaten, bedingt, Probezeit 3 Jahre"

Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und die Feststellungen ergeben sich aus dem unbedenklichen Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakte und des Gerichtsakts des BVwG in Zusammenschau mit dem Beschwerdevorbringen.

Das keine Feststellungen zur Identität des BF und zu seinen persönlichen, familiären und finanziellen Verhältnissen getroffen werden konnten, beruhen darauf, dass es diesbezüglich keine Aufzeichnungen und auch keine persönlich Angaben seitens des BF gibt.

Die Feststellung, dass der BF im Bundesgebiet behördlich gemeldet war, ergibt sich aus dem Zentralen Melderegister (ZMR) sowie auch, dass dieser nicht mehr im Bundesgebiet gemeldet ist.

Die Feststellung über die vom BF zu verbüßende Untersuchungshaft/Strafhaft sowie das die Freiheitsstrafe teilbedingt ausgesprochen wurde, ergibt sich aus dem genannten Strafurteil des Landesgerichts für Strafsachen XXXX sowie aus der Eintragung im Strafregister.

Zum Vorbringen der beschwerdeführenden Partei:

Es wurden in der gesamten Beschwerde keinerlei Ausführungen betreffend die Person des BF kundgetan. Die gesamte Beschwerde bezieht sich nur auf Gesetzesstellen und hierortige Erkenntnisse.

Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides:

Gemäß § 2 Abs. 4 Z 1 FPG gilt als Fremder, jeder der die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt und gemäß Abs. 8 leg cit. als EWR-Bürger, ein Fremder der Staatsangehöriger einer Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR-Abkommen) ist.

Der BF ist auf Grund seiner deutschen Staatsbürgerschaft EWR-Bürger gemäß § 2 Abs.

4 Z 8 FPG.

Die entsprechenden Bestimmungen des FPG hinsichtlich des Aufenthaltsverbotes lauten wie folgt:

"§ 67. (1) Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige ist zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, das Aufenthaltsverbot wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.

(2) Ein Aufenthaltsverbot kann, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden.

(3) Ein Aufenthaltsverbot kann unbefristet erlassen werden, wenn insbesondere

1. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;

2. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB);

3. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet oder

4. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt.

(4) Bei der Festsetzung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes ist auf die für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen. Die Frist des Aufenthaltsverbotes beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise."

"§ 70. (1) Die Ausweisung und das Aufenthaltsverbot werden spätestens mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar; der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige hat dann unverzüglich auszureisen. Der Eintritt der Durchsetzbarkeit ist für die Dauer eines Freiheitsentzuges aufgeschoben, auf den wegen einer mit Strafe bedrohten Handlung erkannt wurde.

(2) (Anm.: aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012)

(3) EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen ist bei der Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich.

(4) Der Durchsetzungsaufschub ist zu widerrufen, wenn

1. nachträglich Tatsachen bekannt werden, die dessen Versagung gerechtfertigt hätten;

2. die Gründe für die Erteilung weggefallen sind oder

3. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige während seines weiteren Aufenthaltes im Bundesgebiet ein Verhalten setzt, das die sofortige Ausreise aus Gründen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gebietet."

Der mit "Schutz des Privat- und Familienlebens" betitelte § 9 BFA-VG lautet:

"§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

(4) entfallen

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.

(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt."

Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich, dass die Beschwerde des BF nicht begründet und daher abzuweisen war.

Gegen den BF als grundsätzlich unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürger ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbots gemäß § 67 Abs. 1 FPG nur zulässig, wenn auf Grund des persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahme begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig.

Bei der Stellung der für jedes Einreiseverbot zu treffenden Gefährlichkeitsprognose - gleiches gilt auch für ein Aufenthaltsverbot oder Rückkehrverbot - ist das Gesamt(fehl)verhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die in § 53 Abs. 2 FrPolG 2005 idF FrÄG 2011 umschriebene Annahme gerechtfertigt ist. Bei dieser Beurteilung kommt es demnach nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern auf das diesen zugrundeliegende Fehlverhalten, die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild an. (vgl. VwGH 19.2.2013, 2012/18/0230)

Solche Gesichtspunkte, wie sie in einem Verfahren betreffend Rückkehrentscheidung und Einreiseverbot zu prüfen sind, insbesondere die Intensität der privaten und familiären Bindungen in Österreich, können nicht auf die bloße Beurteilung von Rechtsfragen reduziert werden (vgl. VwGH 7.11.2012, 2012/18/0057).

In diesem Zusammenhang weist das erkennende Gericht der Vollständigkeit halber darauf hin, dass die fremdenpolizeilichen Beurteilungen unabhängig und eigenständig, von den die des Strafgerichts für die Strafbemessung, die bedingte Strafnachsicht und den Aufschub des Strafvollzugs betreffenden Erwägungen zu treffen hat (vgl. Erkenntnis des VwGH v. 6. Juli 2010, Zl. 2010/22/0096). Es obliegt daher dem erkennenden Gericht festzustellen, ob eine Gefährdung im Sinne des FPG vorliegt oder nicht. Es geht bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes in keiner Weise um eine Beurteilung der Schuld des Fremden an seinen Straftaten und auch nicht um eine Bestrafung (vgl. Erkenntnis des VwGH vom 8. Juli 2004, 2001/21/0119).

Der BF wurde unbestritten vom Landesgericht für Strafsachen XXXX mit rechtskräftigem Urteil vom XXXX2018, wegen gewerbsmäßigen Diebstahls zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe von 9 Monaten verurteilt. In dieser Hinsicht hat der BF die allgemeinen Aufenthaltsverbotstatbestände des § 67 Abs. 1 iVm Abs. 2 FPG jedenfalls erfüllt.

Auch indiziert diese Verurteilung jedenfalls, dass vom BF eine Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit im Sinn des § 67Abs. 1 FPG ausgeht.

Der Verurteilung lag der Umstand zu Grunde, dass der BF - insgesamt in drei Angriffen - versuchte fremde bewegliche Sachen, mit dem Vorsatz, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, wegzunehmen, nämlich am XXXX2018 Lebensmittel, am XXXX2018 Parfüms sowie am XXXX2018 wiederum Parfüms.

Bei den gesetzten Delikten des BF handelt es sich ohne Zweifel um ein die öffentliche Sicherheit auf dem Gebiet des Fremdenwesens gefährdendes und beeinträchtigendes Fehlverhalten.

Es konnten keine persönlichen Feststellungen betreffend des BF gemacht werden. Dieser hatte vor dem BFA die Möglichkeit schriftlich Stellung zu nehmen, hat dies jedoch unterlassen. Auch in der Beschwerdeingabe finden sich keine Angaben über den BF. Fest steht sohin zum einen der Umstand die aufgrund seiner strafgerichtlichen Verurteilung gipfelnden Verhaltens resultierende Gefährdung öffentlicher Interessen, wobei dem ein, im Lichte des großen öffentlichen Interesses an der Verhinderung (vgl. VwGH 04.09.1992, 92/18/0350) strafbarer Delikten - insbesondere gewerbsmäßigen Eigentumsdelikten (Vgl. VwGH 10.12.2008, 2008/22/0568; VwGH 23.03.1992, 92/18/0044) und sohin den Interessen der österreichischen Gesellschaft zuwiderlaufendes, ein verwerfliches Fehlverhalten zur Last liegt.

Vor dem Gesagten, insbesondere davor, dass er sich selbst durch die im Raum gestandene Gefahr auf längere Zeit seines Aufenthaltsrechts in Österreich zu verwirken nicht von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten gefühlt hat, ist davon auszugehen, dass ein Aufenthalt des BF im Bundesgebiet die öffentliche Sicherheit und Ordnung tatsächlich, gegenwärtig und erheblich gefährden werde und sohin der Tatbestand des § 67 Abs. 1 FPG jedenfalls verwirklicht ist.

Zu Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides:

Der mit "Ausreisepflicht und Durchsetzungsaufschub" betitelte § 70

FPG lautet wie folgt:

"§ 70. (1) Die Ausweisung und das Aufenthaltsverbot werden spätestens mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar; der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige hat dann unverzüglich auszureisen. Der Eintritt der Durchsetzbarkeit ist für die Dauer eines Freiheitsentzuges aufgeschoben, auf den wegen einer mit Strafe bedrohten Handlung erkannt wurde.

(Anm.: Abs. 2 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012)

(3) EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen ist bei der Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich.

(4) Der Durchsetzungsaufschub ist zu widerrufen, wenn

1. nachträglich Tatsachen bekannt werden, die dessen Versagung gerechtfertigt hätten;

2. die Gründe für die Erteilung weggefallen sind oder

3. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige während seines weiteren Aufenthaltes im Bundesgebiet ein Verhalten setzt, das die sofortige Ausreise aus Gründen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gebietet."

Vor dem Hintergrund des bisher Ausgeführten kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn diese einen Durchsetzungsaufschub nicht gewährt hat.

Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:

Der für die gegenständliche Entscheidung maßgebliche Sachverhalt ist aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde als geklärt anzusehen. Da der BF sich nicht mehr im Bundesgebiet aufhält, dessen Aufenthalt auch unbekannt ist und auch die ausgewiesene Rechtsvertretung ihre Vollmacht zurücklegte, wäre die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung nicht zielführend gewesen. Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte sohin gemäß § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG unterbleiben.

Zu Spruchteil B):

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

Aufenthaltsverbot, Durchsetzungsaufschub, Interessenabwägung,
öffentliche Ordnung, strafrechtliche Verurteilung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:G306.2211668.1.00

Zuletzt aktualisiert am

02.10.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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