TE Bvwg Erkenntnis 2019/6/5 W127 2007028-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 05.06.2019
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Entscheidungsdatum

05.06.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
AVG §68 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1

Spruch

W127 2007028-2/18E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin MMag. Dr. Fischer-Szilagyi über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Afghanistan, vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH und Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH als Mitglieder der ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 24.10.2018, Zl. 831218504-180868161, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 22.05.2019 zu Recht:

A)

I. Die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. bis IV. des angefochtenen Bescheides wird als unbegründet abgewiesen.

II. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheides wird mit der Maßgabe stattgegeben, dass die Dauer des Einreiseverbotes gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG auf acht Jahre herabgesetzt wird.

B)

Die Revision ist nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer ist in die Republik Österreich eingereist und hat am 02.05.2012 einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt.

2. Bei der Erstbefragung am 02.05.2012 gab der Beschwerdeführer an, er sei in der afghanischen Provinz Kunduz geboren und im Alter von etwa drei Jahren mit seiner Familie nach Pakistan ausgewandert. Er spreche außer Paschtu auch Dari, Farsi, Englisch und Urdu und habe zuletzt in Peshawar als Englischlehrer gearbeitet. Zu seinem Fluchtgrund gab der Beschwerdeführer an, in seinem Englischkurs sei auch ein Mädchen gewesen, das ihn immer wieder belästigt habe bzw. habe heiraten wollen. Er habe diesen Kontakt nicht gewollt, da er bereits verheiratet gewesen sei. Der Beschwerdeführer habe aber zwei Tage mit dem Mädchen in dem Kursgebäude verbracht. Anschließend habe das Mädchen den Beschwerdeführer auf einer Geschäftsreise nach Kabul begleitet. Auf dieser Reise seien sie von der Grenzpolizei angehalten worden, da ihn die Familie des Mädchens wegen Entführung angezeigt habe. Sie seien in die Provinz Nangarhar gebracht und sei er etwa zwei Jahre lang "im Gefängnis eingesperrt" worden. Nach zwei Gerichtsverhandlungen sei der Beschwerdeführer freigelassen worden. Die Familie des Mädchens habe ihn aber weiterhin verfolgt und sei auch auf den Beschwerdeführer geschossen worden. Außerdem habe eine Jirga stattgefunden und der Beschwerdeführer habe 1.200.000 pakistanische Rupien an die Familie des Mädchens zahlen müssen. Da ihn die Familie noch immer verfolgt habe, habe der Beschwerdeführer aus Angst um sein Leben Pakistan verlassen und in Europa um internationalen Schutz ansuchen müssen.

3. Mit Urteil eines Landesgerichtes vom XXXX wurde der Beschwerdeführer wegen des Verbrechens der schweren Nötigung zu einer Freiheitsstrafe von 10 Monaten - bedingt nachgesehen mit einer Probezeit von drei Jahren - verurteilt.

4. Am 26.11.2012 wurde das Asylverfahren gemäß § 24 Abs. 2 iVm Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 eingestellt, da der Aufenthaltsort des Asylwerbers wegen Verletzung der Mitwirkungspflicht weder bekannt noch leicht feststellbar gewesen sei.

Am 02.01.2013 wurde dem Bundesasylamt eine (vorläufige) Kontaktadresse für den Beschwerdeführer bekanntgegeben.

5. Bei der niederschriftlichen Einvernahme des Beschwerdeführers durch die Landespolizeidirektion Steiermark, Grenz- und Fremdenpolizeiliche Maßnahmen sowie Anhaltevollzug, am 11.03.2013 betreffend den beabsichtigten Erlass eines Rückkehrverbotes im Falle einer (weiteren) Verurteilung des Beschwerdeführers durch ein Landesgericht, gab dieser an, er wolle freiwillig nach Afghanistan zurückkehren und sein "Asylverfahren zurückziehen".

6. Der Beschwerdeführer wurde am 05.04.2013 vom Bundesasylamt im Beisein einer Dolmetscherin für die Sprache Paschtu einvernommen. Der Beschwerdeführer wiederholte, dass er nach Afghanistan zurückkehren wolle. Bei einer früheren Einvernahme habe er angegeben, in Kunduz geboren zu sein. Das stimme nicht. Er sei in Kabul geboren und in Kunduz zu Hause gewesen. Auch seine Eltern, seine Frau, sein Kind sowie seine Geschwister, Onkel, Tanten, Cousins und Cousinen würden in Kunduz leben. Seine Familie habe dort ein eigenes Haus sowie Grundstücke mit einer Landwirtschaft. Der Beschwerdeführer habe dort bis zum Tag seiner Ausreise gewohnt. In Kabul würde die Familie seiner Frau leben und habe dort ein Haus. Deren wirtschaftliche Lage sei gut gewesen und auch die wirtschaftliche Lage seiner Familie (in Kunduz) sei gut. Der Beschwerdeführer gab an, er sei vor etwa zwei Jahren aus Afghanistan ausgereist. Er wolle zurück zu seiner Frau nach Afghanistan. Seine Versorgung in Afghanistan sei in finanzieller Hinsicht gesichert. Er habe in Afghanistan keine Straftat begangen und werde nicht polizeilich gesucht. Er wolle in seine Heimat zurückkehren und habe keine Flucht- oder Asylgründe.

7. Das Bundesasylamt wies mit Bescheid vom 08.04.2013 Zl. 12 05.309-BAG, den (ersten) Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) und hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 ab (Spruchpunkt II.). Der Beschwerdeführer wurde gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Afghanistan ausgewiesen.

Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 09.04.2013 zugestellt und erwuchs in Rechtskraft.

8. Mit Urteil eines Landesgerichtes vom XXXX wurde der Beschwerdeführer wegen §§ 15, 127 StGB, §§ 142 Abs. 1 und 2 StGB und § 107 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten verurteilt.

9. Mit Urteil eines Landesgerichtes vom XXXX wurde der Beschwerdeführer wegen § 107 Abs. 1 und §§ 15, 105 StGB zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt.

10. Am 21.08.2013 stellte der (inhaftierte) Beschwerdeführer den zweiten Antrag auf internationalen Schutz.

11. Bei der Erstbefragung am 21.08.2013 begründete der Beschwerdeführer den neuerlichen Antrag dahingehend, seine Familie würde mittlerweile von der Familie des Mädchens (mit dem er eine außereheliche Beziehung gehabt habe) unter Druck gesetzt. Diese würde wollen, dass der Beschwerdeführer das Mädchen heirate, da es vom Beschwerdeführer schwanger sei. Nunmehr bestehe für den Beschwerdeführer sowohl seitens dieser Familie als auch seitens seiner eigenen Familie eine Gefahr, da er die Ehre beider Familien "beschmutzt" habe. Wenn ihn die Familie des Mädchens nicht umbringe, würde ihn sein Vater töten.

Der Beschwerdeführer führte weiter aus, er habe lange keinen Kontakt zu seiner Familie gehabt und erst vor kurzem erfahren, dass das genannte Mädchen vor etwa 10 Monaten ein Kind geboren habe und der Beschwerdeführer der Vater sei. Diese junge Frau sei sehr einflussreich, da ihr Onkel väterlicherseits ein ehemaliger afghanischer Innenminister sei und noch immer viel Macht habe. Im Rahmen einer Jirga sei entschieden worden, dass der Beschwerdeführer diese Frau heiraten müsse. Sein Vater habe dies jedoch nicht akzeptiert.

12. Mit Verfahrensanordnung vom 22.08.2013 wurde dem Beschwerdeführer mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, seinen Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen, da entschiedene Sache im Sinne des § 68 AVG vorliege.

13. Bei der Einvernahme durch das Bundesasylamt am 26.08.2013 bejahte der Beschwerdeführer die Frage, ob die Fluchtgründe aus dem ersten Verfahren noch aufrecht seien. Über Befragen nach neuen Fluchtgründen wiederholte der Beschwerdeführer im Wesentlichen sein bei der Erstbefragung am 21.08.2013 erstattetes Vorbringen. Er habe von dem Vorwurf, eine unverheiratete Frau geschwängert zu haben, vor etwa drei bis dreieinhalb Monaten erfahren. Über Vorhalt der Angaben in der Einvernahme vom 05.04.2013 gab der Beschwerdeführer an, er habe gedacht, dass er einfach so zurückkehren könne, sei allerdings eines Besseren belehrt worden. Er stehe auch in ärztlicher Behandlung und bekomme im Gefängnis Medikamente. Hinsichtlich seiner Angaben vom 05.04.2013, er würde in Afghanistan nicht gesucht werden und sei nie in Haft gewesen, gab der Beschwerdeführer an, dies sei nicht richtig. Er habe nur gesagt, dass er zurück nach Afghanistan wolle. Über weiteren Vorhalt, dass der Beschwerdeführer damals angegeben habe, dass die finanzielle Situation seiner Familie in Afghanistan gut sei, er nun aber erzähle, dass seine Familie arm sei, behauptete der Beschwerdeführer, er habe nur gesagt, dass seine Familie sich das Essen leisten könne und nicht verhungern würde.

14. Über Anfrage des Bundesasylamtes mit Schreiben vom 26.08.2013 stellte ein Facharzt für Psychiatrie betreffend den Beschwerdeführer folgende "ARBEITSDIAGNOSE": "KOMBINIERTE PERSÖNLICHKEITSSTÖRUNG MIT

VORRANGIG EMOTIONAL INSTABILEN ANTEILEN UND DER NEIGUNG

IMPULSIV-AGGRESIV ZU REAGIEREN." Der Krankheitsbeginn liege im frühen Jugendalter.

15. In einem am 14.03.2014 beim Bundesasylamt eingelangten Schreiben führte der Beschwerdeführer aus, dass er seinen "Asylantrag zurückziehen" und nach Afghanistan zurückkehren wolle, da sein Vater und seine Frau krank seien.

16. Mit Bescheid vom 28.03.2014, Zl. 831218504-2371447, wies das nunmehr zuständige Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den (zweiten) Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 21.08.2013 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt II.) ab. Dem Beschwerdeführer wurde gemäß §§ 57 und 55 AsylG 2005 ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei. Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für seine freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt III.).

17. Die hiegegen erhobene Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 16.04.2014 vorgelegt.

18. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 09.04.2015 wurde das Verfahren gemäß § 24 Abs. 2 AsylG 2005 wegen unbekannten Aufenthaltsortes des Beschwerdeführers aufgrund einer Verletzung seiner Mitwirkungspflichten eingestellt.

Nach erfolgter Bekanntgabe einer dem Beschwerdeführer zur Verfügung gestellten Kontaktadresse setzte das Bundesverwaltungsgericht das Beschwerdeverfahren mit Beschluss vom 16.02.2016 fort.

19. Mit Urteil eines Landesgerichtes vom XXXX wurde der Beschwerdeführer wegen §§ 15, 83 Abs. 1 StGB, § 127 StGB, §§ 15, 269 Abs. 1 1. Fall StGB, § 107 Abs. 1 StGB und § 125 StGB zu einer Freiheitsstrafe von zwölf Monaten verurteilt.

20. Mit Urteil eines Landesgerichtes vom XXXX wurde der Beschwerdeführer wegen § 107 Abs. 1 StGB, § 28a Abs. 1 5. Fall SMG, § 27 Abs. 1 Z 1 2. Fall SMG und § 27 Abs. 1 Z 1 2. Fall, Abs. 2 SMG zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt.

21. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 14.02.2017 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an der das Bundesamt nicht teilnahm. Der Beschwerdeführer wurde im Beisein eines Vertreters und eines Dolmetschers für die Sprache Paschtu zu seinem Gesundheitszustand, seiner Herkunft und seinen Lebensumständen, seinen Fluchtgründen und zu seiner Situation in Österreich befragt.

Der Beschwerdeführer gab nunmehr an, er sei in Kunduz geboren. Im Sommer sei er mit seiner Familie nach Kabul gefahren und im Winter hätten sie sich in Kunduz aufgehalten. Seine Familie habe außerhalb der Stadt Kabul in XXXX ein Haus und lebe weiterhin im Winter in Kunduz. Sein Vater besitze Grundstücke und habe in Kunduz eine Drogerie gehabt. Die finanzielle Situation der Familie sei gut. Zuletzt habe er vor etwa acht oder neun Monaten Kontakt mit seiner Familie gehabt. Die Familie seiner Ehefrau stamme auch aus demselben Dorf wie der Beschwerdeführer und lebe weiterhin dort.

Der Beschwerdeführer gab an, er habe zwölf Jahre lang in Peshawar die Schule besucht und maturiert. Ein Jahr lang habe er - ebenfalls in Peshawar - das Diplom in DBA ("Diplom Business Administration") gemacht. Nach seiner Ausbildung habe er in Kabul als Englischlehrer und in Kunduz für die ISAF und die NATO als Dolmetscher gearbeitet.

Zu seinem Fluchtgrund führte der Beschwerdeführer aus, seine Familie habe aufgrund seiner Tätigkeit als Dolmetscher für die ISAF und die NATO einen Drohbrief der Taliban erhalten. Sollte er seine Arbeit nicht beenden, würden sie ihn umbringen. Zwei oder drei Mal sei auf den Beschwerdeführer geschossen worden. Aufgrund seiner Erkrankung, die in Afghanistan nicht behandelt werden könne, und wegen der Schüsse auf ihn könne der Beschwerdeführer nicht zurückkehren.

22. Am 14.02.2018 erging seitens der Justizvollzugsanstalt die telefonische Auskunft, dass sich der Beschwerdeführer bis 17.03.2019 in Haft befinden werde.

23. Über eine Anfrage des Bundesverwaltungsgerichtes wurde betreffend den Beschwerdeführer eine psychiatrische Stellungnahme des psychiatrischen Dienstes einer Justizanstalt vom 27.02.2018 übermittelt, in der insbesondere festgehalten wird, dass es seit August 2018 zu keiner selbstschädigenden Handlung gekommen sei. Aus forensisch-psychiatrischer Sicht könne diagnostisch festgehalten werden, dass beim Beschwerdeführer "ein Abhängigkeitssyndrom von mehreren Substanzen, gegenwärtig Substitutionstherapie mit Buprenorphin, sowie eine emotional instabile Persönlichkeit, gegenwärtig symptomarmes Intervall, bestehen" würden.

24. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 12.04.2018, GZ W163 2007028-1/34E, wurde die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. und II. des Bescheides vom 28.03.2014 gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt III. des genannten Bescheides wurde gemäß § 10 Abs. 1 Z 3, 57 AsylG 2005, § 9 BFA-VG und § 52, FPG mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass dieser Spruchpunkt laute:

"Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wird Ihnen gem. § 57 AsylG nicht erteilt. Gem. § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wird gegen Sie eine Rückkehrentscheidung gem. § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. Es wird gem. § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass Ihre Abschiebung gem. § 46 FPG nach Afghanistan zulässig ist.

Gemäß § 55 Abs. 2 iVm § 59 Abs. 4 FPG beträgt die Frist für die freiwillige Ausreise vierzehn Tage ab Ihrer Enthaftung."

Dieses Erkenntnis wurde dem Beschwerdeführer am 17.04.2018 zugestellt.

25. Am 07.08.2018 langte beim Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl ein Schreiben des Beschwerdeführers vom 23.07.2018 ein, in dem dieser sinngemäß im Wesentlichen ausführte, er befinde sich zurzeit in der Justizanstalt Graz-Karlau und habe einen negativen Asylbescheid bekommen. Nach der Entlassung müsse er Österreich innerhalb von zwei Wochen verlassen, er sei aber seit 10 Jahren in Österreich und habe hier eine Freundin und eine gute Familie. Er könne bei dieser Familie wohnen und wolle seine Freundin heiraten. Sie habe für ihn eine Arbeitsstelle gesucht und er wolle sie nach der Entlassung gleich heiraten und sich selbstständig machen. Sein Leben sei in Afghanistan in Gefahr, da er seit Herbst 2017 offiziell ("oficial") zum Christentum konvertiert sei. Außerdem sei er in einem Landeskrankenhaus in psychiatrischer Behandlung und in Afghanistan gebe es so etwas nicht. Der Beschwerdeführer habe (in Afghanistan) 17 Monate für die NATO als Dolmetscher gearbeitet und habe jetzt die Zeit in der Haft genutzt, um eine Schuhmacherausbildung abzuschließen. Mit dem Schreiben übermittle er Bestätigungen der Psychiatrie sowie betreffend seine Konversion. Aus diesen Gründen wolle der Beschwerdeführer in Österreich bleiben, einen Neuanfang machen und einen neuen Asylantrag stellen.

26. Am 13.09.2018 brachte der Beschwerdeführer einen weiteren (dritten) Antrag auf internationalen Schutz ein. Bei der Erstbefragung gab er zu dem Grund seiner neuerlichen Antragstellung an, er habe im Herbst 2017 die Religion "von Muslime zum Christentum" gewechselt. Er sei von muslimischen Insassen der Justizanstalt geschlagen worden und sei deshalb in eine andere Justizanstalt versetzt worden. Bei einer Rückkehr nach Afghanistan befürchte der Beschwerdeführer, von seinem Vater getötet zu werden, da dieser von seiner Konversion zum Christentum gehört habe.

27. Einem im Akt aufliegenden Schreiben eines Gefangenenseelsorgers vom 08.10.2018 ist zu entnehmen, dass sich der Beschwerdeführer bei dem Seelsorger mit dem Wunsch gemeldet habe, Christ zu werden. Einführung ins Christentum, Katechumenenunterricht und eine mögliche Taufe seien auf die Zeit nach der Entlassung verschoben worden. Einer Einladung, den Sonntagsgottesdienst als Gast zu besuchen, sei der Beschwerdeführer in der Justizanstalt Graz-Karlau nicht nachgekommen mit dem Argument, Angst vor Übergriffen durch moslemische Insassen zu haben. Nach der Rücküberstellung in die Justizanstalt Graz-Jakomini habe der Seelsorger den Beschwerdeführer zweimal sonntags beim katholischen Gottesdienst begrüßen können. Wie weit die Aussage des Beschwerdeführers, dass er "im Herzen konvertiert" sei, zutreffe, könne der Seelsorger nicht beurteilen.

28. Mit Verfahrensanordnung vom 16.10.2018 wurde das Asylverfahren gemäß § 28 AsylG 2005 zugelassen.

29. Am 16.10.2018 wurde der Beschwerdeführer vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Dari niederschriftlich einvernommen. Er führte aus, es gehe ihm gesundheitlich nicht gut, da er an einer Allergie leide. Er könne aber die Einvernahme durchführen. Zu seinen psychischen Problemen erklärte der Beschwerdeführer, er bekomme immer wieder Anfälle und werde ohnmächtig. Er befinde sich in ärztlicher Behandlung und nehme Medikamente (Revotril, Sirdalud, Tramal und Zylpitan). Er nehme auch Schlaftabletten, sei im Entzugsprogramm und nehme Substitutionstabletten. Befragt, ob er im Verfahren bis dato der Wahrheit entsprechende Angaben gemacht habe, gab der Beschwerdeführer an, er habe schon die Wahrheit gesagt, sei aber von Leuten aus der Unterkunft dazu gebracht worden, falsche Angaben zu machen. Nun wolle er aber richtige Angaben machen und die Wahrheit sagen. Im Rahmen seiner Erstbefragung zum nunmehrigen (dritten) Asylantrag habe er die Wahrheit gesagt. Nur das Geburtsdatum sei wieder falsch gewesen.

Zu seinem Fluchtgrund gab der Beschwerdeführer an, er sei im Herbst 2017 zum Christentum konvertiert. Außerdem würden seine Fluchtgründe aus der vorhergehenden Verfahren weiterhin bestehen. Über Befragen zu seinem im letzten Verfahren geäußerten Wunsch, freiwillig nach Afghanistan zurückzukehren, gab der Beschwerdeführer an, er habe schwere psychische Probleme gehabt und gedacht, dass er sterben müsse. Daher habe er seine Familie noch einmal sehen wollen. Sein Interesse am Christentum sei Anfang 2015 während seines Aufenthaltes in der Justizanstalt Graz-Jakomini entstanden. Er habe lange über die Konversion nachgedacht, "alle Bücher gelesen und [...] dadurch den wahren Weg und den wahren Glauben gefunden". In der Justizanstalt Graz-Karlau sei er von Mitgefangenen aufgrund seiner Konversion geschlagen worden. Der Gefangenenseelsorger habe sich dafür eingesetzt, dass er in eine andere Justizanstalt verlegt werde.

Der Beschwerdeführer wurde von der belangten Behörde zu grundlegenden christlichen Glaubensinhalten befragt, wobei der Beschwerdeführer wiederholt angegeben hat, dass er die Fragen nicht beantworten könne, da er "noch nicht so viele Informationen habe" bzw. das erst nach seiner Haftentlassung lernen könne.

30. Mit nunmehr angefochtenem Bescheid vom 24.10.2018 wurde der dritte Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 57 AsylG 2005 wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt II.) und gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt III.). Weiters wurde festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt IV.). In Spruchpunkt V. wurde gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von 10 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen. Einer Beschwerde gegen diese Entscheidung wurde in Spruchpunkt VI. "gemäß § 18 Absatz 1 Ziffer 2 BFA-Verfahrensgesetz" die aufschiebende Wirkung aberkannt.

In der Begründung wurde insbesondere festgehalten, dass der Beschwerdeführer keine entscheidungsrelevante Sachverhaltsänderung glaubhaft gemacht habe, die nach Eintritt der Rechtskraft im "Vorverfahren" entstanden wäre. Hinsichtlich der vorgebrachten Konversion des Beschwerdeführers könne nicht von innerer Überzeugung ausgegangen werden. Der Beschwerdeführer wisse nichts über das Christentum und könne keine richtigen Angaben machen.

Der Beschwerdeführer sei (in Afghanistan) verheiratet und habe ein Kind. In Österreich verfüge er über keine nahen Angehörigen. Eine besondere Integrationsverfestigung könne nicht festgestellt werden.

Eine Bedrohung des Beschwerdeführers im Falle einer Rückkehr in den Herkunftsstaat könne ebenso nicht festgestellt werden. Er könne in seinem Heimatland seine Beschäftigung wiederaufnehmen und seinen Lebensunterhalt dadurch bestreiten.

Zu dem erlassenen Einreiseverbot wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer habe sich bereits mehrmals strafbar gemacht und sei mehrmals verurteilt worden. Der Beschwerdeführer sei mehrmals zu mehrmonatigen Haftstrafen verurteilt worden und sei eine Besserung nicht in Sicht. Er stelle aufgrund seines Verhaltens eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit dar.

31. Über Anfrage des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.10.2018 übermittelte die Justizanstalt Graz-Jakomini am 29.10.2018 medizinische Unterlagen betreffend den Beschwerdeführer.

32. Gegen den Bescheid vom 24.10.2018 wurde mit Schreiben vom 07.11.2018 wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung sowie wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften Rechtsmittel erhoben und angeregt, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Begründend wurde insbesondere darauf hingewiesen, dass sich der Beschwerdeführer seit Herbst 2017 zum Christentum bekenne und nach Haftentlassung getauft werde. Zudem befinde er sich in einer Lebensgemeinschaft mit einer (namentlich genannten) österreichischen Staatsangehörigen, die im Oktober 2018 deren gemeinsames Kind geboren habe. Nach Haftentlassung sei die Heirat des Beschwerdeführers mit seiner Lebensgefährtin geplant. Der Beschwerdeführer habe weiters massive gesundheitliche Probleme, die einer Rückkehr ebenfalls entgegenstehen würden. Die belangte Behörde habe unvollständige und teils veraltete Länderberichte herangezogen und ihre eigenen Berichte nur unvollständig ausgewertet. Der Beschwerdeführer erfülle mehrere Risikoprofile des UNHCR und sei den "Eligibility Guidelines for Assessing the International Protection Needs of Asylum-Seekers from Afghanistan" vom 30.08.2018 zu entnehmen, dass eine innerstaatliche Fluchtalternative in Kabul derzeit generell ausgeschlossen sei. Das erlassene Einreiseverbot sei jedenfalls zu hoch bemessen und hinsichtlich seiner Lebenssituation und seines Familienlebens in Österreich nicht nachvollziehbar begründet worden. Darüber hinaus hätte das Einreiseverbot auf das österreichische Bundesgebiet beschränkt werden können.

In der Beschwerde wurde unter anderem beantragt, jedenfalls eine mündliche Verhandlung durchzuführen. Der Verwaltungsgerichtshof habe in seinem Erkenntnis vom 30.06.2015 zur Zahl 2015/21/0002 klargestellt, dass betreffend die anzustellende Gefährdungsprognose für die Verhängung eines Einreiseverbotes dem persönlichen Eindruck im Rahmen einer mündlichen Verhandlung besondere Bedeutung zukomme.

33. Die verfahrensgegenständliche Beschwerde und der Bezug habende Verwaltungsakt langten am 09.11.2018 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

34. Mit Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 23.01.2019 wurde Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides (Aberkennung der aufschiebenden Wirkung) ersatzlos behoben der Beschwerde gemäß § 17 Abs. 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

35. Mit Schreiben vom 24.03.2019 teilte die Polizeiinspektion Sillian dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mit, dass der Beschwerdeführer mit dem Zug aus Italien nach Österreich eingereist sei und im Rahmen einer fremdenrechtlichen Kontrolle des Reisezuges aufgrund fehlender Reisedokumente sowie der Eintragung "Rückkehrentscheidung/Einreiseverbot (Kontaktaufnahme mit BFA erforderlich)" festgenommen worden sei.

36. Mit hg. Schreiben vom 25.03.2019 wurde die Justizanstalt Graz-Jakomini betreffend die im vorliegenden Fall zu erstellende Gefährdungsprognose ersucht, dem Bundesverwaltungsgericht einen Bericht über das Verhalten des Beschwerdeführers während der Anhaltung in der dortigen Justizanstalt zu übermitteln.

37. Am 25.03.2019 langten beim Bundesverwaltungsgericht zwei Schreiben der belangten Behörde ein, mit denen eine Liste der Verwaltungsvormerkungen betreffend den Beschwerdeführer sowie eine gekürzte Urteilsausfertigung des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom XXXX , übermittelt wurden.

38. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl führte am 25.03.2019 im Polizeianhaltezentrum Innsbruck eine Einvernahme des Beschwerdeführers zur Prüfung einer Sicherungsmaßnahme durch. Im Beisein eines Rechtsberaters und eines Dolmetschers für die Sprache Paschtu gab der Beschwerdeführer über Befragen zu seinem Gesundheitszustand an, er könne der Einvernahme folgen, habe aber seit gestern seine Medikamente nicht eingenommen. Nachdem der Beschwerdeführer angegeben hat, er wolle freiwillig in seine Heimat zurückkehren, fragte der Rechtsberater nach, ob der Beschwerdeführer in Anbetracht des Umstandes, dass er keine Medikamente bekommen habe, wirklich sicher sei, zurückkehren zu wollen. Der Beschwerdeführer wurde in der Folge dem Amtsarzt vorgeführt, der ihm ein Substitutionsmittel verabreichte und die Einvernahmefähigkeit feststellte. Der Beschwerdeführer gab im weiteren Verlauf der Befragung dennoch an, der Einvernahme nicht folgen zu können.

Der Beschwerdeführer verneinte die Frage, ob er in Österreich Verwandte habe; Freunde habe er schon. Dem Beschwerdeführer wurde vorgehalten, dass er im Laufe seines mehrjährigen Aufenthaltes in Österreich bereits mehrfach wegen Vergehen und sogar Verbrechen angezeigt und auch rechtskräftig verurteilt worden sei und daher den Eindruck erwecke, ein Gewohnheitskrimineller zu sein, der keine Skrupel habe, Dritte an Leib, Leben, Vermögen oder Freiheit zu schädigen. Befragt, welche Gründe seiner Meinung nach dafür sprechen würden, dass er nach seiner Haftentlassung nicht neuerlich straffällig werde, gab der Beschwerdeführer an, er habe im Gefängnis einen Beruf erlernt, um arbeiten zu können. Als er entlassen worden sei, sei ihm "die Karte" genommen worden und habe er keine Unterkunft gehabt und auch über keine Arbeitserlaubnis verfügt. Der Beschwerdeführer verneinte die Frage, ob er in Österreich jemals legal gearbeitet habe. Zu seiner Reise nach Italien gab der Beschwerdeführer an, er sei versehentlich nach Italien gefahren. Über Befragen, ob er die bei ihm aufgefundenen zwei bis drei Gramm Suchtmittel in Italien gekauft habe, führte der Beschwerdeführer aus, er habe dort auf den Zug gewartet und sei einem Nigerianer begegnet, von dem er für drei Euro Drogen gekauft habe.

In Afghanistan habe der Beschwerdeführer eine Frau und einen Sohn, diese würden bei seinen Eltern leben. Der Beschwerdeführer gab an, weiterhin Kontakt zu seinen Verwandten in Afghanistan und am Vortag mit diesen gesprochen zu haben. Zu einem in Österreich lebenden Cousin habe der Beschwerdeführer etwa einmal pro Woche oder einmal pro Monat Kontakt. Der Beschwerdeführer verneinte die Frage zu sonstigen Anbindungen, Freunden oder Bekannten bzw. Verwandten in Österreich und gab an, er habe im Gefängnis erfahren, dass zwei seiner Cousins nach Österreich eingereist seien, er habe aber keinen Kontakt zu diesen.

39. Mit Mandatsbescheid vom 25.03.2019, Zl. 13-831218504/190304290, ordnete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl über den Beschwerdeführer die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme an.

Hiegegen wurde mit Schreiben vom 03.04.2019 Beschwerde erhoben und insbesondere den Feststellungen der belangten Behörde zum Bestehen einer Fluchtgefahr entgegengetreten und darüber hinaus eine mangelnde Auseinandersetzung mit dem psychischen Gesundheitszustand des Beschwerdeführers moniert.

40. Einem an das Polizeianhaltezentrum Hernalser Gürtel gerichteten Erhebungsersuchen der Polizeiinspektion Sillian vom 28.03.2019 ist zu entnehmen, dass im Zuge der ordentlichen Aufnahme des Beschwerdeführers ins Polizeianhaltezentrum Innsbruck in einer Zigarettenschachtel eine Kleinmenge Cannabis habe festgestellt und sichergestellt werden können.

41. Am 08.04.2019 langte beim Bundesverwaltungsgericht eine Stellungnahme des Rechtsbüros der Justizanstalt Graz-Jakomini vom "22.03.2019" ein, in der unter Bezugnahme auf das hg. Schreiben vom 25.03.2019 unter anderem ausgeführt wurde, der Grund für die Überstellung des Beschwerdeführers in die Justizanstalt Graz-Karlau sei gewesen, dass der Beschwerdeführer aufgrund fehlender bzw. nicht geeigneter Arbeitsplätze in der Justizanstalt Graz-Jakomini zu keiner Arbeit habe eingeteilt werden können und daher keiner Beschäftigung oder Ausbildung nachgegangen sei. Der ehemalige Insasse habe durch seine einschlägigen Vorverurteilungen ein bereits erheblich belastetes Vorleben aufgewiesen und sein Vollzugsverhalten habe sich angesichts seines Verhaltens in der Justizanstalt als "massivst getrübt" dargestellt. Sein Verhalten habe in dieser Justizanstalt zu insgesamt 13 Meldungen (von insgesamt 34 Meldungen im gesamten Haftblock) betreffend Ordnungswidrigkeiten geführt, u.a. wegen ungebührlichem Benehmen, tätlichen Auseinandersetzungen mit Insassen, Selbstbeschädigung, Sachbeschädigung sowie Brandstiftung im eigenen Haftraum, wobei vier davon in einer Organstrafverfügung und zwei in einem Straferkenntnis ergangen seien. Zwei Meldungen seien eingestellt, drei nicht eingeleitet und zwei Verfahren seien abgebrochen worden.

Seitens des Psychologischen Dienstes könne keine Auskunft über ein auffälliges Verhalten im Kontakt mit dem Psychologischen Dienst seit der Rücküberstellung im September 2018 gegeben werden. In den Stellungnahmen vor der Überstellung in die Justizanstalt Graz-Karlau im Jahr 2016/2017 lasse sich erkennen, dass durchgehend fremd- und autoaggressive Handlungen hätten wahrgenommen werden können und eingeschränkte Pakt- und Kooperationsfähigkeit sowie keine Einsichtsfähigkeit in sein Verhalten gegeben gewesen seien. Im Gespräch habe sich der Beschwerdeführer teilweise nicht kooperativ verhalten, u.a. Forderungen gestellt und bei Nichterfüllung dieser mit Selbstverletzungen gedroht. Es habe eine kombinierte Persönlichkeitsstörung mit erhöhter Impulsivität bestanden und sei es dadurch immer wieder kurzfristig zu emotionalen Ausbrüchen in der Vergangenheit gekommen.

Abschließend wurde angemerkt, dass auch ein Antrag des Beschwerdeführers auf bedingte Entlassung bzw. die in weiterer Folge erhobene Beschwerde seitens des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Vollzugsgericht zu XXXX bzw. des Oberlandesgerichtes Graz zu XXXX u.a. wegen des negativen Vollzugsverhaltens abgelehnt bzw. nicht Folge gegeben worden sei.

Dem Schreiben beigeschlossen wurde ein Ausdruck der Vollzugsdaten betreffend den Beschwerdeführer, einschließlich der Stellungnahmen des Psychologischen Dienstes.

42. Mit hg. Schreiben vom 08.04.2019 erging an den amtsärztlichen Dienst des Polizeianhaltezentrums Wien, Hernalser Gürtel, das Ersuchen, den in Haft befindlichen Beschwerdeführer am 10.04.2019 (bis 10.00h) einer amtsärztlichen Untersuchung zur Beurteilung der Einvernahmefähigkeit und Haftfähigkeit zu unterziehen.

43. In dem daraufhin übermittelten "Befund und Gutachten" des Amtsarztes des Polizeianhaltezentrums Hernalser Gürtel vom 10.04.2019 wird die Einvernahmefähigkeit des Beschwerdeführers bejaht und eine Einschränkung seiner Haftfähigkeit verneint. Diesem Schreiben wurde ein Auszug aus dem Krankenakt des Beschwerdeführers beigeschlossen. Einem mit 08.04.2019 datierten Eintrag mit Vermerk "BVwG - Anfrage, mit der Bitte um Beantwortung!" ist zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer mit aktueller Medikation von keinen Entzugserscheinungen berichtete. Zum psychopathologischen Status wurde Folgendes festgehalten: "Pat.wach, orientiert, keine formalen oder inhaltlichen Denkstörungen, Affekt modulationsfähig, in Mittellage, Antrieb unauffällig, verneint glaubwürdig Selbst und Fremdgefährdung und ist absprachefähig".

Aus fachärztlicher Sicht würden die Beschwerden nicht über die unter Haft in üblichem Maß auftretenden psychiatrischen Beschwerden (wie zum Beispiel Schlafstörungen) hinausgehen.

44. Am 10.04.2019 führte das Bundesverwaltungsgericht in dem Verfahren zur Geschäftszahl W171 2216951-1 über die Beschwerde gegen den Mandatsbescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 25.03.2019 betreffend die Anordnung der Schubhaft eine mündliche Verhandlung durch. Nach einer im Rahmen der Verhandlung durchgeführten Untersuchung des Beschwerdeführers gab der beigezogene Amtsarzt der Landespolizeidirektion Wien zur aktuellen Einvernahmefähigkeit des Beschwerdeführers an, die Verständigung mit dem Beschwerdeführer habe funktioniert; er sei im Gedanken klar, das Bewusstsein sei "wach"; keine Stimmungsschwankungen. Aus Sicht des Amtsarztes sei der Beschwerdeführer einvernahmefähig. Zu einer allfälligen Einschränkung der Haftfähigkeit führte der Amtsarzt aus, seiner Meinung nach sei das Hauptproblem der psychiatrischen Erkrankung die vorliegende chronische Suchterkrankung. Diese indiziere keine Haftunfähigkeit. Eine über das übliche Maß hinausgehende Belastung aufgrund der Haftsituation liege nicht vor, da eine notwendige Therapie von der Behörde im Rahmen der Haft übernommen werde.

Nach Beendigung der Beweisaufnahme wurde die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes mündlich verkündet und die Beschwerde gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG iVm § 22a Abs. 1 BFA-VG abgewiesen. Der Begründung ist insbesondere zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer über keine wesentlichen sozialen und beruflichen als auch familiären Kontakte im Inland verfüge und mit Ausnahme der Perioden, in denen er sich in diversen Haftanstalten befunden habe, seit dem Jahr 2014 nicht mehr aufrecht gemeldet sei. Der Beschwerdeführer habe sich in der Vergangenheit bereits den Verfahren zur Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz entzogen und stelle sich der Beschwerdeführer in einer Gesamtsicht auch nicht als vertrauenswürdig dar und ergebe sich für das Gericht klar, dass beim Beschwerdeführer erhebliche Fluchtgefahr vorliege. Aufgrund der ärztlichen Ausführungen in der Verhandlung ergebe sich, dass der Beschwerdeführer nicht über das übliche Maß hinaus durch die Haftsituation belastet sei, dies auch nicht unter Berücksichtigung der sicherlich vorliegenden labilen psychischen Situation des Beschwerdeführers. Im Rahmen einer Abwägung lasse sich auf der anderen Seite jedoch ein massives öffentliches Interesse an einer geordneten baldigen Außerlandesbringung des Beschwerdeführers erkennen. In diesem Zusammenhang wurde auf die bereits bestehenden fünf Vorstrafen sowie eine "Litanei an Verwaltungsstrafverfahren bzw. -verstößen" hingewiesen. Zusätzlich dürfe, wie bereits im Bescheid des Bundesamtes durchaus verständlich ausgeführt worden sei, auch darauf hingewiesen werden, dass diverse Delikte im Zusammenhang mit Drogen jedenfalls als schwerwiegend anzusehen seien. Auch sei aufgrund der bestehenden Drogensucht des Beschwerdeführers eine positive Prognose nur schwer zu erstatten. Das Gericht beurteile daher die laufende Anhaltung als verhältnismäßig.

45. Am 22.05.2019 führte das Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an der das Bundesamt nicht teilnahm. Der Beschwerdeführer wurde im Beisein seiner rechtsfreundlichen Vertreterin und einer Dolmetscherin für die Sprache Paschtu zunächst zu seinem Gesundheitszustand, seinen Familienangehörigen in Afghanistan und seinen privaten und familiären Bindungen in Österreich befragt. Über Befragen zu den Gründen seiner neuerlichen Antragstellung machte der Beschwerdeführer nähere Angaben zu einem Glaubenswechsel. Die Beschwerdeführervertreterin verzichtete auf eine Stellungnahme zu den ins Verfahren eingebrachten Länderberichten zur Situation in Afghanistan. Des Weiteren wurde insbesondere der Verwaltungsakt betreffend die aktuelle Schubhaft des Beschwerdeführers, eine gekürzte Urteilsausfertigung des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom XXXX , Gz. XXXX , ein Auszug der verwaltungsstrafrechtlichen Vormerkungen des Beschwerdeführers vom 25.03.2019 sowie eine Auskunft der Justizanstalt Graz-Jakomini vom 22.03.2019 hinsichtlich des Vollzugsverhaltens des Beschwerdeführers ins Verfahren eingebracht. Ein Antrag der Vertreterin des Beschwerdeführers auf Einvernahme eines anwesenden Zeugen zum Beweis, dass der Beschwerdeführer bereits vor seinen Gefängnisaufenthalten Kontakte zu Österreichern gehabt und sich gut mit diesen verstanden habe, wurde mangels Relevanz für das gegenständliche Verfahren abgewiesen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Beweis wurde erhoben durch Einvernahme des Beschwerdeführers in der öffentlichen mündlichen Verhandlung, Einsicht in die Verwaltungsakten der belangten Behörde und die Akten des Bundesverwaltungsgerichtes betreffend die drei Asylanträge des Beschwerdeführers und die Anordnung einer Schubhaft, in die seitens des Bundesverwaltungsgerichtes eingeholte gekürzte Urteilsausfertigung des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom XXXX , Gz. XXXX , in einen Auszug der verwaltungsstrafrechtlichen Vormerkungen des Beschwerdeführers vom 25.03.2019, eine Auskunft des Rechtsbüros der Justizanstalt Graz-Jakomini vom 22.03.2019 hinsichtlich des Vollzugsverhaltens des Beschwerdeführers, aktuelle Auszüge aus dem Zentralen Melderegister und dem Strafregister der Republik Österreich sowie in folgende Länderberichte:

* Länderinformationsblatt der Staatendokumentation: Afghanistan vom 29.06.2018, aktualisiert mit 26.03.2019;

* UNHCR, Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 30.08.2018 (deutsche Fassung);

* EASO, Country Guidance: Afghanistan, Juni 2018;

* EASO Country of Origin Information Report, Afghanistan: Key socio-economic indicators - Focus on Kabul City, Mazar-e Sharif and Herat City, April 2019;

* ACCORD-Anfragebeantwortung zu Afghanistan: Lage von zum Christentum konvertierten Personen insbesondere in Kabul und Masar-e-Scharif, 2018-08-07;

* ACCORD-Anfragebeantwortung zu Afghanistan: Situation von 1) vom Islam abgefallenen Personen (Apostaten), 2) christlichen KonvertitInnen, 3) Personen, die Kritik am Islam äußern, 4) Personen, die sich nicht an die Regeln des Islam halten und 5) Rückkehrern aus Europa, 01.06.2017;

* Anfragebeantwortung der Staatendokumentation, Afghanistan:

Nichtausübung des Islam und Apostasie, 25.10.2018;

* Anfragebeantwortung der Staatendokumentation, Afghanistan:

Antidepressiva, psychiatrische und psychologische Betreuung in Kabul-Stadt, Mazar-e Sharif und Herat-Stadt, 15.05.2019;

* Afghanistan Independent Human Rights Commission (AIHRC), Situation of the Right to Access Quality Health Services (National Inquiry Report), April 2017;

* Schweizerische Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Psychiatrische und psychotherapeutische Behandlung, 05.04.2017;

* ACCORD-Anfragebeantwortung zu Afghanistan "Folgen von Dürre in den Städten Herat und Mazar-e Sharif" vom 12.10.2018;

* Anfragebeantwortung der Staatendokumentation, Afghanistan:

Sozialleistungen für Rückkehrer, 01.02.2018.

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Afghanistan, der Volksgruppe der Paschtunen zugehörig und bekannte sich jedenfalls bis Februar 2017 zum sunnitisch-muslimischen Glauben.

Der Beschwerdeführer stammt aus dem Distrikt Char Dara der afghanischen Provinz Kunduz. Die Eltern, Geschwister, Onkel und weitere Verwandte des Beschwerdeführers leben weiterhin in seiner Herkunftsregion. Es kann nicht festgestellt werden, ob die - allenfalls zwischenzeitlich geschiedene - Ehefrau des Beschwerdeführers mit dem gemeinsamen Sohn bei ihren Eltern in Kabul oder bei den Eltern des Beschwerdeführers in Kunduz lebt. Der Beschwerdeführer hat derzeit keinen Kontakt zu seinen Angehörigen in Afghanistan.

Vor seiner Einreise in Österreich hat der Beschwerdeführer zwölf Jahre lang die Schule besucht, diese erfolgreich abgeschlossen und anschließend zwei Jahre lang studiert.

In gesundheitlicher Hinsicht besteht beim Beschwerdeführer ein Abhängigkeitssyndrom von mehreren Substanzen und eine emotional instabile Persönlichkeitsstörung mit Impulsdurchbrüchen. Suizidgedanken bzw. -absichten können nicht festgestellt werden. Der Beschwerdeführer macht seit mehreren Jahren - mit Unterbrechungen -eine Drogensubstitutionstherapie und wird psychotherapeutisch sowie medikamentös behandelt. Eine wesentliche Einschränkung der Arbeitsfähigkeit kann nicht festgestellt werden.

An der Daumenwurzel bzw. am Handrücken des Beschwerdeführers befindet sich eine sichtbar selbstgemachte, etwa 6 bis 7 cm große blasse Tätowierung in Form eines kreuzähnlichen Gegenstandes.

Der Beschwerdeführer ist volljährig, hat in Österreich Deutschkurse besucht, spricht bereits etwas Deutsch und verfügt über soziale Kontakte. Er hat zumindest zwei Jahre der Ausbildung für den Lehrberuf Schuhmacher erfolgreich absolviert, seit seiner ersten Einreise in Österreich aber nie eine legale Erwerbstätigkeit ausgeübt und ist lediglich in Justizvollzugsanstalten einer Arbeitstätigkeit nachgegangen.

In Österreich leben Cousins des Beschwerdeführers, zu denen er keinen engen Kontakt hat. Ob der Beschwerdeführer eine Freundin mit österreichischer Staatsbürgerschaft und mit dieser eine im Oktober 2018 geborene gemeinsame Tochter hat, kann nicht festgestellt werden. Es kann jedenfalls nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer mit der genannten Freundin und einer gemeinsamen Tochter mehr als sechs Tage im gemeinsamen Haushalt gelebt hat.

Seit seiner Einreise in Österreich im Jahr 2012 hat der Beschwerdeführer zahlreiche Straftaten begangen und wurde mehrmals rechtskräftig verurteilt:

1. Urteil des Landesgerichtes Leoben vom XXXX , XXXX , wegen §§ 105 Abs. 1, 106 Abs. 1 Z 1 1. Fall StGB, Freiheitsstrafe 10 Monate - bedingt nachgesehen, Probezeit drei Jahre;

2. Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom XXXX , XXXX , wegen §§ 15, 127, §§ 142 Abs. 1 und 2 und § 107 Abs. 1 StGB, Freiheitsstrafe 15 Monate;

3. Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom XXXX , XXXX , wegen § 107 Abs. 1 und §§ 15, 127 StGB, Freiheitsstrafe 6 Monate;

4. Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom XXXX , 11

XXXX wegen § 127, § 107 Abs. 1, §§ 15, 269 Abs. 1 1. Fall und §§ 15, 83 Abs. 1 StGB, Freiheitsstrafe 12 Monate;

5. Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom XXXX , XXXX , wegen § 107 Abs. 1 StGB, § 27 Abs. 1 Z 1 2. Fall SMG, § 28a Abs. 1

5. Fall SMG sowie § 27 Abs. 1 Z 1 2. Fall und § 27 Abs. 2 SMG, Freiheitsstrafe zwei Jahre.

Der Beschwerdeführer hat darüber hinaus in den Jahren 2015 und 2016 zahlreiche Verwaltungsübertretungen nach dem Fremdenpolizeigesetz 2005, Sicherheitspolizeigesetz, Steiermärkischen Landes-Sicherheitsgesetz und der Straßenverkehrsordnung 1960 sowie während seiner Strafhaft mehrere Ordnungswidrigkeiten nach dem Strafvollzugsgesetz - darunter auch tätliche Auseinandersetzungen, Sachbeschädigung und Brandstiftung - begangen.

Er ist nicht legal in das Bundesgebiet eingereist und hatte nie ein nicht auf das Asylverfahren gegründetes Aufenthaltsrecht in Österreich. Der Beschwerdeführer verfügte seit dem 08.01.2014 - abgesehen von Justizanstalten und Polizeianhaltezentren - über keinen gemeldeten Hauptwohnsitz in Österreich und war von 19.03.2016 bis 15.03.2019 durchgehend in Strafvollzugsanstalten inhaftiert.

Wenige Tage, nachdem der Beschwerdeführer aus der Strafhaft entlassen wurde, reiste er am 23.03.2019 mit dem Zug nach Italien, wo er - offenbar für den Eigenbedarf - Cannabis erwarb. Bei seiner Rückkehr in das Bundesgebiet am 24.03.2019 wurde der Beschwerdeführer im Zuge einer fremdenrechtlichen Kontrolle festgenommen. Mit Mandatsbescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 25.03.2019 wurde zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme die Schubhaft angeordnet. Eine hiegegen erhobene Beschwerde wurde mit hg. Erkenntnis vom 10.04.2019 abgewiesen.

Der Beschwerdeführer ist seit seiner erstmaligen Einreise in Österreich im Jahr 2012 nicht in seinen Herkunftsstaat zurückgekehrt.

1.2. Zum Verfahren:

Der Beschwerdeführer hat seinen Herkunftsstaat verlassen, ist in das österreichische Bundesgebiet eingereist und hat am 02.05.2012 einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Dieser Antrag wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 08.04.2013 abgewiesen.

Am 21.08.2013 stellte der Beschwerdeführer einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz, den das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mit Bescheid vom 28.03.2014, Zl. 831218504-2371447, gemäß §§ 3 Abs. 1 und 8 Abs. 1 AsylG 2005 abwies. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde nicht erteilt und gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig ist. Die Frist für eine freiwillige Ausreise wurde gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt.

Die dagegen eingebrachte Beschwerde wurde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 14.02.2017 mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 12.04.2018, GZ W163 2007028-1/34E, gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1 und 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 sowie § 57 AsylG 2005, § 9 BFA-VG und § 52 FPG 2005 mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass gemäß § 55 Abs. 2 iVm § 59 Abs. 4 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise vierzehn Tage ab der Enthaftung des Beschwerdeführers beträgt.

Das Bundesverwaltungsgericht ging u.a. aufgrund erheblicher Widersprüche von der Unglaubhaftigkeit der behaupteten Bedrohung im Zusammenhang mit einer außerehelichen Beziehung des Beschwerdeführers aus.

Dieses Erkenntnis wurde dem Beschwerdeführer am 17.04.2018 zugestellt und ist in Rechtskraft erwachsen.

Der verfahrensgegenständliche (dritte) Antrag auf internationalen Schutz wurde vom Beschwerdeführer am 13.09.2018 eingebracht und mit einer Konversion zum Christentum begründet.

1.3. Zur Änderung des Sachverhaltes:

Der Beschwerdeführer hat sich etwa seit dem Jahr 2017 verstärkt für den christlichen Glauben interessiert und während seiner Inhaftierung in den Justizanstalten immer wieder den katholischen Gottesdienst besucht. Der Beschwerdeführer wurde bisher allerdings weder getauft noch hat er mit dem Taufunterricht begonnen.

Es kann nicht festgestellt werden, dass dem Beschwerdeführer bei einer Rückkehr nach Afghanistan und Ansiedlung in der Stadt Kabul eine Konversion zum Christentum bzw. Apostasie unterstellt würde.

Da sich auch hinsichtlich der Situation in Afghanistan keine für den vorliegenden Fall relevante Änderung ergeben hat (siehe unten Pkt. II.1.4.), kann nicht festgestellt werden, dass sich der maßgebliche Sachverhalt seit dem rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens über den letzten Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers geändert hat.

1.4. Zur allgemeinen Lage in Afghanistan:

In Afghanistan leben laut Schätzungen vom Juli 2017 mehr als 34,1 Millionen Menschen. Schätzungen zufolge sind 40 % Paschtunen, rund 30 % Tadschiken, ca. 10 % Hazara, 9 % Usbeken.

Etwa 99,7 % der Bevölkerung Afghanistans sind Muslime, der Großteil davon sind Sunniten. Schätzungen zufolge sind etwa 10 bis 19 % der Bevölkerung Schiiten. Andere in Afghanistan vertretene Glaubensgemeinschaften wie beispielsweise Sikhs, Hindus, Baha¿i und Christen machen zusammen etwa 0,3 % der Bevölkerung aus.

Laut Verfassung ist der Islam die Staatsreligion Afghanistans. Religionsfreiheit ist in der afghanischen Verfassung verankert, dies gilt allerdings ausdrücklich nur für Anhänger anderer Religionen als dem Islam. Die von Afghanistan ratifizierten internationalen Verträge und Konventionen wie auch die nationalen Gesetze sind allesamt im Lichte des generellen Islamvorbehalts (Artikel 3 der Verfassung) zu verstehen. Die Glaubensfreiheit, die auch die freie Religionsauswahl beinhaltet, gilt in Afghanistan daher für Muslime nicht. Die Religionsfreiheit hat sich seit 2001 verbessert, wird aber noch immer durch Gewalt und Drangsale gegen religiöse Minderheiten und reformierte Muslime behindert. Hindus, Sikhs und Schiiten, speziell jene, die den ethnischen Hazara angehören, sind Diskriminierung durch die sunnitische Mehrheit ausgesetzt. Christen berichteten, die öffentliche Meinung stehe ihnen und der Missionierung weiterhin feindselig gegenüber.

Das afghanische Strafgesetzbuch, das am 15.02.2018 in Kraft getreten ist, enthält keine Definition von Apostasie. Laut der sunnitisch-hanafitischen Rechtsprechung gilt die Konversion vom Islam zu einer anderen Religion als Apostasie. Jeder Konvertit soll laut islamischer Rechtsprechung drei Tage Zeit bekommen, um seinen Konfessionswechsel zu widerrufen. Sollte es zu keinem Widerruf kommen, gilt Enthauptung als angemessene Strafe für Männer, während Frauen mit lebenslanger Haft bedroht werden. In städtischen Gebieten sind Repressionen gegen Konvertiten aufgrund der größeren Anonymität weniger zu befürchten als in Dorfgemeinschaften.

Eine Person wird in Afghanistan nicht notwendigerweise als nichtgläubig angesehen, wenn sie nicht an religiösen Handlungen im öffentlichen Raum teilnimmt, da es auch viele Muslime gibt, die nicht regelmäßig die Moschee besuchen. Auch für als "verwestlicht" wahrgenommene Männer besteht in Afghanistan generell nur ein geringes Verfolgungsrisiko - insbesondere im urbanen Bereich.

Die Sicherheitslage in Afghanistan bleibt insgesamt volatil und weist starke regionale Unterschiede auf. Provinzen und Distrikten mit aktiven Kampfhandlungen stehen andere gegenüber, in denen die Lage trotz punktueller Sicherheitsvorfälle vergleichsweise stabil ist. Die afghanische Regierung behält die Kontrolle über Kabul, größere Bevölkerungszentren, Transitrouten, Provinzhauptstädte und den Großteil der Distriktzentren. Ausländische Streitkräfte und Regierungsvertreter sowie die als ihre Verbündeten angesehenen Angehörigen der afghanischen Sicherheitskräfte und Vertreter der afghanischen Regierung sind prioritäre Ziele der Aufständischen. Eine Bedrohung für Zivilisten geht insbesondere von Kampfhandlungen zwischen den Konfliktparteien sowie improvisierten Sprengkörpern, Selbstmordanschlägen und komplexen Angriffen auf staatliche Einrichtungen aus.

Kunduz zählt zu den relativ volatilen Provinzen Afghanistans, in der Aufständische aktiv sind. Während des Jahres 2017 sank die Anzahl der zivilen Opfer in Folge von Bodenoffensiven u.a. in der Provinz Kunduz; ein Grund dafür war ein Rückgang von Militäroffensiven in von Zivilist/innen bewohnten Zentren durch die Konfliktparteien. Im Februar 2018 berichteten einige Quellen, die Sicherheitslage in der Provinzhauptstadt Kunduz hätte sich sehr verbessert.

Die afghanische Hauptstadt Kabul hat etwa 4,6 Millionen Einwohner und ist über den Flughafen gut zu erreichen. Die Lage in Kabul ist noch als hinreichend sicher und stabil zu bezeichnen, wenngleich es immer wieder zu Anschlägen mit zahlreichen Opfern kommt. Diese Anschläge ereignen sich allerdings oft im Nahbereich von staatlichen bzw. ausländischen Einrichtungen oder NGOs. In den ersten sechs Monaten des Jahres 2018 wurden von UNAMA 993 zivile Opfer (321 Tote und 672 Verletzte) in der Provinz Kabul dokumentiert.

Zur Wirtschafts- und Versorgungslage ist festzuhalten, dass Afghanistan weiterhin ein Land mit hoher Armutsrate und Arbeitslosigkeit ist. Rückkehrer nach Afghanistan sind zunächst oft - wie auch große Teile der dort ansässigen Bevölkerung - auf gering qualifizierte Beschäftigungen oder Gelegenheitstätigkeiten angewiesen. Aufgrund der schwierigen wirtschaftlichen Bedingungen besteht auch für zurückkehrende Flüchtlinge das Risiko, in die Armut abzurutschen. Ein fehlendes familiäres Netzwerk stellt eine Herausforderung für die Reintegration von Migranten in Afghanistan dar. Dennoch haben alleinstehende afghanische Männer, egal ob sie sich kürzer oder länger außerhalb der Landesgrenzen aufhielten, sehr wahrscheinlich eine Familie in Afghanistan, zu der sie zurückkehren können. Eine Ausnahme stellen möglicherweise jene Fälle dar, deren familiäre Netze in den Nachbarstaaten Iran oder Pakistan liegen.

Nahrungsmittel, grundlegende Gesundheitsversorgung und Zugang zu Trinkwasser sind in der Stadt Kabul grundsätzlich verfügbar. Die humanitäre Situation in Afghanistan hat sich durch eine schwere Dürre - insbesondere die Regionen im Norden und Westen des Landes - weiter verschärft, die Preise für Weizen und Brot blieben dennoch vergleichsweise stabil. Durch eine verstärkte Landflucht wurde zusätzlich auch die Wohnraumbeschaffung und Arbeitssuche erschwert. Sowohl das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen (United Nations World Food Programme) als auch andere UN-Organisationen arbeiten mit der afghanischen Regierung zusammen, um die Kapazität humanitärer Hilfe zu verstärken, rasch Unterkünfte zur Verfügung zu stellen und Hygiene- und Nahrungsbedürfnisse zu stillen. Daneben gibt es eine Kooperation mit der Internationalen Organisation für Migration (IOM) in Afghanistan im Rahmen des Programms "Assisted Voluntary Return and Reintegration". IOM bietet Beratung und psychologische Betreuung im Aufnahmeland, Unterstützung bei Reiseformalitäten und bei der Ankunft in Kabul sowie Begleitung der Reintegration einschließlich Unterstützung bei der Suche nach einer Beschäftigung oder Gewährung eines Anstoßkredits an. Rückkehrer können nach ihrer Ankunft in Kabul für bis zu zwei Wochen von IOM untergebracht werden. Obwohl IOM Abschiebungen nicht unterstützt und keine Abschiebungsprogramme durchführt, gibt IOM auch abgeschobenen Asylbewerbern Unterstützung nach der Ankunft im Land. In der Stadt Kabul sind Unterkünfte grundsätzlich verfügbar, aufgrund der hohen Mietkosten für (reguläre) Wohnungen und Häuser lebt ein großer Teil der Bevölkerung aber in informellen Siedlungen bzw. gibt es auch die Möglichkeit, nur ein Zimmer zu mieten oder in Teehäusern (chai khana) zu übernachten.

Medizinische Versorgung wird in Afghanistan auf drei Ebenen gewährleistet: Gesundheitsposten und Gesundheitsarbeiter bieten ihre Dienste auf G

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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