TE Bvwg Erkenntnis 2019/6/7 W235 2191397-2

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Veröffentlicht am 07.06.2019
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Entscheidungsdatum

07.06.2019

Norm

AsylG 2005 §13 Abs2 Z2
B-VG Art. 133 Abs4
VwGVG §28 Abs1

Spruch

W235 2191397-2/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Maga. Sabine MEHLGARTEN-LINTNER, als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Iran, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.01.2019, Zl. 1095398604-151807894, zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG stattgegeben und der Bescheid wird ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Erstverfahren:

1.1. Der Beschwerdeführer, ein iranischer Staatsangehöriger, stellte am 20.10.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.

1.2. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 07.03.2018 wurde dieser Antrag nach Zulassung zum Verfahren sowie nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.). Unter Spruchpunkt II. dieses Bescheides wurde der Antrag des Beschwerdeführers hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Iran gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 12 AsylG abgewiesen. Ferner wurde ihm unter Spruchpunkt III. ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Gegen ihn wurde weiters gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.). Unter Spruchpunkt V. dieses Bescheides wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers in den Iran gemäß § 46 FPG zulässig ist. Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt VI.).

1.3. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer im Wege seiner bevollmächtigten Vertretung fristgerecht Beschwerde. Dieses Beschwerdeverfahren ist derzeit beim Bundesverwaltungsgericht anhängig (Zl. W235 2191397-1).

2. Gegenständliches Verfahren:

2.1. Am XXXX .01.2019 langte beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl eine Verständigung der Staatsanwaltschaft XXXX über eine Anklageerhebung gegen den Beschwerdeführer vom XXXX .12.2018, AZ XXXX , wegen §§ 146, 147 Abs. 2 und 148 erster Fall StGB (gewerbsmäßiger schwerer Betrug) ein.

Mit Verfahrensanordnung vom 16.01.2019 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 2 AsylG der Verlust seines Aufenthaltsrechts im Bundesgebiet wegen durch die Staatsanwaltschaft eingebrachter Anklage einer gerichtlich strafbaren Handlung, die nur vorsätzlich begangen werden kann, mitgeteilt (vgl. AS 13).

2.2. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde ausgesprochen, dass der Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 2 Z 2 AsylG sein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem 27.12.2018 verloren hat.

2.3. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer durch seine ausgewiesene Vertretung fristgerecht Beschwerde. Diese wurde im Wesentlichen dahingehend begründet, dass es der Unschuldsvermutung widerspreche, aus einer Anklageerhebung negative Konsequenzen abzuleiten.

2.4. Am 03.06.2019 übermittelte das Bundesamt dem Bundesverwaltungsgericht den Protokollsvermerk und gekürzte Urteilsausfertigung des Landesgerichts für Strafsachen XXXX vom XXXX .05.2019, GZ. XXXX , dem zu entnehmen ist, dass der Beschwerdeführer von dem gegen ihn erhobenen Vorwürfen der Staatsanwaltschaft XXXX zu AZ XXXX gemäß § 259 Z 3 StPO rechtskräftig freigesprochen wurde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist ein iranischer Staatsangehöriger, der am 20.10.2015 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz stellte.

Am XXXX .12.2018 wurde gegen den Beschwerdeführer beim Landesgericht für Strafsachen XXXX Anklage wegen gewerbsmäßigen, schweren Betrugs erhoben.

Mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen XXXX vom XXXX .05.2019 wurde der Beschwerdeführer von den gegen ihn erhobenen Vorwürfen freigesprochen. Das Urteil ist rechtskräftig. Festgestellt wird, dass der Beschwerdeführer unbescholten ist.

2. Beweiswürdigung:

Die oben angeführten Feststellungen ergeben sich aus dem unbedenklichen Akteninhalt, insbesondere aus dem Protokollsvermerk und gekürzte Urteilsausfertigung des Landesgerichts für Strafsachen XXXX vom XXXX .05.2019. Dass der Beschwerdeführer unbescholten ist, gründet darüber hinaus auf einem vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Strafregisterauszug vom 06.06.2019.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da im vorliegenden Verfahren keine Entscheidung durch Senate vorgesehen ist, liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

3.2. Zu A)

3.2.1. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

§ 13 AsylG lautet:

(1) Ein Asylwerber, dessen Asylverfahren zugelassen ist, ist bis zur Erlassung einer durchsetzbaren Entscheidung, bis zur Einstellung oder Gegenstandslosigkeit des Verfahrens oder bis zum Verlust des Aufenthaltsrechts (Abs. 2) zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt. Ein auf Grund anderer Bundesgesetze bestehendes Aufenthaltsrecht bleibt unberührt.

(2) Ein Asylwerber verliert sein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet, wenn

1. dieser straffällig geworden ist (§ 2 Abs. 3),

2. gegen den Asylwerber wegen einer gerichtlich strafbaren Handlung, die nur vorsätzlich begangen werden kann, eine Anklage durch die Staatsanwaltschaft eingebracht worden ist,

3. gegen den Asylwerber Untersuchungshaft verhängt wurde (§§ 173 ff StPO, BGBl. Nr. 631/1975) oder

4. der Asylwerber bei der Begehung eines Verbrechens (§ 17 StGB) auf frischer Tat betreten worden ist.

Der Verlust des Aufenthaltsrechtes ist dem Asylwerber mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) mitzuteilen. Wird ein Asylwerber in den Fällen der Z 2 bis 4 freigesprochen, tritt die Staatsanwaltschaft von der Verfolgung der Straftat zurück (§§ 198 ff StPO) oder wird das Strafverfahren eingestellt, lebt sein Aufenthalt rückwirkend mit dem Tage des Verlustes wieder auf.

(3) Hat ein Asylwerber sein Recht auf Aufenthalt im Bundesgebiet gemäß Abs. 2 verloren, kommt ihm faktischer Abschiebeschutz (§ 12) zu.

(4) Das Bundesamt hat im verfahrensabschließenden Bescheid über den Verlust des Aufenthaltsrechtes eines Asylwerbers abzusprechen.

3.2.2. Infolge der Erhebung einer Anklage der Staatsanwaltschaft XXXX gegen den Beschwerdeführer am XXXX .12.2018 wegen gewerbsmäßigen schweren Betrugs gemäß §§ 146, 147 Abs. 2 und 148 erster Fall StGB - sohin wegen eines reinen Vorsatzdeliktes - wurde dem Beschwerdeführer mit Verfahrensanordnung vom 16.01.2019 der Verlust seines Aufenthaltsrechts im Bundesgebiet mitgeteilt und im angefochtenen Bescheid darüber abgesprochen, dass der Beschwerdeführer sein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab 27.12.2018 verloren hat. Der Verlust des Aufenthaltsrechtes ist ex lege eingetreten.

Da der Beschwerdeführer jedoch von den gegen ihn erhobenen Vorwürfen der Staatsanwaltschaft XXXX mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX vom XXXX .05.2019 gemäß § 259 Z 3 StPO rechtskräftig freigesprochen wurde, ist der angefochtene Bescheid in Stattgabe der Beschwerde ersatzlos zu beheben. Das Aufenthaltsrecht des Beschwerdeführers lebt sohin rückwirkend mit 27.12.2018 wieder auf.

Nur am Rande ist zum Beschwerdevorbringen, es widerspreche der Unschuldsvermutung, aus einer Anklageerhebung negative Konsequenzen abzuleiten, darauf zu verweisen, dass § 13 Abs. 2 Z 2 AsylG ausdrücklich nicht auf eine Verurteilung, sondern auf die Anklageerhebung abstellt.

Der Vollständigkeit halber wird festgehalten, dass im inhaltlichen Asylverfahren des Beschwerdeführers (im gegenständlichen Erkenntnis als "Erstverfahren" bezeichnet) eine gesonderte Entscheidung ergehen wird.

3.2.3. Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010, S. 389, entgegenstehen.

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte sohin im gegenständlichen Fall gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen, da bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit der Beschwerde angefochtene Bescheid ersatzlos zu beheben ist.

3.3. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Im vorliegenden Fall ist die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die hier anzuwendenden Regelung des § 13 Abs. 2 AsylG erweist sich als klar und eindeutig (vgl. dazu auch OGH vom 22.03.1992, 5 Ob 105/90). Weder mangelt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes noch weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab; diese ist auch nicht uneinheitlich. Sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage liegen nicht vor.

4. Daher war spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Aufenthaltsrecht, Behebung der Entscheidung, ersatzlose Behebung,
Freispruch, Verlusttatbestände, Wegfall der Gründe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W235.2191397.2.00

Zuletzt aktualisiert am

08.10.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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