Entscheidungsdatum
11.06.2019Norm
BSVG §2Spruch
G302 2213637-1/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Manfred ENZI als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, VSNR XXXX, vertreten durch Rechtsanwalt XXXX, in XXXX, gegen den Bescheid der Sozialversicherungsanstalt der Bauern, Regionalbüro XXXX, vom 13.12.2018, Zl. XXXX, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Mit Bescheid der Sozialversicherungsanstalt der Bauern (im Folgenden: belangte Behörde) vom 13.12.2018, Zl. XXXX, wurde gemäß § 7 Abs. 1 Z 1, Abs. 3 und 4, § 2 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 und § 3 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 BSVG ausgesprochen, dass Herr XXXX, VSNR XXXX (im Folgenden: BF) ab 06.04.2018 nicht in der Kranken-, Pensions- und Unfallversicherung nach dem BSVG pflichtversichert sei (Spruchpunkt I.). Weiters sei der BF gemäß §§ 23, 24 Abs. 1 und 2, §§ 30 und 32 Abs. 1 BSVG von 01.11.2016 bis 05.04.2018 in der Kranken-, Pensions- und Unfallversicherung beitragspflichtig (Spruchpunkt II.). Es habe sich eine Beitragsschuld iHv EUR 2.912,68 (Beiträge zur Kranken-, Pensions- und Unfallversicherung von EUR 2.555,98 abzüglich einer Teilzahlung von EUR 64,47 plus Beitragszuschläge von EUR 406,68 plus Verwaltungskosten von EUR 14,49) ergeben. Aufgrund der Bewilligung der Forderungsexekution durch das Bezirksgericht XXXX am 06.09.2018 seien weitere Kosten iHv EUR 91,00 entstanden und habe sich der Rückstand aufgrund des Kostenbestimmungsbeschlusses vom 04.10.2018 um weitere EUR 25,00 erhöht. Somit bestehe eine Gesamtforderung von EUR 3.028,68. Unter Berücksichtigung der Einzahlungen vom 02.11.2018 iHv EUR 665,89 und vom 12.12.2018 iHv EUR 979,90 bestehe zum Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides eine offene Beitragsschuld iHv EUR 1.382,89 auf dem Beitragskonto des BF.
Gegen diesen Bescheid erhob der BF durch seinen Vertreter fristgerecht Beschwerde und führte aus, dass mit prätorischem Vergleich vom 06.04.2018 der Pachtvertrag rückwirkend mit 30.06.2017 aufgelöst worden sei und dieser Zeitpunkt als Auflösungsdatum anzuerkennen sei.
Die gegenständliche Beschwerde wurde mit dem maßgeblichen Verwaltungsakt am 25.01.2019 dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt und der Gerichtsabteilung G302 zugewiesen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Mit Pachtvertrag vom 22.01.1996 pachtete der BF die Liegenschaft XXXX, welche ab 01.11.2016 aus 22,4272 ha forstwirtschaftlich genutzter und 3,9379 ha landwirtschaftlich genutzter Fläche bestand. Diese Flächen wurden vom Finanzamt XXXX mit einem Gesamteinheitswert von EUR 2.355,69 bewertet.
Der Pachtvertrag wurde mit prätorischem Vergleich zwischen dem BF und dem Erben des mittlerweile verstorbenen Eigentümers der oben genannten Liegenschaft am 06.04.2018 vor dem Bezirksgericht XXXX aufgelöst. Als Ende des Pachtverhältnisses wurde das Datum 30.06.2017 angegeben.
Im gegenständlichen prätorischen Vergleich wurde unter Punkt 1.) festgehalten, dass der Beklagte XXXX (im Folgenden: FG) sich verpflichtet, einen Vergleichsbetrag von EUR 135.384,10 an den Kläger (Beschwerdeführer) zu bezahlen. Den Betrag von EUR 50.000,00 bis spätestens 31.05.2018 sowie ein weiterer Betrag von EUR 75.384,10 bis 31.11.2018. Unter Punkt 4.) wurde vereinbart, dass das zwischen den Streitteilen bestehende Pachtverhältnis betreffend die Liegenschaft XXXX vom 22.01.1996 einvernehmlich zum 30.06.2017 aufgelöst wird. Die Streitteile erklären, dass im Falle der Nichterfüllung des Vergleiches, im konkreten Fall der Zahlungsverpflichtung zu Punkt 1.) das Pachtverhältnis wiederauflebt. Der Kläger erklärt bis 30.11.2018 keine Nutzungshandlungen am Pachtgegenstand zu bewerkstelligen, gleichzeitig ist er damit einverstanden, dass das Pachtobjekt vom Beklagten bewirtschaftet wird. Mit dem gegenständlichen Vergleich sind sämtliche wechselseitigen Ansprüche der Streitteile aus dem gegenständlichen Pachtvertag ein für allemal erledigt und verglichen, sodass kein Teil mehr berechtigt ist, vom anderen Teil etwas zu fordern. Die gegenständliche Generalklausel wird rückwirkend aufgehoben, sofern der Beklagte seiner Zahlungsverpflichtung zu Punkt 1.) nicht nachkommen sollte.
Als Pächter dieser Liegenschaft führte der BF auf eigene Rechnung und Gefahr einen land(forst)wirtschaftlichen Betrieb und war der BF daher wie folg beitragspflichtig:
Krankenversicherung
Beitragspflicht in der Zeit von/bis
Monatliche Beitragsgrundlage
Beitragssatz
Monatsbeitrag
01.11.2016 - 31.12.2016
EUR 767,15*
7,65 %
EUR 58,69
01.01.2017 - 31.12.2017
EUR 785,56*
7,65 %
EUR 60,10
01.01.2018 - 05.04.2018
EUR 808,34*
7,65 %
EUR 61,84
Unfallversicherung
Beitragspflicht in der Zeit von/bis
Monatliche Beitragsgrundlage
Beitragssatz
Monatsbeitrag
01.11.2016 - 31.12.2016
EUR 767,15*
1,90 %
EUR 14,58
01.01.2017 - 31.12.2017
EUR 785,56*
1,90 %
EUR 14,93
01.01.2018 - 05.04.2018
EUR 808,34*
1,90 %
EUR 15,36
*Mindestbeitragsgrundlage
Pensionsversicherung
Beitragspflicht in der Zeit von/bis
Monatliche Beitragsgrundlage
Beitragssatz
Monatsbeitrag
01.11.2016 - 31.12.2016
EUR 430,64
17,00 %
EUR 73,21
01.01.2017 - 31.12.2017
EUR 440,98
17,00 %
EUR 74,97
01.01.2018 - 05.04.2018
EUR 453,77
17,00 %
EUR 77,14
2.
Beweiswürdigung:
Der oben angeführte Verfahrensgang und Sachverhalt ergeben sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten sowie des nunmehr dem BVwG vorliegenden Gerichtsakts.
Die Feststellungen über das Pachtverhältnis, das Ausmaß der land- und forstwirtschaftlich genutzten Flächen und die Auflösung des Pachtverhältnisses beruhen auf den im Verwaltungsakt erliegenden Pachtvertrag vom 22.01.1996 sowie dem prätorischen Vergleich vom 06.04.2018 und wurden vom BF außer Streit gestellt.
Die Höhe der Beitragspflichten des BF beruhen auf den im angefochtenen Bescheid angeführten Berechnungen der belangten Behörde und wurden abgesehen vom zeitlichen Rahmen der Beitragspflicht vom BF ebenso nicht bestritten.
Das BVwG erachtet das bisherige Ermittlungsverfahren als hinreichend, um den maßgeblichen Sachverhalt festzustellen. Aus den angeführten Gründen konnte der dem BVwG vorliegende Akteninhalt dem gegenständlichen Erkenntnis im Rahmen der freien Beweiswürdigung zugrunde gelegt werden.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:
Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes - BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
3.2. Zu Spruchteil A):
3.2.1. Gemäß § 2 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 sowie § 3 Abs. 1 und Abs. 2 BSVG besteht für natürliche Personen eine Pflichtversicherung in der Kranken-, Pensions- und Unfallversicherung, wenn sie auf ihre Rechnung und Gefahr einen land(forst)wirtschaftlichen Betrieb im Sinne der Bestimmungen des Landarbeitsgesetzes 1984 (LAG), BGBl. Nr. 287/1984, führen oder auf ihre Rechnung und Gefahr ein solcher Betrieb geführt wird und wenn der nach dem Bewertungsgesetz 1955, BGBl. Nr. 148, in der jeweils geltenden Fassung festgestellte Einheitswert des land(forst)wirtschaftlichen Betriebes den Betrag von EUR 1.500,- in der Kranken- und Pensionsversicherung erreicht oder übersteigt sowie in der Unfallversicherung EUR 150,- erreicht oder übersteigt oder für den ein Einheitswert aus anderen als den Gründen des § 25 Z 1 des Bewertungsgesetzes nicht festgestellt wird.
Gemäß § 6 Abs. 1 BSVG beginnt die Pflichtversicherung in der Krankenversicherung bei den gemäß § 2 Abs. 1 pflichtversicherten Personen mit dem Tag, an dem die Voraussetzungen für die Pflichtversicherung eintreten. Gemäß Abs. 3 beginnt die Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung mit dem Ersten eines Kalendermonates, wenn die Voraussetzungen für die Pflichtversicherung bis einschließlich zum 15. dieses Monates eintreten, sonst mit dem folgenden Monatsersten. Gemäß § Abs. 4 beginnt die Pflichtversicherung in der Unfallversicherung mit dem Tag der Aufnahme der versicherungspflichtigen Tätigkeit.
Gemäß § 23 Abs. 1 BSVG ist der Versicherungswert nach Abs. 2 die Grundlage für die Bemessung der Beiträge in der Kranken- und Pensionsversicherung für die gemäß § 2 Abs. 1 Z 1 und 1a Pflichtversicherten bei einem land(forst)wirtschaftlichen Betrieb, für den ein Einheitswert des land(forst)wirtschaftlichen Vermögens gemäß den §§ 29 bis 50 BewG 1955 festgestellt wird. Gemäß § 23 Abs. 2 BSVG ist der Versicherungswert ein Hundertsatz des Einheitswertes des land(forst)wirtschaftlichen Betriebes. Hiebei ist von dem zuletzt im Sinne des § 25 des Bewertungsgesetzes festgestellten Einheitswert des land(forst)wirtschaftlichen Betriebes auszugehen. Der Versicherungswert ist jeweils zum 1. Jänner eines jeden Kalenderjahres neu festzustellen und auf Cent zu runden. Die Hundertsätze sind mit Wirksamkeit ab 1. Jänner eines jeden Jahres, mit Ausnahme der Jahre 2000 und 2001, unter Bedachtnahme auf § 47 mit der jeweiligen Aufwertungszahl (§ 45) mit der Maßgabe zu vervielfachen, dass die sich ergebenden Hundertsätze auf fünf Dezimalstellen zu runden sind. Bei Einheitswerten bis zu EUR 5.000,-
betrugen die Hundertsätze 18,72355% (2016), 19,17292% (2017) und 19,72892% (2018).
Gemäß § 23 Abs. 3 lit. d BSVG sind bei Bildung des Versicherungswertes gemäß Abs. 2 bei Zupachtung einer land(forst)wirtschaftlichen Fläche ein um zwei Drittel des anteilsmäßigen Ertragswertes der gepachteten Fläche erhöhter Einheitswert zu Grunde zu legen.
Gemäß § 23 Abs. 10 BSVG beträgt die Beitragsgrundlage für die nach § 2 Abs. 1 Z 1 BSVG Pflichtversicherten in der Pensionsversicherung mindestens den Betrag nach § 5 Abs. 2 ASVG (Mindestbeitragsgrundlage) und in der Kranken- und Unfallversicherung mindestens EUR 767,15 (2016), EUR 785,56 (2017) bzw. EUR 808,34 (2018).
Gemäß § 24 Abs. 1 BSVG haben die in der Krankenversicherung Pflichtversicherten für die Dauer der Beitragspflicht (§ 32) als Beitrag 7,65% der Beitragsgrundlage zu leisten.
Gemäß § 24 Abs. 2 BSVG haben die in der Pensionsversicherung Pflichtversicherten für die Dauer der Pflichtversicherung als Beitrag 17% der Beitragsgrundlage zu leisten.
Gemäß § 30 Abs. 1 BSVG ist die Beitragsgrundlage für den Betriebsbeitrag in der Unfallversicherung gemäß § 22 Abs. 2 lit. a in entsprechender Anwendung der für die Pensionsversicherung geltenden Bestimmungen des § 23 mit der Maßgabe festzustellen, dass im Falle der Option nach § 23 Abs. 1a die Mindestbeitragsgrundlage in der Krankenversicherung nach § 23 Abs. 10 lit. a erster Satz zweiter Halbsatz heranzuziehen ist. Die gemäß § 3 Abs. 1 Z 1 pflichtversicherten Betriebsführer haben als Beitrag 1,9 vH der Beitragsgrundlage zu leisten. Der Beitrag ist auf Cent zu runden.
Gemäß § 32 Abs. 1 BSVG sind die Beiträge für die Dauer der Versicherung zu leisten. Für den Kalendermonat, in dem die Pflichtversicherung bis einschließlich 15. dieses Monates beginnt oder nach dem 15. endet, ist der volle Beitrag zu leisten. Beginnt die Pflichtversicherung nach dem 15., beginnt die Beitragspflicht mit dem folgenden Kalendermonat. Endet die Pflichtversicherung am
15. oder vorher, so endet die Beitragspflicht mit dem vorangegangenen Kalendermonat.
3.2.2. Der Verwaltungsgerichtshof vertritt seit dem grundlegenden Erkenntnis vom 11. Oktober 1961, Zl. 761/61, VwSlg 5644 A/1961, die Auffassung, dass für die Beantwortung der Frage, auf wessen Rechnung und Gefahr ein land(forst)wirtschaftlicher Betrieb geführt wird, maßgeblich ist, ob jene Person, deren Versicherungs- oder Beitragspflicht zu beurteilen ist, aus der Betriebsführung im Außenverhältnis (also im Verhältnis zu Dritten) berechtigt und verpflichtet wird. Wer aus der Betriebsführung in diesem Sinne berechtigt und verpflichtet wird, ist eine Rechtsfrage, die nicht nach bloß tatsächlichen Gesichtspunkten, sondern letztlich nur auf Grund rechtlicher Gegebenheiten, und zwar primär dem Eigentum bzw. dem Miteigentum am land(forst)wirtschaftlichen Betrieb, beantwortet werden kann. Eine sozialversicherungsrechtlich relevante Änderung dieser sich primär aus den Eigentumsverhältnissen ergebenden Zurechnung setzt rechtswirksame (und rechtswirksam bleibende) dingliche (z.B. durch Einräumung eines Fruchtgenussrechtes) oder obligatorische Rechtsakte (z.B. durch Abschluss eines Pachtvertrages oder einer besonderen, einem Pachtvertrag nahe kommenden Vereinbarung zwischen Miteigentümern, oder aber auch eines Gesellschaftsvertrages) mit der Wirkung voraus, dass statt des Eigentümers (der Miteigentümer) ein Nichteigentümer (bzw. bei Vereinbarungen zwischen Miteigentümern einer der Miteigentümer allein) aus der Führung des Betriebes berechtigt und verpflichtet wird. Die bloß tatsächliche Betriebsführung reicht dazu nicht aus (VwGH vom 23.03.2015, Zl. 2013/08/0131).
Auch der wirksame Abschluss eines Pachtvertrages bewirkt ein obligatorisches Rechtsverhältnis, durch das eine Änderung der sich sonst aus den Eigentumsverhältnissen ergebenden Zurechnung von Rechten und Pflichten im Außenverhältnis mit der Rechtsfolge eintritt, dass nicht mehr der Eigentümer, sondern der Pächter den land(forst)wirtschaftlichen Betrieb auf seine Rechnung und Gefahr führt. Voraussetzung dafür ist aber, dass der Vertrag seinem Inhalt nach ein den gesetzlichen Bestimmungen entsprechendes Pachtverhältnis begründet (VwGH vom 27.10.2015, Zl. 2013/08/0094).
Im Sinne dieser Rechtsprechung bewirkt daher der vom mittlerweile verstorbenen Grundeigentümer mit dem BF geschlossene und auf die Erben übergegangene Pachtvertrag eine von den Eigentumsverhältnissen abweichende Zurechnung der land- und forstwirtschaftlichen Liegenschaften in der Weise, dass der BF als derjenige anzusehen ist, auf dessen Rechnung und Gefahr der Betrieb für die Dauer des Pachtverhältnisses geführt wurde. Der BF unterlag als Inhaber eines auf seine Rechnung und Gefahr geführten land- und forstwirtschaftlichen Betriebes für die Dauer des Pachtverhältnisses der Versicherungspflicht, wie er auch selbst nicht bestreitet.
Strittig ist lediglich, ob die Beitragspflicht des BF mit Abschluss des prätorischen Vergleichs vor dem Bezirksgericht am 06.04.2018 endete oder bereits mit dem im Vergleich bedungenen Ende des Pachtverhältnisses mit 30.06.2017.
Auch wenn der maßgebliche Stichtag - im sozialversicherungsrechtlichen Sinn - für den Übergang der Gefahr, der Nutzungen und Lasten und damit der Rechnung und Gefahr iSd § 2 Abs. 1 Z 1 BSVG primär der bedungene Übergabezeitpunkt ist (vgl. VwGH vom 27.10.2015, Zl. 2013/08/0094), ist die am 06.04.2018 vereinbarte Rückwirkung der Auflösung des Pachtverhältnisses mit 30.06.2017 insoweit nicht rechtswirksam, als die einverständliche Auflösung eines Dauerschuldverhältnisses, dessen Abwicklung bereits begonnen hat, nicht mehr ex tunc, sondern nur noch ex nunc erfolgen kann (VwGH vom 17.12.2002, Zl. 99/08/0171). Der Pachtvertrag des BF war daher - zeitraumbezogen - jedenfalls bis 06.04.2018 aufrecht, mag auch allenfalls auf Grund des abgeschlossenen Vergleichs im Nachhinein eine Verrechnung der gezogenen Früchte mit den geleisteten Pachtzinsen zwischen dem BF und dem nunmehrigen Eigentümer erfolgen. Eine solche Rückabwicklung vermochte an der zeitraumbezogen erfolgten Führung des Betriebes auf Rechnung und Gefahr des BF auf Grund eines bis 06.04.2018 rechtsgültigen Pachtvertrages nichts mehr zu ändern (vgl. das sich auf eine vergleichbare Konstellation beziehende Erkenntnis des VwGH vom 17.12.2002, Zl. 99/08/0171).
Ob der BF in der Zeit zwischen 30.06.2017 und 06.04.2018 die Pachtliegenschaften tatsächlich selbst bewirtschaftet hat oder ob dies durch den Eigentümer geschehen ist, ist unerheblich, weil es auf die tatsächliche Betriebsführung nach der oben wiedergegebenen ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht ankommt und sich die rechtlichen Gegebenheiten dadurch nicht hätten ändern können, hätte doch der rechtmäßige Pächter gegen den insoweit unredlichen Bewirtschafter jedenfalls einen Anspruch auf Herausgabe der Erträge (vgl. VwGH vom 17.12.2002, Zl. 99/08/0171).
Weiters sprach der Verwaltungsgerichtshof aus, dass die für die Pflichtversicherung maßgebenden Umstände der Führung eines Betriebs auf eigene Rechnung und Gefahr nachträglich und rückwirkend durch einen Vertrag (dort durch die Auflösung eines Pachtverhältnisses) als gegeben gewesene Tatbestände der Versicherungspflicht nicht mehr aus der Welt geschafft werden können (VwGH vom 24.11.2010, Zl. 2007/08/0174).
Eine für die Beitragspflicht des BF relevante rückwirkende Auflösung des Pachtverhältnisses ist aufgrund obiger Ausführungen ausgeschlossen.
Das Ende des Pachtverhältnisses bzw. das Ende der Beitragspflicht war somit mit dem Abschluss des prätorischen Vergleichs am 06.04.2018 festzusetzen und war die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
3.3. Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß Abs. 3 hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden. Gemäß Abs. 4 kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. Gemäß Abs. 5 kann das Verwaltungsgericht von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.
Der für diesen Fall maßgebliche Sachverhalt konnte als durch die Aktenlage hinreichend geklärt erachtet werden. In der Beschwerde wurden keine noch zu klärenden Tatsachenfragen in konkreter und substantiierter Weise aufgeworfen und war gegenständlich auch keine komplexe Rechtsfrage zu lösen (VwGH 31.07.2007, GZ 2005/05/0080). Dem Absehen von der Verhandlung stehen hier auch Art 6 Abs. 1 EMRK und Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union nicht entgegen.
Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.
Schlagworte
landwirtschaftlicher Betrieb, Pacht, Rechnung und Gefahr, Stichtag,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:G302.2213637.1.00Zuletzt aktualisiert am
07.10.2019