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90/02 Kraftfahrgesetz;Norm
KFG 1967 §73 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des W in G, vertreten durch Dr. Josef Peissl und Mag. Klaus Rieger, Rechtsanwälte in Köflach, Judenburger Straße 1, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 9. April 1998, Zl. 11-39-206/98-1, betreffend Entziehung der Lenkerberechtigung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 73 Abs. 1 KFG 1967 die Lenkerberechtigung für Kraftfahrzeuge der Gruppe B entzogen und gemäß § 73 Abs. 2 KFG 1967 ausgesprochen, daß ihm für die Dauer von zwei Jahren von der Zustellung des erstinstanzlichen Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Voitsberg vom 9. Februar 1998 an keine neue Lenkerberechtigung erteilt werden darf; eine in diese Zeit fallende Haft ist nicht einzurechnen.
In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend und beantragt dessen kostenpflichtige Aufhebung. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Begründung des Erstbescheides ist zu entnehmen, daß der bekämpften Entziehungsmaßnahme zugrunde liegt, daß der Beschwerdeführer mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 5. August 1997 schuldig erkannt wurde, durch näher umschriebene am 1. und 3. Juni 1997 begangene Straftaten die Vergehen der Anstiftung zur Körperverletzung, des Hausfriedensbruches, der gefährlichen Drohung, der Sachbeschädigung und schweren Körperverletzung begangen zu haben. Er wurde zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten, davon sieben Monate bedingt, verurteilt. In der strafbaren Handlung der schweren Körperverletzung gemäß § 84 StGB erblickte die Erstbehörde eine bestimmte Tatsache im Sinne des § 66 Abs. 2 lit. c KFG 1967, die die Verkehrsunzuverlässigkeit des Beschwerdeführers nach sich ziehe. Die Erstbehörde berücksichtigte ferner, daß der Beschwerdeführer acht weitere strafgerichtliche Verurteilungen, davon drei wegen Körperverletzung aufweist. Die belangte Behörde hat als Berufungsbehörde - "zur Vermeidung von Wiederholungen" - diese Begründung übernommen und ergänzend eine Passage aus dem Urteil des Oberlandesgerichtes Graz vom 27. Jänner 1998 betreffend den hohen Schuld- und Unrechtsgehalt sowie den "gravierenden sozialen Störwert der Tathandlungen" des Beschwerdeführers vom 1. und 3. Juni 1997 zitiert.
Der Beschwerdeführer bringt dagegen vor, daß nach den Feststellungen des Strafgerichtes die dem Beschwerdeführer zur Last gelegte schwere Körperverletzung durch bloßes Stoßen mit den Händen verursacht worden sei, sodaß von einer besonders brutalen Vorgangsweise nicht gesprochen werden könne.
Der Beschwerdeführer übergeht dabei völlig, daß er wegen einer Mehrzahl von Straftaten verurteilt wurde, die alle darauf schließen lassen, daß er bereit ist, auftretende Konflikte durch aggressives Verhalten zu lösen zu versuchen. Er übergeht dabei auch, daß die in Rede stehenden Tathandlungen gesetzt wurden, nachdem er sich mit zwei von ihm hiezu bestimmten Mittätern gewaltsam in eine fremde Wohnung Eintritt verschafft hat, und daß sie gegenüber ihm unbekannten Personen, die an seinen Konflikten bis dahin keinerlei Anteil hatten, begangen wurden.
Die zwischen den Straftaten und der Erlassung des Erstbescheides verstrichene Zeit von ungefähr sieben Monaten, während der sowohl das gerichtliche Strafverfahren als auch das Verfahren zur Entziehung der Lenkerberechtigung anhängig waren, ist entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers zu kurz und nicht geeignet, eine für den Beschwerdeführer günstigere Wertung der unbestritten vorliegenden bestimmten Tatsache nach § 66 Abs. 2 lit. c KFG 1967 herbeizuführen.
Das gilt in gleicher Weise für die nach den selben Wertungskriterien vorzunehmende Bemessung der Zeit nach § 73 Abs. 2 KFG 1967. Die Verwerflichkeit ist - wie das OLG Graz aus Anlaß der Erhöhung der gegen den Beschwerdeführer verhängten Strafe hervorhob - sehr hoch, wozu auch die im Rahmen der Wertung nach § 66 Abs. 3 KFG 1967 und der Bemessung der Zeit nach § 73 Abs. 2 KFG 1967 verwertbaren einschlägigen gerichtlich geahndeten früheren Gewaltdelikte kommen.
Wenn die Behörden des Entziehungsverfahrens zur Prognose gelangten, der Beschwerdeführer werde seine Verkehrszuverlässigkeit nicht vor Ablauf von etwas weniger als drei Jahren - der Beschwerdeführer selbst spricht von einer "Entziehungszeit" von 27 Monaten - wiedererlangen, so ist der Verwaltungsgerichtshof der Meinung, daß sie im Ergebnis Rechte des Beschwerdeführers nicht verletzt haben. Eine allfällige Mangelhaftigkeit der Begründung der Bemessung der Zeit nach § 73 Abs. 2 KFG 1967 ist daher nicht wesentlich. Eine bloß vorübergehende Entziehung der Lenkerberechtigung kam angesichts dessen nicht in Betracht.
Was die Nichteinrechnung der Haft in die in Rede stehende Zeit anlangt, hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 97/11/0107, dargetan, wieso ein solcher Ausspruch, obwohl im Gesetz nicht ausdrücklich vorgesehen, dem Sinn und Zweck der Zeit nach § 73 Abs. 2 KFG 1967 entspricht und daher nicht als gesetzwidrig anzusehen ist.
Die Beschwerde erweist sich insgesamt als unbegründet. Sie war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 10. November 1998
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1998110142.X00Im RIS seit
19.03.2001