TE Bvwg Erkenntnis 2019/6/24 W207 2178316-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 24.06.2019
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Entscheidungsdatum

24.06.2019

Norm

AlVG §1 Abs1 lita
BBG §42
BBG §45
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

W207 2178316-1/24E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Michael SCHWARZGRUBER als Vorsitzender und die Richterin Mag. Natascha GRUBER sowie den fachkundigen Laienrichter Prof. Dr. Gerd GRUBER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 14.11.2017, OB: XXXX , betreffend Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 42 Abs. 1 und § 45 Abs. 1 und 2 Bundesbehindertengesetz (BBG) und § 1 Abs. 4 Z 3 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und Parkausweisen idgF abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang Die Beschwerdeführerin ist seit 25.04.2016 Inhaberin eines bis 30.06.2021 befristeten Behindertenpasses mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 60 v.H. Die Ausstellung des Behindertenpasses erfolgte auf Grundlage eines medizinischen Sachverständigengutachtens aufgrund der Aktenlage eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 18.04.2016, in dem auf Grundlage der Bestimmungen der Anlage der Einschätzungsverordnung die Funktionseinschränkung "Adenoidzystisches Karzinom des rechten Sinus maxillaris, Sinus frontalis und Sinus sphenoidalis; 1 Stufe über dem unteren Rahmensatz, da Zustand nach Protonentherapie bei destruktivem Wachstum bei Vorliegen eines guten Allgemeinzustandes.", bewertet mit einem (Einzel)Grad der Behinderung von 60 v.H. nach der Positionsnummer 13.01.04 der Anlage der Einschätzungsverordnung festgestellt wurde. Es wurde eine Nachuntersuchung im März 2021 angeordnet, diese wurde mit dem Ablauf der Heilungsbewährung begründet. Eine Anfechtung dieses Behindertenpasses bzw. des in diesem Behindertenpass festgestellten Grades der Behinderung durch die Beschwerdeführerin ist nicht aktenkundig.

Am 10.07.2017 stellte die Beschwerdeführerin beim Sozialministeriumsservice (in der Folge auch als belangte Behörde bezeichnet) einen Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29 b StVO (Parkausweis), der entsprechend dem von der Beschwerdeführerin unterfertigten Antragsformular für den - auf die Beschwerdeführerin zutreffenden - Fall, dass sie nicht über einen Behindertenpass mit der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" in diesem Behindertenpass verfügt, auch als Antrag auf Vornahme der genannten Zusatzeintragung in den Behindertenpass gilt. Diesem Antrag legte die Beschwerdeführerin ein Konvolut an medizinischen Unterlagen, einen Bescheid des Magistrats der Stadt Wien (MA 40) sowie eine Vollmacht zur Auskunftserteilung zugunsten ihres Ehemannes bei.

Die belangte Behörde holte in der Folge ein Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin auf Grundlage der Bestimmungen der Anlage der Einschätzungsverordnung vom 08.11.2017, basierend auf einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 22.09.2017, ein. In diesem medizinischen Sachverständigengutachten wurde - hier in den wesentlichen Teilen und in anonymisierter Form wiedergegeben - Folgendes ausgeführt:

"...

Anamnese:

Vorgutachten vom 18.4.2016, Gesamt-GdB 60%.

Intercurrent Hashimoto-Thyreoiditis und Sigmadivertikulitis.

Derzeitige Beschwerden:

"Es macht mich nervös, wenn ich mit vielen Menschen in öffentlichen Verkehrsmitteln bin. Ich habe einen PKW, welcher meistens in K. steht, ich kann selber fahren, aber finde vor meiner Wohnung keinen Parkplatz und wenn, müsste ich dann einen Kurzparkschein ausfüllen und das kann ich mir nicht leisten. In letzter Zeit bin ich manchmal schwindlig".

Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:

Thyrex, Nasenspray.

Sozialanamnese:

Arbeitsunfähigkeitspension.

Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):

7.4.2017 Proton Therapy-Center: adenoidzyst. Karzinom des rechten Sinus frontalis, maxillaris und sphenoidalis mit Infiltration umgebender Strukturen.

3.11.2016 Radiologie K.: Hashimoto-Thyreoiditis.

26.7.2016 S.-KH: Sigmadivertikulitis.

Untersuchungsbefund:

Allgemeinzustand:

Normal.

Ernährungszustand:

Sehr gut.

Größe: 166,00 cm Gewicht: 83,00 kg Blutdruck: 125/75

Klinischer Status - Fachstatus:

KOPF, HALS:

Keine Stauungszeichen, keine Atemnot, keine Lippencyanose. Nasenatmung gering behindert, Sprache normal. Druckschmerz rechter seitlicher Kopfbereich, Kieferöffnung unbehindert.

THORAX / LUNGE / HERZ:

Sonorer Klopfschall, Vesiculäratmen, normale Atemfrequenz. Reine, rhythmische Herzaktion, keine pathologischen Geräusche.

ABDOMEN:

Weich, kein Druckschmerz, Leber und Milz nicht tastbar, Nierenlager beidseits frei. WIRBELSÄULE:

Keine relevanten Funktionsbehinderungen, erreicht im Sitzen mit Händen Boden. EXTREMITÄTEN:

Kreuz / Nacken / Pinzetten / Spitzgriff beidseits regelrecht, vollständiger Faustschluß beidseits, keine Muskelverschmächtigungen.

Hüftgelenke frei beweglich, Kniegelenke frei beweglich, bandstabil, Sprunggelenke frei beweglich. Stehen und Gehen im Untersuchungszimmer ohne Hilfsmittel möglich. Zehen / Fersengang beidseits möglich. Keine peripheren Ödeme.

GROB NEUROLOGISCH:

Keine relevanten neurologischen Defizite, keine Sensibilitätsstörung angegeben.

Gesamtmobilität - Gangbild:

Unauffällig, sicher, keine Hilfsmittel, problemloses Setzen und Erheben.

Status Psychicus:

Voll orientiert, Ductus kohärent, Antrieb normal.

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

1

Adenoidzystisches Karzinom des rechten Sinus maxillaris, frontalis und sphenoidalis mit Infiltration umgebender Strukturen

2

Hashimoto-Thyreoiditis

Stellungnahme zu

gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:

Neuaufnahme von Leiden 2.

[X] Nachuntersuchung 03/2021 weil Besserung bei Leiden 1 möglich.

1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?

2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor?

Gutachterliche Stellungnahme:

Unter Berücksichtigung der im Rahmen der Untersuchung festgestellten Defizite, insbesondere einer bösartigen Neubildung im Bereich des rechten Kopfbereiches, ohne Hinweis auf erhöhten Hirndruck, ohne wesentliche kardiorespiratorische Leistungseinschränkung, mit erhaltener Kraft aller Extremitäten, sind weder die Gehleistung noch die Beweglichkeit der Arme maßgeblich eingeschränkt, sodass das Zurücklegen kurzer Wegstrecken, das Ein/Aussteigen sowie die sichere Beförderung in öffentlichen Verkehrsmitteln möglich und zumutbar ist."

Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 14.11.2017 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin vom 10.07.2017 auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, dass im Ermittlungsverfahren ein Gutachten eingeholt worden sei. Nach diesem Gutachten würden die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung nicht vorliegen. Die wesentlichen Ergebnisse des ärztlichen Begutachtungsverfahrens seien der Beilage, die einen Bestandteil der Begründung bilde, zu entnehmen. Die Ergebnisse des ärztlichen Begutachtungsverfahrens seien als schlüssig erkannt und in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zugrunde gelegt worden. Das eingeholte Gutachten vom 08.11.2017 wurde der Beschwerdeführerin als Beilage gemeinsam mit dem Bescheid übermittelt.

Ein formaler bescheidmäßiger Abspruch über den Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29 b StVO (Parkausweis) erfolgte durch das Sozialministeriumservice nicht.

Mit E-Mail vom 28.11.2017 wurde gegen den Bescheid vom 14.11.2017 fristgerecht eine Beschwerde (datiert mit "14.11.2017") folgenden Wortlautes erhoben:

"...

Ich schreibe hier für meine von mir getrennt lebende Gattin, da sie nervlich sehr durch die Ablehnung belastet ist und ich versuche ihr hier so weit als es mir möglich ist, zu helfen.

Nach dem Sachverständigen Gutachten, wurde meine Gattin abgelehnt, aber die Begründungen passieren auf Annahmen von einem Allgemein Mediziner DR. S., der ein von meiner Seite total mißverständliche Beurteilung gemacht hat.

Ich möchte hier nicht die medizinischen Fähigkeiten von Dr. S. anzweifeln, aber wie kann ein allgemein Mediziner für eine Erkrankung von einem Adenoid Zystischen Karzinom ein Urteil abgegeben?

Ich persönlich nehme an, daß er wahrscheinlich noch nie vorher, eine Patientin mit so einem Krebs untersucht hat. Wie kann er eine Beurteilung abgegeben, wie nervlich meine Frau vorbelastet ist, wenn sie mit einer 50:50 Chance zum Überleben zur Protonenbestrahlung kam, und somit jedes Symptom bei Ihr, wie das tränen der Augen, der Dauerschnupfen und starke Schleimabsonderung, Kopfweh und "Aussetzer" natürlich immer auf ihren Krebs zurück führt, was sie natürlich sehr belastet.

Es macht meine Frau nicht nur einfach "nervös" in öffentlichen Verkehrsmittel zu fahren, sondern sich dort anzustecken, wo hunderte Menschen herum Husten, das sollte auch Dr. S. bewußt sein, und nicht die Frage stellen:

"Wie oft meine Frau wegen der Immunschwäche schon im Spital war?"

Mein Frau war nicht im Spital, weil sie eben die öffentlichen Verkehrsmittel nicht benützt!!!

Jedenfalls braucht sie keinen eigenen Behinderten Parkplatz, aber es würde ihr bei Ihrer Mindest Rente sehr helfen, wenn sie von den Gebühren von Parkpickerl, Autobahnmaut und KFZ Steuer befreit sein würde.

Ich denke, wenn jemandem ein Fuß fehlt, dann brauche ich auch kein Sachverständigen Gutachten, denn das kann auch ein allgemein Mediziner feststellen, aber wieso ignoriert er die Empfehlung von DREI Radioonkologen, die nicht nur eine 60% Schädigung des Immunsystems beurteilen, sondern wie aus letzten Nachsorge Brief vom RPTC in München, das es bei dieser Krebsart der GdS mit mindestens 80 zu bewerten ist. (siehe Anhang) Und ebenfalls als Anhang, der letzte MRT Befund, der angeblich für den Bescheid zu spät eingetroffen ist und somit nicht mehr berücksichtigt wurde.

Ich weiß nicht warum ein allgemein Mediziner eine Diagnose von erfahrenen Radionkologen ignoriert und der Meinung ist, das sie Gesund ist, obwohl sicher auch nach fünf Jahren sie nicht wieder vollkommen in Ordnung sein wird. So wie jetzt die Nachwirkungen der Protonenbestrahlung ein Ödem in der rechten Gehirnhälfte und Radionekrose verursacht haben, und sicher wird ihr Keil- und Siebbein nicht wieder nachwachsen, das vom Krebs zerfressen wurde, und deshalb die Empfindlichkeit im Nasen und Mund Bereich, eben um 60% behindert ist, weil das Immunsystem nicht mehr voll arbeitet und die Einlaßpforte für alle Viren und Bakterien ist. Sie wurde ja als 60% Invalide eingestuft, weil ihr Immunsystem geschwächt ist, und nicht weil sie gehbehindert oder anders eingeschränkt in den Bewegungen ist.

Ist es dann nicht verständlich, daß meine Frau den Kontakt in den öffentlichen Verkehrsmittel vermeiden will. Und noch weniger ist es ihr zuzumuten, speziell mit den neuen Gesetz der "Vermummung" es sicher nicht lustig, und für meine Frau noch mehr psychisch und nervlich belastend ist mit einer Gesichtsmaske herumzulaufen!

Wenn meine Frau auch äußerlich, die Bestrahlung gut überstanden hat, sollte

Dr. S. aber nicht vergessen wie es innen bei meiner Frau aussieht, und die Diagnose von drei Radioonkologen nicht ignorieren und warum ein allgemein Mediziner für diese sehr seltene Krebsart als Sachverständigen Gutachter eingesetzt wird, und nicht ein Doktor der mit dieser Krankheit Erfahrung hat, ist mir sowieso unverständlich.

Bitte um baldige Info, denn ich habe vor, für meine Frau dieses für mich unerklärliche Gutachten eines allgemein Mediziners zur Beurteilung eines adenoid zystischen Karzinom, an die Patientananwaltschaft und an den Bürgeranwalt weiter zu leiten, denn ich glaube nicht, das hier für meine Gattin von Dr. S. richtig beurteilt wurde.

..."

Dieser Beschwerde - die neben dem ehemaligen Ehemann der Beschwerdeführerin (der im Verfahren vor der belangten Behörde lediglich eine mit 26.05.2017 datierte "Vollmacht zur Auskunftsvertretung", nicht jedoch eine Vollmacht für eine umfassende Vertretung und damit im Übrigen auch keine Zustellvollmacht vorgelegt hat) auch von der Beschwerdeführerin selbst unterzeichnet wurde, weswegen sie als Einschreiterin anzusehen ist - wurden neue medizinische Unterlagen beigelegt.

Die belangte Behörde legte den Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht am 30.11.2017 zur Entscheidung vor.

Mit E-Mail vom 07.12.2017 wurden weitere medizinische Unterlagen betreffend die Beschwerdeführerin nachgereicht.

Mit E-Mail vom 09.05.2018 wurden abermals medizinische Unterlagen betreffend die Beschwerdeführerin nachgereicht.

Aufgrund des Inhaltes der eingebrachten Beschwerde und der neu vorgelegten medizinischen Unterlagen holte das Bundesverwaltungsgericht zunächst ein medizinisches Sachverständigengutachten eines Facharztes für Innere Medizin vom 23.10.2018 ein. In diesem Gutachten wird nach einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 23.10.2018 - hier in den wesentlichen Teilen und in anonymisierter Form wiedergegeben - Folgendes ausgeführt:

"...

Internistisches Sachverständigengutachten

Sachverhalt:

Die Beschwerdeführerin wurde zuletzt am 22.09.2017 untersucht, Abl.

40 - 43, Gutachten vidiert von Frau Dr. G.

Dabei wurde festgestellt:

1. Adenoidzystisches Karzinom des rechten Sinus maxillaris, frontalis und sphenoidalis mit Infiltration umgebender Strukturen

2. Hashimoto-Thyreoiditis

Zur Benützung öffentlicher Verkehrsmittel:

Unter Berücksichtigung der im Rahmen der Untersuchung festgestellten Defizite, insbesondere einer bösartigen Neubildung im Bereich des rechten Kopfbereiches, ohne Hinweis auf erhöhten Hirndruck, ohne wesentliche kardiorespiratorische Leistungseinschränkung, mit erhaltener Kraft aller Extremitäten, sind weder die Gehleistung, noch die Beweglichkeit der Arme maßgeblich eingeschränkt, sodass das Zurücklegen kurzer Wegstrecken, das Ein-/Aussteigen sowie die sichere Beförderung in einem öffentlichen Verkehrsmittel möglich und zumutbar ist.

Ergänzende Anamnese mit der Beschwerdeführerin:

Der Ehemann der Beschwerdeführerin ist mitgekommen und ist auch bei der Untersuchung anwesend, macht in Zusammenarbeit mit seiner Frau die notwendigen Angaben.

Zusammenfassend im Jahr 2015 zunächst Nasenrinnen, dann Verschlimmerung wie ein Dauerschnupfen, die Abklärung über den HNO-Arzt hat schließlich zu Computertomografie und Probeexzision an der HNO-Klinik Ende 2015 geführt. Die histologische Untersuchung hat ein adenoidzystisches Karzinom ergeben. Eine Operation wurde nicht für sinnvoll bzw. möglich erachtet, die Beschwerdeführerin wurde von der HNO-Klinik in XXX an das Protonenbestrahlungszentrum nach München verwiesen. Dort wurde eine Bestrahlung über die Dauer von 7 Wochen, bis etwa Ende Jänner 2016, durchgeführt.

Weitere Kontrollen finden derzeit an der Universitätsklinik für Innere Medizin l, Abteilung für Onkologie, bei Frau Univ.-Prof. Dr. M. statt, zuletzt war sie dort im August 2018, die nächste Kontrolle ist im November 2018 vorgesehen. Außerdem war sie bei dem Facharzt für Neurochirurgie, Univ.-Prof. Dr. M. zur Kontrolle, dieser hat nach dem bisherigen Krankheitsverlauf gemeint, eine OP wäre nun derzeit nicht notwendig. Verlaufskontrollen sind aber unerlässlich, um festzustellen, ob weitere Tumorstrukturen vorliegen, oder Vernarbungen.

Befragt zur eigentlichen Thematik des Gutachtens, nämlich zur Benützung öffentlicher Verkehrsmittel geben die Beschwerdeführerin und ihr Mann an:

Man habe ihnen gesagt, dass die Beschwerdeführerin öffentliche Verkehrsmittel wegen der Infektionsgefahr nicht benützen solle, die Eintrittspforte ist die bestrahlte Region.

Die Beschwerdeführerin und ihr Ehemann geben an, dass von folgenden Ärzten dem Gericht Bestätigungen übermittelt worden seien, aus welchen hervorgeht, dass die Beschwerdeführerin öffentliche Verkehrsmittel nicht benützen solle:

Dr. N., HNO-Arzt in XXX

Frau Dr. S., Ärztin für Allgemeinmedizin in XXX

Frau Dr. L., Protonenzentrum XXX

Diese Bestätigungen kann ich im Akt nicht auffinden.

Aktuelle Medikation, physikalische Behandlung und andere Maßnahmen:

Lokaltherapie: derzeit Nasenspülungen mit verschiedenen Präparaten, an medikamentöser Therapie sonst nur Thyrex wegen Hashimoto-Thyreoiditis.

Ergänzung der Anamnese durch mitgebrachte Spitalsberichte, Röntgen- und Laborbefunde:

Keine

Untersuchungsbefund (klinisch-physikalischer Status):

Allgemeinzustand gut, Ernährungszustand gut, 167 cm, 80 kg, leichte Gesichtsassymmetrie

Knochenbau: normal, Haut und Schleimhäute: unauffällig

Lymphknoten nicht tastbar

Augen: isokor, prompte Lichtreaktion

Zunge: normal Zähne: 8 eigene vorhanden, Teilersatz

Hals: unauffällig, Schilddrüse nicht tastbar, Pulse vorhanden, keine Gefäßgeräusche, Venen nicht gestaut

Thorax: symmetrisch, mäßig elastisch

Lunge: sonorer Klopfschall, vesikuläres Atemgeräusch

Herz: reine rhythmische Herztöne

RR 120/80, Frequenz 80/Min. rhythmisch

Abdomen: Bauchdecken weich, unauffällig

Leber am Rippenbogen, Milz nicht abgrenzbar

Rektal nicht untersucht, Nierenlager frei

Extremitäten und Wirbelsäule: Wirbelsäule unauffällig, Arme normal, an den Beinen altersgemäß normaler Gelenksstatus, Pulse tastbar, keine Varizen, keine Ödeme, keine offenen Stellen

Gangbild normal

Beurteilung und Beantwortung der im nicht nummerierten Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 26.09.2018 gestellten Fragen

Frage 1:

Diagnosen:

1. Adenoidzystisches Karzinom des rechten Sinus maxillaris, frontalis und sphenoidaiis mit Infiltration umgebender Strukturen (Bestrahlungstherapie, zuletzt im Jänner 2016)

2. Hashimoto-Thyreoiditis

Frage 2:

Nein.

Frage 3:

Nein.

Frage 4:

Dafür besteht kein Hinweis, auch werden keine einschlägigen Befunde vorgelegt.

Frage 5:

Die dort aufgezählten Umstände liegen nicht vor.

Frage 6:

Nein.

Frage 7:

Beantwortung wie Frage 2, 3, 4, 5 und 6 - siehe aber Anmerkung unten.

Erhebliche Schmerzzustände liegen nicht vor.

Frage 8:

In Aktenblatt 50 und 51 werden etliche Umstände geschildert, welche im Fachgebiet Innere Medizin nur bedingt relevant sind - insbesondere lässt sich daraus nicht ableiten, was objektiv gegen die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel spricht. Hinsichtlich der Feststellung "Einlasspforte für alle Viren und Bakterien" siehe Anmerkung unten.

Frage 9:

Zu Aktenblatt 52 und 53: Beurteilung von übermittelten Untersuchungsbefunden durch das Protonentherapiezentrum in XXX. Dieses Schreiben vom 24.10.2017 ist ohne wesentliche Relevanz für die aktuelle Fragestellung, insbesondere ist darin keine Feststellung zu erhöhter Infektionsgefahr und/oder zur Benützung öffentlicher Verkehrsmittel enthalten.

Zu Aktenblatt 54: EEG Befund vom 18.10.2017 - ohne Relevanz für die aktuelle Fragestellung Aktenblatt 55 und 56: MR- und CT-Angiografie-Befund der Halsorganen, des Schädels und der Nasennebenhöhlen vom 11.10.2017 - Größenprogredienz von Tumorformationen rechts temporal, perifokales Hirnödem.

Frage 10:

Keine wesentliche Abnahme Abweichung im Fachgebiet Innere Medizin - siehe aber Anmerkung unten.

Frage 11:

Eine Nachuntersuchung im Fachgebiet Innere Medizin ist nicht erforderlich.

Frage 12:

Keine.

Anmerkung:

Die Beantwortung der Fragen 1-12 ist nicht ausreichend geeignet, die eigentliche Fragestellung des Gutachtens zu beantworten.

Das Erreichen öffentlicher Verkehrsmittel sowie Einsteigen und Aussteigen sind zweifellos möglich und zumutbar.

Zur sicheren Beförderung ist festzustellen;

Eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems (Frage 5) liegt nicht vor.

Gegen eine Krankheitsprogression spricht das klinische Bild bei der Untersuchung, insbesondere die Tatsache, dass nun keine gegen ein Hirnödem gerichtete medikamentöse Behandlung erforderlich ist bzw. durchgeführt wird.

Die von der Beschwerdeführerin bzw. ihrem Mann angegebenen und oben genannten Unterlagen bzw. Bestätigungen sind im Akt nicht enthalten.

In der Beschwerde wird jedoch geltend gemacht, dass die bestrahlte Region - Schleimhäute der Nasennebenhöhlen - eine bleibende und gefährliche Eintrittspforte für Krankheitserreger darstellt.

Zur Klärung dieser Frage ist die Erhebung des Lokalbefundes und die Beurteilung durch einen Facharzt für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde erforderlich."

Das Bundesverwaltungsgericht gab in der Folge am 10.12.2018 ein medizinisches Sachverständigengutachten eines Facharztes für Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten in L. in Auftrag, dies, nachdem die dem Sozialministeriumservice - und damit in weiterer Folge dem Bundesverwaltungsgericht - im Großraum Wien zur Verfügung stehenden, dem Wohnort der Beschwerdeführerin näher gelegenen Fachärzte für Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten den Gutachtensauftrag abgelehnt hatten, weil es sich dabei um den die Beschwerdeführerin behandelnden Facharzt für Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten handelte, oder aber aus sonstigen Gründen.

Am 20.12.2018 langte beim Bundesverwaltungsgericht eine E-Mail - hier in anonymisierter Form wiedergegeben - folgenden Inhalts ein:

"Ich schreibe hier für meine Frau, da mir ihr Vorgehen völlig unverständlich ist, und für mich schaut es aus wie eine Schikane, mit der sie meine Frau so lange von einer Untersuchung zur anderen schicken, bis sie aufgibt, oder vielleicht verstirbt. Deshalb möchte ich die Situation nochmals aufzeigen, denn mir kommt vor, daß niemand sich den Akt wirklich durchgelesen hat, und weiß, warum es hier eigentlich geht.

1. Meine Frau braucht keinen Behindertenparkplatz, sondern wäre es eine finanzielle Erleichterung für sie, wenn sie sich Parkpickerl usw. ersparen könnte, da ihre Lage sehr prekär ist.

2. Sie wird zu einem allgemein Mediziner Dr. S. zur Untersuchung geschickt, was schon mehr als unverständlich ist, wie soll dieser was entscheiden, wenn der Tumorboard vom XXX und die Oberärztin Fr. Prof. Dr. M. keine Erklärungen über den noch immer vorhanden Tumor hat? Wie ich schon sagte, hat dieser noch nie eine Frau mit Adenoiden Zystischen Karzinom voher gesehen, geschweige darüber eine Diagnose abgegeben, weil er nämlich KEIN Onkologe, weder Strahlenexperte ist! Bitte erklären sie, wer auf die Idee kommt meine Frau zu diesem Arzt zu schicken?

3. Nach der Beschwerde meiner Frau und Einspruch, wird sie zu Dr. S. zur Untersuchung in die XXX geladen, der aber auch keine Erfahrung mit diesem Krebs hat, und sonderbarer Weise fehlen, genau die 3 (DREI) Schreiben, wo meiner Frau angeraten wird, keine Öffentlich Verkehrsmittel zu benutzen! Sehr sonderbar, ich habe sie nochmals angehängt!

Übrigens, wenn unsere Ärzte nicht wissen was ein GdS von 80 bedeutet, so kann ich es aufklären, denn anscheinend hat das niemand interessiert, was eine Strahlenexpertin und Onkologing in XXX dazu sagt:

Für Ihre Frau gilt z. B. Folgendes (adenoidzystisches Karzinom der Nasennebenhöhlen mit Infiltration des Temporallappens ist wie ein Hirntumor): "Bei malignen Tumoren (z. B. Astrozytom III, Glioblastom, Medulloblastom) ist der GdS mit wenigstens 80 zu bewerten."

Es wird auch von ihrer praktischen Ärztin Fr. Dr. S. die sie seit langen Jahren betreut, wird die Meinung ignoriert, genau so wenig von ihrem HNO Dr. N.

4. Jetzt kommt die für mich unglaublichste Schikane, da angeblich das BVG keinen HNO Arzt in Wien haben, senden sie nun meine Frau zu Dr. D. NACH L., zur Untersuchung, was ich nicht glauben kann, wenn es meine Frau nicht schriftlich hätte!

Aber noch besser daran ist, meine Recherchen haben ergeben, daß Dr. D. auch keinerlei Erfahrung noch Ausbildung für Strahlentherapie noch Onkologie hat, und ich will im nichts unterstellen, aber wahrscheinlich noch nie, eine Frau mit Stirn, Neben und Kieferhöhlen Krebs behandelt!

Ich werde meine Frau sicher nach L. fahren, aber sie würde nicht alleine fahren wollen, denn ihre Nerven sind durch ihre Schikanen fast am Ende, aber wer kommt denn überhaupt auf die Idee, falls er den Akt gelesen hat, meine Frau mit öffentlichen Verkehrsmittel um 1000 Vormittags nach L. zu laden? Hat jemand eigentlich gelesen, daß sie diese vermeiden sollte?

Wie kann sich eine Frau, die eigentlich keinen Streß haben sollte und keine Nervenbelastung, sich gegen solche "Behandlungen" (Schikanen aus meiner Sicht) wehren? Ich versuche meiner Frau, so gut ich kann zu helfen, aber auch meine Belastung hat Grenzen. Vielleicht sollte mal jemand von Ihnen die Diagnose Krebs im 4. Stadium mit einer Chance von 50:50 zum Überleben bekommen, um die Situation meiner Frau und mir zu verstehen.

Bitte um eine Erklärung für diese Entscheidungen, aber wenn meine Frau nicht alle Aufregung vermeiden sollte, wäre ich schon in alle Medien gegangen, um solches Vorgehen auch dem breiten Publikum aufzuzeigen.

Hochachtungsvoll Ihr X. i.V. B.

P.S.: Nach den "Drohungen" am Ende der Ladung, daß bei "nicht Erscheinen" das Verfahren sofort eingestellt wird, hofft man anscheinend darauf, das der "Ansucher" aufgibt, weil er die nervliche und stressige Belastung nicht mehr aushält, die er aber eigentlich durch etliche Diagnosen bewiesen, ja gar nicht haben dürfte! Wieso zwingen sie dann meine Frau dazu?"

Diesem Schreiben wurden weitere medizinische Unterlagen beigelegt.

In dem vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten eines Facharztes für Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten vom 05.02.2019 wird nach einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 17.01.2019 (nachdem die Beschwerdeführerin zu einem ursprünglich für den 08.01.2019 vorgesehenen Untersuchungstermin wegen schlechter Straßenverhältnisse nach telefonischer Absage nicht erschienen war) - hier in den wesentlichen Teilen und in anonymisierter Form wiedergegeben - Folgendes ausgeführt:

"...

HNO - GUTACHTEN

SACHVERHALT:

Vom Bundesverwaltungsgericht wird um eine HNO-ärztliche Stellungnahme ersucht, da die Patientin die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel für unzumutbar hält.

Die Patientin kommt mit Ihrem Ex-Ehemann zur Untersuchung, der sich vehement in die Anamneseerhebung und die darauffolgende Untersuchung einbringt.

Ein bereits vereinbarter Termin am 8.1.2019 wurde auf 17.1.2019 auf Wunsch der Patientin verschoben.

Es werden keine neuen Befunde von Patientenseite beigebracht.

Die Anamnese und Vorgeschichte wird als bekannt vorausgesetzt und wird hier nur kurz angeführt.

DIAGNOSEN:

1) Adenoid-zystisches Carcinom des Sinus maxillaris dext.,-frontalis und Sinus sphenoidalis mit Infiltration umgebender Strukturen

2) Hashimoto Thyreoiditis

3) Sigmadiverdkulitis

THERAPIE:

10/2016 FESS, Infundibulotomie und Panendoskopie, 11/2015 bis 1/2016 Protonentherapie, Bestrahlung im Protonenzentrum in München.

NACHSORGE:

An der Universitätsklinik XXX: Innere Medizin. Allgemeinärztliche

Betreuung: Dr. R. S. sowie fachspezifische Betreuung von HNO-Seite:

Dr. K. N.

Des Weiteren gibt die Patientin an, dass 1/4 jährlich ein MR des Schädels angefertigt wird und zur Beurteilung nach München geschickt werde. Eine aktuelle Stellungnahme aus München ist weder im Akt aufzufinden, noch wird sie von der Patientin aktuell beigebracht.

AKTUELLE ANAMNESE:

Bei der Patientin bestanden im vergangenen Jahr keine Krankenhausaufenthalte, keine Infektionen oder Entzündungen, es wurden keine antibiotischen Medikamente benötigt.

Sie beschreibt für sich einen guten Allgemeinzustand. Weiters, bezüglich des Strumas, klagt sie manchmal über Beschwerden beim Schlucken; ansonsten trockene Nasenschleimhaut und Druckgefühl in der Nase.

Die derzeitige Medikation diesbezüglich sind Meerwassser- oder Salzwassersprays sowie Nasensalbe.

Weiters nimmt sie als Schilddrüsenmedikation 75 mcg Thyrex.

Von der Patientin wird noch einmal darauf hingewiesen, dass sie in Ihrer Beschwerde keinen Anspruch auf einen Behindertenparkplatz stellt, sondern dass sie keine öffentlichen Verkehrsmittel benutzen könne.

Bezüglich stattgehabter Erkrankungen in den vergangenen Jahren berichtet die Patientin, dass sie ab und zu einen Schnupfen oder einen kleinen Infekt hätte, der aber folgenlos abheilt wäre.

Am 4.12.2018 fand tagesklinisch eine Katarakt Operation am rechten Auge statt, der Eingriff verlief komplikationslos, die Patientin ist zufrieden und sieht gut.

HNO - STATUS:

Körpergröße: 166 cm

Gewicht: ca. 83 kg

RR: 130/95, Frequenz 85

AZ: gut

EZ: sehr gut

Motorik und Sensibilität im Gesichtsbereich erhalten, keine Hautveränderungen oder

Narbenbildungen, keine Klopfschmerzhaftigkeit oder Druckschmerzhaftigkeit über den Nebenhöhlen oder im Augenbulbusbereich.

Nase: hier zeigen sich trockene Schleimhäute mit teils borkigen Auflagerungen, kein Hinweis auf Blutung, die Schleimhäute erscheinen in der Endoskopie trocken, ohne Hinweis auf Entzündung oder Ulceration. Kein pathologisches Sekret erkennbar, keine Schleimhautwucherungen oder Polypen in beiden Nasenhaupthöhlen sichtbar, ebenso im Bereich des Epipharynx und der Rachenhinterwand keine Schleimabrinnspuren erkennbar, die Nasenatmung unbehindert, das Septum annähernd median, die Nasenmuscheln unauffällig.

Ohren: Gehörgänge bland, die Trommelfelle gut einsehbar, reizlos und geschlossen, die Pauken lufthältig.

Audiogramm: leicht asymmetrischem Schwellenverlauf.

Rechts: die Schwelle im Tieftonbereich bis 1500 Hz zwischen 15 und 20 dB verlaufend, ab 2000 Hz Hochtonabfall bis 30 dB bei 4000 Hz und 60 dB bei 6000 Hz.

Links: die Schwelle im Wesentlichen bis 3000 Hz bei 15 dB verlaufend, Hochtonabfall auf 40 dB bei 6000 und 8000 Hz, einer geringgradigen Hochtonschwerhörigkeit entsprechend.

Cavum oris: Ober- und Unterkieferteilprothese, die Mundschleimhäute sonst bland und unauffällig.

Rachenhinterwand: o.B., keine Schleimabrinnspuren.

Hypopharynx und Larynx: die Stimmbänder gut einsehbar, symmetrisch beweglich, kein Hinweis auf Raumforderung oder Flüssigkeitsretention, die Schleimhäute auch hier unauffällig.

Hals: palpatorisch mäßiggradig vergrößerte Schilddrüse tastbar, sonst kein Hinweis auf vergrößerte Lymphknoten.

STELLUNGNAHME ZU DEN SPEZIELLEN FRAGEN DES GERICHTES:

Ad1)

Stellungnahme zur Einwendungen der Beschwerdeführerin Ablage 50, 51 bzw. 52 bis 56:

EINWENDUNGEN:

Es wird darauf hingewiesen, dass ein Radioonkologe eine 60% Schädigung des Immunsystems behauptet. Der HNO-Arzt Dr. K. N. gibt zu Protokoll: "...dadurch besteht womöglich eine Eintrittspforte für Viren und Bakterien, daher ist die Benützung von öffentlichen Verkehrsmitteln nicht anzuraten..."

Des Weiteren behauptet der Ex-Ehemann in seinem beschwerdeführenden Brief, dass auf die Frage eines Gutachters, wie oft die Frau wegen der Immunschwäche im Spital gewesen sei, folgendes: "Meine Frau war nicht im Spital, weil sie eben die öffentlichen Verkehrsmittel nicht benützte!"

ln den vorgelegten Unterlagen findet sich kein Hinweis und keine Erwähnung von einer 60%igen Reduzierung des Immunssystems. Es besteht aus HNO-ärztlicher Sicht:

1) keine anlagebedingte schwere Erkrankung des Immunssystems

2) keine schwere hämatologische Erkrankung mit dauerhaftem oder hochgradigem Immundefizit

3) keine fortgeschrittene Infektionskrankheit mit dauerhaftem hochgradigen Immundefizit

4) kein Zustand nach Organtransplantation mit ständiger Immunssupression

Es kann im Rahmen einer Strahlentherapie zu einem vorübergehenden und zeitlich begrenzten Absinken der Abwehrkraft kommen. Anhaltende Funktionseinschränkungen ergeben sich daraus nicht. Wie sich auch in der Anamnese der Patientin zeigt, nimmt sie durchaus am normalen Leben teil und hat keine vermehrten Infektionen der Atemwege aquiriert, infektbedingte Spitalsaufenthalte oder Therapien wurden nicht benötigt.

Wäre dies der Fall, wie es z.B. bei einem immunsupprimierten Patienten bei Z.n. Organtransplantation in der akuten Phase wäre, sollte man nicht nur öffentliche Verkehrsmittel meiden, sondern generell Menschenansammlungen, da der Kontakt zu Menschen durch eine erhöhte Keimübertragung der Patientin gefährlich werden könnte.

Dies ist bei der Patientin aber nicht der Fall.

Zur Aussage des Kollegen, dass womöglich eine Eintrittspforte für Viren und Bakterien bestünde, sei angeführt, dass Nase und Mund immer die Eintrittspforten für Erreger sind, unabhängig davon, ob eine Grunderkrankung vorliegt oder nicht. Die Frage müsste lauten:

Kann der Nasen-, Mund- und Rachenbereich seine normalen Schutz- und Barrierefunktionen zur Abwehr von Keimen aufrechterhalten?

Nach der vorübergehenden Einschränkung bei der Bestrahlung hat sich die Barrierefunktion schon längst wieder erholt. Im Lokalbefund zeigen sich keine Hinweise auf Entzündungen oder Ulcerationen im Bereich der Schleimhaut, insbesondere in der Nase. Diese erscheint zwar etwas trocken, wird aber mit Spray und Nasensalbe gut gepflegt.

Von HNO-ärztlicher Seite ist daher die Barrierefunktion ausreichend gut erhalten.

Auch in der Anamnese zeigt sich, dass bis auf kurzzeitige, vorübergehende, respiratorische Infekte, keine länger dauernden Erkrankungen aufgetreten sind.

Es ergibt sich daraus, dass das Risiko angesteckt zu werden, bzw. einen Erreger zu aquirieren, genauso hoch ist, wie das der Normalbevölkerung, in öffentlichen Verkehrsmitteln, bei Tanzveranstaltungen, im Supermarkt, also bei Menschenansammlungen allgemein. Ergänzend sei hier jedoch die Anmerkung, dass nach der Aquirierung einer Erkrankung die Folgen bei einem Menschen mit Krebserkrankung natürlich durchaus schwerwiegender sein können.

Ad 2)

Stellungnahme zu einer allfälligen, vom angefochtenen Gutachten Ablage 40-42, abweichenden Beurteilung:

Von HNO-ärztlicher Seite wird sich dem Gutachten des Sozialministeriums vom 7.11.2017 vom Dr. S. vollinhaltlich angeschlossen, es gibt hier keine widersprüchlichen Angaben, das Gutachten wurde zum damaligen Zeitpunkt umfassend und schlüssig erstellt.

Ad 3)

Feststellung, ob bzw. wann eine Nachuntersuchung erforderlich ist.

Stellungnahme:

Auf Grund der möglichen Progredienz in benachbarten Strukturen ist eine ständige Observanz der Erkrankung bei der Patientin unbedingt erforderlich. Dies geschieht laut Angaben der Patientin 1/4 jährlich.

Von gutachterlicher Seite wäre ein Rahmen von ca. 2 Jahren zu empfehlen.

Ad 4)

Wurden neue Befunde im Rahmen der aktuellen Begutachtung vorgelegt und die Neuerungs-beschränkung unterliegen?

Neue Befunde wurden bei der aktuellen Begutachtungsaufstellung keine vorgelegt."

Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 14.03.2019, wegen vorübergehender Ortsabwesenheit der Beschwerdeführerin schließlich erst am 08.04.2019 zugestellt, wurden die Parteien des Verfahrens über das Ergebnis der Beweisaufnahme in Kenntnis gesetzt. Den Parteien des Verfahrens wurde in Wahrung des Parteiengehörs die Gelegenheit eingeräumt, binnen zwei Wochen ab Zustellung des Schreibens eine Stellungnahme beim Bundesverwaltungsgericht abzugeben, dies unter Hinweis darauf, dass, sollten die Parteien des Verfahrens eine mündliche Verhandlung vor Gericht nicht ausdrücklich beantragen, das Bundesverwaltungsgericht in Aussicht nehme, über die Beschwerde ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung aufgrund der Aktenlage zu entscheiden und seine Entscheidung auf der Grundlage der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens zu erlassen, soweit nicht eine eingelangte Stellungnahme Anderes erfordere. Die eingeholten Sachverständigengutachten vom 23.10.2018 und 05.02.2019 wurden der Beschwerdeführerin gemeinsam mit diesem Schreiben übermittelt.

Weder die Beschwerdeführerin noch die belangte Behörde erstatteten innerhalb der ihnen dafür eingeräumten Frist eine Stellungnahme; die vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten vom 23.10.2018 und vom 05.02.2019 blieben daher unbestritten.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführerin ist Inhaberin eines bis 30.06.2021 befristeten Behindertenpasses mit einem festgestellten Grad der Behinderung von 60 v.H.

Die Beschwerdeführerin stellte am 10.07.2017 beim Sozialministeriumservice den gegenständlichen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass.

Die Beschwerdeführerin leidet unter folgenden im Zusammenhang mit der Beurteilung der Frage der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel relevanten Funktionseinschränkungen:

* Adenoid-zystisches Karzinom des Sinus maxillaris dext., -frontalis und Sinus sphenoidalis mit Infiltration umgebender Strukturen

* Hashimoto Thyreoiditis

Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist der Beschwerdeführerin zumutbar.

Hinsichtlich der bei der Beschwerdeführerin bestehenden Funktionseinschränkungen und deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel werden die diesbezüglichen Befundungen und Beurteilungen in den oben wiedergegebenen, vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten eines Facharztes für Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten vom 05.02.2019 und eines Facharztes für Innere Medizin vom 23.10.2018, die das bereits von der belangten Behörde eingeholte medizinische Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 08.11.2017 im Wesentlichen bestätigen, der Entscheidung zu Grunde gelegt.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum Vorliegen eines bis 30.06.2021 befristeten Behindertenpasses mit einem festgestellten Grad der Behinderung von 60 v.H. sowie zur gegenständlichen Antragstellung ergeben sich aus dem Akteninhalt.

Die Feststellungen zu den vorliegenden Funktionseinschränkungen und die Feststellung der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel, die zur Abweisung der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" führt, gründen sich auf die vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten, auf persönlichen Untersuchungen der Beschwerdeführerin und auf den von der Beschwerdeführerin im Laufe des Verfahrens vorgelegten medizinischen Unterlagen basierenden medizinischen Sachverständigengutachten eines Facharztes für Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten vom 05.02.2019 und eines Facharztes für Innere Medizin vom 23.10.2018, die das von der belangten Behörde eingeholte medizinische Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 08.11.2017 im Wesentlichen bestätigen.

In der Beschwerde vom 14.11.2017 und im am 20.12.2018 beim Bundesverwaltungsgericht eingelangten Schreiben wird im Wesentlichen vorgebracht, dass der Beschwerdeführerin die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel nicht zumutbar sei, da ihr Immunsystem geschwächt sei. Der beigezogene Facharzt für Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten gelangte in seinem Sachverständigengutachten vom 05.02.2019 zu dem Schluss, dass aus HNO-ärztlicher Sicht keine anlagebedingte schwere Erkrankung des Immunsystems, keine schwere hämatologische Erkrankung mit dauerhaftem oder hochgradigem Immundefizit, keine fortgeschrittene Infektionskrankheit mit dauerhaftem hochgradigen Immundefizit und kein Zustand nach Organtransplantation mit ständiger Immunsuppression vorliegt. Er hält fest, dass es im Rahmen einer Strahlentherapie zu einem vorübergehenden und zeitlich begrenzten Absinken der Abwehrkraft kommen kann. Anhaltende dauerhafte Funktionseinschränkungen ergeben sich daraus jedoch nicht. Wie sich auch in der Anamnese der Beschwerdeführerin zeigt, nimmt sie durchaus am normalen Leben teil und hat keine vermehrten Infektionen der Atemwege aquiriert, infektionsbedingte Spitalsaufenthalte oder Therapien wurden nicht benötigt.

Betreffend das Vorbringen, dass womöglich eine Eintrittspforte für Viren und Bakterien bestünde, hält der beigezogene Facharzt für Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten fest, dass Nase und Mund immer die Eintrittspforten für Erreger sind, unabhängig davon, ob eine Grunderkrankung vorliegt oder nicht. Nach der vorübergehenden Einschränkung bei der Bestrahlung hat sich die Barriere-Funktion aber wieder erholt. Im Lokalbefund zeigen sich laut diesem Sachverständigengutachten keine Hinweise auf Entzündungen oder Ulcerationen im Bereich der Schleimhaut, insbesondere in der Nase. Diese erscheint zwar etwas trocken, wird aber mit Spray und Nasensalbe gut gepflegt. Von HNO-ärztlicher Seite ist daher die Barriere-Funktion ausreichend gut erhalten. Auch in der Anamnese zeigte sich, dass bis auf kurzzeitige, vorübergehende, respiratorische Infekte, keine länger dauernden Erkrankungen aufgetreten sind. Es ergibt sich daraus, dass das Risiko angesteckt zu werden, bzw. einen Erreger zu aquirieren, genauso hoch ist wie das der Normalbevölkerung.

Diese Einschätzungen des Facharztes für Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten werden im Wesentlichen durch die Gutachten des Facharztes für Innere Medizin vom 23.10.2018 und des Arztes für Allgemeinmedizin vom 08.11.2017 bestätigt. Der Facharzt für Innere Medizin hält in seinem Gutachten vom 23.10.2018 fest, dass eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems nicht vorliegt. Gegen eine Krankheitsprogression spricht das klinische Bild bei der Untersuchung, insbesondere die Tatsache, dass keine gegen ein Hirnödem gerichtete medikamentöse Behandlung erforderlich ist bzw. durchgeführt wird.

Insoweit in der Beschwerde vom 14.11.2017 und im am 20.12.2018 eingelangten Schreiben die Untersuchungen der Beschwerdeführerin durch die beigezogenen Gutachter moniert werden, ist anzumerken, dass sich den eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten keine ausreichend konkreten Anhaltspunkte für die Annahme entnehmen lassen, dass bei der Beschwerdeführerin keine fachgerechten Untersuchungen durchgeführt worden wären und ergibt sich eine solche Annahme auch nicht aus den diesbezüglich nicht ausreichend substantiierten Vorbringen in der Beschwerde vom 14.11.2017 und im am 20.12.2018 eingelangten Schreiben; im Übrigen ist es im gegenständlichen Verfahren nicht Aufgabe der medizinischen Sachverständigen, der Antragstellerin eine medizinische Betreuung zukommen zu lassen, sondern eine Beurteilung auf Grundlage der Bestimmungen der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen vorzunehmen.

Hinsichtlich der bestehenden Funktionseinschränkungen und deren Auswirkung auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel tätigte die Beschwerdeführerin im Beschwerdeverfahren somit kein ausreichend konkretes Vorbringen, das die Beurteilungen der medizinischen Sachverständigen vom 08.11.2017, 23.10.2018 und 05.02.2019 entkräften hätte können; die Beschwerdeführerin legte ihrer Beschwerde zwar neue Befunde bei, aus diesen ist jedoch keine andere medizinische Beurteilung abzuleiten. Somit waren diese Befunde nicht geeignet, die durch die medizinischen Sachverständigen getroffenen Beurteilungen zu widerlegen oder zusätzliche Dauerleiden im Sinne nachhaltiger, zumindest sechs Monate dauernder Funktionseinschränkungen zu belegen bzw. eine wesentliche Verschlimmerung bestehender Leiden zu dokumentieren und damit das Vorliegen erheblicher Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder einer schweren Erkrankung des Immunsystems im Sinne der Bestimmung des § 1 Abs. 4 Z 3 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen darzutun. Dies gilt auch für die oben wiedergegebenen Ausführungen im am 20.12.2018 eingelangten Schreiben und die diesem Schreiben beigegebenen medizinischen Unterlagen, die den Beurteilungen der dem gegenständlichen Verfahren beigezogenen medizinischen Sachverständigen im Ergebnis nicht entgegenstehen; diese sind nicht geeignet, zu einem anderen Verfahrensergebnis zu führen und den eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten substantiiert entgegenzutreten.

Die Beschwerdeführerin ist den eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten daher im Ergebnis nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, steht es dem Antragsteller, so er der Auffassung ist, dass seine Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes doch frei, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27.06.2000, Zl. 2000/11/0093).

Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit an den vorliegenden medizinischen Sachverständigengutachten eines Facharztes für Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten vom 05.02.2019 und eines Facharztes für Innere Medizin vom 23.10.2018, welche das bereits von der belangten Behörde eingeholte medizinische Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 08.11.2017 bestätigen. Alle im Laufe des Verfahrens eingeholten Gutachten werden daher in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zu Grunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A)

Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG) lauten auszugsweise:

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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