TE Bvwg Erkenntnis 2019/6/26 W156 1423803-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 26.06.2019
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Entscheidungsdatum

26.06.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §9 Abs1
AsylG 2005 §9 Abs4
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z5
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Alexandra Krebitz als Einzelrichterin über die Beschwerde von H XXXX XXXX XXXX , geb. XXXX StA. Afghanistan, vertreten durch Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 13.07.2018, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 14.05.2019 zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die ordentliche Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht

zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer (BF), ein männlicher Staatsangehöriger Afghanistans, brachte nach der illegalen Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 22.08.2011 einen Antrag auf internationalen Schutz ein.

Dieser Antrag wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 15.12.2011 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen und dem BF gemäß § 81 Abs. 1 AsylG der Status des subisidiär Schutzberechtigten zuerkannt und gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 15.12.2012 erteilt. In der Begründung wurde ausgeführt, dass keine individuelle Verfolgung aus einem der in der GFK genannten Gründe dargetan worden sei, dass jedoch die belangte Behörde aufgrund der Minderjährigkeit des BF davon ausgehe, dass er aufgrund dieser Vulnerabilität ohne gesicherten familiären und sozialen Anschluss in Afghanistan bei einer Rückkehr einem realen Risiko einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt wäre.

Dagegen erhob der BF fristgerecht Beschwerde an den damals zuständigen Asylgerichtshof. Mit Erkenntnis des - ab 01.01.2014 nunmehr zuständigen - Bundesverwaltungsgerichtes vom 04.03.2014, W219 1423803-1/6E wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Mit Urteil des LG XXXX vom 13.05.2014 wurde der BF zu Zahl XXXX wegen §§ 83 Abs. 1 und 84 Abs. zu einem Schuldspruch unter Vorbehalt der Strafe auf eine Probezeit von 3 Jahren, rechtskräftig verurteilt. Mit 24.07.2017 wurde von der Verhängung eine Strafe endgültig abgesehen.

Mit Urteil des LG XXXX vom 16.10.2014 wurde der BF zu Zahl XXXX wegen §§ 84 Abs. und1 83 Abs. 1 StGB zu einer zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von 3 Monaten auf eine Probezeit von 3 Jahren, rechtskräftig verurteilt.

Mit Urteil des BG XXXX vom 14.06.2016 wurde der BF zu Zahl XXXX wegen § 218 Abs. 1a StGB zu einer zu einer Gelstrafe in Höhe von 60 Tagsätzen in Höhe von 4 EUR im Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von 30 Tagen rechtskräftig verurteilt.

Mit Urteil des LG XXXX vom 13.09.2017 wurde der BF zu Zahl XXXX wegen §§ 84 Abs. 4, 83 Abs. 1, 107 Abs.1, 15 iVm. §105 StGB zu einer zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von 6 Monaten, und einer bedingten Freiheitstrafe von 12 Monaten auf eine Probezeit von 3 Jahren, rechtskräftig verurteilt.

Mit 21.03.2018 wurde der BF von der Justizanstalt XXXX in Freiheitsstrafe übernommen.

Mit Beschluss des LG XXXX wurde zu Zahl XXXX die Restfreiheitsstrafe von 2 Monaten auf eine Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen und der BF am 20.07.2018 bedingt entlassen.

Aufgrund dieser letzten Verurteilung leitete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl von Amts wegen ein Verfahren zur Aberkennung des subsidiären Schutzes ein.

Am 10.07.2018 wurde der BF diesbezüglich seitens des BFA niederschriftlich einvernommen und gab er im Wesentlichen Folgendes zu Protokoll:

Er sei gesund und arbeitsfähig, er nehme keine Medikamente. Er habe 3 Jahre in Österreich die Schule besucht und in einer Tischlerei geschnuppert, ansonsten habe er nichts gearbeitet. Er sei in Österreich einmal Mitglied in einem Kickboxverein gewesen. Seine Familie lebe in Linz und werde nach seiner Haft bei diesen wohnen. Er habe im Bundesgebiet eine Tochter, habe diese aber seit 3 Monaten nicht mehr gesehen. Er lebe mit der Kindsmutter nicht zusammen, sondern sei er von dieser getrennt. Er habe derzeit eine Freundin in Österreich, lebe aber auch mit dieser nicht zusammen. Nach der Haftentlassung möchte er bei einer Firma im Lager zu arbeiten beginnen. Seine Eltern hätten subsidiären Schutz, seine Schwester Asyl.

Er sei schiitischer Moslem und habe in Bezug auf Afghanistan keine Fluchtgründe. Verwandte in Afghanistan habe er nicht.

In der Folge wurde mit dem angefochtenen Bescheid vom 07.05.2018 nachstehende Entscheidung getroffen:

"I. Der Ihnen mit Bescheid vom 15.11.2011, Zahl XXXX , zuerkannte Status des subsidiär Schutzberechtigten wird gemäß § 9 Abs. 1 AsylG

2005 idgF [ ... ] von Amts wegen aberkannt.

II. Die mit Bescheid vom 16.12.2016, Zahl XXXX , erteilte befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter wird Ihnen gemäß § 9 Abs. 4 AsylG entzogen.

III. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wird gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt.

IV. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG in Verbindung mit § 9 BFA-Verfahrensgesetz idgF (BFA-VG) wird gegen Sie eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 idgF (FPG) erlassen.

V. Es wird gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig ist.

VI. Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG beträgt die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.

VII. Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 5 FPG wird gegen Sie ein Einreiseverbot in der Dauer von 5 Jahren erlassen."

Begründend wurde im angefochtenen Bescheid im Wesentlichen ausgeführt, dass der erteilte Subsidiärschutz gemäß § 9 Abs. 1 Z. 1 AsylG, weil die Voraussetzungen für die Zuerkennung dieses Status nicht oder nicht mehr vorlegen, da dem BF der Status als subsidiär Schutzberechtigter allein aufgrund seiner Minderjährigkeit zuerkannt worden sei. Zu den Spruchpunkten IV. bis VII. wird im Wesentlichen ausgeführt, dass er in keiner Lebensgemeinschaft lebe, nicht in der Lage sei, für seinen Unterhalt oder den seiner Tochter aufzukommen, und der Mutter seiner Tochter gegenüber gewalttätig gewesen zu sein. Ein tatsächliches Familienleben mit seiner Tochter habe daher nicht festgestellt werden können. Er sei zwar 7 Jahre rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig, gehe aber keiner Erwerbstätigkeit nach. Er habe keine Ausbildung abgeschlossen und lebe ausschließlich aus Geldern der öffentlichen Habe. Der Grad der Integration sei trotz der 7 Jahre nicht besonders ausgeprägt. Er sei acht Mal strafrechtlich in Erscheinung getreten. Hinsichtlich des Einreiseverbotes wird auf die Verurteilung zu einer 18-monatige Freiheitsstrafe wegen schwerer Körperverletzung, gefährlicher Drohung und versuchter Nötigung in Zusammenhand mit den weiteren Straftaten Bezug genommen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher der BF im Wesentlichen die allgemeine Sicherheitslage in ganz Afghanistan und seine spezielle Situation als Rückkehrer geltend machte. Des Weiteren wird das Familienleben des BF in Österreich und das Kindswohl seiner Tochter sowie die intensive Beziehung des BF zu seiner Tochter geltend gemacht. Der BF habe sich vorgenommen, in Zukunft nicht straffällig zu werden, ein ordentliches Leben zu führen und sich um seine Tochter zu kümmern. Das ausgesprochene Einreiseverbot von fünf Jahre sei daher nicht rechtmäßig.

In der Folge wurde am 18.12.2018 eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung vor dem BVwG durchgeführt. Der BF erschien unentschuldigt nicht und erging in Abwesenheit des vertretenen BF ein mündliches Erkenntnis, mit dem die Beschwerde angewiesen wurde.

Mit Schreiben vom 02.01.2019 stellte der BF einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand unter gleichzeitiger Vorlage einer ärztlichen Bestätigung.

Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 12.02.2019, W156 1423803-3/3E wurde dem Antrag auf Wiedereinsetzung stattgegeben.

In der Folge wurde am 14.05.2019 eine neuerliche öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung vor dem BVwG durchgeführt, in der der BF angab derzeit in einer Flüchtlingsunterkunft in XXXX zu leben, seine Familie in Linz jede Woche aber sehe. Finanziell werde er von ihnen bis auf den Ersatz der Fahrtkosten nicht unterstützt. Er lebe von der Grundversorgung. Er habe in Österreich lediglich kurzfristige Beschäftigungsverhältnisse als Aushilfe gehabt. Seine Tochter sei derzeit in Wien und er habe sie das letzte Mal vor etwa fünf bis sechs Monaten gesehen.

In Folge wurde als Zeugin eine Vertreterin des Magistrates der Stadt XXXX , Jugendamt, ausführlich zu den Kontakten des BF zu seiner Tochter einvernommen.

Zu einer Rückkehr befragt, gab der BF zu Protokoll, dass in Afghanistan aus ihm ein Drogensüchtiger werden würde oder er würde sexuell missbraucht werden. Das habe er von afghanischen Bekannten aus seiner Haftzeit, die nach ihrer Abschiebung nach Afghanistan davon auf Facebook berichten würden.

In der Verhandlung wurden das Länderinformationsblatt (LIB), Stand 26.03.2019 zu Afghanistan, EASO Country Guidance Afghanistan vom Juni 2018 sowie die UNHCR Guidelines vom August 2018 vorgehalten und kursorisch erörtert. Diesbezüglich wurde eine Stellungnahme in der mündlichen Verhandlung abgegeben.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Festgestellt wird zunächst der oben dargelegte Verfahrensgang.

Der BF ist afghanischer Staatsangehöriger, volljährig, ledig. Er gehört der Volksgruppe der Hazara und der schiitischen Glaubensrichtung an. Der BF wurde im Iran geboren und war nie in Afghanistan aufhältig. Seine Eltern und seine Schwester leben in Österreich.

In Afghanistan hat der BF keine Familienangehörigen mehr.

Der BF ist 21 Jahre alt, gesund und arbeitsfähig, sodass er im Herkunftsstaat zumindest durch einfache Arbeit das nötige Einkommen erzielen könnte, um sich eine Existenzgrundlage zu schaffen.

Zum Privat- und Familienleben des BF wird festgestellt:

Der BF ist im August 2011 ins Bundesgebiet eingereist und war seither zunächst vorläufig aufenthaltsberechtigt, sodann von 15.12.2001 bis 18.07.2018 als subsidiär Schutzberechtigter aufenthaltsberechtigt. Der somit über 7 Jahre hier aufhältige BF hat im Bundesgebiet eine Tochter, diese ist österreichische Staatsangehörige; er lebt weder mit seiner Familie, der Kindsmutter noch seiner Tochter im gemeinsamen Haushalt, vielmehr ist der BF in S XXXX in einer Flüchtlingsunterkunft untergebracht. Der BF besucht seine Eltern etwa einmal in der Woche und wird von diesen nicht finanziell erhalten.

Das Jugendamt XXXX hat die Obsorge für die Tochter des BF, aufgrund von Bindungsstörungen wurde der Entschluss gefasst, sie in eine entsprechende sozial pädagogische Betreuungseinrichtung zu geben. Diese befindet sich derzeit im Burgenland.

Die Tochter des BF wurde 2015 geboren, beide Elternteile waren minderjährig zu diesem Zeitpunkt. Die Kindesmutter wolle ursprünglich das Baby zur Adoption freigeben. Der BF war damals einverstanden, die Großmutter mütterlicherseits nicht. Die Obsorge für die Minderjährige wurde durch die Großmutter ms beantragt und zugeteilt, somit wuchs die Tochter bei der Großmutter ms bis Februar 2017 auf. Die Großmutter ms wollte aufgrund von Überforderung die Tochter des BF zu Pflegeeltern geben. Mit dieser Entscheidung war der BF einverstanden, aber nicht die Kindesmutter. Die Tochter ist mit der Kindesmutter in das Mutterkindheim S XXXX gezogen. Ab Oktober 2018 war die Kindesmutter gemeinsam mit der Tochter in einem betreuten Wohnen, als Übergang in die Selbstständigkeit. Die Kindesmutter war eine Woche mit der Tochter dort aufhältig, im Anschluss wurde der Kindesmutter die Tochter aufgrund von Drogenkonsum und weiteren Vorfällen abgenommen und in die Krisenstelle für Kleinkinder gebracht. Die Tochter verblieb dort. Die Obsorge hatte damals schon die Jugendvorsorge XXXX . Bis Dezember 2018 verblieb die Tochter dort, kam im Anschluss zu einer Pflegemutter. Beide Elternteile waren damit einverstanden, der BF wünschte sich, dass seine Tochter in einem liebevollen Zuhause aufwachsen kann. Die Pflegemutter hat die zuerst gewünschte Dauerpflege aufgrund der Auffälligkeit der Tochter des BF abgelehnt. Im Anschluss wurde die Tochter in diese sozial therapeutische Einrichtung gebracht, in der sie bis zu ihrem 18. Lebensjahr verbleiben kann.

Aus den Aktenvermerken ging hervor, dass der BF von Beginn an einen guten Kontakt mit seiner Tochter hat. Aufgrund der Missverständnisse aus der Familie der Mutter kam die Mutter weg. Bis 2017 war regelmäßiger Kontakt zwischen dem BF und seiner Tochter. Im Februar 2017, kam es zu einem Zerwürfnis der Großmutter ms und dem BF, weil der BF mehr Kontakt einforderte und auch Kontakt zu seinen Eltern herstellen wollte. Er wollte, dass seine Tochter zu seinen Eltern mehr Kontakt hat. Die Eltern des BF haben Leila bis dahin zwei bis dreimal gesehen. Die Großmutter ms hat sich bedroht gefühlt und eine Anzeige erstattet, wobei der BF ein Betretungsverbot erhielt. Im März 2017 übersiedelte die Mutter mit der Tochter nach XXXX in das Mutter-Kind-Heim. Der BF pflegte wieder Kontakt und war in aufrechter Beziehung mit der Kindesmutter, wobei der Kontakt in etwa fast jedes Wochenende stattfand. Im Juni 2017 kam es zur Trennung von dem BF und der Kindesmutter. Der BF hat weiterhin Kontakt zu seiner Tochter gehalten. Annähernd gleichzeitig gab es wieder eine Auseinandersetzung, zwischen dem BF und der Kindesmutter, wobei die Tochter nicht anwesend war. Beim Jugendamt gab der BF an, aufgrund von allgemeiner Perspektivenlosigkeit, Arbeitslosigkeit etc. kurzzeitig Beherrschung verloren zu haben. Dann wurde die Polizei gerufen, eine Anzeige erstattet und auf begleitete Besuchskontakte mit dem Verein "Rainbows" zurückgegriffen. Die Anfrage stellte der Kindesvater selbst, im August 2017. Zeitgleich hat sich die Kindsmutter, weil sie überfordert war, bezüglich der Rahmenbedingungen der Pflegeelternschaft erkundigt. Am 19.09.2017 gab es ein Gespräch mit der Kindesmutter und dem BF. Der BF und die Großmutter ms waren mit einer Pflegemutter einverstanden, die Kindsmutter unschlüssig Im Februar 2018 war die bevorstehende Haft des BF, in XXXX vorgesehen, der BF wurde dann aber in die Haftanstalt Ried verlegt. Während der Haft gab es einen Kontakt, der heimlich von der Kindsmutter geplant wurde. Nach der Haftentlassung fragte der BF über "Rainbows" im August 2018 über weitere Kontakte an. Da die Kindsmutter mit der Tochter in das betreute Wohnen übersiedelte, gab es nur zwei Kontakte. Die Kontakte waren Ende August und Mitte September. Die Tochter kam in die Kinderkrise, alle zwei Wochen für eine Stunde wurden Besuchskontakte vereinbart, in Anwesenheit der Betreuerin. Der BF sagte einmal ab, einmal nicht, wobei auf Recherche der Betreuerinnen eine Absage durch den BF nicht möglich war, da sein Handy defekt war. Der Umgang wird als sehr liebevoll beschrieben, zugewandt, offen und auch im Spielen sehr aktiv. Seit Dezember 2018 hat der BF keinen Kontakt zu seiner Tochter. Zu diesem Zeitpunkt kam die Tochter zur Pflegemutter und es wurde bei Übernahme der Dauerpflege ein weiterer Besuchskontakt vereinbart. Zu dieser Dauerpflege kam es nicht, sondern kam die Tochter in die sozial therapeutische Einrichtung. Damit die Tochter nicht überfordert wird, wurde ein Besuchskontakt einmal pro Monat gemeinsam mit der Kindsmutter vereinbart. Derzeit besteht kein Kontakt zwischen dem BF und der Kindsmutter. Diese verweigert auch jede Zusammenarbeit mit der Jugend- und Sozialhilfe. Deshalb gibt es auch keinen Kontakt mit der Tochter und dem BF.

Die berufliche und soziale Integration des BF in die österreichische Gesellschaft ist noch nicht weit fortgeschritten. Der BF spricht Deutsch auf gutem Niveau. Der BF versuchte wiederholt Arbeit zu finden, arbeitete auch gelegentlich einige Monate als Aushilfe, konnte sich jedoch letztlich beruflich nicht etablieren. Insgesamt arbeitete der BF seit seiner Ankunft in Österreich rund sieben Monate. Derzeit ist der BF ohne Beschäftigung. Die Selbsterhaltungsfähigkeit liegt aktuell nicht vor. In seiner Freizeit spielt der BF Fußball, Basketball oder geht schwimmen. Einer kontinuierlichen ehrenamtlichen oder gemeinnützigen Tätigkeit geht der BF nicht nach.

Der Beschwerdeführer weist folgende Verurteilungen auf:

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Mit Urteil des LG XXXX vom 13.05.2014 wurde der BF zu Zahl XXXX wegen §§ 83 Abs. 1 und 84 Abs. zu einem Schuldspruch unter Vorbehalt der Strafe auf eine Probezeit von 3 Jahren, rechtskräftig verurteilt. Mit 24.07.2017 wurde von der Verhängung eine Strafe endgültig abgesehen.

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Mit Urteil des LG XXXX vom 16.10.2014 wurde der BF zu Zahl XXXX wegen §§ 84 Abs. und1 83 Abs. 1 StGB zu einer zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von 3 Monaten auf eine Probezeit von 3 Jahren, rechtskräftig verurteilt.

-

Mit Urteil des BG XXXX vom 14.06.2016 wurde der BF zu Zahl XXXX wegen § 218 Abs. 1a StGB zu einer zu einer Geldstrafe in Höhe von 60 Tagsätzen in Höhe von 4 EUR im Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von 30 Tagen rechtskräftig verurteilt.

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Mit Urteil des LG XXXX vom 13.09.2017 wurde der BF zu Zahl XXXX wegen §§ 84 Abs. 4, 83 Abs. 1, 107 Abs.1, 15 iVm. §105 StGB zu einer zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von 6 Monaten, und einer bedingten Freiheitstrafe von 12 Monaten auf eine Probezeit von 3 Jahren, rechtskräftig verurteilt.

Mit 21.03.2018 wurde der BF von der Justizanstalt XXXX in Freiheitsstrafe übernommen.

Mit Beschluss des LG XXXX wurde zu Zahl XXXX die Restfreiheitsstrafe von 2 Monaten gemäß § 46 Abs.2 StGB auf eine Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen und der BF am 20.07.2018 bedingt entlassen.

Der BF empfindet die unbedingte Freiheitsstrafe von 6 Monaten als zu viel.

Dem BF droht im Herkunftsstaat keine reale Gefahr einer unmenschlichen Behandlung. Im Herkunftsstaat ist in mehreren Landesteilen die Sicherheitslage ausreichend und die Versorgung mit Nahrungsmitteln gewährleistet.

Dem BF steht eine zumutbare Ansiedelung in den verhältnismäßig sicheren Provinzen Afghanistans zur Verfügung, beispielsweise in den Städten Herat und Mazar-e-Sharif.

Hinweise auf das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen für einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen kamen nicht hervor

Zur Allgemeinsituation in Afghanistan wird folgendes festgestellt:

Zur allgemeinen politischen, menschenrechtlichen Situation sowie zur Sicherheitslage im Herkunftsland des BF wird festgestellt:

KI vom 26.3.2019, Anschläge in Kabul, Überflutungen und Dürre, Friedensgespräche, Präsidentschaftswahl (relevant für Abschnitt 2/Politische Lage; Abschnitt 3/Sicherheitslage; Abschnitt 21/Grundversorgung und Wirtschaft).

Anschläge in Kabul-Stadt

Bei einem Selbstmordanschlag während des persischen Neujahres-Fests Nowruz in Kabul-Stadt kamen am 21.3.2019 sechs Menschen ums Leben und weitere 23 wurden verletzt (AJ 21.3.2019, Reuters 21.3.2019). Die Detonation erfolgte in der Nähe der Universität Kabul und des Karte Sakhi Schreins, in einer mehrheitlich von Schiiten bewohnten Gegend. Quellen zufolge wurden dafür drei Bomben platziert: eine im Waschraum einer Moschee, eine weitere hinter einem Krankenhaus und die dritte in einem Stromzähler (TDP 21.3.2019; AJ 21.3.2019). Der ISKP (Islamische Staat - Provinz Khorasan) bekannte sich zum Anschlag (Reuters 21.3.2019).

Während eines Mörserangriffs auf eine Gedenkveranstaltung für den 1995 von den Taliban getöteten Hazara-Führer Abdul Ali Mazari im überwiegend von Hazara bewohnten Kabuler Stadtteil Dasht-e Barchi kamen am 7.3.2019 elf Menschen ums Leben und 95 weitere wurden verletzt. Der ISKP bekannte sich zum Anschlag (AJ 8.3.2019).

Überflutungen und Dürre

Nach schweren Regenfällen in 14 afghanischen Provinzen kamen mindestens 63 Menschen ums Leben. In den Provinzen Farah, Kandahar, Helmand, Herat, Kapisa, Parwan, Zabul und Kabul,wurden ca. 5.000 Häuser zerstört und 7.500 beschädigt (UN OCHA 19.3.2019). Dem Amt für dieKoordinierung humanitärer Angelegenheiten der Vereinten Nationen (UN OCHA) zufolge waren mit Stand 19.3.2019 in der Provinz Herat die Distrikte Ghorvan, Zendejan, Pashtoon Zarghoon, Shindand, Guzarah und Baland Shahi betroffen (UN OCHA 19.3.2019). Die Überflutungen folgten einer im April 2018 begonnen Dürre, von der die Provinzen Badghis und Herat am meisten betroffen waren und von deren Folgen (z.B. Landflucht in die naheliegenden urbanen Zentren, Anm.) sie es weiterhin sind. Gemäß einer Quelle wurden in den beiden Provinzen am 13.9.2018 ca. 266.000 IDPs vertrieben: Davon zogen 84.000 Personen nach Herat-Stadt und 94.945 nach Qala-e-Naw, wo sie sich in den Randgebieten oder in Notunterkünften innerhalb der Städte ansiedelten und auf humanitäre Hilfe angewiesen sind (IFRCRCS 17.3.2019).

Friedensgespräche

Kurz nach der Friedensgesprächsrunde zwischen Taliban und Vertretern der USA in Katar Ende Jänner 2019 fand Anfang Februar in Moskau ein Treffen zwischen Taliban und bekannten afghanischen Politikern der Opposition, darunter der ehemalige Staatspräsident Hamid Karzai und mehrere "Warlords", statt (Qantara 12.2.201). Quellen zufolge wurde das Treffen von der afghanischen Diaspora in Russland organisiert. Taliban-Verhandlungsführer Sher Muhammad Abbas Stanaksai wiederholte während des Treffens schon bekannte Positionen wie die Verteidigung des "Dschihad" gegen die "US-Besatzer" und die gleichzeitige Weiterführung der Gespräche mit den USA. Des Weiteren verkündete er, dass die Taliban die Schaffung eines "islamischen Regierungssystems mit allen Afghanen" wollten, obwohl sie dennoch keine "exklusive Herrschaft" anstrebten. Auch bezeichnete er die bestehende afghanische Verfassung als "Haupthindernis für den Frieden", da sie "vom Westen aufgezwungen wurde"; Weiters forderten die Taliban die Aufhebung der Sanktionen gegen ihre Führer und die Freilassung ihrer gefangenen Kämpfer und bekannten sich zur Nichteinmischung in Angelegenheiten anderer Länder, zur Bekämpfung des Drogenhandels, zur Vermeidung ziviler Kriegsopfer und zu Frauenrechten.

Diesbezüglich aber nur zu jenen, "die im Islam vorgesehen seien" (z.B. lernen, studieren und sich den Ehemann selbst auswählen). In dieser Hinsicht kritisierten sie dennoch, dass "im Namen der Frauenrechte Unmoral verbreitet und afghanische Werte untergraben würden" (Taz 6.2.2019). Ende Februar 2019 fand eine weitere Friedensgesprächsrunde zwischen Taliban und USVertretern in Katar statt, bei denen die Taliban erneut den Abzug der US-Truppen aus Afghanistan

forderten und betonten, die Planung von internationalen Angriffen auf afghanischem Territorium verhindern zu wollen. Letzterer Punkt führte jedoch zu Meinungsverschiedenheiten: Während die USA betonten, die Nutzung des afghanischen Territoriums durch "terroristische Gruppen" vermeiden zu wollen und in dieser Hinsicht eine Garantie der Taliban forderten, behaupteten die Taliban, es gebe keine universelle Definition von Terrorismus und weigerten sich gegen solch eine Spezifizierung. Sowohl die Taliban- als auch die US-Vertreter hielten sich gegenüber den Medien relativ bedeckt und betonten ausschließlich, dass die Friedensverhandlungen weiterhin stattfänden. Während es zu Beginn der Friedensgesprächsrunde noch Hoffnungen gab, wurde mit Voranschreiten der Verhandlungen immer klarer, dass sich eine Lösung des Konflikts als "frustrierend langsam" erweisen würde (NYT 7.3.2019).

Die afghanische Regierung war weder an den beiden Friedensgesprächen in Doha noch an dem Treffen in Moskau beteiligt (Qantara 12.2.2019; vgl. NYT 7.3.2019), was Unbehagen unter einigen Regierungsvertretern auslöste und die diplomatischen Beziehungen zwischen den beiden Regierungen beeinträchtigte (Reuters 18.3.2019; vgl. WP 18.3.2019). Beispielsweise erklärte USUnterstaatssekretär David Hale am 18.3.2019 die Beendigung der Kontakte zwischen USVertretern und dem afghanischen nationalen Sicherheitsberater Hamdullah Mohib, nachdem dieser US-Chefunterhändler Zalmay Khalilzad und den Ausschluss der afghanischen Regierung aus den Friedensgesprächen öffentlich kritisiert hatte (Reuters 18.3.2019).

Verschiebung der Präsidentschaftswahl

Die Präsidentschaftswahl, welche bereits von April auf Juni 2019 verschoben worden war, soll Quellen zufolge nun am 28.9.2019 stattfinden. Grund dafür seien "zahlreiche Probleme und Herausforderungen welche vor dem Wahltermin gelöst werden müssten, um eine sichere und transparente Wahl sowie eine vollständige Wählerregistrierung sicherzustellen - so die unabhängige Wahlkommission (IEC) (VoA 20.3.2019; vgl. BAMF 25.3.2019).

KI vom 1.3.2019, Aktualisierung: Sicherheitslage in Afghanistan - Q4.2018 (relevant für Abschnitt 3/Sicherheitslage) Allgemeine Sicherheitslage und sicherheitsrelevante Vorfälle

Die Sicherheitslage in Afghanistan bleibt volatil. Die Vereinten Nationen (UN) registrierten im Berichtszeitraum 16.8.2018 - 15.11.2018 5.854 sicherheitsrelevante Vorfälle, was einen Rückgang von 2% gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres bedeutet. Bewaffnete Zusammenstöße gingen um 5% zurück, machten aber weiterhin den Großteil der sicherheitsrelevanten Vorfälle (63%) aus. Selbstmordanschläge gingen um 37% zurück, was möglicherweise an erfolgreichen Bekämpfungsmaßnahmen in Kabul-Stadt und Jalalabad liegt. Luftangriffe durch die afghanische Luftwaffe (AAF) sowie internationale Streitkräfte stiegen um 25%. Die am stärksten betroffenen Regionen waren der Süden, der Osten und der Süd-Osten. In der Provinz Kandahar entstand die Befürchtung, die Sicherheitsbedingungen könnten sich verschlechtern, nachdem der Polizeichef der Provinz und der Leiter des National Directorate for Security (NDS) im Oktober 2018 ermordet worden waren (UNGASC 7.12.2018). Gemäß dem Special Inspector General for Afghanistan Reconstruction (SIGAR) fanden bis Oktober 2018 die meisten Angriffe regierungsfeindlicher Gruppierungen in den Provinzen Badghis, Farah, Faryab, Ghazni, Helmand, Kandahar, Uruzgan und Herat statt. Von Oktober bis Dezember 2018 verzeichneten Farah, Helmand und Faryab die höchste Anzahl regierungsfeindlicher Angriffe (SIGAR 30.1.2019).

Nach dem Taliban-Angriff auf Ghazni-Stadt im August 2018, bestand weiterhin die Befürchtung, dass die Taliban großangelegte Angriffe im Südosten des Landes verüben könnten. Dies war zwar nicht der Fall, dennoch setzten Talibankämpfer die afghanischen Sicherheitskräfte am Stadtrand von Ghazni, in Distrikten entlang des Highway One nach Kabul und durch die Einnahme des Distrikts Andar in Ghazni im Oktober weiterhin unter Druck. Im Westen der Provinz Ghazni, wo die ethnische Gruppierung der Hazara eine Mehrheit bildet, verschlechterten sich die Sicherheitsbedingungen wegen großangelegter Angriffe der Taliban, was im November zur Vertreibung zahlreicher Personen führte. In Folge eines weiteren Angriffs der Taliban im Distrikt Khas Uruzgan der Provinz Uruzgan im selben Monat wurden ebenfalls zahlreiche Hazara-Familien vertrieben. Des Weiteren nahmen Talibankämpfer in verschiedenen Regionen vorübergehend strategische Positionen entlang der Hauptstraßen ein und behinderten somit die Bewegungsfreiheit zwischen den betroffenen Provinzen. Beispiele dafür sind Angriffe entlang Hauptstraßen nach Kabul in den Distrikten Daymirdad und Sayyidabad in Wardak, der Route Mazar - Shirbingham und Maimana - Andkhoy in den nördlichen Provinzen Faryab, Jawzjan und Balkh und der Route Herat - Qala-e-Naw im westlichen Herat und Badghis (UNGASC 7.12.2018).

Trotz verschiedener Kampfhandlungen und Bedrohungen blieben mit Stand Dezember 2018 gemäß SIGAR die Provinzzentren aller afghanischen Provinzen unter Kontrolle bzw. Einfluss der afghanischen Regierung (SIGAR 30.1.2019).

Im Laufe des Wahlregistrierungsprozesses und während der Wahl am 20. und am 21. Oktober wurden zahlreiche sicherheitsrelevante Vorfälle registriert, welche durch die Taliban und den Islamischen Staat - Provinz Khorasan (ISKP) beansprucht wurden (UNGASC 7.12.2018; vgl. UNAMA 10.10.2018, UNAMA 11.2018). Während der Wahl in der Provinz Kandahar, die wegen Sicherheitsbedenken auf den 27. Oktober verschoben worden war, wurden keine sicherheitsrelevanten Vorfälle registriert. Die afghanischen Sicherheitskräfte entdeckten und entschärften einige IED [Improvised Explosive Devices - Improvisierte Spreng- oder Brandvorrichtung/Sprengfallen] in Kandahar-Stadt und den naheliegenden Distrikten (UNAMA 11.2018). Die United Nations Assistance Mission in Afghanistan (UNAMA) hatte zwischen 1.1.2018 und 30.9.2018 im Zusammenhang mit den Parlamentswahlen insgesamt 366 zivile Opfer (126 Tote und 240 Verletzte) registriert (UNAMA 10.10.2018). Am offiziellen Wahltag, dem 20. Oktober, wurden 388 zivile Opfer (52 Tote und 336 Verletzte) registriert, darunter 117 Kinder (21 Tote und 96 Verletzte) und 48 Frauen (2 Tote und 46 Verletzte). Am folgenden Wahltag, dem 21. Oktober, wurden 47 weitere zivile Opfer (4 Tote und 43 Verletzte) verzeichnet, inklusive 17 Kinder (2 Tote und 15 Verletzte) und Frauen (3 Verletzte). Diese Zahlen beinhalten auch Opfer innerhalb der Afghan National Police (ANP) und der Independet Electoral Commission (IEC) (UNAMA 11.2018). Die am 20. Oktober am meisten von sicherheitsrelevanten Vorfällen betroffenen Städte waren Kunduz und Kabul. Auch wenn die Taliban in den von ihnen kontrollierten oder beeinflussten Regionen die Wählerschaft daran hinderten, am Wahlprozess teilzunehmen, konnten sie die Wahl in städtischen Gebieten dennoch nicht wesentlich beeinträchtigen (trotz der hohen Anzahl von Sicherheitsvorfällen) (UNGASC 7.12.2018). Die Regierung kontrolliert bzw. beeinflusst - laut Angaben der Resolute Support (RS) Mission - mit Stand 22.10.2018 53,8% der Distrikte, was einen leichten Rückgang gegenüber dem Vergleichszeitraum 2017 bedeutet. 33,9% der Distrikte sind umkämpft und 12,3% befinden sich unter Einfluss oder Kontrolle von Aufständischen. Ca. 63,5% der Bevölkerung leben in Gebieten, die sich unter Regierungskontrolle oder -einfluss befinden; 10,8% in Gegenden unter Einfluss bzw. Kontrolle der Aufständischen und 25,6% leben in umkämpften Gebieten. Die Provinzen mit der höchsten Anzahl an Distrikten unter Kontrolle bzw. Einfluss von Aufständischen sind Kunduz, Uruzgan und Helmand (SIGAR 30.1.2019).

Der ISKP ist weiterhin im Osten des Landes präsent und bekennt sich zu Selbstmordanschlägen und komplexen Angriffen in Nangarhar und zu sechs Angriffen in Kabul-Stadt. Des Weiteren finden in den Provinzen Nangarhar und Kunar weiterhin Kämpfe zwischen ISKP- und Talibankämpfern statt. Die internationalen Streitkräfte führten Luftangriffe gegen den ISKP in den Distrikten Deh Bala, Achin, Khogyani, Nazyan und Chaparhar der Provinz Nangarhar aus (UNGASC 7.12.2018).

Global Incident Map zufolge wurden im Berichtszeitraum (1.1.2018 - 31.12.2018) 4.436

sicherheitsrelevante Vorfälle registriert. Durch die folgende kartografische Darstellung der Staatendokumentation soll die Verteilung des Konflikts landesweit veranschaulicht werden.

(BFA Staatendokumentation 20.02.2019a)

Zivile Opfer

Die United Nations Assistance Mission in Afghanistan (UNAMA) registrierte im Berichtszeitraum (1.1.2018 - 31.12.2018) 10.993 zivile Opfer (3.804 Tote und 7.189 Verletzte), eine allgemeine Steigerung von 5% sowie eine Steigerung der Zahl der Toten um 11% egenüber dem Vorjahreswert. 42% der zivilen Opfer (4.627 Opfer;

1.361 Tote und 3.266 Verletzte) wurden durch IED im Zuge von Anschlägen und Selbstmordanschlägen regierungsfeindlicher Gruppierungen (hauptsächlich ISKP) verursacht. Die Anzahl der Selbstmordanschläge unter Einsatz von IED stieg dabei um 22% und erreichte somit einen Rekordwert. Diese Art von Anschlägen verursachte 26% aller zivilen Opfer, während IED, die bei Nichtselbstmordanschlägen verwendet wurden, 16% der zivilen Opfer forderten. Kabul war mit insgesamt 1.866 Opfern (596 Tote und 1.270 Verletzte) die Provinz mit der höchsten Anzahl an Selbstmordanschlägen durch IED, während die Zahl der Opfer in Nangarhar mit insgesamt 1.815 (681 Tote und 1.134 Verletzte) zum ersten Mal fast die Werte von Kabul erreichte (hauptsächlich wegen des Einsatzes von IED bei Nichtselbstmordanschlägen).

Kabul-Stadt verzeichnete insgesamt 1.686 zivile Opfer (554 Tote und 1.132 Verletzte) wegen komplexen und Selbstmordangriffen (UNAMA 24.2.2019). Zusammenstöße am Boden (hauptsächlich zwischen regierungsfreundlichen und regierungsfeindlichen Gruppierungen) verursachten 31% der zivilen Opfer (insgesamt 3.382; davon 814 Tote und 2.568 Verletzte), was einen Rückgang um 3% im Vergleich mit dem Vorjahreswert bedeutet. Grund dafür war der Versuch regierungsfreundlicher Gruppierungen, die zivile Bevölkerung zu schonen. Die Verlagerung der Kämpfe in dünn besiedelte Gebiete, die Vorwarnung der lokalen Zivilbevölkerung bei Kampfhandlungen und die Implementierung von Strategien zum Schutz der Bevölkerung waren einige der bestimmenden Faktoren für den Rückgang bei zivilen Opfern. Jedoch ist die Opferzahl bei gezielt gegen die Zivilbevölkerung gerichteten komplexen Angriffen und Selbstmordanschlägen regierungsfeindlicher Gruppierungen gestiegen (plus 48% gegenüber 2017; 4.125 Opfer insgesamt, davon 1.404 Tote und 2.721 Verletzte). Sowohl der ISKP als auch die Taliban griffen gezielt Zivilisten an: Der ISKP war für 1.871 zivile Opfer verantwortlich, darunter waren u.a. Mitglieder der schiitischen Gemeinschaft, und die Taliban für 1.751. Obwohl die Gesamtzahl der zivilen Opfer durch gezielte Tötungen von Einzelpersonen (hauptsächlich durch Erschießung) zurückging, blieben Zivilisten inklusive religiöser Führer und Stammesältester weiterhin Ziele regierungsfeindlicher Gruppierungen. Die Gesamtzahl der durch Luftangriffe verursachten zivilen Opfer stieg im Vergleich mit dem Vorjahreswert um 61% und die Zahl der Todesopfer erreichte 82%. 9% aller zivilen Opfer wurden Luftangriffen (mehrheitlich der internationalen Luftwaffe) zugeschrieben, der höchste Wert seit 2009 (UNAMA 24.2.2019).

Regierungsfeindliche Gruppierungen waren im UNAMA-Berichtszeitraum (1.1.2018 - 31.12.2018)

für 6.980 zivile Opfer (2.243 Tote und 4.737 Verletzte) verantwortlich. Das entspricht 63% der gesamten zivilen Opfer. 37% davon werden den Taliban, 20% dem ISKP und 6% unbestimmten regierungsfeindlichen Gruppierungen zugeschrieben. Im Laufe des Jahres 2018 wurden vermehrt Anschläge gegen Bildungseinrichtungen verzeichnet, meist durch Talibankämpfer, da in Schulen Registrierungs- und Wahlzentren untergebracht waren. Der ISKP attackierte und bedrohte Bildungseinrichtungen als Reaktion auf militärische Operationen afghanischer und internationaler Streitkräfte. UNAMA berichtet auch über anhaltende Angriffe auf Gesundheitseinrichtungen, welche Auswirkungen auf einen Großteil der zivilen Bevölkerung haben. Trotzdem die Taliban nach eigenen Angaben Maßnahmen zum Schutz der Zivilbevölkerung ergriffen haben, attackierten diese weiterhin Zivilisten, zivile Einrichtungen und regierungsfreundliche Gruppierungen in Zivilgebieten (UNAMA 24.2.2019).

Ungefähr 24% der zivilen Opfer (2.612, davon 1.185 Tote und 1.427 Verletzte), werden regierungsfreundlichen Gruppierungen zugeschrieben: 14% den afghanischen Sicherheitskräften, 6% den internationalen Streitkräften und 4% unbestimmten regierungsfreundlichen Gruppierungen. Die Steigerung um 4% gegenüber dem Vorjahr geht auf Luftangriffe der internationalen Streitkräfte und Fahndungsaktionen der afghanischen Sicherheitskräfte und regierungsfreundlicher Gruppierungen zurück (UNAMA 24.2.2019).

Die verbleibenden 13% der verzeichneten zivilen Opfer wurden im Kreuzfeuer während Zusammenstößen am Boden (10%), durch Beschuss aus Pakistan (1%) und durch die Explosion von Blindgängern verursacht (UNAMA 24.2.2019).

(UNAMA 24.2.2019)

KI vom 31.1.2019, Friedensgespräche zwischen den USA und den Taliban (relevant für Abschnitt 2/Politische Lage und Abschnitt 3/Sicherheitslage)

Am Samstag dem 26.1.2019 endete die sechstägige Friedensgesprächsrunde in Doha, Katar, zwischen dem U.S.Chefunterhändler Zalmay Khalilzad und den Taliban-Vertretern (DP 28.1.2019; vgl. NYT 28.1.2019, CNN 27.1.2019, Tolonews 28.1.2019). Quellen zufolge wurde ein erster Vertragsentwurf ausgehandelt, wonach sich die Taliban dazu verpflichten würden, ausländische Terrororganisationen von Afghanistan fernzuhalten, und die USA würden im Gegenzug dazu ihren Truppenabzug aus Afghanistan innerhalb von 18 Monaten garantieren. Dieser sei jedoch an weitere Bedingungen gebunden, die noch genau besprochen werden müssen, wie die Ausrufung eines Waffenstillstands zwischen den Taliban und der afghanischen Regierung sowie die Forderung von direkten Gesprächen zwischen diesen beiden Akteuren (NYT 28.1.2019; vgl. DP 28.1.2019, FP 29.1.2019). Inoffiziellen Quellen zufolge wurde bei den Gesprächen u. a. die Schaffung einer Interimsregierung, in der auch die Taliban vertreten sein sollen, angedacht, was jedoch von Khalilzad dementiert wurde (NYT

28.1.2019; vgl. DP 28.1.2019). Die nächste Friedensgesprächsrunde wird voraussichtlich Ende Februar 2019 stattfinden (NYT

28.1.2019; vgl. FP 29.1.2019). Der afghanische Präsident Ashraf Ghani äußerte während einer Fernsehansprache am 28.1.2019 sein Unbehagen bzgl. eines voreiligen Abzugs der U.S.-Truppen aus Afghanistan und erinnerte an die dramatischen Auswirkungen des sowjetischen Abzuges Ende der 1980er Jahre, dem Anarchie und die Ermordung des ehemaligen Präsidenten Mohammad Najibullah folgten (NYT 28.1.2019). Ghani, der die Taliban mehrmals dazu aufgefordert hatte, direkt mit seiner Regierung zu verhandeln, zeigte sich des Weiteren über den Ausschluss der afghanischen Regierung aus den Friedensgesprächen besorgt (NYT 28.1.2019; vgl. DP 28.1.2019, IM 28.1.2019). Während sich einige Quellen hinsichtlich gründlicher Friedensgespräche und eines effizient ausgehandelten Abkommens optimistisch zeigen (Internazionale 30.1.2019; vgl. WP 30.1.2019), fürchten andere, dass ein Abzug der amerikanischen Truppen den Zusammenbruch der afghanischen Regierung wegen der Taliban und vorhersehbarer Machtkämpfe zwischen den verschiedenen lokalen Akteuren zur Folge haben könnte (DP 28.1.2019; vgl. FP 29.1.2019).

Quellen: - sämtliche im Akt, im LIB aufgelistet

KI vom 22.1.2019, Anschlag auf Ausbildungszentrum des National Directorate of Security (NDS) in der Provinz Wardak und weitere (relevant für Abschnitt 2/Politische Lage und Abschnitt 3/Sicherheitslage)

Bei einem Anschlag auf einen Stützpunk des afghanischen Sicherheitsdienstes (NDS, National Directorate of Security) in der zentralen Provinz Wardak (auch Maidan Wardak) kamen am 21.1.2019 zwischen zwölf und 126 NDS-Mitarbeiter ums Leben (TG 21.1.2019; vgl. IM 22.1.2019). Quellen zufolge begann der Angriff am Montagmorgen, als ein Humvee-Fahrzeug der U.S.amerikanischen Streitkräfte in den Militärstützpunkt gefahren und in die Luft gesprengt wurde. Daraufhin eröffneten Angreifer das Feuer und wurden in der Folge von den Sicherheitskräften getötet (TG 21.1.2019; vgl. NYT 21.1.2019). Die Taliban bekannten sich zum Anschlag, der, Quellen zufolge, einer der tödlichsten Angriffe auf den afghanischen Geheimdienst der letzten 17 Jahre war (NYT 21.1.2019; vgl. IM 22.1.2019). Am selben Tag verkündeten die Taliban die Wiederaufnahme der Friedensgespräche mit den U.S.-amerikanischen Vertretern in Doha, Katar (NYT 21.1.2019; vgl. IM 22.1.2019, Tolonews 21.1.2019).

Am Vortag, dem 20.1.2019, war der Konvoi des Provinzgouverneurs der Provinz Logar, Shahpoor Ahmadzai, auf dem Autobahnabschnitt zwischen Kabul und Logar durch eine Autobombe der Taliban angegriffen worden. Die Explosion verfehlte die hochrangigen Beamten, tötete jedoch acht afghanische Sicherheitskräfte und verletzte zehn weitere (AJ 20.1.2019; vgl. IM 22.1.2019).

Des Weiteren detonierte am 14.1.2019 vor dem gesicherten Green Village in Kabul, wo zahlreiche internationale Organisationen und NGOs angesiedelt sind, eine Autobombe (Reuters 15.1.2019). Quellen zufolge starben bei dem Anschlag fünf Menschen und über 100, darunter auch Zivilisten, wurden verletzt (TG 21.1.2019; vgl. Reuters 15.1.2019, RFE/RL 14.1.2019). Auch zu diesem Anschlag bekannten sich die Taliban (TN 15.1.2019; vgl. Reuters 15.1.2019).

KI vom 8.1.2019, Anschlag in Kabul und Verschiebung der Präsidentschaftswahl (relevant für Abschnitt 2/Politische Lage und Abschnitt 3/Sicherheitslage)

Anschlag auf Regierungsgebäude in Kabul

Am 24.12.2018 detonierte vor dem Ministerium für öffentliches Bauwesen im Osten Kabuls (PD 16) eine Autobombe; daraufhin stürmten Angreifer das nahe gelegene Gebäude des Ministeriums für Arbeit, Soziales, Märtyrer und Behinderte und beschossen weitere Regierungseinrichtungen in der Umgebung (ORF 24.12.2018; vgl. ZO 24.12.2018, Tolonews 25.12.2018). Nach einem mehrstündigen Gefecht zwischen den afghanischen Sicherheitskräften und den Angreifern konnten diese besiegt werden. Quellen zufolge kamen ca. 43 Menschen ums Leben (AJ 25.12.2018; vgl. Tolonews 25.12.2018, NYT 24.12.2018). Bisher bekannte sich keine Gruppierung zum Anschlag (Tolonews 25.12.2018; vgl. AJ 25.12.2018).

Problematische Stimmenauszählung nach Parlamentswahlen und Verschiebung der Präsidentschaftswahl

Am 6.12.2018 erklärte die afghanische Wahlbeschwerdekommission (IECC) alle in der Provinz Kabul abgegebenen Stimmen für ungültig (RFE/RL 6.12.2018). Somit wurden die Stimmen von ungefähr einer Million Kabulis annulliert (Telepolis 15.12.2018; vgl. TAZ 6.12.2018). Die Gründe für die Entscheidung der IECC seien mehrere, darunter Korruption, Wahlfälschung und die mangelhafte Durchführung der Wahl durch die Unabhängige Wahlkommission (IEC) (Telepolis 15.12.2018; vgl. RFE/RL 6.12.2018). Die Entscheidung wurde von der IEC als "politisch motiviert" und "illegal" bezeichnet (Tolonews 12.12.2018). Am 8.12.2018 erklärte die IECC dennoch, die Kommission würde ihre Entscheidung revidieren, wenn sich die IEC kooperationswillig zeige (Tolonews 8.12.2018). Einer Quelle zufolge einigten sich am 12.12.2018 die beiden Wahlkommissionen auf eine neue Methode zur Zählung der abgegebenen Stimmen, welche die Transparenz und Glaubhaftigkeit dieser wahren sollte; ca. 10% der Stimmen in Kabul sollen durch diese neue Methode nochmals gezählt werden (Tolonews 12.12.2018). Die Überprüfung der Wahlstimmen in der Provinz Kabul ist weiterhin im Gange (Tolonews 7.1.2019). Dem Gesetz zufolge müssen im Falle der Annullierung der Stimmen innerhalb von einer Woche Neuwahlen stattfinden, was jedoch unrealistisch zu sein scheint (Telepolis 15.12.2018). Bisher hat die IEC die vorläufigen Ergebnisse der Wahl für 32 Provinzen veröffentlicht (IEC o.D.).

Am 30.12.2018 wurde die Verschiebung der Präsidentschaftswahl vom 20.4.2019 auf den 20.7.2019 verkündet. Als Gründe dafür werden u.a. die zahlreichen Probleme während und nach der Parlamentswahlen im Oktober genannt (WP 30.12.2018; vgl. AJ 30.12.2018, Reuters 30.12.2018). Quellen: - sämtliche im Akt, im LIB aufgelistet

KI vom 23.11.2018, Anschläge in Kabul (relevant für Abschnitt 3/Sicherheitslage)

Bei einem Selbstmordanschlag in Kabul-Stadt kamen am 20.11.2018 ca. 55 Menschen ums Leben und ca. 94 weitere wurden verletzt (AJ 21.11.2018; vgl. NYT 20.11.2018, TS 21.11.2018, LE 21.11.2018). Der Anschlag fand in der Hochzeitshalle "Uranus" statt, wo sich Islamgelehrte aus ganz Afghanistan anlässlich des Nationalfeiertages zu Maulid an-Nabi, dem Geburtstag des Propheten Mohammed, versammelt hatten (AJ 21.11.2018; vgl. TS 21.11.2018, TNAE 21.11.2018, IFQ 20.11.2018, Tolonews 20.11.2018). Quellen zufolge befanden sich zum Zeitpunkt der Explosion zwischen 1.000 und 2.000 Personen, darunter hauptsächlich Islamgelehrte und Mitglieder des Ulemarates, aber auch Mitglieder der afghanischen Sufi-Gemeinschaft und andere Zivilisten, in der Hochzeitshalle (AJ 21.11.2018; vgl. LE 21.11.2018, NYT 20.11.2018, DZ 20.11.2018, IFQ 20.11.2018). Gemäß einer Quelle fand die Detonation im ersten Stock der Hochzeitshalle statt, wo sich zahlreiche Geistliche der afghanischen Sufi-Gemeinschaft versammelt hatten. Es ist nicht klar, ob das Ziel des Anschlags das Treffen der sufistischen Gemeinschaft oder das im Erdgeschoss stattfindende Treffen der Ulema und anderer Islamgelehrten war (LE 21.11.2018; vgl. TNAE 21.11.2018). Weder die Taliban noch der Islamische Staat (IS) bekannten sich zum Angriff, der dennoch von den Taliban offiziell verurteilt wurde (LE 21.11.2018; vgl. AJ 21.11.2018, IFQ 20.11.2018).

Am 12.11.2018 kamen bei einem Selbstmordanschlag in Kabul-Stadt ca. sechs Personen ums Leben und 20 weitere wurden verletzt (Tolonews 12.11.2018; vgl. DZ 12.11.2018, ANSA 12.11.2018). Anlass dafür war eine Demonstration in der Nähe des "Pashtunistan Square" im Stadtzentrum, an der hunderte von Besuchern, darunter hauptsächlich Mitglieder und Unterstützer der Hazara-Gemeinschaft, teilnahmen, um gegen die während des Berichtszeitraums anhaltenden Kämpfe in den Provinzen Ghazni und Uruzgan zu demonstrieren (Tolonews 12.11.2018; vgl. DZ 12.11.2018, KP 12.11.2018). Der IS bekannte sich zum Anschlag (DZ 12.11.2018; vgl. AJ 12.11.2018).

Bei einem Selbstmordanschlag in Kabul-Stadt kamen am 31.10.2018 ca. sieben Personen ums Leben und weitere acht wurden verletzt (Dawn 1.11.20181; vgl. 1TV 31.10.2018, Pajhwok 31.10.2018). Unter den Opfern befanden sich auch Zivilisten (Pajhwok 31.10.2018; vgl. 1TV 31.10.2018). Die Explosion fand in der Nähe des Kabuler Gefängnisses Pul-i-Charkhi statt und hatte dessen Mitarbeiter zum Ziel (Dawn 1.11.2018; vgl. 1TV 31.10.2018, Pajhwok 31.10.2018). Der IS bekannte sich zum Anschlag (Dawn 1.11.2018, vgl. 1TV 31.10.2018).

KI vom 29.10.2018, Parlamentswahlen und UNAMA-Update zu zivilen Opfern (relevant für Abschnitt 3/Sicherheitslage und Abschnitt 2/Politische Lage)

Am 20. und am 21.10.2018 fand in Afghanistan die Wahl für das Unterhaus (Wolesi Jirga, Anm.) in 32 der 34 Provinzen statt (AAN 21.10.2018b; vgl. LS 21.10.2018). In der Provinz Ghazni wurde die Parlamentswahl verschoben, voraussichtlich auf den 20.4.2019, wenn u. a. auch die Präsidentschafts- und Distriktwahlen stattfinden sollen (siehe hierzu KI der Staatendokumentation vom 19.10.2018). In der Provinz Kandahar fand die Wahl am 27.10.2018 mit Ausnahme der Distrikte Nesh und Maruf statt (AAN 26.10.2018; vgl. CNN 27.10.2018). Grund für die Verzögerung war die Ermordung u.a. des lokalen Polizeichefs General Abdul Raziq am 18.10.2018 (AJ 19.10.2018; vgl. LS 21.10.2018). Während der Wahl in der Provinz Kandahar wurden keine sicherheitsrelevanten Vorfälle gemeldet (CNN 27.10.2018). Die Wahl, die für den 20.10.2018 geplant war, wurde um einen Tag verlängert, weil die Wähler aus sicherheits- und technischen Gründen in zahlreichen Provinzen nicht wählen konnten:

Lange Wartezeiten vor den Wahllokalen sowie verspätete Öffnungszeiten, Mangel an Wahlunterlagen, Probleme bei der biometrischen Verifizierung der Wähler, sicherheitsrelevante Vorfälle usw. waren die Hauptprobleme während der beiden Wahltage (AAN 20.10.2018; vgl. AAN 21.10.2018a). Von den ca. neun Millionen Afghanen und Afghaninnen, die sich für die Wahl registriert hatten, wählten laut Schätzungen der Independent Election Commission (IEC) zwischen drei und vier Millionen (CNN 27.10.2018; vgl. RN 21.10.2018, AAN 21.10.2018b). In den Städten und Gebieten, die als sicherer gelten, war der Wahlandrang höher als in den ländlichen Gegenden, in denen die Taliban Einfluss ausüben (AAN 20.10.2018; vgl. RN 21.10.2018, AAN 21.10.2018a).

Während der beiden Wahltage fanden Quellen zufolge landesweit ca. 200 sicherheitsrelevante Vorfälle statt und ca. 170 Zivilisten kamen während des ersten Wahltages ums Leben bzw. wurden verwundet: In Kabul wurden 15 Tote, in Baghlan 12, in Nangarhar 11 und in Kunduz 3 Tote verzeichnet. Auch Mitglieder der afghanischen Sicherheitskräfte befanden sich unter den Opfern (vgl. AAN 21.10.2018a, RN 21.10.2018, AFP 20.10.2018).

Die United Nations Assistance Mission in Afghanistan (UNAMA) registrierte zwischen 1.1.2018 und 30.9.2018 im Zusammenhang mit den Parlamentswahlen insgesamt 366 zivile Opfer (126 Tote und 240 Verletzte) (UNAMA 10.10.2018).

Zivile Opfer

Insgesamt wurden im selben Berichtszeitraum 8.050 zivile Opfer (2.798 Tote und 5.252 Verletzte) verzeichnet. Die meisten zivilen Opfer wurden durch Selbstmord- und Nicht-Selbstmord-IED [Improvisierte Spreng- oder Brandvorrichtung/Sprengfallen, Anm.] regierungsfeindlicher Gruppierungen verursacht. Zusammenstöße am Boden, gezielte Tötungen, Luftangriffe und explosive Kampfmittelrückstände waren weitere Ursachen für zivile Opfer (UNAMA 10.10.2018). (UNAMA 10.10.2018)Zivilisten in den Provinzen Nangarhar, Kabul, Helmand, Ghazni und Faryab waren am stärksten betroffen. In Nangarhar wurde bis 30.9.2018 die höchste Zahl an zivilen Opfern (1.494) registriert: davon 554 Tote und 940 Verletzte (UNAMA 10.10.2018).

Regierungsfeindliche Gruppierungen verursachten 65% der zivilen Opfer (5.243): davon 1.743 Tote und 3.500 Verletze. 35% der Opfer wurden den Taliban, 25% dem Islamic State Khorasan Province (ISKP) und 5% unidentifizierten regierungsfeindlichen Gruppierungen zugeschrieben (darunter 1% selbsternannten Mitgliedern des ISKP) (UNAMA 10.10.2018).

Regierungsfreundliche Gruppierungen waren für 1.753 (761 Tote und 992 Verletzte) zivile Opfer verantwortlich: 16% wurden durch die afghanischen, 5% durch die internationalen Sicherheitskräfte und 1% durch regierungsfreundliche bewaffnete Gruppierungen verursacht (UNAMA 10.10.2018).

(UNAMA 10.10.2018)

KI vom 19.10.2018, Aktualisierung: Sicherheitslage in Afghanistan - Q3.2018 (relevant für Abschnitt 3 / Sicherheitslage)

Allgemeine Sicherheitslage und sicherheitsrelevante Vorfälle

Die Sicherheitslage in Afghanistan bleibt volatil (UNGASC 10.9.2018). Am 19.8.2018 kündigte der afghanische Präsident Ashraf Ghani einen dreimonatigen Waffenstillstand mit den Taliban vom 20.8.2018 bis 19.11.2018 an, der von diesen jedoch nicht angenommen wurde (UNGASC 10.9.2018; vgl. Tolonews 19.8.2018, TG 19.8.2018, AJ 19.8.2018). Die Vereinten Nationen (UN) registrierten im Berichtszeitraum (15.5.2018 - 15.8.2018) 5.800 sicherheitsrelevante Vorfälle, was einen Rückgang von 10% gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres bedeutet. Bewaffnete Zusammenstöße gingen um 14% zurück, machten aber weiterhin den Großteil der sicherheitsrelevanten Vorfälle (61%) aus. Selbstmordanschläge nahmen um 38% zu, Luftangriffe durch die afghanische Luftwaffe (AAF) sowie internationale Kräfte stiegen um 46%. Die am stärksten betroffenen Regionen waren der Süden, der Osten und der Süd-Osten, wo insgesamt 67% der Vorfälle stattfanden. Es gibt weiterhin Bedenken bezüglich sich verschlechternder Sicherheitsbedingungen im Norden des Landes:

Eine große Zahl von Kampfhandlungen am Boden wurde in den Provinzen Balkh, Faryab und Jawzjan registriert, und Vorfälle entlang der Ring Road beeinträchtigten die Bewegungsfreiheit zwischen den Hauptstädten der drei Provinzen (UNGASC 10.9.2018).

Zum ersten Mal seit 2016 wurden wieder Provinzhauptstädte von den Taliban angegriffen: Farah-Stadt im Mai, Ghazni-Stadt im August und Sar-e Pul im September (UNGASC 10.9.2018; vgl. Kapitel 1., KI 11.9.2018, SIGAR 30.7.2018, UNGASC 6.6.2018). Bei den Angriffen kam es zu heftigen Kämpfen, aber die afghanischen Sicherheitskräfte konnten u.a. durch Unterstützung der internationalen Kräfte die Oberhand gewinnen (UNGASC 10.9.2018; vgl. UNGASC 6.6.2018, GT 12.9.2018). Auch verübten die Taliban Angriffe in den Provinzen Baghlan, Logar und Zabul (UNGASC 10.9.2018). Im Laufe verschiedener Kampfoperationen wurden sowohl Taliban- als auch ISKP-Kämpfer (ISKP, Islamic State Khorasan Province, Anm.) getötet (SIGAR 30.7.2018).

Sowohl die Aufständischen als auch die afghanischen Sicherheitskräfte verzeichneten hohe Verluste, wobei die Zahl der Opfer auf Seite der ANDSF im August und September 2018 deutlich gestiegen ist (Tolonews 23.9.2018; vgl. NYT 21.9.2018, ANSA 13.8.2018, CBS 14.8.2018). Trotzdem gab es bei der Kontrolle des Territoriums durch Regierung oder Taliban keine signifikante Veränderung (UNGASC 10.9.2018; vgl. UNGASC 6.6.2018). Die Regierung kontrollierte - laut Angaben der Resolute Support (RS) Mission - mit Stand 15.5.2018 56,3% der Distrikte, was einen leichten Rückgang gegenüber dem Vergleichszeitraum 2017 (57%) bedeutet. 30% der Distrikte waren umkämpft und 14% befanden sich unter Einfluss oder Kontrolle von Aufständischen. Ca. 67% der Bevölkerung lebten in Gebieten, die sich unter Regierungskontrolle oder -einfluss befanden, 12% in Gegenden unter Einfluss bzw. Kontrolle der Aufständischen und 23% lebten in umkämpften Gebieten (SIGAR 30.7.2018).

Der Islamische Staat - Provinz Khorasan (ISKP) ist weiterhin in den Provinzen Nangarhar, Kunar und Jawzjan aktiv (USGASC 6.6.2018; vgl. UNGASC 10.9.2018). Auch war die terroristische Gruppierung im August und im September für öffentlichkeitswirksame Angriffe auf die schiitische Glaubensgemeinschaft in Kabul und Paktia verantwortlich (UNGASC 10.9.2018; vgl. KI vom 11.9.2018, KI vom 22.8.2018). Anfang August besiegten die Taliban den in den Distrikten Qush Tepa und Darzab (Provinz Jawzjan) aktiven "selbsternannten" ISKP (dessen Verbindung mit dem ISKP in Nangarhar nicht bewiesen sein soll) und wurden zur dominanten Macht in diesen beiden Distrikten (AAN 4.8.2018; vgl. UNGASC 10.9.2018).

Global Incident Map zufolge wurden im Berichtszeitraum (1.5.2018 - 30.9.2018) 1.969 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert.

Zivile Opfer

Die United Nations Assistance Mission in Afghanistan (UNAMA) registrierte im Berichtszeitraum (1.1.2018 - 30.6.2018) 5.122 zivile Opfer (1.692 Tote und 3.430 Verletzte), ein Rückgang von 3% gegenüber dem Vorjahreswert. 45% der zivilen Opfer wurden durch IED [Improvisierte Spreng- oder Brandvorrichtung/Sprengfallen, aber auch Selbstmordanschläge, Anm.] regierungsfeindlicher Gruppierungen verursacht. Zusammenstöße am Boden, gezielte Tötungen, Luftangriffe und explosive Kampfmittelrückstände waren weitere Ursachen für zivile Opfer. Zivilisten in den Provinzen Kabul, Nangarhar, Faryab, Helmand und Kandahar waren am stärksten betroffen. Wobei die Zahl der durch Zusammenstöße am Boden verursachten zivilen Opfer um 18% und die Zahl der gezielten Tötungen deutlich zurückging. Jedoch ist die Opferzahl bei komplexen und Selbstmordangriffen durch regierungsfeindliche Gruppierungen gestiegen (um 22% verglichen mit 2017), wobei 52% der Opfer dem ISKP, 40% den Taliban und der Rest anderen regierungsfeindlichen Gruppierungen zuzuschreiben ist (UNAMA 15.7.2018).

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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