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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
VwGG §33 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerden des Ing. A in L, vertreten durch Dr. Heimo Hofstätter und Dr. Alexander Isola, Rechtsanwälte in Graz, Marburgerkai 47, 1. gegen den Bescheid des Militärkommandos Steiermark vom 30. Oktober 1997, Zl. ST/70/09/03/12, betreffend Einberufung zum Grundwehrdienst (hg. Zl. 97/11/0377), und 2. gegen den Bescheid des Bundesministers für Landesverteidigung vom 29. Oktober 1997, Zl. 767.717/1-2.7/95, betreffend Befreiung von der Präsenzdienstpflicht (hg. Zl. 97/11/0378),
Spruch
1. den Beschluß gefaßt:
Das Verfahren über die Beschwerde gegen den Bescheid des Militärkommandos Steiermark wird eingestellt.
2. zu Recht erkannt:
Die Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesministers für Landesverteidigung wird als unbegründet abgewiesen.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.840,--, der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in Höhe von S 4.565,--, jeweils binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution, zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid des Militärkommandos Steiermark wurde der am 29. Juli 1970 geborene und im Jahr 1988 für tauglich befundene Beschwerdeführer zur Ableistung des Grundwehrdienstes vom 7. Jänner 1998 an einberufen. In seiner Beschwerde gegen diesen Bescheid begehrt der Beschwerdeführer dessen kostenpflichtige Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verfahrensvorschriften.
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid des Bundesministers für Landesverteidigung wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 23. Jänner 1995 auf Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Präsenzdienstes gemäß § 36a Abs. 1 Z. 2 Wehrgesetz 1990 (WG) abgewiesen. In seiner Beschwerde gegen diesen Bescheid begehrt der Beschwerdeführer dessen kostenpflichtige Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde begehrt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat die beiden Beschwerdesachen wegen ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Beschlußfassung verbunden und über sie erwogen:
Zur Beschwerde Zl. 97/11/0377:
Noch vor Einleitung des Vorverfahrens über die Beschwerde gegen den angefochtenen Einberufungsbefehl wurde dieser mit Bescheid des Militärkommandos Steiermark vom 5. Jänner 1998 gemäß § 68 Abs. 2 AVG von Amts wegen behoben. Da der Beschwerdeführer insoweit klaglosgestellt wurde, war das Verfahren gegen den Einberufungsbefehl gemäß § 33 Abs. 1 VwGG einzustellen.
Dem Beschwerdeführer war insoweit gemäß § 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 und § 56 zweiter Satz VwGG iVm Z. 3 der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994 Aufwandersatz in Höhe von S 11.840,-- zuzusprechen.
Zur Beschwerde Zl. 97/11/0378:
Gemäß § 36a Abs. 1 Z. 2 WG können taugliche Wehrpflichtige auf ihren Antrag von der Verpflichtung zur Leistung des Grundwehrdienstes befreit werden, wenn und solange es besonders rücksichtswürdige wirtschaftliche oder familiäre Interessen erfordern.
Die belangte Behörde bejahte im Hinblick auf die Beteiligung des Beschwerdeführers an der Unternehmensgruppe seines Vaters und dessen krankheitsbedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit von 70 % das Vorliegen wirtschaftlicher und familiärer Interessen des Beschwerdeführers an seiner Befreiung von der Präsenzdienstpflicht. Sie verneinte aber die besondere Rücksichtswürdigkeit dieser Interessen. Das wirtschaftliche Interesse sei wegen Verletzung der Harmonisierungspflicht nicht als besonders rücksichtswürdig anzusehen. Der Beschwerdeführer, dem der Antritt des Grundwehrdienstes zum Zweck der Absolvierung eines Hochschulstudiums bis 15. November 1996 aufgeschoben worden sei, habe sich ohne zwingenden Grund in dieser Zeit an der Unternehmensgruppe seines Vaters beteiligt. Das in der Unterstützungsbedürftigkeit seines erkrankten Vaters begründete familiäre Interesse des Beschwerdeführers sei deshalb nicht besonders rücksichtswürdig, weil nach allgemeiner Lebenserfahrung es seinen Brüdern H und C, die bereits 1986 bzw. 1993 zwecks Unterstützung des Vaters von der Präsenzdienstpflicht befreit worden seien, möglich und zumutbar sei, gemeinsam mit den übrigen Führungskräften das Unternehmen seines Vaters (in G - S Gesellschaft m.b.H.) während der Zeit der präsenzdienstbedingten Abwesenheit des Beschwerdeführers zumindest im unbedingt notwendigen Ausmaß aufrecht zu erhalten. Im übrigen wäre es Sache des Vaters gewesen, durch entsprechende Dispositionen für die Dauer der präsenzdienstbedingten Abwesenheit des Beschwerdeführers vorzusorgen.
Die belangte Behörde hat zu Recht mit der von ihr gegebenen Begründung die besondere Rücksichtswürdigkeit der (sich aus seiner Beteiligung ergebenden) wirtschaftlichen Interessen des Beschwerdeführers an seiner Befreiung von der Präsenzdienstpflicht verneint. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. u.a. das Erkenntnis vom 4. Juni 1991, Zl. 90/11/0231, mwN) sind wirtschaftliche Interessen eines Wehrpflichtigen dann nicht besonders rücksichtswürdig im Sinne des Gesetzes, wenn der Wehrpflichtige seine wirtschaftlichen Dispositionen ohne Rücksicht auf die ihn treffende Wehrpflicht vorgenommen hat. Dies trifft unter anderem für Wehrpflichtige zu, die, ohne dazu aus besonderen Umständen gezwungen zu sein, während einer Befreiung oder eines Aufschubes neue Tatsachen geschaffen haben und in der Folge versuchen, unter Bezugnahme darauf einen Befreiungsgrund geltend zu machen. Der Beschwerdeführer behauptet zwar, seine Beteiligung an der Unternehmensgruppe sei wegen der schweren Erkrankung seines Vaters (im Jahr 1992) notwendig geworden. Dieses Vorbringen ist aber - was die hier in Rede stehende, sein wirtschaftliches Interesse im Sinne des Gesetzes begründende Beteiligung als Gesellschafter anlangt - insofern nicht schlüssig, als die Erkrankung des Vaters zwar den Abbruch des Universitätsstudiums und die Übernahme der Funktion eines Geschäftsführers zwecks Unterstützung seines Vaters bei der Führung des Unternehmens in Gabersdorf zu erklären vermag, nicht jedoch die Notwendigkeit der Beteiligung des Beschwerdeführers als Gesellschafter. Das in der Berufung vorgetragene Argument, jede Gesellschaft m.b.H erfordere zwei volljährige Gesellschafter, vermag schon mit Rücksicht auf die zwei volljährigen, als Geschäftsführer anderer Unternehmungen des Vaters tätigen Brüder des Beschwerdeführers die Notwendigkeit seiner Beteiligung als Gesellschafter nicht zu begründen.
Im übrigen ist ein in seiner Beteiligung als Gesellschafter begründetes besonders rücksichtswürdiges wirtschaftliches Interesse des Beschwerdeführers auch deshalb nicht ersichtlich, weil nach den Ermittlungsergebnissen (siehe deren Wiedergabe auf Seite 5f des angefochtenen Bescheides) an der S Gesellschaft m.b.H, als deren Geschäftsführer der Beschwerdeführer neben seinem Vater fungiert, nur sein Vater und sein Bruder H, nicht jedoch er selbst beteiligt ist. In der Sch Gesellschaft m.b.H., an welcher der Beschwerdeführer tatsächlich als Gesellschafter beteiligt ist, ist er nicht als Geschäftsführer tätig. Von einer seine Befreiung erfordernden Unabkömmlichkeit von dieser Unternehmung kann daher keine Rede sein.
Was das familiäre Interesse des Beschwerdeführers an seiner Befreiung von der Präsenzdienstpflicht anlangt, so ist die belangte Behörde in Anbetracht der durch eine schwere Erkrankung hervorgerufenen gesundheitlichen Beeinträchtigung seines Vaters (mit der Folge einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 70 %) und dessen dadurch bedingtes Angewiesensein auf die Unterstützung durch den Beschwerdeführer zu Recht vom Vorliegen eines familiären Interesses im Sinne des Gesetzes ausgegangen. Unter diesem Aspekt bedeutet es, wie die Beschwerde zutreffend ausführt, keine Verletzung der Harmonisierungspflicht, daß der Beschwerdeführer während des ihm gewährten Aufschubes aus Anlaß der schweren Erkrankung seines Vaters im Jahr 1992 zu dessen Entlastung die Funktion eines Geschäftsführers der S Gesellschaft m.b.H. in G übernahm. Allerdings hat die belangte Behörde zutreffend darauf hingewiesen, daß den Vater als den auf die Unterstützung durch den Beschwerdeführer angewiesenen Familienangehörigen eine Verpflichtung dahin traf, durch geeignete Dispositionen für die Vertretung des Beschwerdeführers in dessen Funktion als Geschäftsführer vorzusorgen und ihm damit letztlich die Ableistung des Präsenzdienstes zu ermöglichen (vgl. zu dieser Harmonisierungspflicht von Angehörigen eines Wehrpflichtigen das hg. Erkenntnis vom 1. Dezember 1992, Zl. 92/11/0113, mwN). Dazu, ob und welche Dispositionen überhaupt ins Auge gefaßt bzw. tatsächlich getroffen wurden, hat der Beschwerdeführer im Verfahren nichts vorgebracht und enthält auch die Beschwerde kein Vorbringen. Die Verneinung der besonderen Rücksichtswürdigkeit des familiären Interesses des Beschwerdeführers ist daher nicht als rechtswidrig zu erkennen.
Bei der dargelegten Rechtslage ist es ohne Belang, daß der Vater des Beschwerdeführers am 9. Oktober 1997 in den Ruhestand getreten ist und seither dem Unternehmen nicht mehr zur Verfügung steht (offenbar gemeint als zweiter Geschäftsführer neben dem Beschwerdeführer). Denn es lag weiterhin auch am Vater des Beschwerdeführers als Gesellschafter, durch entsprechende Dispositionen für die erforderliche Vertretung des Beschwerdeführers während der Zeit der Ableistung des Präsenzdienstes vorzusorgen.
Die Verfahrensrüge betreffend Nichtbeiziehung eines Sachverständigen für Betriebswirtschaft zur Klärung der Frage, ob die im Unternehmen in G verbleibenden Führungskräfte ausreichen würden, dieses Unternehmen wenigstens gleichwertig weiterzuführen, ist schon deshalb nicht begründet, weil die belangte Behörde nicht von der Möglichkeit der Weiterführung dieses Unternehmens durch die dort verbleibenden Führungskräfte allein, sondern von der Möglichkeit der Weiterführung durch die beiden Brüder des Beschwerdeführers gemeinsam mit den besagten verbleibenden Führungskräften ausgegangen ist.
Die Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesministers für Landesverteidigung war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Kostenzuspruch an die belangte Behörde stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 10. November 1998
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1997110377.X00Im RIS seit
20.11.2000