TE Bvwg Erkenntnis 2019/6/28 W165 2192312-1

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Veröffentlicht am 28.06.2019
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Entscheidungsdatum

28.06.2019

Norm

AsylG 2005 §5
BFA-VG §21 Abs5
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §61

Spruch

W165 2192312-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ilse LESNIAK als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Russische Föderation, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.03.2018, Zl. 17-1174581103/171310331, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 5 AsylG 2005 und § 61 FPG als

unbegründet abgewiesen.

Gemäß § 21 Abs. 5 erster Satz BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) idgF wird festgestellt, dass die Anordnung zur Außerlandesbringung zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides rechtmäßig war.

B) Die ordentliche Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht

zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Die Beschwerdeführerin (im Folgenden: BF), eine Staatsangehörige der Russische Föderation, reiste auf dem Luftweg in das Bundesgebiet ein und stellte am 22.11.2017 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.

Zur Person der BF liegt keine EURODAC-Treffermeldung vor.

Laut Abgleichsbericht zur VIS-Abfrage wurde der BF von der finnischen Vertretungsbehörde in St. Petersburg (Russland) ein finnisches Schengen-Visum der Kategorie "C" für den Gültigkeitszeitraum 13.07.2017 bis 12.01.2018 ausgestellt.

In ihrer polizeilichen Erstbefragung am 22.11.2017 gab die BF an, an keinerlei Krankheiten oder gesundheitlichen Beschwerden zu leiden, die sie an ihrer Einvernahme hindern würden. In Österreich habe sie keine Familienangehörigen. Sie habe ihren Wohnort am 19.11.2017 verlassen und sei per Flugzeug nach Moskau gereist. Am 20.11.2017 sei sie per Flugzeug von Moskau nach Prag gereist. Sie habe einen russischen Reisepass mit einem finnischen Schengenvisum für Touristen. Über Tschechien könne sie keine Angaben machen, da sie lediglich auf der Durchreise gewesen sei. Sie habe in keinem anderen Staat um Asyl angesucht. Ihr sei vom finnischen Konsulat in St. Petersburg ein finnisches Schengenvisum, gültig für 90 Tage für den Gültigkeitszeitraum 13.07.2017 bis 12.01.2018 ausgestellt worden. Nunmehr wolle sie in Österreich bleiben.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) richtete am 27.11.2017 ein auf Art. 12 Abs. 2 oder Abs. 3 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (im Folgenden: Dublin III-VO) gestütztes Aufnahmeersuchen an Finnland.

Mit Schreiben vom 27.11.2017 stimmte die finnische Dublin-Behörde dem Aufnahmeersuchen auf der Grundlage des Art. 12 Abs. 2 Dublin III-VO ausdrücklich zu.

Am 17.01.2018 erfolgte eine Einvernahme der BF vor dem BFA. Hierbei gab die BF hinsichtlich ihres Gesundheitszustandes an, dass sie sich gut fühle. In Österreich habe sie weder Eltern noch Kinder. Hingewiesen auf die aufgrund der erfolgten Zustimmung Finnlands angenommene Zuständigkeit dieses Mitgliedstaates, führte die BF aus, dass die Staaten Finnland und Russland befreundet seien, da Finnland das einzige Land sei, das die Russische Föderation als sicheres Land einstufe. Russen würden für Finnland kein Visum brauchen. Bei ihrer Ankunft in Finnland würde sie von den finnischen Behörden an den Sicherheitsdienst ausgeliefert werden. "Sie führe bereits seit zwei Jahren mit der russischen Behörde Krieg". Diese wisse, dass sie im Besitz eines finnischen Visums sei. Sie habe Angst, einfach zu verschwinden. Sie habe noch nirgendwo um Asyl angesucht. Die russischen Behörden würden nicht wissen, dass sie sich in Österreich befinde. Die finnische Behörde kontrolliere nicht einmal russische Pässe. Sie würde rasch gefunden werden. In Finnland habe sie noch keine Einvernahme gehabt. Sie habe lediglich ein Visum beantragt. In Finnland sei ihr keine Entscheidung mitgeteilt worden. Sie sei in Russland bedroht worden, dass sie gesprengt werde. Deshalb habe sie das Visum besorgt. Nach Aufklärung über die Möglichkeit der Abgabe einer Stellungnahme zu den Länderfeststellungen zu Finnland, brachte die BF vor, dass Finnland Russland als sicheres Land ansehe und daher politische Flüchtlinge an Russland ausliefern würde.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 12.03.2018 wurde der Antrag der BF auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Finnland für die Prüfung des Antrages gemäß Art. 12 Abs. 2 Dublin III-VO zuständig sei (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde gegen die BF gemäß § 61 Abs. 1 FPG die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge deren Abschiebung nach Finnland gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei (Spruchpunkt II.).

Die Sachverhaltsfeststellungen zur Lage in Finnland wurden im angefochtenen Bescheid im Wesentlichen folgendermaßen zusammengefasst (ungekürzt):

1. Neueste Ereignisse - Integrierte Kurzinformationen

Keine aktuellen Kurzinformationen vorhanden.

2. Allgemeines zum Asylverfahren

In Finnland existiert ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit gerichtlicher Beschwerdemöglichkeit (FIS 1.9.2016; vgl. FIS o.D.a; für ausführliche Informationen siehe dieselben Quellen).

Quellen:

-

FIS - Finnish Immigration Service (1.9.2016): Information for Asylum Seekers,

http://www.migri.fi/download/16435_tietoa_tphakijalle_eng.pdf?ae9d9864c35bd488, Zugriff 7.3.2017

-

FIS - Finnish Immigration Service (o.D.a): Asylum in Finland, http://www.migri.fi/asylum_in_finland, Zugriff 7.3.2017

3. Dublin-Rückkehrer

Personen, die im Rahmen des Dublin-Regimes nach Finnland zurückkehren, haben vollen Zugang zu Asylverfahren und Unterbringung. Ihre Verfahren werden, je nach Ausgangslage, entweder begonnen oder fortgesetzt. Die Verfahren werden im ordentlichen Verfahren abgewickelt und inhaltlich geprüft, außer der Antrag ist unzulässig nach Art. 33.2 b und c der Asylverfahrensrichtlinie. Auch ein Asylfolgeantrag ist möglich (FIS 10.2.2017).

Finnland macht bei der Bereitstellung von Versorgungsleistungen keinen Unterschied zwischen verschiedenen Verfahrensarten. Alle Antragsteller erhalten dieselbe Versorgung (EASO 2.2016).

Quellen:

-

EASO - European Asylum Support Office (2.2016): Quality Matrix

Report: Reception conditions, per E-Mail

-

FIS - Finnish Immigration Service (10.2.2017): Anfragebeantwortung des FIS, per E-Mail

4. Unbegleitete minderjährige Asylwerber (UMA) / Vulnerable

Unbegleiteten Minderjährigen wird von einem Bezirksgericht ein Vertreter bestellt, der ihre Interessen in Finnland vertritt und sicherstellt, dass sie angemessen behandelt werden. Er hilft in allen offiziellen Belangen und vertritt den Minderjährigen gegebenenfalls im Asylverfahren und ist auch beim Asylinterview anwesend. Anträge von UMA und Familien mit Kindern werden vordringlich bearbeitet (FIS 1.9.2016; vgl. FIS o.D.b; FIS o.D.c). Auch ernste Erkrankung, Schwangerschaft, oder andere Formen der Vulnerabilität sind Gründe für eine schnellere Bearbeitung von Anträgen (FIS o.D.e).

Das Alter von unbegleiteten Minderjährigen wird primär über Dokumente und Register sowie durch Anhörung des Antragstellers ermittelt. Wenn offenkundige Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Angaben bestehen, kann eine medizinische Altersfeststellung vorgenommen werden, für die die Zustimmung des Betroffenen notwendig ist. Wird diese Zustimmung ohne plausible Gründe verweigert, wird er als Erwachsener behandelt. Diese Weigerung genügt aber nicht als Begründung für eine negative Entscheidung im Asylverfahren. Die medizinische Altersfeststellung wird üblicherweise mittels klinischer Untersuchung, Zahn- und Schlüsselbeinröntgen vorgenommen (FIS o.D.b).

Unbegleitete Minderjährige unter 16 Jahren werden in Gruppenunterkünften untergebracht, jene zwischen 16 und 17 Jahren in betreuten Wohneinrichtungen. Die Ausbildung des Personals in den Gruppenunterkünften entspricht jener des Personals in finnischen Betreuungseinrichtungen für Kinder. Grundsätzlich können UM auch in jeder anderen Einrichtung für Minderjährige untergebracht werden. Wenn UMA 18 Jahre alt werden, kommen sie in normale Unterbringungszentren. UM mit einem Aufenthaltstitel kommen in Familiengruppenunterkünfte. Die Minderjährigen erhalten soziale und medizinische Betreuung, Verpflegung, finanzielle Unterstützung, Rechtshilfe, Übersetzerdienste und sie werden gemäß ihres Alters und Bildungsstandes eingeschult (FIS o.D.c).

Das monatliche Taschengeld für UMA liegt seit 1.1.2017 bei EUR 26,92 für unter 16-jährige bzw. EUR 48,44 für 16- bis 17-jährige. Gegebenenfalls können letztere sogar die Unterbringungszulage für einen allein lebenden Erwachsenen erhalten (FIS o.D.d).

Es gibt laut Homepage des finnischen Migrationsdienstes momentan 43 Unterbringungseinrichtungen für minderjährige Asylwerber. Eine Liste ist unter der angegebenen Quelle abrufbar (FIS 6.2.2017a).

Haft von UM unter 15 Jahren ist verboten. Haft von UM zwischen 15 und 17 Jahren ist zur Sicherung der Ausreise für 72 Stunden erlaubt (verlängerbar um 72 Stunden). Haft von Familien mit Kindern ist unbegrenzt erlaubt. Es gibt Berichte über Familien mit Kindern, die monatelang in Haft waren, ebenso über Vulnerable, die zur Sicherung der Ausreise inhaftiert wurden (AI 15.12.2016; vgl. RAC 17.10.2016).

Die Unterbringungszentren Joutseno und Oulu verbessern im Rahmen eines EU-Projektes ihre Kompetenzen zur Unterbringung Vulnerabler, speziell alleinstehender Frauen mit Kindern. Die Empfangszentren in Finnland arbeiten bereits an Maßnahmen zur Verbesserung der Unterstützung für unbegleitete Frauen und ihre Kinder, aber ihre Leistungsfähigkeit variiert. Im Rahmen des Projektes werden verschiedene Maßnahmen getroffen, darunter die Verbesserung der Sicherheit, Zusammenarbeit mit Frauenorganisationen, Schulung des Personals in den Grundsätzen und Methoden der psychologischen Ersten Hilfe, usw. Das Projekt läuft bis Ende 2017 (FIS 20.5.2016).

Familien werden zusammen untergebracht. Für Personen mit besonderen medizinischen und psychologischen Bedürfnissen sind spezielle Unterbringungsstrukturen vorhanden. Sie haben Zugang zu spezifischer medizinischer und psychologischer Betreuung (EASO 2.2016).

Derzeit wird die Rehabilitation von Folteropfern hauptsächlich von zwei Rehabilitationszentren in Helsinki und Oulu geleistet, darunter psychiatrische Betreuung, Psychotherapie und Physiotherapie). Sie betreuen etwa 200 Patienten jährlich. Die Finanzierung der Dienstleistungen dieser Zentren geht jedoch immer nur über ein Jahr und muss jedes Mal neu beantragt werden. Darüber hinaus werden Rehabilitationsleistungen von der Psychiatrischen Poliklinik für Flüchtlinge der Stadt Tampere bereitgestellt. (RAC 17.10.2016; vgl. AI 2016; CoT 18.10.2016).

Quellen:

-

AI - Amnesty International (15.12.2016): Finland: Insufficient protection of human rights. Amnesty International submission for the UN Universal Periodic Review, 27th session of the UPR Working Group, May 2017 [EUR 20/5354/2016],

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1482130459_eur2053542016english.pdf, Zugriff 8.3.2017

-

AI - Amnesty International (2016): Finland. Submission to the United Nations Committee against Torture; 59th Session, 7 November - 7 December 2016,

http://www.ecoi.net/file_upload/1930_1483606171_int-cat-css-fin-25606-e.pdf, Zugriff 8.3.2017

-

CoT - City of Tampere (18.10.2016): Health services for immigrants,

http://www.tampere.fi/en/social-and-health-services/health-services/health-centres/immigrants.html, Zugtiff 8.3.2017

-

EASO - European Asylum Support Office (2.2016): Quality Matrix Report: Reception conditions, per E-Mail

-

FIS - Finnish Immigration Service (1.9.2016): Information for Asylum Seekers,

http://www.migri.fi/download/16435_tietoa_tphakijalle_eng.pdf?ae9d9864c35bd488, Zugriff 7.3.2017

-

FIS - Finnish Immigration Service (o.D.b): Unaccompanied minors who arrive in Finland and age assessment, http://www.migri.fi/asylum_in_finland/applying_for_asylum/unaccompanied_minors_who_arrive_in_finland_and_age_assessment, Zugriff 7.3.2017

-

FIS - Finnish Immigration Service (o.D.c): Unaccompanied Minors, http://www.migri.fi/asylum_in_finland/reception_activities/reception_services/children_without_a_guardian, Zugriff 7.3.2017

-

FIS - Finnish Immigration Service (o.D.d): The reception allowance,

http://www.migri.fi/asylum_in_finland/reception_activities/the_reception_allowance, Zugriff 7.3.2017

-

FIS - Finnish Immigration Service (o.D.e): Processing times, http://www.migri.fi/asylum_in_finland/applying_for_asylum/processing_the_application/processing_times, Zugriff 7.3.2017

-

FIS - Finnish Immigration Service (6.2.2017a): Contact Information. Units for Minor Asylum Seekers, http://www.migri.fi/download/71642_Alaikaisyksikoiden_yhteystietoja_englanniksi_5.1.2017.pdf?dee36065c35bd488, Zugriff 7.3.2017

-

FIS - Finnish Immigration Service (20.5.2016): Press releases. Support for vulnerable asylum seekers, http://www.migri.fi/for_the_media/bulletins/press_releases/press_releases/1/0/support_for_vulnerable_asylum_seekers_67639, Zugriff 7.3.2017

-

RAC - Refugee Advice Center (17.10.2016): To the Committee against Torture; Written contribution on Finland to the CAT; 59th session, 7 november - 7 december 2016,

http://www.ecoi.net/file_upload/1930_1483606854_int-cat-css-fin-25766-e.pdf, Zugriff 8.3.2017

5. Non-Refoulement

Wenn ein Asylwerber sich nicht für internationalen Schutz qualifiziert, kann er eine Aufenthaltserlaubnis auf Grundlage des subsidiären Schutzes erhalten. Vor dem 16. Mai 2016 konnte Finnland auch humanitären Schutz gewähren, wenn die Voraussetzungen für den Asyl- oder subsidiären Schutz nicht erfüllt waren. Seit dem 16. Mai 2016 existiert diese Art von internationalem Schutz aufgrund einer Änderung des Ausländergesetzes nicht mehr (FIS o.D.a).

Die Abschaffung des humanitären Schutzes ist für das Anti-Folterkomitee der UN ein Grund zur Sorge, dass damit der Refoulement-Schutz geschwächt worden sein könnte (UNCAT 20.1.2017; vgl. RAC 17.10.2016).

Quellen:

-

FIS - Finnish Immigration Service (o.D.a): Asylum in Finland, http://www.migri.fi/asylum_in_finland, Zugriff 7.3.2017

-

RAC - Refugee Advice Center (17.10.2016): To the Committee against Torture; Written contribution on Finland to the CAT; 59th session, 7 november - 7 december 2016,

http://www.ecoi.net/file_upload/1930_1483606854_int-cat-css-fin-25766-e.pdf, Zugriff 8.3.2017

-

UNCAT - United Nations Committee Against Torture (20.1.2017):

Concluding observations on the seventh periodic report of Finland [CAT/C/FIN/CO/7],

http://www.ecoi.net/file_upload/1930_1485421971_g1701032.pdf, Zugriff 8.3.2017

6. Versorgung

Asylwerber, die sich nicht selbst versorgen können, können in einem Unterbringungszentrum untergebracht werden (FIS 1.9.2016)

Die Unterbringungszentren verteilen sich auf ganz Finnland. Es handelt sich um offene Einrichtungen. Das dortige Personal kümmert sich um die Bedürfnisse der dort untergebrachten Asylwerber, dazu gehören: Unterbringung, finanzielle Unterstützung, medizinische Versorgung (inklusive Gesundheitscheck), Übersetzerdienste, Rechtshilfe im Verfahren und allgemeine Beratung. Nur unter bestimmten Voraussetzungen ist die temporäre geschlossene Unterbringung vorgesehen. (FIS o.D.g).

Bedürftige AW erhalten eine Unterbringungszulage zur Befriedigung grundlegender Bedürfnisse, die vom Zentrum ausbezahlt wird (FIS o. D.f). Ihre Höhe richtet sich nach dem Familienstand und danach, ob im jeweiligen Unterbringungszentrum Mahlzeiten angeboten werden oder selbst gekocht werden muss:

Bild kann nicht dargestellt werden

(FIS o.D.d)

Die Abteilung für Unterbringung des FIS ist verantwortlich für das operative Management, die Planung und die Überwachung der Unterbringungszentren und der Haftzentren in Metsälä und Joutseno (FIS o.D.h; vgl. RAC 17.10.2016). Die Unterbringungszentren werden von den Gemeinden bzw. von Institutionen organisiert, mit denen die Abteilung für Unterbringung entsprechende Vereinbarungen getroffen hat (NGOs). Zusätzlich betreibt der finnische Staat selbst die beiden Empfangszentren in Oulu und Joutseno (FIS o.D.h). Die Gesamtkapazität der Unterbringungseinrichtungen in Finnland liegt bei ca. 30.000 Plätzen (EASO 2.2016).

Es gibt laut Homepage des finnischen Migrationsdienstes momentan 61 Unterbringungseinrichtungen für Asylwerber. Eine Liste ist unter der angegebenen Quelle abrufbar (FIS 6.2.2017b).

Endet das Asylverfahren negativ, muss der Betreffende das Land in der Regel binnen 30 Tagen verlassen. Tut er das in dieser Frist nicht freiwillig, wird die Polizei die Ausreise erzwingen (FIS o. D.m; vgl. FIS 1.9.2016). Kann die Polizei die Ausreise nicht erzwingen, während dem Fremde die freiwillige Ausreise sehr wohl möglich wäre, endet nach den 30 Tagen das Recht auf Versorgung (FIS o. D.n).

Asylwerber haben in Finnland Zugang zu notwendiger medizinischer Behandlung (EASO 2.2016).

MedCOI bearbeitet grundsätzlich keine medizinischen Anfragen zu EU-Mitgliedsstaaten, da die medizinischen Mitarbeiter von MedCOI (Ärzte) davon ausgehen, dass medizinische Behandlungsmöglichkeiten in der EU generell in ausreichendem Maße verfügbar sind. Ausnahmen von dieser Regel sind nur in sehr spezifischen Einzelfällen möglich (MedCOI 14.12.2016).

Quellen:

-

EASO - European Asylum Support Office (2.2016): Quality Matrix

Report: Reception conditions, per E-Mail

-

FIS - Finnish Immigration Service (o.D.d): The reception allowance,

http://www.migri.fi/asylum_in_finland/reception_activities/the_reception_allowance, Zugriff 7.3.2017

-

FIS - Finnish Immigration Service (o.D.f): Reception services for asylum seekers,

http://www.migri.fi/asylum_in_finland/reception_activities/reception_services, Zugriff 7.3.2017

-

FIS - Finnish Immigration Service (o.D.g): The reception centres are located across Finland,

http://www.migri.fi/asylum_in_finland/reception_activities/reception_centers, Zugriff 7.3.2017

-

FIS - Finnish Immigration Service (o.D.h): Roles and responsibilities in the organisation of reception activities in Finland,

http://www.migri.fi/asylum_in_finland/reception_activities/roles_and_responsibilities, Zugriff 7.3.2017

-

FIS - Finnish Immigration Service (6.2.2017b): Contact Information for Reception Centers,

http://www.migri.fi/download/71643_Vastaanottokeskusten_yhteystietoja_5.11.2017_englanniksi.pdf?96873961c35bd488, Zugriff 7.3.2017

-

FIS - Finnish Immigration Service (o.D.m): Refusal of Entry, http://www.migri.fi/asylum_in_finland/applying_for_asylum/decision/refusal_of_entry, Zugriff 7.3.2017

-

FIS - Finnish Immigration Service (o.D.n): Termination of reception services,

http://www.migri.fi/asylum_in_finland/reception_activities/reception_services/termination_of_reception%20services, Zugriff 7.3.2017

-

FIS - Finnish Immigration Service (1.9.2016): Information for Asylum Seekers,

http://www.migri.fi/download/16435_tietoa_tphakijalle_eng.pdf?ae9d9864c35bd488, Zugriff 7.3.2017

-

MedCOI - Medical Country of Origin Information (14.12.2016):

Auskunft MedCOI, per E-Mail

-

RAC - Refugee Advice Center (17.10.2016): To the Committee against Torture; Written contribution on Finland to the CAT; 59th session, 7 november - 7 december 2016,

http://www.ecoi.net/file_upload/1930_1483606854_int-cat-css-fin-25766-e.pdf, Zugriff 8.3.2017

7. Schutzberechtigte

Wenn das Asylverfahren mit Zuerkennung von internationalem oder subsidiärem Schutz endet, erhält der Betreffende eine Aufenthaltsberechtigung und zieht vom Unterbringungszentrum in eine eigene Wohnung in einer finnischen Gemeinde. Es kann lange Zeit dauern, bis eine solche gefunden ist. Das Personal des Zentrums hilft bei den relevanten Arrangements. Integrationsmaßnahmen von offizieller Seite werden dann in der Gemeinde gesetzt (FIS o.D.k; vgl. FIS 1.9.2016).

Im Zuge des Jahres 2016 umgesetzte Verschärfungen beim Familiennachzug für Inhaber eines Schutzstatus werden von nichtstaatlicher Seite kritisiert (AI 22.2.2017).

Quellen:

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AI - Amnesty International (22.2.2017): Amnesty International Report 2016/17 - The State of the World's Human Rights - Finland, https://www.ecoi.net/local_link/336481/479135_de.html, Zugriff 8.3.2017

-

FIS - Finnish Immigration Service (1.9.2016): Information for Asylum Seekers,

http://www.migri.fi/download/16435_tietoa_tphakijalle_eng.pdf?ae9d9864c35bd488, Zugriff 7.3.2017

-

FIS - Finnish Immigration Service (o.D.k): Moving to a municipality after obtaining a residence permit, http://www.migri.fi/asylum_in_finland/reception_activities/reception_services/moving_to_a_municipality, Zugriff 7.3.2017

Beweiswürdigend wurde im Bescheid festgehalten, dass die Identität der BF aufgrund ihres vorgelegten Reisepasses feststehe. Die BF leide an keinen schweren, lebensbedrohlichen Krankheiten. Aufgrund der angeführten Angaben stehe fest, dass die BF im Besitz eines Visums für Finnland gewesen sei. Sie habe in Österreich keine Angehörigen oder sonstigen Verwandten, zu denen ein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis bzw. eine besonders enge Beziehung bestünde. Es könne nicht festgestellt werden, dass eine besondere Integrationsverfestigung der BF in Österreich bestehe. Eine Überstellung nach Finnland würde keine Verletzung des Art. 8 EMRK bedeuten. Den Angaben der BF könne nicht entnommen werden, dass diese konkret Gefahr liefe, in Finnland Folter oder unmenschlicher Behandlung oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen zu werden. Ein im besonderen Maße substantiiertes, glaubhaftes Vorbringen betreffend das Vorliegen besonderer, bescheinigter außergewöhnlicher Umstände, die die Gefahr einer relevanten Verletzung des Art. 4 GRC bzw. Art. 3 EMRK im Falle einer Überstellung nach Finnland ernstlich für möglich erscheinen lassen würde, sei im Verfahren nicht erstattet worden. Die Regelvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG 2005 treffe zu und habe sich kein zwingender Anlass für die Ausübung des Selbsteintrittsrechts des Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO ergeben.

Der Bescheid wurde der BF am 13.03.2018 durch persönliche Ausfolgung zugestellt.

Am 10.04.2018 brachte die BF fristgerecht die vorliegende Beschwerde ein. Darin wird im Wesentlichen vorgebracht, dass die Dublin III-VO eine individuelle Prüfung jedes Falles verlange. Eine derartige Einzelfallprüfung sei von der belangten Behörde im gegenständlichen Fall nicht durchgeführt worden. Aufgrund des absoluten Charakters von Art. 3 EMRK iVm Art. 4 GRC hätte die belangte Behörde die Gefahr einer drohenden unmenschlichen Behandlung der BF prüfen müssen. Die von der belangten Behörde herangezogenen Länderfeststellungen würden sich im Wesentlichen auf die Darstellung der rechtlichen Vorgaben und organisatorischen Strukturen beschränken, ohne in ausreichenden Maß auf die tatsächliche aktuelle Situation von Asylwerbern in Finnland Rücksicht zu nehmen. Darüber hinaus könne von einer Ausgewogenheit der Quellen nicht gesprochen werden, da beinahe keine Kritik am finnischen Asylsystem und der Aufnahmesituation für Flüchtlinge geübt werde. Die angeführten Berichte seien somit nicht geeignet, die tatsächliche Situation für Asylsuchende in Finnland zu beschreiben und würden auch nicht den verfahrensrechtlichen Anforderungen genügen, "ausreichende auf den Einzelfall bezogene Ermittlungen" anzustellen, wodurch das Ermittlungsverfahren mit groben Mängeln behaftet worden sei. Im konkreten Fall habe die Behörde nicht ausreichend ermittelt und in weiterer Folge das Prinzip der Offizialmaxime gemäß § 39 Abs. 2 und 3 AVG, wonach die Behörde den entscheidungsrelevanten Sachverhalt von Amts wegen festzustellen habe, verletzt. Die belangte Behörde berücksichtige nicht das konkrete Vorbringen der BF, die bereits geschildert habe, dass sie in Finnland leicht ausfindig gemacht werden könnte. Da den russischen Behörden bekannt sei, dass die BF über ein finnisches Visum verfüge, sei sie erhöhter Gefahr ausgesetzt. Über den Aufenthalt der BF in Österreich würden die Verfolger nicht Bescheid wissen und die BF befinde sich deshalb in Sicherheit. Es müsse mit hoher Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass die BF in Finnland aufgefunden und verfolgt würde und ihr Leben im Falle einer Abschiebung nach Finnland in Gefahr sei. Das Ermittlungsverfahren sowie auch das Beweiswürdigungsverfahren seien mit groben Mängeln belastet.

Am 24.05.2018 wurde die BF auf dem Luftweg in den zuständigen Dublin-Mitgliedstaat überstellt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Identität der BF steht aufgrund ihres vorgelegten Reisepasses fest.

Die BF, eine volljährige russische Staatsangehörige, reiste aus ihrem Herkunftsstaat auf dem Luftweg nach Tschechien in das Gebiet der Mitgliedstaaten ein und begab sich in weiterer Folge in das österreichische Bundesgebiet, wo diese am 22.11.2017 einen Antrag auf internationalen Schutz stellte.

Der BF wurde von der finnischen Vertretungsbehörde in St. Petersburg (Russland) ein von 13.07.2017 bis 12.01.2018 gültiges Schengen-Visum der Kategorie "C" ausgestellt.

Das BFA richtete am 27.11.2017 ein auf Art. 12 Abs. 2 oder 3 Dublin III-VO gestütztes Aufnahmeersuchen an Finnland, welchem die finnische Dublin-Behörde mit Schreiben vom 27.11.2017 gemäß Art. 12 Abs. 2 Dublin III-VO ausdrücklich zustimmte.

Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich den oben wiedergegebenen Feststellungen des angefochtenen Bescheides zur Allgemeinsituation im Mitgliedstaat Finnland an.

Konkrete, in der Person der BF gelegene Gründe, welche für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung im zuständigen Mitgliedstaat sprechen würden, liegen nicht vor.

Die BF leidet an keiner akut lebensbedrohenden Erkrankung. Die BF hat keinerlei gesundheitliche Beschwerden vorgebracht.

Im österreichischen Bundesgebiet bestehen keine privaten, familiären oder beruflichen Bindungen.

Am 24.05.2018 wurde die BF auf dem Luftweg in den zuständigen Dublin-Mitgliedstaat überstellt.

2. Beweiswürdigung:

Die festgestellten Tatsachen hinsichtlich der Einreise der BF in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten und zu deren Reiseroute ergeben sich aus den Angaben der BF im Rahmen ihrer Einvernahmen.

Die Feststellung der Ausstellung eines finnischen-Schengenvisums für den Zeitraum 13.07.2017 bis 12.01.2018 ergibt sich aus einem Abgleichsbericht zur VIS-Abfrage sowie aus der ausdrücklichen Zustimmungserklärung der finnischen Dublin-Behörde zur Aufnahme der BF gemäß Art. 12 Abs. 2 Dublin III-VO.

Die Feststellung bezüglich des Aufnahmeersuchens seitens des BFA und der ausdrücklichen Annahme des Aufnahmegesuchs durch die finnische Dublin-Behörde beruht auf dem - im Verwaltungsakt dokumentierten - durchgeführten Konsultationsverfahren.

Die Gesamtsituation des Asylwesens im zuständigen Mitgliedstaat resultiert aus den umfangreichen und durch aktuelle Quellen belegten Länderfeststellungen des angefochtenen Bescheides, welche auf alle entscheidungsrelevanten Fragen eingehen. Eine die BF konkret treffende Bedrohungssituation in Finnland wurde nicht ausreichend substantiiert vorgebracht.

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand der BF ergeben sich aus dem eigenen Vorbringen im Zusammenhalt mit der Aktenlage. Diesbezüglich wurde kein Vorbringen erstattet, welches geeignet wäre, den Schutzbereich des Art. 3 EMRK zu tangieren.

Die festgestellten persönlichen Verhältnisse der BF ergeben sich aus den eigenen Angaben und der damit im Einklang stehenden Aktenlage.

Die Feststellung der am 24.05.2018 erfolgten Überstellung ergibt sich aus dem diesbezüglichen Bericht der LPD Niederösterreich vom 24.05.2018.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das VwGVG idgF geregelt (§ 1). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, unberührt.

Nach § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG idgF bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und im FPG bleiben unberührt. In Asylverfahren tritt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl an die Stelle des Bundesasylamtes (vgl. § 75 Abs. 18 AsylG 2005 idF BGBl I 144/2013).

§ 16 Abs. 6 und § 18 Abs. 7 BFA-VG bestimmen für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, dass §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden sind.

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

Die maßgeblichen Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005) idgF lauten:

§ 5 (1) Ein nicht gemäß §§ 4 oder 4a erledigter Antrag auf internationalen Schutz ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Eine Zurückweisung des Antrages hat zu unterbleiben, wenn im Rahmen einer Prüfung des § 9 Abs. 2 BFA-VG festgestellt wird, dass eine mit der Zurückweisung verbundene Anordnung zur Außerlandesbringung zu einer Verletzung von Art. 8 EMRK führen würde.

(2) Gemäß Abs. 1 ist auch vorzugehen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung dafür zuständig ist zu prüfen, welcher Staat zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist.

(3) Sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesamt oder beim Bundesverwaltungsgericht offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, ist davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.

§ 10 (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn

1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,

3. ...

und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird.

§ 9 Abs. 1 und 2 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) idgF lautet:

§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine

Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

§ 21 Abs. 5 BFA-VG idgF lautet:

§ 21 (5) Wird gegen eine aufenthaltsbeendende Maßnahme Beschwerde

beim Bundesverwaltungsgericht erhoben und hält sich der Fremde zum Zeitpunkt der Erlassung der Beschwerdeentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet auf, so hat das Bundesverwaltungsgericht festzustellen, ob die aufenthaltsbeendende Maßnahme zum Zeitpunkt der Erlassung rechtmäßig war. War die aufenthaltsbeendende Maßnahme nicht rechtmäßig, ist die Wiedereinreise unter einem zu gestatten.

§ 61 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idgF lautet:

§ 61 (1) Das Bundesamt hat gegen einen Drittstaatsangehörigen eine

Außerlandesbringung anzuordnen, wenn

1. dessen Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 zurückgewiesen wird oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG oder

2. ...

(2) Eine Anordnung zur Außerlandesbringung hat zur Folge, dass eine Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in den Zielstaat zulässig ist. Die Anordnung bleibt binnen 18 Monaten ab Ausreise des Drittstaatsangehörigen aufrecht.

(3) Wenn die Durchführung der Anordnung zur Außerlandesbringung aus Gründen, die in der Person des Drittstaatsangehörigen liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, ist die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben.

(4) Die Anordnung zur Außerlandesbringung tritt außer Kraft, wenn das Asylverfahren gemäß § 28 AsylG 2005 zugelassen wird.

Die maßgeblichen Bestimmungen der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin III-Verordnung) lauten:

Art. 3

Verfahren zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz

(1) Die Mitgliedstaaten prüfen jeden Antrag auf internationalen Schutz, den ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einschließlich an der Grenze oder in den Transitzonen stellt. Der Antrag wird von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird.

(2) Lässt sich anhand der Kriterien dieser Verordnung der zuständige Mitgliedstaat nicht bestimmen, so ist der erste Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, für dessen Prüfung zuständig.

Erweist es sich als unmöglich, einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen, da es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU-Grundrechtecharta mit sich bringen, so setzt der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat, die Prüfung der in Kapitel III vorgesehenen Kriterien fort, um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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