TE Bvwg Erkenntnis 2019/6/28 G307 2217343-4

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Veröffentlicht am 28.06.2019
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Entscheidungsdatum

28.06.2019

Norm

AVG §57 Abs1
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §76 Abs2 Z2

Spruch

G307 2217343-4/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Markus MAYRHOLD in dem von Amts wegen eingeleiteten Verfahren zur Überprüfung der Anhaltung in Schubhaft des XXXX (auch XXXX) XXXX, geboren am XXXX, Staatsangehörigkeit: Indien, BFA-Zahl XXXX zu Recht erkannt:

A) Es wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt dieser Entscheidung die

für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang und Feststellungen:

Der BF stellte am 26.05.2015 einen Antrag auf Gewährung internationalen Schutzes. Die gegen den sodann ergangenen, asylabweisenden Bescheid des BFA erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts (BVwG) als unbegründet abgewiesen. Diese Entscheidung erwuchs am 22.10.2018 in Rechtskraft.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) vom 20.12.2018 wurde gegen den betroffenen Fremden (im Folgenden: BF) gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung angeordnet.

Am 18.04.2019 erfolgte gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG die erste Prüfung der Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes (BVwG) vom 18.04.2019, Zahl XXXX, wurde die Rechtmäßigkeit der Anhaltung bestätigt und als verhältnismäßig erachtet. Die zweite Überprüfung fand am 14.05.2019 statt und wurde festgestellt, dass die weitere Anhaltung erforderlich und auch verhältnismäßig ist. Die dritte Überprüfung erfolgte am 05.06.2019 und wurde auch hier die weitere Anhaltung des BF für zulässig erachtet.

Am 11.06.2019 erteilte die indische Botschaft eine Zustimmung zur Rückübernahme des BF.

Die Vorlage im Rahmen der vierten Überprüfung erfolgte am 24.06.2019. In deren Zuge wurde mitgeteilt, dass der BF am 26.06.2019 auf dem Luftweg nach Indien abgeschoben werden soll. Dieser Termin wurde in der Folge auf den 01.07.2019, 21:00 Uhr verschoben.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Feststellungen:

Der Beschwerdeführer (BF) ist Staatsangerhöriger Indiens und besitzt nicht die österreichische Staatsbürgerschaft. Er ist daher Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 1 FPG.

Der BF ist gesund, bedarf keiner medizinischen Versorgung und ist haftfähig.

Festgestellt wird, dass der BF seit 20.12.2018 durchgängig in Schubhaft angehalten wird, dass er haftfähig ist und keine Umstände hervorgekommen sind, die eine Änderung des entscheidungswesentlichen Sachverhalts indizieren oder Zweifel an der Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung des BF in Schubhaft erwecken. Festgestellt wird, dass vor dem BVwG bereits am 18.04.2019 die erste, am 14.05.2019 die zweite und am 05.06.2019 die dritte Überprüfung der Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG stattgefunden hat.

Festgestellt wird, dass die Behörde das Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikats rechtzeitig und mit Nachdrücklichkeit geführt und nunmehr auf eine Zusage zum HRZ hat und die Abschiebung am 01.07.2019 stattfindet.

Aufgrund des bisher gezeigten Verhalten des BF ist davon auszugehen, dass bei diesem nach wie vor eine hohe Fluchtgefahr besteht und diese, weil der BF bereits über die bevorstehende Abschiebung nachweislich informiert wurde, noch erheblich angestiegen ist, ist die gesetzlichen Voraussetzungen für die Weiterführung der Schubhaft zum Zeitpunkt der gegenständlichen Entscheidung nach wie vor gegeben, sie ist auch verhältnismäßig und dringend erforderlich.

Der BF verfügt über keinerlei berufliche, familiäre oder sonstige soziale Bindungen in Österreich, hat keinen Wohnsitz, ist in keiner Weise selbsterhaltungsfähig und brachte bis dato immer wieder vor, nicht freiwillig nach Indien zurückkehren zu wollen. Das gegen den BF geführte Asylverfahren ist rechtskräftig negativ zum Nachteil des BF abgeschlossen.

2. Beweiswürdigung:

Die getroffenen Feststellungen ergeben sich aus den vorgelegten Verwaltungsakten der Behörde, dem Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichts und dem Inhalt der Vorakten.

Ein Sicherungsbedarf zur Durchführung einer Rückführung in den Herkunftsstaat ist im Hinblick auf die bereits erfolgte Ausstellung eines (Ersatz)-Reisedokuments für die Rückführung und damit einhergehende Fluchtgefahr für den Fall der Freilassung jedenfalls gegeben. Der BF hat sich durch sein bisheriges persönliches Gesamtverhalten insgesamt als nicht vertrauenswürdig und unkooperativ erwiesen, was sich insbesondere aus der fehlenden Bereitschaft zur freiwilligen Rückkehr nach negativem Abschluss des Asylverfahrens gezeigt hat. Es ist festzuhalten, dass der BF bislang weder ein authentisches Dokument zum Nachweis seiner wahren Identität und Staatsangehörigkeit vorgelegt noch sonst an einer raschen Feststellung seiner Identität und Staatsangehörigkeit mitgewirkt hat.

Dass der BF freiwillig nach Indien zurückkehren wolle, wie gegenüber dem Bundesamt in der dortigen Einvernahme dargetan - ist nicht glaubwürdig, behauptete er in der letzten Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) am 05.06.2019 das Gegenteil.

Es ist auch wahrscheinlich, dass eine Rückführung durch Untertauchen vereitelt oder erschwert werden würde.

Aufgrund des bisherigen Verhaltens des BF steht fest, dass der BF nicht in den Herkunftsstaat zurückkehren möchte, bzw. nicht gewillt ist, sich Rechtsordnungen entsprechend zu verhalten. Sein bisheriges Verhalten und seine Lebensweise lassen keine Zweifel daran, dass der BF in Österreich nicht integriert ist und dass er seine Freilassung nur dazu nützen wird, unterzutauchen.

Die Behörde ist zutreffend von hoher Fluchtgefahr und akutem Sicherungsbedarf hinsichtlich des BF ausgegangen, was die Verhängung der Schubhaft und das Absehen eines gelinderen Mittels rechtfertigte. Die Schubhaft ist im Hinblick auf sein bisheriges Verhalten und unter Berücksichtigung aller Umstände auch verhältnismäßig.

3. Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt A) - Fortsetzung der Schubhaft:

3.1. Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakte so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakte gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

Gemäß § 76 FPG können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Die Schubhaft darf nur dann angeordnet werden, wenn 1. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme, zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder der Abschiebung notwendig ist und sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder 2. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen. Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder im Sinne des Art. 2 lit. n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird.

Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei ist das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig. Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann. Die Verhängung der Schubhaft darf stets nur ultima ratio sein.

Die Behörde hat im Sinne der angewendeten gesetzlichen Bestimmungen zu Recht die Schubhaft wegen Fluchtgefahr angeordnet, weil aus dem vergangenen Verhalten des BF mit Sicherheit geschlossen werden kann, dass er seine Abschiebung mit allen Mitteln zu verhindern oder jedenfalls zu behindern beabsichtigt. Die Behörde ist im Hinblick auf das bisherige Verhalten des BF von einer unzureichenden Verankerung im Bundesgebiet, einer hohen Fluchtgefahr und akutem Sicherungsbedarf ausgegangen. Der BF hat keine berücksichtigungswürdigen Umstände dargetan, wonach die Schonung seiner Freiheit das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung überwöge, die Schubhaft ist unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände auch verhältnismäßig. Das Verhalten des BF in der Vergangenheit schließt auch die Anordnung gelinderer Mittel aus. Es besteht nicht nur ein grundsätzliches öffentliches Interesse am effizienten Vollzug des Fremdenrechts, sondern besteht auch ein erhebliches öffentliches Interesse, Fremde nach abgeschlossenem negativen Asylverfahren, die sich ohne Rechtsgrundlage in Österreich aufhalten, außer Landes zu bringen. In diesem Sinne hat die Behörde sichergestellt, dass das Abschiebeverfahren zeitnah und zweckmäßig durchgeführt wird. Der BF wird am 01.07.2019 auf dem Luftweg nach Indien abgeschoben.

Die getroffenen Feststellungen und ihre rechtliche Würdigung lassen im Hinblick auf ihre Aktualität und ihres Zukunftsbezuges keine, die Frage der Rechtmäßigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft ändernde Umstände erkennen. Es war daher spruchgemäß festzustellen, dass zum Zeitpunkt dieser Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

3.2. Entfall einer mündlichen Verhandlung

Da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint und die Anberaumung einer Verhandlung auch nicht beantragt wurde, konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFAVG iVm 24 Abs. 4 VwGVG eine mündliche Verhandlung unterbleiben. Abgesehen davon wäre die Durchführung der ursprünglich am 01.07.2019 angesetzten Verhandlung aufgrund der zu geringen Zeitspanne zum Abflug nicht (mehr) möglich gewesen.

Zu Spruchpunkt B) - Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem BVwG hervorgekommen.

Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund der einschlägigen Erkenntnisse des VwGH vom 19.02.2015, Zl. Ro 2013/21/0075, vom 23.04.2015, Zl. Ro 2014/21/0077, und vom 19.05.2015, Zl. Ro 2014/21/0071, sowie auch der die Schubhaft betreffenden Erkenntnisse des VfGH vom 12.03.2015, G 151/2014 ua., und E 4/2014.

Schlagworte

Fluchtgefahr, Interessenabwägung, öffentliche Ordnung, Schubhaft,
Sicherungsbedarf, Verhältnismäßigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:G307.2217343.4.00

Zuletzt aktualisiert am

02.10.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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