Entscheidungsdatum
11.07.2019Norm
AsylG 2005 §3 Abs1Spruch
W176 2219135-2/3Z
TEILERKENNTNIS:
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. NEWALD als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , StA. Iran, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 26.03.2019, Zl. 1102024103-1600700840, in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom 19.06.2019, Zl. 1102024103-1600700840, zu Recht erkannt:
A)
Der Beschwerde gegen Spruchpunkt IX. des angefochtenen Bescheides wird Folge gegeben und dieser Spruchpunkt ersatzlos behoben. Gemäß § 18 Abs. 5 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG), wird der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 (B-VG), nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang und Sachverhalt
1. Der Beschwerdeführer, ein iranischer Staatsangehöriger turkmenischer Volksgruppenzugehörigkeit, brachte am 10.01.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz ein.
2. Mit (rechtskräftig gewordenem) Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 24.11.2016, Zl. XXXX , wurde der Beschwerdeführer wegen des Verbrechens der Vergewaltigung gemäß § 201 Abs. 1 Strafgesetzbuch, BGBl. Nr. 60/1975 (StGB), zu einer (unbedingten) Freiheitsstrafe in der Dauer von 24 Monaten verurteilt.
3. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: belangte Behörde) wies den Antrag des Beschwerdeführers nach Durchführung von zwei Einvernahme mit Bescheid vom 26.03.2019 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten in Spruchpunkt I. gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 und § 6 Abs. 1 Z 2 und Abs. 2 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG 2005), sowie bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Iran in Spruchpunkt II. gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 leg.cit. ab. Weiters erteilte es dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel besonderer Schutz gemäß § 57 leg.cit. (Spruchpunkt III.), erließ in Spruchpunkt IV. gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 leg.cit. iVm § 9 BFA-VG ihm gegenüber eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG), und stellte gemäß § 52 Abs. 9 leg.cit. fest, dass seine Abschiebung in den Iran gemäß § 46 leg.cit. zulässig sei (Spruchpunkt V.). Zudem erließ die belangte Behörde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 53 Abs. 1 und Abs. 3 Z1 FPG ein auf die Dauer von 10 Jahren befristetes Aufenthaltsverbot (Spruchpunkt VI.) und stellte fest, dass er ab dem 29.08.2016 sein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet verloren habe (Spruchpunkt VII.) Schließlich wurde dem Beschwerdeführer eine Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 1a FPG nicht gewährt (Spruchpunkt VIII.) und einer Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid gemäß § 18 Abs. 1 Z 2 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt IX.).
4. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer das Rechtsmittel der Beschwerde und beantragte darin, dieser die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
5. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 19.06.2019 wies die belangte Behörde die Beschwerde gemäß § 14 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. Nr. 33/2013 (VwGVG), als unbegründet ab, wobei es im Spruch die Spruchpunkte des angefochtenen Bescheides abermals wiedergab.
6. In der Folge brachte der Beschwerdeführer fristgerecht einen Vorlageantrag ein, woraufhin die belangte Behörde mit einem am 09.07.2019 eingelangten Schreiben den Vorlageantrag, die Beschwerde sowie den Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorlegte.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG entscheiden die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.
Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz, BGBl. I Nr. 10/2013 (BVwGG), entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da weder im BFA-VG noch im AsylG 2005 eine Senatsentscheidung vorgesehen ist, liegt in der vorliegenden Rechtssache Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG geregelt (§ 1 leg.cit.). Nach § 58 Abs. 2 leg.cit. bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der BAO, BGBl. 194/1961, des AgrVG, BGBl. 173/1950, und des DVG, BGBl. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Nach § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 leg.cit. erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
2. Zu Spruchpunkt A):
2.1. Gemäß § 18 Abs. 1 BFA-VG, kann das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einer Beschwerde gegen eine abweisende Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz die aufschiebende Wirkung aberkennen, wenn
1. der Asylwerber aus einem sicheren Herkunftsstaat (§ 19) stammt,
2. schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Asylwerber eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung darstellt,
3. der Asylwerber das Bundesamt über seine wahre Identität, seine Staatsangehörigkeit oder die Echtheit seiner Dokumente trotz Belehrung über die Folgen zu täuschen versucht hat,
4. der Asylwerber Verfolgungsgründe nicht vorgebracht hat,
5. das Vorbringen des Asylwerbers zu seiner Bedrohungssituation offensichtlich nicht den Tatsachen entspricht,
6. gegen den Asylwerber vor Stellung des Antrags auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung, eine durchsetzbare Ausweisung oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot erlassen worden ist, oder
7. der Asylwerber sich weigert, trotz Verpflichtung seine Fingerabdrücke abnehmen zu lassen.
Hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die aufschiebende Wirkung aberkannt, gilt dies als Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde gegen eine mit der abweisenden Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz verbundenen Rückkehrentscheidung.
Gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen.
Ein Ablauf der Frist nach Abs. 5 steht der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht entgegen (§ 18 Abs. 6 BFA-VG).
2.2. Der Gesetzgeber novellierte § 18 BFA-VG zuletzt mit BGBl. I Nr. 145/2017 entsprechend der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, die zum Regelungsregime der aufschiebenden Wirkung in Asylrechtssachen gemäß dieser Bestimmung (in der vorangehenden Fassung) erging: In seinem Erkenntnis vom 20.09.2017, Ra 2017/19/0284, mwN, hielt der Verwaltungsgerichtshof fest, dass das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 18 Abs. 5 erster Satz BFA-VG der Beschwerde die aufschiebende Wirkung unter den dort genannten Voraussetzungen zuzuerkennen habe. Ein gesonderter Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung sei in § 18 Abs. 5 BFA-VG nicht vorgesehen. Im Rahmen des § 18 BFA-VG könne sich ein Beschwerdeführer in seiner Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht gegen den Ausspruch des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl über die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 18 Abs. 1 BFA-VG wenden. § 18 Abs. 5 BFA-VG sei - als lex specialis zu § 13 Abs. 5 VwGVG - nur so zu lesen, dass das Bundesverwaltungsgericht über eine Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 18 Abs. 1 BFA-VG (bzw. gegen einen derartigen trennbaren Spruchteil eines Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl) gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde zu entscheiden habe. Neben diesem Rechtsschutz im Beschwerdeverfahren sei ein eigenes Provisorialverfahren betreffend eine Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 18 Abs. 5 BFA-VG allerdings gesetzlich nicht vorgesehen und es könne dem Gesetzgeber auch nicht unterstellt werden, er habe im Hinblick auf die Frage der aufschiebenden Wirkung einen doppelgleisigen Rechtsschutz schaffen wollen. Ein (zusätzlicher) Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 18 Abs. 5 BFA-VG sei somit unzulässig. Eine Entscheidung über den die aufschiebende Wirkung aberkennenden Spruchpunkt des angefochtenen Bescheides habe in Form eines (Teil-)Erkenntnisses zu erfolgen (vgl. auch VwGH 19.06.2017, Fr 2017/19/0023; 13.09.2016, Fr 2016/01/0014).
2.3.1. Der Beschwerdeführer stellte in seiner Beschwerde u.a. den Antrag, dieser die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Aus seinen Ausführungen und dem Aufbau des Beschwerdeschriftsatzes geht aber klar hervor, dass es sich dabei nicht bloß um einen gesonderten Antrag handelt, der nach der dargestellten Rechtsprechungslinie des Verwaltungsgerichtshofes zurückzuweisen wäre. Vielmehr wendet sich der Beschwerdeführer gegen sämtliche Spruchpunkte des angefochtenen Bescheides wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung sowie der Verletzung von Verfahrensvorschriften. Dabei führt er begründend u.a. aus, ihm drohe in Hinblick auf seine Konversion zum Christentum im Iran Verfolgung wegen Apostasie. Damit bekämpft der Beschwerdeführer auch den die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung verfügenden Spruchpunkt IX. des angefochtenen Bescheides unter Hinweis auf eine ihm im Iran drohende Verletzung seiner Rechte nach Art. 3 EMRK im Falle seiner Überstellung. Mit dem vorliegenden Teilerkenntnis wird über die Beschwerde gegen diesen Spruchpunkt abgesprochen.
2.3.2. Mit dem dargelegten Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer Umstände auf, die vorderhand geeignet sind, ein maßgebliches Risiko einer Verletzung seiner Rechte nach Art. 3 EMRK im Falle seiner Überstellung in den Iran zu indizieren. Ob eine entsprechende reale Gefahr vorliegt, wird erst durch eine Überprüfung der Glaubhaftigkeit der Aussagen des Beschwerdeführers unter Berücksichtigung der Herkunftsländerinformation nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu beurteilen sein. In diesem Sinne hat der Beschwerde gegen den Bescheid der belangten Behörde die aufschiebende Wirkung zuzukommen.
2.3.3. Der die aufschiebende Wirkung der Beschwerde aberkennende Spruchpunkt IX. des angefochtenen Bescheides ist aus diesem Grund mittels vorliegendem Teilerkenntnis ersatzlos zu beheben und der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG, BGBl. I Nr. 87/2012 idF BGBl. I Nr. 56/2018, vom Bundesverwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Soweit sich die Beschwerde gegen die übrigen Spruchpunkte des angefochtenen Bescheides richtet, wird darüber nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung entschieden werden.
2.4. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte zur Beurteilung der Frage der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG entfallen.
3. Zu Spruchpunkt B):
3.1. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
3.2. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
aufschiebende Wirkung, aufschiebende Wirkung - Entfall, Behebung derEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W176.2219135.2.00Zuletzt aktualisiert am
08.10.2019