Entscheidungsdatum
15.07.2019Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
W260 2165752-1/17E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Markus BELFIN als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , Staatsangehörigkeit Afghanistan, vertreten durch ARGE Rechtsberatung, Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Steiermark, Außenstelle Graz, vom 07.07.2017, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. XXXX (im Folgenden "Beschwerdeführer") reiste illegal ins Bundesgebiet ein und hat am 22.01.2016 verfahrensgegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz gestellt.
2. Bei der Erstbefragung am 23.01.2016 vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab der Beschwerdeführer im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Farsi an, am 01.03.1999 in Maidan Wardak, Afghanistan, geboren zu sein. Er sei Hazara, schiitischer Moslem, hätte neun Klassen Grundschule und weiterführende Schulen besucht und sei Schneider gewesen. Zu seinen Fluchtgründen befragt gab er an, in Afghanistan sei es für ihn unsicher, da überall Krieg sei und sich die Regierung nicht um die Situation kümmere.
3. Dem vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden "belangte Behörde") in Auftrag gegebenen Sachverständigengutachten über die Volljährigkeitsbeurteilung vom 27.09.2016 ist zu entnehmen, dass das errechnete "fiktive" Geburtsdatum der XXXX sei.
4. Dieses Gutachten wurde dem Beschwerdeführer mit Verfahrensanordnung der belangten Behörde vom 05.10.2016 zur Kenntnis gebracht.
Der Beschwerdeführer erstattete keine Stellungnahme.
5. Am 01.06.2017 erfolgte die niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde im Beisein einer Dolmetscherin für die Sprache Dari. Der Beschwerdeführer legte Integrationsunterlagen vor und bestätigte zusammengefasst, wie in der Erstbefragung ausgeführt, seine Religions- und Volksgruppenzugehörigkeit, seine Schulbildung und Herkunftsprovinz. Die letzten dreieinhalb Jahre habe er in Kabul gelebt, wo er zur Schule gegangen sei und gearbeitet habe. Er gab an, dass er gesund sei. Die Eltern, drei Schwestern und zwei Brüder leben in Afghanistan. Drei weitere Brüder leben im Iran.
Zu seinen Fluchtgründen befragt gab der Beschwerdeführer zusammengefasst an, er hätte zur "Hälfte" einen LKW besessen. Die andere Hälfte hätte dem Sohn des Onkels seines Vaters gehört. Dieser hätte den LKW gelenkt. Mit dem LKW hätten sie einen Container transportiert und seien von den Taliban aufgehalten und fotografiert worden. Einen Container zu transportieren bedeute, dass man für die Amerikaner etwas transportiere. Die Taliban hätten sie verwarnt, dass sie nie wieder einen Container transportieren sollen und der Beschwerdeführer und sein Partner hätten weiterfahren können. Sie hätten die Warnung aber nicht ernst genommen und wieder einen Container von Kabul nach Bamyan transportiert. Dabei seien sie wieder den Taliban begegnet, hätten aber nicht angehalten. Der Fahrer hätte den Beschwerdeführer aussteigen lassen und sei allein weitergefahren. Der Beschwerdeführer sei mit zwei anderen LKW's, die mit ihnen unterwegs gewesen seien und Holz transportiert haben, weitergefahren. Sie seien am stark beschädigten, brennenden LKW des Beschwerdeführers vorbeigekommen und hätten gesehen, dass der Fahrer tot sei. Aus Angst seien sie einfach weitergefahren. Die Familie seines Geschäftspartners hätte dessen Leichnam von den Taliban abgeholt. Die Taliban hätten gesagt, dass sie den Beschwerdeführer auch töten werden. Nach seiner Ankunft in Kabul hätte er begonnen bei einem Freund in der Textilwerkstatt zu arbeiten, um Geld für die Flucht zu erarbeiten. Nach ungefähr eineinhalb Monaten sei er ausgereist.
Der Beschwerdeführer gab weiters an, dass das Leben in seinem Herkunftsgebiet nicht sicher sei, weil die Kuchtschi sie überfallen und die Tiere und die Ernte wegnehmen würden. Außerdem sei er Hazara und Schiite und die Taliban würden Hazara und Schiiten umbringen.
6. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 07.07.2017 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) und bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Gemäß § 57 AsylG 2005 wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt und gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung erlassen und wurde festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt III.). Weiters wurde ausgesprochen, dass die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt IV.).
Zu den Gründen für das Verlassen des Herkunftsstaates bzw. zu der Situation im Falle der Rückkehr führte die belangte Behörde aus, dass die vom Beschwerdeführer geschilderten Fluchtgründe nicht geeignet seien, eine aktuell und individuell den Beschwerdeführer betreffende Verfolgungsgefahr glaubhaft zu machen. Der Beschwerdeführer sei jung, gesund und arbeitsfähig. Unter Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers sei zusammengefasst davon auszugehen, dass er im Falle einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat in keine aussichtslose Lage gedrängt werde, die eine solche Rückkehr unzumutbar erscheinen lasse; seine Grundversorgung sei gewährleistet.
7. Der Beschwerdeführer erstattete namens seiner bevollmächtigten Rechtsberatung fristgerecht Beschwerde, wiederholte im Wesentlichen sein bisheriges Vorbringen und führte aus, entgegen der Ansicht der belangten Behörde hätte der Beschwerdeführer in Afghanistan sehr wohl aktuelle und individuelle Bedrohung durch die Taliban zu befürchten. Da der Transport von Containern für die Taliban bedeute, dass Waren für die Amerikaner transportiert werden, drohe dem Beschwerdeführer im Fall der Rückkehr Verfolgung durch die Taliban aufgrund seiner ihm unterstellten oppositionellen feindlichen Gesinnung. Der afghanische Staat sei nicht fähig und willens dem Beschwerdeführer Schutz vor der genannten Verfolgung zu bieten. Die belangte Behörde sei ihrer Ermittlungspflicht nicht ordnungsgemäß nachgekommen. Die Länderfeststellungen seien mangelhaft. Der Beschwerdeführer zitierte Länderberichte zu Personen, die Risikoprofilen entsprechen, zu Angehörigen der Volksgruppe der Hazara, Berichte zur Sicherheitslage in Kabul, zur Situation von Rückkehrern und machte geltend, der Beschwerdeführer wäre bei einer Rückkehr der realen Gefahr einer Verletzung seiner Rechte nach Art. 2 und 3 EMRK ausgesetzt. Weiters wurde bemängelt, die belangte Behörde hätte unrichtige Feststellungen getroffen und die Beweiswürdigung sei mangelhaft.
8. Mit Schreiben der belangten Behörde vom 25.07.2017 wurde der Bezug habende Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht zur Vorlage gebracht und langte dieser am 27.07.2017 ebendort ein.
9. Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 04.10.2017 wurde eine mündliche Verhandlung für den 30.11.2017 anberaumt.
10. Aus dem vom Bundesverwaltungsgericht am 27.11.2017 eingeholten Auszug aus dem Strafregister des Beschwerdeführers ist ersichtlich, dass keine Verurteilungen aufscheinen.
11. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 30.11.2017 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch. Der Beschwerdeführer wurde im Beisein seines rechtsfreundlichen Vertreters und einer Dolmetscherin für die Sprache Dari zu seinen Fluchtgründen und zu seiner Situation in Österreich befragt. Die Niederschrift wurde der entschuldigt ferngebliebenen belangten Behörde übermittelt.
Der Beschwerdeführer legte Integrationsunterlagen vor, die als Beilage ./I zum Akt genommen wurden.
Das Bundesverwaltungsgericht legte im Rahmen der Verhandlung die aktuellen Länderinformationen zu Afghanistan, genauer das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 25.09.2017, welches dem Beschwerdeführer bereits übermittelt wurde, das Gutachten Mag. Karl Mahringer zu GZ: BVwG-160.000/0001-Kammer A/2017, das Gutachten Mag. Karl Mahringer, Aktualisierung des Gutachtens vom 5.3.2017, den Auszug aus UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des Internationalen Schutzbedarfes Afghanischer Asylsuchender, Schreiben vom 04.05.2016 und die gutachterliche Stellungnahme des Ländersachverständigen Dr. RASULY vom 17.02.2016 im zur Zl. W119 2012211-1 protokollierten Verfahren zur Situation der Hazara in Afghanistan, vor und räumte den Parteien des Verfahrens die Möglichkeit ein, hierzu innerhalb einer Frist von drei Wochen eine schriftliche Stellungnahme abzugeben.
12. In seiner Stellungnahme vom 21.12.2017 nahm der Beschwerdeführer insbesondere Bezug zum Gutachten von Mag. Mahringer und kritisierte die offensichtliche Mangelhaftigkeit und Unüberprüfbarkeit des Gutachtens. Eine Rückkehrmöglichkeit nach Kabul sei nicht gegeben, da die Versorgungslage dort sei angespannt sei. Der Beschwerdeführer zitierte diverse Länderberichte (u.a. von Stahlmann) und führte aus, dass aus diesen eine allgemein extrem schwierige Lage von Rückkehrern nach Afghanistan hervorgehe, die die Zumutbarkeit einer internen Fluchtalternative in den afghanischen Großstädten beinahe generell infrage stellen.
13. Mit Schreiben vom 28.02.2018, 14.08.2018, 18.02.2019 und 07.05.2019 legte der Beschwerdeführer weitere Integrationsunterlagen vor.
14. Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 24.05.2019 wurde den Verfahrensparteien im Rahmen des Parteiengehörs aktuelles Länderberichtsmaterial übermittelt und zwar das Länderinformationsblatt zu Afghanistan, Stand 26.03.2019; die UNHCR Richtlinien zur Feststellung des Internationalen Schutzbedarfes Afghanischer Asylsuchender, Stand August 2018; die Auszugsweise Übersetzung der EASO Country Guidance Afghanistan, Juni 2018, Seiten 21-25 und Seiten 98-109.
Weiters wurde der Beschwerdeführer in diesem Schreiben aufgefordert etwaige aktuelle Integrationsunterlagen, sowie etwaige Krankenunterlagen dem Bundesverwaltungsgericht zu übermitteln. Den Verfahrensparteien wurde eine Stellungnahmefrist von zwei Wochen eingeräumt.
15. Der Beschwerdeführer erstattete namens seiner bevollmächtigten Vertretung am 06.06.2019 eine Stellungnahme, zitierte diverse Länderinformationen und bemängelte die schlechte Versorgungslage und Sicherheitslage in Afgahistan, insbesondere auch in den Städten Kabul, Herat und Mazar-e Sharif. Der Beschwerdeführer tätigte auch Ausführungen zur anhaltenden Dürre in Afghanistan, insbesondere in der Provinz Balkh. Zu seiner Situation in Österreich gab der Beschwerdeführer an, dass er ab Herbst 2019 eine HTL besuchen werde.
Die belangte Behörde gab dazu keine Stellungnahme ab.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer führt den Namen XXXX . Er ist am XXXX im Dorf XXXX , im Bezirk XXXX , Distrikt XXXX , in der Provinz Maidan Wardak, geboren und ist afghanischer Staatsangehöriger. Er gehört der Volksgruppe der Hazara an und ist schiitischer Moslem. Der Beschwerdeführer ist gesund und ledig; er hat keine Kinder. Seine Muttersprache ist Dari.
Der Beschwerdeführer besuchte rund zehn Jahre lang die Schule in seiner Herkunftsprovinz Maidan Wardak und in Kabul. Nach seinem Umzug nach Kabul - ungefähr dreieinhalb Jahre vor seiner Ausreise aus Afghanistan - arbeitete er als Schneider und Verkäufer.
Die Eltern, drei Schwestern und zwei Brüder leben nach wie vor in Afghanistan. Die Familie ist Eigentümerin von Grundstücken, einem Haus und einigen Tieren. Der Vater arbeitet als Landwirt. Drei Brüder des Beschwerdeführers leben im Iran.
Der Beschwerdeführer ist Zivilist.
Er reiste im Dezember 2015 aus Afghanistan aus und gelangte in der Folge illegal ins Bundesgebiet, wo er am 22.01.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz stellte.
1.2. Zum Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer stellte am 22.01.2016 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.
Das vom Beschwerdeführer dargelegte Fluchtvorbringen, dass ein LKW, dessen Miteigentümer er sei und mit dem Waren für die Amerikaner transportiert worden seien, von den Taliban angegriffen und der Fahrer getötet worden sei und er selbst von den Taliban bedroht und verfolgt werde, ist nicht glaubhaft. Der Beschwerdeführer ist in seinem Herkunftsstaat keiner konkreten Verfolgung ausgesetzt oder hat eine solche, im Falle seiner Rückkehr nach Afghanistan, nicht zu befürchten.
Es kann nicht festgestellt werden, dass konkret der Beschwerdeführer in Afghanistan psychischer und/ oder physischer Gewalt aus asylrelevanten Gründen ausgesetzt wäre bzw. eine solche im Falle seiner Rückkehr mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu befürchten hätte.
Es kann insgesamt nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan aus Gründen der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Volksgruppenzugehörigkeit, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Ansichten von staatlicher Seite oder von Seiten Dritter bedroht wäre.
Dem Beschwerdeführer droht wegen der Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Hazara oder zur schiitischen Religion konkret und individuell keine physische und/oder psychische Gewalt in Afghanistan. Nicht jeder Angehörige der Volksgruppe der Hazara oder der schiitischen Religion ist in Afghanistan physischer und/oder psychischer Gewalt ausgesetzt.
Auch sonst haben sich keine Hinweise für eine dem Beschwerdeführer in Afghanistan individuell drohende Verfolgung ergeben.
1.3. Zu einer möglichen Rückkehr des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat:
Es kann nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden, dass dem Beschwerdeführer bei einer Überstellung in seine Herkunftsprovinz Maidan Wardak aufgrund der volatilen Sicherheitslage in dieser Provinz ein Eingriff in seine körperliche Unversehrtheit drohen würde.
Dem Beschwerdeführer steht als innerstaatliche Flucht- und Schutzalternative eine Rückkehr in der Stadt Mazar-e Sharif zur Verfügung, wo es ihm möglich ist, ohne Gefahr, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können bzw. in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten, zu leben. Dem Beschwerdeführer würde bei seiner Rückkehr in diese Stadt kein Eingriff in seine körperliche Unversehrtheit drohen.
Der Beschwerdeführer ist jung und arbeitsfähig. Seine Existenz kann er in Mazar-e Sharif - zumindest anfänglich - mit Hilfs- und Gelegenheitsarbeiten sichern. Er ist auch in der Lage, eine einfache Unterkunft zu finden. Der Beschwerdeführer hat auch die Möglichkeit, finanzielle Unterstützung in Form der Rückkehrhilfe in Anspruch zu nehmen. Diese Rückkehrhilfe umfasst jedenfalls auch die notwendigen Kosten der Rückreise. Er hat in Afghanistan eine zehnjährige Schulausbildung absolviert, ist mobil und anpassungsfähig und hat bereits Berufserfahrung als Schneider in Afghanistan gesammelt, die er auch in Mazar- e Sharif wird nutzen können.
Die Stadt Mazar-e Sharif ist von Österreich aus sicher mit dem Flugzeug zu erreichen.
Der Beschwerdeführer ist gesund. Der Beschwerdeführer läuft im Falle der Rückkehr nach Mazar-e Sharif nicht Gefahr, aufgrund seines derzeitigen Gesundheitszustandes in einen unmittelbar lebensbedrohlichen Zustand zu geraten, oder dass sich eine Erkrankung in einem lebensbedrohlichen Ausmaß verschlechtern wird. Es sind auch sonst keine objektivierten Hinweise hervorgekommen, dass allenfalls andere schwerwiegende körperliche oder psychische Erkrankungen einer Rückführung des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat entgegenstehen würden.
1.4. Zum (Privat)Leben des Beschwerdeführers in Österreich:
Der Beschwerdeführer befindet sich seit seiner Antragstellung im Jänner 2016 auf Grund einer vorübergehenden Aufenthaltsberechtigung nach dem AsylG 2005 durchgehend rechtmäßig im Bundesgebiet.
Er bezieht seit seiner Einreise Leistungen aus der vorübergehenden Grundversorgung.
Der Beschwerdeführer ist nicht selbsterhaltungsfähig.
Der Beschwerdeführer besuchte Deutschkurse und hat zuletzt die Integrationsprüfung Niveau B1 absolviert. Er verfügt über diesem Niveau entsprechend gute Kenntnisse der deutschen Sprache. Der Beschwerdeführer hat im Februar 2019 die Pflichtschule erfolgreich abgeschlossen. In seiner Freizeit betreibt er Sport.
Der Beschwerdeführer hat in Österreich keine Familienangehörigen. Es konnten keine substantiellen Anknüpfungspunkte im Bereich des Privatlebens des Beschwerdeführers in Österreich festgestellt werden.
Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafrechtlich unbescholten.
1.5. Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat:
Zur Lage in Afghanistan werden die im Länderinformationsblatt der Staatendokumentation in der Gesamtaktualisierung vom 29.06.2018 mit Stand vom 26.03.2019, in den UNHCR Richtlinien vom August 2018 und den EASO Leitlinien zu Afghanistan vom Juni 2018 enthaltenen folgenden Informationen als entscheidungsrelevant festgestellt:
1.5.1. Sicherheitslage
Die Sicherheitslage in Afghanistan bleibt insgesamt volatil und weist starke regionale Unterschiede auf. Provinzen und Distrikten mit aktiven Kampfhandlungen stehen andere gegenüber, in denen die Lage trotz punktueller Sicherheitsvorfälle vergleichsweise stabil ist. Die afghanische Regierung behält die Kontrolle über Kabul, größere Bevölkerungszentren, Transitrouten, Provinzhauptstädte und den Großteil der Distriktzentren. Ausländische Streitkräfte und Regierungsvertreter sowie die als ihre Verbündeten angesehenen Angehörigen der afghanischen Sicherheitskräfte und Vertreter der afghanischen Regierung sind prioritäre Ziele der Aufständischen. Eine Bedrohung für Zivilisten geht insbesondere von Kampfhandlungen zwischen den Konfliktparteien sowie improvisierten Sprengkörpern, Selbstmordanschlägen und komplexen Angriffen auf staatliche Einrichtungen aus. In einigen Teilen des Landes ist fehlende Sicherheit die größte Bewegungseinschränkung. In bestimmten Gebieten machen Gewalt durch Aufständische, Landminen und improvisierte Sprengfallen (IEDs) das Reisen besonders gefährlich, speziell in der Nacht. Bewaffnete Aufständischengruppen betreiben illegale Checkpoints und erpressen Geld und Waren.
1.5.1.1. Herkunftsprovinz Maidan Wardak
(Maidan) Wardak ist eine der zentralen Provinzen Afghanistans. Maidan Shahr ist die Provinzhauptstadt. Distrikte der Provinz Wardak sind: Sayed Abad, Jaghto, Chak, Daimirdad, Jalrez, central Bihsud/Behsood und Hisa-i-Awal Bihsud. Kabul und Logar liegen im Osten der Provinz (Maidan) Wardak, Bamyan im Westen und Nordwesten, Ghazni im Süden und Südwesten, sowie die Provinz Parwan im Norden. Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 615.992 geschätzt. In der Provinz leben hauptsächlich ethnische Paschtunen, Tadschiken und Hazara; auch Kuchis sind in der Vergangenheit insbesondere in den Distrikt Behsood gezogen.
Die Hauptautobahn (Ring Road) Kabul-Kandahar führt durch die Provinz Maidan Wardak, von wo aus sie die südlichen, aber auch südöstlichen Provinzen des Landes mit der Hauptstadt Kabul verbindet. Polizisten arbeiten hart daran, die Autobahn von Minen zu befreien, da der südliche Abschnitt der Kabul-Kandahar Autobahn neun Provinzen mit der Hauptstadt Kabul verbindet.
Mit Stand November 2017 ist die Provinz Wardak zumindest seit dem Jahr 2006 komplett opiumfrei - im Jahr 2005 wurden in Daimirdad noch 106 Hektar Mohnanbauflächen verzeichnet.
Drei Frauen haben bei der Provinzwahl von Maidan Wardak Sitze für den Provinzrat erhalten. Im März 2018 hat eine Gruppe junger Frauen in der Provinz die Kunstbewegug "Village Sisters Art Movement" gegründet, wodurch Lyrik-Vorträge organisiert werden. Das Projekt wird vom Kultur- und Informationsdepartment begrüßt.
Allgemeine Information zur Sicherheitslage
Wardak zählt seit einiger Zeit zu den volatilen Provinzen Afghanistans. Regierungsfeindliche, bewaffnete Aufständische sind in unterschiedlichen Distrikten aktiv - speziell in den Distrikten nächst der Autobahn.
Im Zeitraum 1.1.2017-30.4.2018 wurden in der Provinz 81 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert.
Im gesamten Jahr 2017 wurden 83 zivile Opfer (42 getötete Zivilisten und 41 Verletzte) registriert. Hauptursache waren Bodenoffensiven, gefolgt von gezielten/willkürlichen Tötungen und Luftangriffen. Dies deutet einen Rückgang von 35% im Gegensatz zum Vergleichsjahr 2016.
Militärische Operationen in Wardak
In der Provinz Wardak werden groß angelegte militärische Operationen durchgeführt; Aufständische werden getötet und festgenommen. Bei diesen Operationen werden unter anderem auch Führer von regierungsfeindlichen Gruppierungen getötet. Luftangriffe werden ebenso durchgeführt; bei diesen werden auch Aufständische getötet.
Zusammenstöße zwischen Taliban und afghanischen Sicherheitskräften finden statt.
Regierungsfeindliche Gruppierungen in Wardak
Regierungsfeindliche bewaffnete Aufständische sind in unterschiedlichen Distrikten aktiv. Dazu zählen u. a. die Taliban; Quellen zufolge hat das Haqqani-Netzwerk in einem Teil der Provinz Wardak eine Zentrale gehabt. Das Haqqani-Netzwerk operiert großteils in Ostafghanistan und der Hauptstadt Kabul.
Für den Zeitraum 1.1.2017-31.1.2018 wurden keine IS-bezogene Vorfälle in der Provinz gemeldet.
1.5.1.2. Provinz Balkh
Bei der der Provinz Balkh, mit deren Hauptstadt Mazar- e Sharif, handelt es sich laut EASO um einen jener Landesteile, wo willkürliche Gewalt ein derart niedriges Ausmaß erreicht, dass für Zivilisten im Allgemeinen keine reelle Gefahr besteht, von willkürlicher Gewalt im Sinne von Art 15 (c) der Qualifizierungsrichtlinie persönlich betroffen zu sein.
Die Provinz Balkh ist nach wie vor eine der stabilsten Provinzen Afghanistans, sie zählt zu den relativ ruhigen Provinzen in Nordafghanistan. Balkh hat im Vergleich zu anderen Regionen weniger Aktivitäten von Aufständischen zu verzeichnen. Manchmal kommt es zu Zusammenstößen zwischen Aufständischen und den afghanischen Sicherheitskräften, oder auch zu Angriffen auf Einrichtungen der Sicherheitskräfte. Im Zeitraum 01.01.2017 - 30.4.2018 wurden in der Provinz 93 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert.
Im gesamten Jahr 2017 wurden 129 zivile Opfer (52 getötete Zivilisten und 77 Verletzte) registriert. Hauptursache waren IEDs, gefolgt von Bodenoffensiven und Blindgänger/Landminen. Dies bedeutet einen Rückgang von 68% im Gegensatz zum Vergleichsjahr 2016. Zusammenstöße zwischen Aufständischen und Sicherheitskräften finden statt. Regierungsfeindliche Gruppierungen versuchen ihren Aufstand in der Provinz Balkh voranzutreiben.
1.5.2. Sichere Einreise
Die Stadt Mazar- e Sharif ist über den internationalen Flughafen sicher erreichbar. Der Flughafen von Mazar-e Sharif (MRZ) liegt 9 km östlich der Stadt im Bezirk Marmul. Die Befahrung der Straßen von diesem Flughafen bis zur Stadt Mazar-e Sharif ist zur Tageszeit im Allgemeinen sicher.
1.5.3. Wirtschafts- und Versorgungslage
Zur Wirtschafts- und Versorgungslage ist festzuhalten, dass Afghanistan weiterhin ein Land mit hoher Armutsrate und Arbeitslosigkeit ist. Seit 2002 hat Afghanistan mit Unterstützung durch die internationale Gemeinschaft wichtige Fortschritte beim Wiederaufbau seiner Wirtschaft erzielt. Nichtsdestotrotz bleiben bedeutende Herausforderungen bestehen, da das Land weiterhin von Konflikten betroffen, arm und von Hilfeleistungen abhängig ist. Während auf nationaler Ebene die Armutsrate in den letzten Jahren etwas gesunken ist, stieg sie in Nordostafghanistan in sehr hohem Maße. Im Norden und im Westen des Landes konnte sie hingegen reduziert werden. Angesichts des langsamen Wachstums, sicherheitsbedingter Versorgungsunterbrechungen und schwacher landwirtschaftlicher Leistungen, nimmt die Armut auch im Jahr 2018 weiterhin zu.
In den Jahren 2016-2017 wuchs die Arbeitslosenrate, die im Zeitraum 2013-2014 bei 22,6% gelegen hatte, um 1%. Die Arbeitslosigkeit betrifft hauptsächlich gering qualifizierte bildungsferne Personen; diese sind auch am meisten armutsgefährdet. Über 40% der erwerbstätigen Bevölkerung gelten im Jahr 2018 als arbeitslos oder unterbeschäftigt. Es müssten jährlich geschätzte 400.000 neue Arbeitsplätze geschaffen werden, um Neueinsteiger in den Arbeitsmarkt integrieren zu können.
Die afghanische Regierung hat Bemühungen zur Armutsreduktion gesetzt und unterstützt den Privatsektor weiterhin dabei, nachhaltige Jobs zu schaffen und das Wirtschaftswachstum voranzutreiben. Die Ausstellung von Gewerbeberechtigungen soll gesteigert, steuerliche Sanktionen abgeschafft und öffentlich-private Partnerschaften entwickelt werden; weitere Initiativen sind geplant (BFA Staatendokumentation 4.2018; vgl. TD 28.12.2017).
1.5.3.1. Wirtschaftslage der Stadt Mazar-e Sharif
Mazar- e Sharif ist ein Wirtschafts- und Verkehrsknotenpunkt in Nordafghanistan. Die Region entwickelt sich wirtschaftlich gut. Es entstehen neue Arbeitsplätze, Firmen siedeln sich an und auch der Dienstleistungsbereich wächst. Die Infrastruktur ist jedoch noch unzureichend und behindert die weitere Entwicklung der Region. In Mazar- e Sharif besteht laut EASO grundsätzlich die Möglichkeit, sicheren Wohnraum zu mieten. Als Alternative dazu stehen ferner günstige Unterkünfte in "Teehäusern" zur Verfügung. Generell besteht in Mazar- e Sharif laut EASO, trotz der im Umland herrschenden Dürre, keinerlei Lebensmittelknappheit. In Mazar- e Sahrif haben die meisten Leute laut EASO Zugang zu erschlossenen Wasserquellen sowie auch zu besseren Sanitäreinrichtungen. Schulische Einrichtungen sind in Mazar-e Sharif vorhanden.
1.5.4. Medizinische Versorgung
Medizinische Versorgung ist in Afghanistan insbesondere in größeren Städten wie etwa auch in Mazar- e Sharif sowohl in staatlichen als auch privaten Krankenhäusern verfügbar. In Mazar- e Sharif zählt dazu das Alemi Krankenhaus. Psychische Krankheiten wie posttraumatische Belastungsstörung, Depression und Angstzustände - die oft durch den Krieg hervorgerufen wurden - sind in Afghanistan weit verbreitet, es gibt aber nur geringe Kapazitäten zur Behandlung dieser Erkrankungen. Spezifische Medikamente sind grundsätzlich verfügbar.
1.5.5. Ethnische Minderheiten
In Afghanistan leben laut Schätzungen vom Juli 2017 mehr als 34,1 Millionen Menschen. Zuverlässige statistische Angaben zu den Ethnien Afghanistans und zu den verschiedenen Sprachen existieren nicht.
Schätzungen zufolge, sind: 40% Paschtunen, rund 30% Tadschiken, ca. 10% Hazara, 9% Usbeken. Auch existieren noch andere ethnische Minderheiten, wie z.B. die Aimaken, die ein Zusammenschluss aus vier semi-nomadischen Stämmen mongolisch, iranischer Abstammung sind, sowie die Belutschen, die zusammen etwa 4 % der Bevölkerung ausmachen. Die afghanische Verfassung schützt sämtliche ethnische Minderheiten. Neben den offiziellen Landessprachen Dari und Paschtu wird in der Verfassung (Art. 16) sechs weiteren Sprachen ein offizieller Status in jenen Gebieten eingeräumt, wo die Mehrheit der Bevölkerung (auch) eine dieser Sprachen spricht. Diese weiteren in der Verfassung genannten Sprachen sind Usbekisch, Turkmenisch, Belutschisch, Pashai, Nuristani und Pamiri. Es gibt keine Hinweise, dass bestimmte soziale Gruppen ausgeschlossen werden. Keine Gesetze verhindern die Teilnahme der Minderheiten am politischen Leben. Nichtsdestotrotz, beschweren sich unterschiedliche ethnische Gruppen, keinen Zugang zu staatlicher Anstellung in Provinzen haben, in denen sie eine Minderheit darstellen.
Die schiitische Minderheit der Hazara, zu welchen der Beschwerdeführer zählt, macht etwa 10% der Bevölkerung aus. Die Hazara besiedelten traditionell das Bergland in Zentralafghanistan, das sich zwischen Kabul im Osten und Herat im Westen erstreckt und unter der Bezeichnung Hazaradschat (azarajat) bekannt ist. Das Kernland dieser Region umfasst die Provinzen Bamyan, Ghazni, Daikundi und den Westen der Provinz Wardak. Es können auch einzelne Teile der Provinzen Ghor, Uruzgan, Parwan, Samangan, Baghlan, Balkh, Badghis, und Sar-e Pul dazugerechnet werden. Wichtige Merkmale der ethnischen Identität der Hazara sind einerseits ihr ethnisch-asiatisches Erscheinungsbild, woraus gern Schlussfolgerungen über eine turko-mongolische Abstammung der Hazara gezogen werden. Eine Minderheit der Hazara, die vor allem im nordöstlichen Teil des Hazaradschat leben, sind Ismailiten.
Die Hazara-Gemeinschaft/Gesellschaft ist traditionell strukturiert und basiert auf der Familie bzw. dem Klan. Die sozialen Strukturen der Hazara werden manchmal als Stammesstrukturen bezeichnet; dennoch bestehen in Wirklichkeit keine sozialen und politischen Stammesstrukturen. Das traditionelle soziale Netz der Hazara besteht größtenteils aus der Familie, obwohl gelegentlich auch politische Führer einbezogen werden können.
Nicht weniger wichtig als Religion und Abstammung ist für das ethnische Selbstverständnis der Hazara eine lange Geschichte von Unterdrückung, Vertreibung und Marginalisierung. Jahrzehntelange Kriege und schwere Lebensbedingungen haben viele Hazara aus ihrer Heimatregion in die afghanischen Städte, insbesondere nach Kabul, getrieben. Dennoch hat sich die Lage der Hazara, die während der Taliban-Herrschaft besonders verfolgt waren, grundsätzlich verbessert; vornehmlich aufgrund von Bildung und vor allem auf ökonomischem und politischem Gebiet. Hazara in Kabul gehören jetzt zu den am besten gebildeten Bevölkerungsgruppen und haben auch eine Reihe von Dichtern und Schriftstellern hervorgebracht. Auch wenn es nicht allen Hazara möglich war diese Möglichkeiten zu nutzen, so haben sie sich dennoch in den Bereichen Bildung, öffentliche Verwaltung und Wirtschaft etabliert.
So haben Hazara eine neue afghanische Mittelklasse gegründet. Im Allgemeinen haben sie, wie andere ethnische Gruppen auch, gleichwertigen Zugang zum Arbeitsmarkt. Nichtsdestotrotz, sind sie von einer allgemein wirtschaftlichen Verschlechterung mehr betroffen als andere, da für sie der Zugang zu Regierungsstellen schwieriger ist - außer ein/e Hazara ist selbst Abteilungsleiter/in. Einer Quelle zufolge existiert in der afghanischen Gesellschaft die Auffassung, dass andere ethnische Gruppierungen schlecht bezahlte Jobs Hazara geben. Einer weiteren Quelle zufolge, beschweren sich Mitglieder der Hazara-Ethnie über Diskriminierung während des Bewerbungsprozesses, da sie anhand ihrer Namen leicht erkennbar sind. Die Ausnahme begründen Positionen bei NGOs und internationalen Organisationen, wo das Anwerben von neuen Mitarbeitern leistungsabhängig ist. Arbeit für NGOs war eine Einnahmequelle für Hazara - nachdem nun weniger Hilfsgelder ausbezahlt werden, schrauben auch NGOs Jobs und Bezahlung zurück, was unverhältnismäßig die Hazara trifft. So berichtet eine weitere Quelle, dass Arbeitsplatzanwerbung hauptsächlich über persönliche Netzwerke erfolgt. Hazara haben aber aufgrund vergangener und anhaltender Diskriminierung eingeschränkte persönliche Netzwerke.
Gesellschaftliche Spannungen bestehen fort und leben lokal in unterschiedlicher Intensität gelegentlich wieder auf; soziale Diskriminierung gegen schiitische Hazara basierend auf Klasse, Ethnie oder religiösen Ansichten finden ihre Fortsetzung in Erpressungen (illegale Steuern), Zwangsrekrutierung, Zwangsarbeit, physischer Misshandlung und Festnahmen.
Die Hazara sind im nationalen Durchschnitt mit etwa 10% in der Afghan National Army und der Afghan National Police repräsentiert.
1.5.6. Religion
Etwa 99,7% der afghanischen Bevölkerung sind Muslime, davon zwischen 10-15 % Schiiten, wie es auch der Beschwerdeführer ist.
Beobachtern zufolge ist die Diskriminierung der schiitischen Minderheit durch die sunnitische Mehrheit zurückgegangen; dennoch existieren Berichte zu lokalen Diskriminierungsfällen. Afghanischen Schiiten ist es möglich, ihre Feste öffentlich zu feiern; einige Paschtunen sind jedoch wegen der Feierlichkeiten missgestimmt, was gelegentlich in Auseinandersetzungen mündet. In den Jahren 2016 und 2017 wurden schiitische Muslime, hauptsächlich ethnische Hazara, oftmals Opfer von terroristischen Angriffen u.a. der Taliban und des IS.
1.5.7. Rückkehrer
In der Zeit von 2012 bis 2017 sind 1.821.011 Personen nach Afghanistan zurückgekehrt, wobei der Großteil der Rückkehrer aus Pakistan und dem Iran kommen. Bis Juli 2017 kehrten aus Europa und der Türkei 41.803 Personen nach Afghanistan zurück. In der Provinz Balkh ließen sich von den insgesamt ca. 1,8 Millionen Rückkehrer/innen in der Zeit von 2012 bis 2017 109.845 Personen nieder.
Aufgrund der schwierigen wirtschaftlichen Bedingungen besteht auch für zurückkehrende Flüchtlinge das Risiko, in die Armut abzurutschen. Sowohl das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen (United Nations World Food Programme) als auch andere UN-Organisationen arbeiten mit der afghanischen Regierung zusammen, um die Kapazität humanitärer Hilfe zu verstärken, rasch Unterkünfte zur Verfügung zu stellen und Hygiene- und Nahrungsbedürfnisse zu stillen.
Die afghanische Regierung kooperierte mit UNHCR, IOM und anderen humanitären Organisationen, um IDPs, Flüchtlingen, rückkehrenden Flüchtlingen und anderen betroffenen Personen Schutz und Unterstützung zu bieten. Die Fähigkeit der afghanischen Regierung vulnerable Personen zu unterstützen, einschließlich Rückkehrer/innen aus Pakistan und dem Iran, bleibt begrenzt und ist weiterhin auf die Hilfe der internationalen Gemeinschaft angewiesen. Auch wenn scheinbar kein koordinierter Mechanismus existiert, der garantiert, dass alle Rückkehrer/innen die Unterstützung erhalten, die sie benötigen, und dass eine umfassende Überprüfung stattfindet, können Personen, die freiwillig oder zwangsweise nach Afghanistan zurückgekehrt sind, dennoch verschiedene Unterstützungsformen in Anspruch nehmen. Eine Reihe unterschiedlicher Organisationen ist für Rückkehrer/innen und Binnenvertriebene (IDP) in Afghanistan zuständig (BFA Staatendokumentation 4.2018). Außerdem erhalten Rückkehrer/innen Unterstützung von der afghanischen Regierung, den Ländern, aus denen sie zurückkehren, und internationalen Organisationen (z.B. IOM) sowie lokalen Nichtregierungsorganisationen (NGO) (z. B. IPSO und AMASO). Nichtsdestotrotz scheint das Sozialkapital die wichtigste Ressource zu sein, die Rückkehrer/innen zur Verfügung steht, da keine dezidiert staatlichen Unterbringungen für Rückkehrer existieren und familiäre Unterbringungsmöglichkeiten für Rückkehrer/innen daher als die zuverlässigste und sicherste Möglichkeit erachtet werden. So kehrt der Großteil der (freiwilligen bzw. zwangsweisen) Rückkehrer/innen direkt zu ihren Familien oder in ihre Gemeinschaften zurück. Für jene, die diese Möglichkeit nicht haben sollten, stellen die Regierung und IOM eine temporäre Unterkunft zur Verfügung. Neue politische Rahmenbedingungen für Rückkehrer/innen und IDPs wurden von unterschiedlichen afghanischen Behörden, dem Ministerium für Flüchtlinge und Repatriierung (MoRR) und internationalen Organisationen geschaffen und sind im Dezember 2016 in Kraft getreten. Diese Rahmenbedingungen gelten sowohl für Rückkehrer/innen aus der Region (Iran und Pakistan), als auch für jene, die aus Europa zurückkommen oder IDPs sind. Soweit dies möglich ist, sieht dieser mehrdimensionale Ansatz der Integration unter anderem auch die individuelle finanzielle Unterstützung als einen Ansatz der "whole of community" vor. Demnach sollen Unterstützungen nicht nur Einzelnen zugutekommen, sondern auch den Gemeinschaften, in denen sie sich niederlassen. Die Rahmenbedingungen sehen die Grundstücksvergabe als entscheidend für den Erfolg anhaltender Lösungen. Hinsichtlich der Grundstücksvergabe wird es als besonders wichtig erachtet, das derzeitige Gesetz zu ändern, da es als anfällig für Korruption und Missmanagement gilt. Auch wenn nicht bekannt ist, wie viele Rückkehrer/innen aus Europa Grundstücke von der afghanischen Regierung erhalten haben - und zu welchen Bedingungen - sehen Experten dies als möglichen Anreiz für jene Menschen, die Afghanistan schon vor langer Zeit verlassen haben und deren Zukunftsplanung von der Entscheidung europäischer Staaten über ihre Abschiebungen abhängig ist.
Die Großfamilie ist für Zurückkehrende die zentrale soziale Institution in Afghanistan und bildet das wichtigste soziale Sicherheitsnetz der Afghanen. Alle Familienmitglieder sind Teil des familiären Netzes. Die Großfamilie trägt zu Schutz, Betreuung und Versorgung ihrer Mitglieder bei. Sie bildet auch eine wirtschaftliche Einheit; die Männer der Familie sind verpflichtet, die Mitglieder der Großfamilie zu unterstützen und die Familie in der Öffentlichkeit zu repräsentieren. Auslandsafghanen pflegen zumeist enge Kontakte mit ihren Verwandten in Afghanistan. Quellen zufolge verlieren nur sehr wenige Afghanen in Europa den Kontakt zu ihrer Familie. Die Qualität des Kontakts mit der Familie hängt möglicherweise auch davon ab, wie lange die betreffende Person im Ausland war bzw. wie lange sie tatsächlich in Afghanistan lebte, bevor sie nach Europa migrierte. Der Faktor geographische Nähe verliert durch technologische Entwicklungen sogar an Wichtigkeit. Der Besitz von Mobiltelefonen ist mittlerweile "universell" geworden und digitale Kommunikation wird eine zunehmende Selbstverständlichkeit, vor allem in den Städten. Ein fehlendes familiäres Netzwerk stellt eine Herausforderung für die Reintegration von Migrant/innen in Afghanistan dar. Quellen zufolge haben aber alleinstehende afghanische Männer, egal ob sie sich kürzer oder länger außerhalb der Landesgrenzen aufhielten, sehr wahrscheinlich eine Familie in Afghanistan, zu der sie zurückkehren können. Eine Ausnahme stellen möglicherweise jene Fälle dar, deren familiäre Netze in den Nachbarstaaten Iran oder Pakistan liegen. Quellen zufolge halten Familien in Afghanistan in der Regel Kontakt zu ihrem nach Europa ausgewanderten Familienmitglied und wissen genau Bescheid, wo sich dieses aufhält und wie es ihm in Europa ergeht. Dieser Faktor wird in Asylinterviews meist heruntergespielt und viele Migranten, vor allem Minderjährige, sind instruiert zu behaupten, sie hätten keine lebenden Verwandten mehr oder jeglichen Kontakt zu diesen verloren.
Neben der Familie als zentrale Stütze der afghanischen Gesellschaft, kommen noch weitere, wichtige Netzwerke zum Tragen, wie z. B. der Stamm, der Clan und die lokale Gemeinschaft. Diese basieren auf Zugehörigkeit zu einer Ethnie, Religion oder anderen "professionellen" Netzwerken (Kolleg/innen, Kommilitonen etc.) sowie politische Netzwerke usw. Die unterschiedlichen Netzwerke haben verschiedene Aufgaben und unterschiedliche Einflüsse - auch unterscheidet sich die Rolle der Netzwerke zwischen den ländlichen und städtischen Gebieten. Ein Netzwerk ist für das Überleben in Afghanistan wichtig. So sind einige Rückkehrer/innen auf soziale Netzwerke angewiesen, wenn es ihnen nicht möglich ist, auf das familiäre Netz zurückzugreifen. Ein Mangel an Netzwerken stellt eine der größten Herausforderungen für Rückkehrer/innen dar, was möglicherweise zu einem neuerlichen Verlassen des Landes führen könnte. Die Rolle sozialer Netzwerke - der Familie, der Freunde und der Bekannten - ist für junge Rückkehrer/innen besonders ausschlaggebend, um sich an das Leben in Afghanistan anzupassen. Sollten diese Netzwerke im Einzelfall schwach ausgeprägt sein, kann die Unterstützung verschiedener Organisationen und Institutionen in Afghanistan in Anspruch genommen werden.
1.5.8. Terroristische und aufständische Gruppierungen
Terroristische und aufständische Gruppierungen stellen Afghanistan und die Koalitionskräfte grundsätzlich vor erhebliche Herausforderungen. Derzeit sind rund 20 terroristische Organisationen in Afghanistan zu finden: das von außen unterstützte Haqqani-Netzwerk stellt nach wie vor die größte Gefährdung für afghanische und internationale Kräfte dar. Die Verflechtung von Taliban und Haqqani-Netzwerk ist so intensiv, dass diese beiden Gruppierungen als Fraktionen ein und derselben Gruppe angesehen werden. Wenn auch die Taliban öffentlich verkündet haben, sie würden zivile Opfer einschränken, so führt das Haqqani-Netzwerk auch weiterhin Angriffe in bevölkerungsreichen Gegenden aus. Die Taliban haben hauptsächlich in Faryab und Sar-i-Pul, wo die Mehrheit der Bevölkerung usbekischer Abstammung ist, ihre Reihen für nicht-paschtunische Kämpfer geöffnet. Schätzungen von SIGAR zufolge kontrollierten im Oktober 2017 und im Jänner 2018 die Taliban 14% der Distrikte Afghanistans. Die Taliban selbst verlautbarten im März 2017, dass sie beinahe 10% der afghanischen Distrikte kontrollierten.
Die Taliban haben eine Vielzahl von Personen ins Visier genommen, die sich ihrer Meinung nach "fehlverhalten", unter anderem Kollaborateure der afghanischen Regierung - praktisch jeder, der der Regierung in irgendeiner Weise hilft. Die Taliban bieten diesen Personen grundsätzlich die Möglichkeit an, Reue und den Willen zur Wiedergutmachung zu zeigen. Im Grunde steht jeder auf der schwarzen Liste, der (aus Sicht der Taliban) ein "Übeltäter" ist, und dessen Identität und Anschrift die Taliban ausfindig machen können.
Die Taliban haben ein Netzwerk an Spitzeln in Afghanistan, allein in der Stadt Kabul sind drei verschiedene Taliban Nachrichtendienste nebeneinander aktiv. Es heißt, dass die verschiedenen Nachrichtendienste der Taliban in Kabul über 1.500 Spione in allen 17 Stadtteilen haben. Selbst die, die umsiedeln, laufen Gefahr, auf dem Weg an den Straßensperren der Taliban festgehalten zu werden. Die Taliban behaupten, dass sie, dank ihrer Spione bei der Grenzpolizei am Flughafen Kabul und auch an vielen anderen Stellen, überwachen können, wer in das Land einreist. Sie geben an, regelmäßig Berichte darüber zu erhalten, wer neu ins Land einreist.
Die Taliban beobachten alle Fremden, die in den Dörfern und Kleinstädten unter ihrer Kontrolle ankommen genau, genauso wie die Dorfbewohner, die in Gebiete unter Regierungskontrolle reisen. Sie fürchten offensichtlich, ausspioniert zu werden und versuchen, die Rekrutierung von Informanten durch die Regierung zu beschränken. Wer in die Taliban-Gebiete ein- oder ausreist sollte die Reise überzeugend begründen können, möglichst belegt mit Nachweisen über Geschäftsabschlüsse, medizinische Behandlung etc. Wenn die Taliban einen Schuldigen suchen, der für die Regierung spioniert haben soll, ist jeder, der verdächtigt wird, sich an die Behörden gewandt zu haben, in großer Gefahr.
Es ist davon auszugehen, dass Sippenhaftung in Afghanistan ein weit verbreitetes Phänomen ist, und die Taliban neben Regierungsmitarbeitern, Sicherheitskräften und anderen, der Kollaboration oder "Spionage" bezichtigten Personen auch deren Angehörige gezielt verfolgen und bedrohen. Eine solche Bedrohung liegt jedoch festgestelltermaßen beim Beschwerdeführer nicht vor und wird hiezu auf die Ausführungen in der Beweiswürdigung verwiesen.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Zu den Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers:
Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit, Herkunft, ethnischen und religiösen Zugehörigkeit sowie zu den Aufenthaltsorten, Familienangehörigen, Sprachkenntnissen, der Schulbildung und Berufserfahrung des Beschwerdeführers beruhen auf dessen plausiblen, im Wesentlichen gleichbleibenden Angaben im Laufe des Asylverfahrens.
Die Identität des Beschwerdeführers konnte mangels Vorlage geeigneter Dokumente nicht festgestellt werden. Die Angaben dienen zur Identifizierung im Asylverfahren.
2.2. Zu den Feststellungen zum Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers:
Bereits die belangte Behörde wertete, dass der Beschwerdeführer mit seinem Vorbringen eine asylrelevante Verfolgungsgefahr im Herkunftsstaat nicht glaubhaft machen konnte.
Im Laufe des Beschwerdeverfahrens verstärkte sich dieser Eindruck, zumal der Beschwerdeführer auch mit seinen Schilderungen in der Beschwerdeverhandlung eine Bedrohung im Herkunftsstaat nicht überzeugend darlegen konnte.
2.2.1. Zunächst ist zu erwähnen, dass der Beschwerdeführer in der Erstbefragung und in der Einvernahme bei der belangten Behörde unterschiedliche Angaben zum Fluchtgrund getätigt hat.
So gab der Beschwerdeführer in der Erstbefragung an, dass es in Afghanistan für ihn unsicher sei, da überall Krieg sei und die Regierung sich nicht um die Situation kümmere. Im Fall einer Rückkehr fürchte er zu sterben, da in Afghanistan Krieg sei (vgl. AS 13). Von etwaigen persönlichen Problemen mit den Taliban war keine Rede.
Erst in der Einvernahme bei der belangten Behörde machte der Beschwerdeführer geltend, dass er Miteigentümer eines LKW gewesen sei, mit dem sein Verwandter als Fahrer und er als Beifahrer Waren für die Amerikaner transportiert hätten. Einmal seien sie von den Taliban gestoppt, kontrolliert und verwarnt worden, keine weiteren Transporte durchzuführen. Beim nächsten Aufeinandertreffen mit den Taliban sei der LKW angegriffen, der Fahrer getötet worden und der Beschwerdeführer selbst sei von den Taliban bedroht und verfolgt worden (vgl. AS 180).
Gemäß § 19 Abs. 1 AsylG 2005 dient die Einvernahme durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes nach Antragstellung "insbesondere
der Ermittlung der Identität und der Reiseroute des Fremden ... und
hat sich nicht auf die näheren Fluchtgründe zu beziehen" (vgl. hierzu auch VfGH 27.06.2012, U 98/12). Diese Regelung bezweckt den Schutz der Asylwerber davor, sich im direkten Anschluss an die Flucht aus ihrem Herkunftsstaat vor uniformierten Staatsorganen über traumatische Ereignisse verbreitern zu müssen, weil sie unter Umständen erst vor kurzem vor solchen geflohen sind, weshalb an die dennoch bei der Erstbefragung erstatteten, in der Regel kurzen Angaben zu den Fluchtgründen im Rahmen der Beweiswürdigung keine hohen Ansprüche in Bezug auf Stringenz und Vollständigkeit zu stellen sind (vgl. auch VwGH 10.11.2015, Ra 2015/19/0189 mwN). Ein Beweisverwertungsverbot ist damit jedoch nicht normiert; die Verwaltungsbehörde bzw. das Bundesverwaltungsgericht können in ihrer Beweiswürdigung also durchaus die Ergebnisse der Erstbefragung in ihre Beurteilung miteinbeziehen.
Es wird daher im vorliegenden Fall zwar nicht verkannt, dass sich die Erstbefragung des Beschwerdeführers nicht in erster Linie auf seine Fluchtgründe bezog und diese daher nur in aller Kürze angegeben und protokolliert wurden. Es ist dem Beschwerdeführer aber sehr wohl vorzuwerfen, dass er in der Erstbefragung gar keine Angaben zu den angeblichen Vorfällen mit den Taliban getätigt hat, sondern sich lediglich auf die allgemeine Kriegssituation in Afghanistan berufen hat. Die Glaubwürdigkeit des Vorbringens des Beschwerdeführers wird daher bereits durch diesen Umstand massiv geschmälert.
In der Einvernahme bei der belangten Behörde antworte der Beschwerdeführer auf die Frage, weshalb er den Vorfall mit dem LKW in der Erstbefragung mit keinem Wort erwähnte, wenig nachvollziehbar, er habe das so gesagt, weil er ein Hazara und Schiite sei. Die Taliban hätten gesagt, dass sie Hazara und Schiiten umbringen. Es hätte ihn auch niemand weitere Sachen gefragt. Außerdem sei das Thema so traurig, dass er nicht leicht darüber sprechen könne (vgl. AS 184).
Mit dieser Aussage klärte der Beschwerdeführer die unterschiedlichen Aussagen nicht auf, er bestätigte vielmehr, dass er in der Erstbefragung keine Angaben zum angeblichen Vorfall mit den Taliban gemacht hat und liefert dafür keine plausible Erklärung. Etwaige Übersetzungsfehler können zudem ausgeschlossen werden, da der Beschwerdeführer in der Beschwerdeverhandlung zwar angab, die Erstbefragung sei kurz gewesen und es hätte keine Rückübersetzung der Niederschrift der Erstbefragung gegeben. Er gab aber auch an, dass er den Dolmetscher sowohl in der Erstbefragung als auch in der Einvernahme bei der belangten Behörde gut verstanden hätte (vgl. S 13 der Niederschrift der Beschwerdeverhandlung vom 30.11.2017).
2.2.2. Abgesehen von den unterschiedlichen Angaben zwischen Erstbefragung und Einvernahme bei der belangten Behörde, ist das Fluchtvorbringen in weiterer Folge im Wesentlichen gleichbleibend.
Der Beschwerdeführer schilderte den Vorfall mit dem LKW und den Taliban sowohl in der Einvernahme bei der belangten Behörde als auch in der Beschwerdeverhandlung ohne gröbere Widersprüche. Dennoch konnte der Beschwerdeführer mit seinem Vorbringen keine asylrelevante Verfolgungsgefahr glaubhaft machen, da seine Angaben in einigen Punkten nicht plausibel sind und Ungereimtheiten aufweisen:
Der Beschwerdeführer gab in der Einvernahme bei der belangten Behörde an, dass er mit einem LKW gemeinsam mit einem Verwandten Container für die Amerikaner transportiert hätte. Dabei seien sie einmal von den Taliban angehalten und verwarnt worden. Beim zweiten Transport seien sie wieder an die Taliban geraten, hätten aber an deren Straßensperre nicht angehalten, sondern seien weitergefahren. Der Verwandte hätte den Beschwerdeführer aussteigen lassen und sei allein weitergefahren. Der Beschwerdeführer hätte sich in einem Wald versteckt und die Taliban in einem Toyota Geländewagen vorbeifahren sehen. Dann sei er von einem der beiden LKW's, der hinter ihnen gefahren sei, mitgenommen worden und sie haben das Wrack seines LKW's und den toten Fahrer am Straßenrand bemerkt (vgl. AS 181ff). Auf Nachfrage schilderte der Beschwerdeführer, dass zwischen dem Anhalteversuch durch die Taliban, bei dem auch einer der Taliban zur Seite habe springen müssen, weil der LKW des Beschwerdeführers die Absperrung ohne Anhalten durchbrochen hätte, und seinem Ausstiegsort, ungefähr eine halbe Stunde Zeit vergangen sei. Sein Partner sei sehr schnell gefahren (vgl. AS 185).
Es erscheint wenig lebensnah, dass die Taliban mit einem geländegängigen PKW mehr als 30 Minuten gebraucht haben, um einen vollbeladenen LKW einzuholen. Auf Vorhalt dieser Annahme sagte der Beschwerdeführer nur, dass er nicht wisse, warum sie so lange gebraucht haben. Vielleicht haben sie die beiden anderen LKW's kontrolliert. Er hätte nicht gesagt, dass es 30 Minuten gewesen seien. Er hätte von ungefähr 30 Minuten gesprochen. Sie seien ja auch schneller geworden. Der LKW könne auf der Schotterstraße 100km/h fahren (vgl. AS 185f). Diese Erklärung ist nicht überzeugend und konnte der Beschwerdeführer aus Sicht des erkennenden Richters den geschilderten Überfall durch die Taliban nicht glaubhaft machen.
Nicht nachvollziehbar ist auch, warum der Beschwerdeführer die vorgebrachte Bedrohung durch die Taliban nicht bei den afghanischen Behörden zur Anzeige gebracht hat.
Wenn er schon nach dem ersten Aufeinandertreffen mit den Taliban keine Veranlassung sah, sich an die afghanische Polizei zu wenden, so hätte wohl jeder andere in der Situation des Beschwerdeführers nach der Tötung seines Partners und der Zerstörung seines LKW's durch die Taliban Anzeige bei der Polizei erstattet. Dies hat er aber nicht getan bzw. ein solches Vorgehen weder bei der belangten Behörde noch in der Beschwerdeverhandlung behauptet. Dass der afghanische Staat völlig schutzunfähig und schutzunwillig ist, kann weder dem notorischen Amtswissen noch den obigen Länderfeststellungen entnommen werden. Dem Beschwerdeführer wäre es daher zumutbar gewesen, zumindest zu versuchen, Schutz und Rechtshilfe bei den afghanischen Behörden zu erhalten.
Gegen eine asylrelevante Verfolgung spricht auch, dass sich der Beschwerdeführer nach dem zweiten Vorfall mit den Taliban noch rund eineinhalb Monate in Afghanistan aufgehalten hat und erst dann seinen Herkunftsstaat verlassen hat.
Er gab diesbezüglich in der Beschwerdeverhandlung an, dass er die Flucht erst so spät angetreten hätte, weil er kein Geld gehabt hätte. Er hätte darauf gewartet, dass ihm sein Bruder das nötige Geld schicke. Während dieser Zeit hätte er in einer Werkstatt gearbeitet und Sakkos genäht. Er hätte dort nicht gearbeitet, um Geld für die Ausreise zu verdienen, sondern um die Zeit zu überbrücken, bis ihm sein Bruder das Geld geschickt hätte. Er hätte dort versteckt gearbeitet. Es seien keine Kunden in die Werkstatt gekommen (vgl. S 15f der Niederschrift der Beschwerdeverhandlung vom 30.11.2017).
Selbst wenn der Beschwerdeführer angibt, dass er in der Werkstatt versteckt gearbeitet hat und somit von den Taliban nicht entdeckt werden konnte, so widerspricht dies seinen sonstigen Angaben, dass die Taliban gut vernetzt wären und ihn überall finden und töten könnten (vgl. S 15 der Niederschrift der Beschwerdeverhandlung vom 30.11.2017).
Hätte er daher tatsächlich eine asylrelevante Verfolgung durch die Taliban befürchtet, wäre er wohl nicht eineinhalb Monate in dieser Werkstatt geblieben, da die Gefahr bestanden hätte, dass einer der anderen Mitarbeiter der Werkstatt ein Spion der Taliban sei und ihn an diese verrate. Dafür spricht auch, dass der Beschwerdeführer den Betreiber der Werkstatt nicht persönlich kannte. Die Werkstatt hätte dem Bekannten eines Freundes gehört (vgl. S 16 der Niederschrift der Beschwerdeverhandlung vom 30.11.2017). Dass man sich - nach einem derart traumatischen Ereignis und in Todesangst - in die Obhut eines entfernten Bekannten begibt, zeigt, dass die Bedrohung nicht massiv und asylrelevant gewesen sein kann.
Zur vorgebrachten Bedrohung durch die Taliban gilt es weiters beweiswürdigend auszuführen, dass der Beschwerdeführer eine gegen ihn persönlich gerichtete Bedrohung nicht glaubhaft machen konnte.
Nach dem geschilderten Vorfall mit den Taliban, der Ermordung seines Geschäftspartners und der Zerstörung des gemeinsamen LKW's hätte sich der Beschwerdeführer - wie bereits erwähnt - in der Werkstatt eines Bekannten versteckt. Die Familie seines getöteten Geschäftspartners hätte dessen Leichnam von den Taliban abgeholt und dabei haben die Taliban gedroht, auch den Beschwerdeführer zu töten. Konkret hätten die Taliban gesagt, dass sie eine Person gefasst haben, die andere würden sie auch töten (vgl. S 16 der Niederschrift der Beschwerdeverhandlung vom 30.11.2017).
Der Beschwerdeführer wurde nach dem genannten Vorfall mit dem LKW aber nicht persönlich von den Taliban bedroht und er brachte auch nicht vor, dass die Taliban ihn z.B. zu Hause bei seiner Familie gesucht hätten.
In diesem Zusammenhang ist zu erwähnen, dass der Beschwerdeführer in der Einvernahme bei der belangten Behörde behauptet hat, dass seine Familie auch in Gefahr sei. Die Taliban hätten nicht nur gedroht ihn umzubringen, sondern auch seine Familie. Ein Bruder des Beschwerdeführers hätte auch mit einem LKW gearbeitet und sei von den Taliban bedroht worden. Er hätte dann aufgehört zu arbeiten (vgl. AS 181). In der Beschwerdeverhandlung erwähnte er allfällige Probleme seiner Familie aber mit keinem Wort.
2.2.3. In der Einvernahme bei der belangten Behörde gab der Beschwerdeführer auf die Frage, ob er alle Fluchtgründe genannt habe an, dass es in dem Gebiet, wo er herkomme, auch nicht sicher sei, weil die Kutchis sie überfa