TE Bvwg Erkenntnis 2019/7/17 W171 2221227-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 17.07.2019
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Entscheidungsdatum

17.07.2019

Norm

BFA-VG §22a Abs1
BFA-VG §22a Abs3
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §76 Abs2 Z2
VwGVG §35 Abs3

Spruch

W171 2221227-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gregor MORAWETZ, MBA, als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Bosnien und Herzegowina, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl: XXXX , zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird gemäß § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG i.V.m. § 22a Abs. 1 BFA-VG als unbegründet abgewiesen.

II. Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG i.V.m. § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG wird festgestellt, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen.

III. Gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG i.V.m. § 1 Z. 3 und Z. 4 VwG-AufwErsV hat die beschwerdeführende Partei dem Bund Aufwendungen in Höhe von € 426,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

IV. Der Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Kostenersatz wird gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1.1. Der Beschwerdeführer (in Folge: BF) reiste 1993 in Österreich ein. Er erhielt schließlich am 02.11.2004 den Aufenthaltstitel einer Niederlassungsbewilligung. Mit Entscheidung vom 03.11.2014 wurde dem BF der Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt EU" erteilt.

1.2. In weiterer Folge wurde der BF im Zeitraum 2005 bis 2019 insgesamt 11 Mal strafgerichtlich verurteilt. Dabei handelte es sich um 5 Freiheitsstrafen, davon wurden 3 bedingt nachgesehen, 1 wurde unbedingt, und 1 wurde teilbedingt ausgesprochen. Hinsichtlich der weiteren Delikte wurden in 6 Fällen Geldstrafen ausgesprochen, 5 davon unbedingt.

1.3. Im Rahmen eines fremdenrechtlichen Verfahrens zur Erlassung eines Einreiseverbotes und einer Rückkehrentscheidung wurde dem BF am 07.01.2019 schriftlich Parteiengehör gewährt. Dabei führte er aus, er sei gesund und werde nach seiner Haftentlassung ein bestehendes Alkoholproblem im Rahmen einer Therapie zu lösen versuchen. Nach der Entlassung werde er wieder eine Arbeitsstelle haben und krankenversichert sein. Seine ganze Familie lebe in Österreich und führe er daher auch sein Familienleben hier. In Österreich leben seine Mutter, sein Vater, sein Bruder, seine beiden Schwestern, sein Sohn, sein Neffe und seine Lebensgefährtin. In Bosnien habe er keine Freunde, keine Familie, keinen Wohnsitz und keinerlei Bindungen.

Am 11.04.2019 trat der BF den unbedingten Teil einer Haftstrafe an.

1.4. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in Folge: BFA) vom 06.05.2019 wurde über den BF ein auf die Dauer von 10 Jahren befristetes Einreiseverbot sowie eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass die Abschiebung des BF nach Bosnien und Herzegowina zulässig sei. Einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung wurde gem. § 18 Abs. 2 Ziffer 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt. Die Rückkehrentscheidung wurde in der Folge am 12.05.2019 durchsetzbar.

Gegen die behördliche Entscheidung wurde Beschwerde an das BVwG erhoben. Dieses Verfahren ist zum Zeitpunkt der gegenständlichen Entscheidung nicht abgeschlossen.

1.5. Am 21.05.2019 entzog sich der BF im Rahmen eines Freigangs und der darauffolgenden Nichtrückkehr in die Haftanstalt, dem weiteren Vollzug der Freiheitsstrafe. Am 29.05.2019 erteilte die bosnische Vertretungsbehörde die Zustimmung der Ausstellung eines Heimreisezertifikates für den BF.

Am 31.05.2019 wurde der BF trotz seiner Flucht bedingt aus der Strafhaft entlassen.

1.6. Am 05.06.2019 erfolgte eine polizeiliche Nachschau an der Meldeadresse des BF, mit dem Ergebnis, dass der BF dort nicht aufgetroffen werden konnte. Aufgrund eines anonymen Hinweises wurde der BF in weiterer Folge am 07.07.2019 ausfindig gemacht und festgenommen.

1.7. Am 07.07.2019 wurde über den BF bescheidmäßig die Schubhaft gem. § 76 Abs. 2 Ziffer 2 FPG zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung angeordnet. Dabei wurde im Wesentlichen begründet ausgeführt, der BF sei in Österreich wiederholt straffällig geworden und insgesamt 11 Mal vorbestraft. Über ihn sei eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung verhängt worden und sei der BF im Rahmen eines Freiganges aus der Strafhaft nicht mehr in die Justizanstalt wiedergekehrt, sondern untergetaucht. In Österreich habe der BF Eltern, Geschwister, eine Lebensgefährtin und einen Sohn. Da der Aufenthalt des BF vor seiner Festnahme unbekannt gewesen sei, sei ein Festnahmeauftrag erlassen worden. Im Vorfeld der Festnahme am 07.07.2019 habe der BF versucht, sich der Festnahme zu wiedersetzen. Es sei daher Fluchtgefahr im Sinne des FPG gegeben. Aufgrund des gegebenen Vorverhaltens sei der BF jedenfalls nicht vertrauenswürdig und sei aus der Wohn- und Familiensituation schon bisher erkennbar, dass es an der notwendigen sonstigen Verankerung in Österreich fehle. Im Hinblick auf die Wichtigkeit eines geordneten Fremdenwesens, die öffentliche Ordnung und das wirtschaftliche Wohl, denen ein hoher Stellenwert zukomme, im Verhältnis zu den privaten Interessen an der Schonung an der persönlichen Freiheit des BF, gehe die Behörde in weiterer Folge von einer Verhältnismäßigkeit der Verhängung der Schubhaft aus. Aufgrund des bisherigen Vorverhaltens des BF gehe die Behörde in weiterer Folge auch davon aus, dass die Anordnung eines gelinderen Mittels nicht ausreichen würde, um den maßgeblichen Sicherungszweck erreichen zu können. Die Schubhaft sei daher als Ultima Ratio Maßnahme anzusehen und sohin auch rechtskonform verhängt worden.

1.8. Mit Beschwerdeschrift vom 12.07.2019 wurde Beschwerde gegen den Bescheid des BFA vom XXXX zur Verhängung der Schubhaft, sowie gegen die Anordnung der Schubhaft und die fortlaufende Anhaltung des BF in Schubhaft das gegenständliche Rechtsmittel erhoben. Begründend wurde ausgeführt, der BF pflege in Österreich ein aufrechtes Familienleben. Er wohne bei seiner Familie und habe eine Beziehung mit seiner Freundin, mit welcher er einen gemeinsamen Sohn habe. Es bestehe weder Fluchtgefahr, noch erweise sich die Verhängung der Schubhaft als erforderlich oder verhältnismäßig. Die Behörde begründet das Vorliegen von Fluchtgefahr im Wesentlichen mit der kriminellen Vergangenheit des BF und der negativen Nachschau an der Meldeadresse. Aus der Wohn- und Familiensituation werde sodann eine fehlende sonstige Verankerung, sowie ein beträchtliches Risiko des Untertauchens angenommen. Schon alleine aufgrund des Interesses des BF an der Erziehung seines Sohnes, könne nicht von Fluchtgefahr ausgegangen werden. Es sei aus dem Bescheid nicht ersichtlich, ob der BF bloß am 05.06.2019 nicht an der gemeldeten Adresse aufhältig gewesen sei. Er sei weiterhin dort gemeldet und wohne dort mit seiner Schwester und seiner Mutter. Bereits diese familiären Bindungen seien ausreichend den BF vom Untertauchen abzuhalten. Darüber hinaus stelle Straffälligkeit kein Kriterium für die Fluchtgefahr dar. Der BF sei freiwillig bereit auszureisen.

Darüber hinaus sei die Behörde verpflichtet, die Verhängung eines gelinderen Mittels, welches im gegenständlichen Fall jedenfalls ausreichend sei, eingehend zu prüfen und ausreichend zu begründet. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb die Behörde nicht mit der Verhängung einer Meldeverpflichtung das Auslangen gefunden habe.

Beantragt wurde die zeugenschaftliche Einvernahme der Lebensgefährtin, der Mutter und der Schwester des BF, sowie eine Parteieneinvernahme. Weiters sei die Durchführung einer mündlichen Verhandlung aufgrund der höchstgerichtlichen Rechtsprechung zwingend geboten. Beantragt werde der Ersatz der Kosten gem. VwG-Aufwandersatzverordnung.

1.9. Das BFA legte dem Gericht den gegenständlichen Schubhaftakt unter Anschluss einer Stellungnahme am 15.07.2019 vor. Unter Hinweis auf die Ausführungen im gegenständlichen Bescheid wurde darauf hingewiesen, dass am 29.05.2018 die Zustimmung zur Ausstellung eines Heimreisezertifikates erteilt worden sei. Es sei beabsichtigt, eine zeitnahe Abschiebung durchzuführen, ein Termin dafür stehe noch nicht fest.

Die 11 strafrechtlichen Verurteilungen sprechen klar gegen eine Vertrauenswürdigkeit des BF. Die bisherige Bindung durch seine Familienmitglieder habe den BF bis dato nicht davon abgehalten, sich gesetzeskonform zu verhalten. Für das Vorliegen von erheblicher Fluchtgefahr sei insbesondere ausschlaggebend, dass der BF sich der Strafhaft entzogen habe. Er habe sich daher auch den österreichischen Behörden erfolgreich entzogen. An seiner Meldeadresse war er nicht anzutreffen und daher auch für die Behörde nicht greifbar. In einer Gesamtsicht sei daher von bestehender Fluchtgefahr auszugehen und bestehe seitens der Behörde kein Zweifel, dass die Verhängung eines gelinderen Mittels nicht zur Erreichung des Sicherungszwecks ausreichend geeignet sei.

Beantragt werde der Ersatz der Kosten für den Vorlageaufwand sowie für den Schriftsatz.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Zur Person:

1.1. Der BF reiste 1993 in das Bundesgebiet ein und ist bosnischer Staatsangehöriger. Er ist Fremder i.S.d. Diktion des FPG.

1.2. Er erhielt am 02.11.2004 eine Niederlassungsbewilligung und am 03.11.2014 in weiterer Folge den Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt

EU".

1.3. Der BF leidet an Alkoholsucht. Sonst hat er keine nennenswerten Erkrankungen.

1.4. Er ist in Österreich bereits 11 Mal vorbestraft.

Zu den allgemeinen Voraussetzungen der Schubhaft:

2.1. Seit dem 12.05.2019 besteht gegen den BF eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung. Über die Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung hat das BVwG noch nicht entschieden.

2.2. Die Ausstellung eines Heimreisezertifikates seitens der bosnischen Botschaft ist zugesagt, ein Termin für die Abschiebung ist noch nicht bekannt.

2.3. Der BF ist haftfähig.

Zum Sicherungsbedarf:

3.1. Gegen den BF liegt eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme vor.

3.2. Der BF ist am 21.05.2019 im Rahmen eines Freiganges nicht wieder in die Justizanstalt zurückgekehrt und konnte am 05.06.2019 nicht an seiner Meldeadresse angetroffen werden. Er war daher von 22.05.2019 bis 07.07.2019 untergetaucht und für die Behörde nicht greifbar. Er hat dadurch seine Abschiebung umgangen.

3.3. Sein Aufenthalt konnte in der Zeit von 21.05.2019 bis 31.05.2019 im Rahmen einer Personenfahndung durch die Justizbehörden nicht ermittelt werden.

3.4. Er ist nicht vertrauenswürdig.

3.5. Er ist nicht rückreisewillig.

3.6. Der BF ist bisher nicht kooperativ gewesen.

Zur familiären/sozialen Komponente:

4.1. In Österreich leben der Vater, die Mutter, der Bruder, zwei Schwestern und der Neffe des BF. Er ist seit 16.05.2014 an der Adresse seiner Mutter gemeldet und wohnte vor Antritt seiner Strafhaft mit seinen Verwandten im Familienverband.

4.2. Der BF hat einen mj. Sohn und ist mit diesem und der Kindesmutter (Freundin) regelmäßig im Kontakt.

4.3. Der BF geht im Inland keiner legalen Erwerbstätigkeit nach, ist derzeit nicht selbsterhaltungsfähig, weist jedoch wesentliche Integrationsmerkmale (z. B. gute Sprachkenntnisse) auf.

4.4. Er hat in Österreich die Schule besucht, eine begonnene Lehre jedoch nicht abgeschlossen.

4.5. Der BF könnte wieder in die Wohnung seiner Familienangehörigen einziehen.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zur Person und zum Verfahrensgang (1.1.-1.4.):

Die Feststellungen zum Verfahrensgang und zur Person des BF (1.1. u. 1.2.) ergeben sich im Wesentlichen aus den vorgelegten Verwaltungsakten der Behörde und dem Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes. Daraus ist zu entnehmen, dass der BF vorerst über eine Niederlassungsbewilligung und sodann über einen Daueraufenthalt EU verfügte.

Aus dem Behördenakt (Fremdenakt), insbesondere aus dem Parteiengehör vom 07.01.2019 sowie aus den Eintragungen in der Anhaltedatei lassen sich mit Ausnahme der festgestellten Alkoholkrankheit, die sich auch aus dem Bericht der JA vom 22.05.2019 (AS 6) ergibt, keine nennenswerten Erkrankungen des BF entnehmen. Darüber hinaus darf festgehalten werden, dass der Gesundheitszustand des BF auch im Rahmen der Beschwerdeerhebung nicht thematisiert wurde. Das Gericht geht daher wie in der Feststellung zu 1.3. von keinen nennenswerten Erkrankungen des BF aus. Nach Einsicht in das Strafregister konnte festgestellt werden, dass der BF insgesamt 11 Mal vorbestraft ist (1.4.).

2.2. Zu den Voraussetzungen der Schubhaft (2.1.-2.3.):

Die Durchsetzbarkeit der Rückkehrentscheidung ergibt sich aus den vorgelegten Verwaltungsakten und wurde seitens des Beschwerdeführers nicht in Zweifel gezogen (2.1.). Die Feststellung zur Erlangung eines Heimreisezertifikates durch die Botschaft gründet sich auf die Stellungnahme des BFA im Zuge der Aktenvorlage vom 15.07.2019 und geht daraus hervor, dass die Ausstellung eines Zertifikats seitens der Botschaft zugesagt worden ist. Ein konkreter Abschiebetermin wurde jedoch noch nicht festgesetzt. Die Feststellung zur Haftfähigkeit (2.3.) ergibt sich aus den Angaben im Akt und liegen diesbezüglich dem Gericht zum Zeitpunkt der gegenständlichen Entscheidung keine anderslautenden Informationen vor. Es war daher von einer bestehenden Haftfähigkeit auszugehen.

2.3. Zum Sicherungsbedarf (3.1.-3.6.):

Das Vorliegen einer durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme ergibt sich, wie bereits erwähnt, aus den Angaben im vorliegenden Verwaltungsakt und wurde dies auch nicht in Zweifel gezogen (3.1.).

Die Feststellung zu 3.2. begründet sich im Wesentlichen auf den Bericht der Justizanstalt vom 22.05.2019 in welcher die Flucht des BF gemeldet wird. Der BF befand sich auf einem Freigang und kehrte nicht wieder in die Justizanstalt zurück. Darüber hinaus erfolgte nach dem Akteninhalt am 05.06.2019 eine polizeiliche Nachschau an der aufrechten Meldeadresse des BF. Nach dem Erhebungsbericht vom 05.06.2019 (AS 27) konnte der BF an dieser Adresse nicht angetroffen werden. Daraus ergibt sich, dass der BF seit seiner Flucht aus der Justizhaft (Nichtrückkehr) bis zu seiner Festnahme am 07.07.2019 untergetaucht und für die Behörde nicht greifbar war. Nur durch einen anonymen Hinweis kam es zu Festnahme am 07.07.2019.

Nach der Flucht des BF am 21.05.2019 wurde durch die Justizbehörde eine Personenfahndung ausgeschrieben, die erst mit Eintritt der bedingten Entlassung (31.05.2019) obsolet wurde. Auch die Justizbehörden konnten in dieser Zeitspanne den BF daher nicht ausfindig machen. Die Angaben beziehen sich auf die Unterlagen zur bedingten Entlassung, sowie auf den Bericht der Justizanstalt vom 22.05.2019.

Aufgrund des bisherigen Vorverhaltens des BF, insbesondere durch die Flucht aus der Justizhaft stellt sich der BF dem Gericht gegenüber auch nicht als vertrauenswürdig dar (3.4.). Es ist zwar richtig, dass der BF nunmehr eine Meldung zur freiwilligen Rückkehr abgegeben hat, nach Ansicht des Gerichtes handelt es sich dabei jedoch lediglich um einen weiteren Versuch, auf freien Fuß zu gelangen. Die durch den BF vorgegebene Rückreisewilligkeit stellt daher nach Ansicht des Gerichts lediglich eine Schutzbehauptung dar (3.5.)

Der BF ist zuvor bereits untergetaucht und hat sich den Behörden bzw. einer nahenden Abschiebung schon einmal erfolgreich entzogen. Darüber hinaus legte er im Rahmen der Haft bereits ein aggressives Verhalten an den Tag und hat auch wiederholt seine Unterschrift zur Bestätigung des Erhaltes von behördlichen Dokumenten verweigert (AS 85, 101). Es kann daher seitens des Gerichts nicht gesehen werden, dass der BF sich in Haft, aber auch davor kooperativ verhalten hätte. Hinzu kommt noch, dass der BF bei seiner Anhaltung am 07.07.2019, als die Polizei ihn zu seiner Wohnadresse eskortierte, damit er seinen Hund dort abgeben könne, in weiterer Folge versucht hatte, die Haustür vor den Beamten zu schließen und sich so der Festnahme zu entziehen. Insbesondere diese Handlung unterstreicht, dass der BF weder als kooperativ, noch als rückreisewillig, noch als vertrauenswürdig anzusehen ist.

2.4. Familiäre/soziale Komponente (4.1.-4.5.):

Die Feststellung zu 4.1. ergibt sich im Wesentlichen aus den glaubwürdigen Angaben des BF im Rahmen des Parteiengehörs vom 07.01.2019 im fremdenrechtlichen Verfahren sowie aus dem Fremdenakt selbst. Daraus geht hervor, dass er mit den genannten Verwandten zuvor in Hausgemeinschaft wohnte.

Nach Einsicht in das Zentrale Melderegister ergibt sich, dass der BF seit 16.05.2014 jeweils an den Adressen der Mutter mitgemeldet war. Er hat daher glaubhaft dargetan vor Antritt seiner Strafhaft im Familienverband mit seinen Verwandten gelebt zu haben.

Ebenso aus dem Fremdenakt, insbesondere auch aus der Entscheidung des BVwG vom 20.12.2018 zur Aufhebung der ersten Rückkehrentscheidung und des Einreiseverbots ergibt sich, dass der BF regelmäßig Kontakt mit seinem minderjährigen Sohn und seiner Freundin (der Kindesmutter) pflegt. Im gegenständlichen Schubhaftverfahren sind keine Anhaltspunkte dafür hervorgekommen, dass sich dies nunmehr geändert haben könnte. Das Gericht geht daher in seiner Feststellung zu 4.2. weiterhin von regelmäßigem Kontakt mit dem Sohn und der Freundin aus.

Nach einigen Angaben des BF im Rahmen des Parteiengehörs vom 07.01.2019 im Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung übte der BF zum maßgeblichen Zeitpunkt keine legale Erwerbstätigkeit aus, zumal er sich zu diesem Zeitpunkt auch in Justizhaft befand. Darüber hinaus ergeben sich bereits aus den fremdenrechtlichen Angaben, dass beim BF, der in Österreich seine Schulbildung absolvierte, Merkmale der sozialen Integration gegeben sind. Gute Sprachkenntnisse wurden dem BF bereits Ende des letzten Jahres durch das BVwG attestiert.

Die Feststellung zu 4.4. über den Schulbesuch und die abgeschlossene Lehre begründen sich im Wesentlichen auf den Angaben im fremdenrechtlichen Akt.

In einer Gesamtsicht der familiären Situation, insbesondere deshalb, da der BF über lange Zeit aufrecht bei seiner Mutter gemeldet war, geht das Gericht davon aus, dass es jedenfalls plausibel ist, dass der BF nach der Beendigung einer Haft wieder im Familienverband Zuflucht finden könnte (4.5.).

2.5. Weitere Beweise waren wegen Entscheidungsreife nicht mehr aufzunehmen:

Von einer Anberaumung einer mündlichen Verhandlung konnte im Hinblick auf die geklärte Sachlage Abstand genommen werden.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. - Schubhaftbescheid, Anhaltung in Schubhaft:

3.1.1. Gesetzliche Grundlage:

Der mit "Schubhaft" betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, lautet:

§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,

2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.

Zur Judikatur:

3.1.2. Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).

Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der - aktuelle - Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).

Schubhaft darf stets nur "ultima ratio" sein (vgl. VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0054; VwGH 11.06.2013, Zl. 2012/21/0114, VwGH 24.02.2011, Zl. 2010/21/0502; VwGH 17.03.2009, Zl. 2007/21/0542; VwGH 30.08.2007, 2007/21/0043). Daraus leitete der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 19.05.2011, Zl. 2008/21/0527, unter Hervorhebung der in § 80 Abs. 1 FPG 2005 ausdrücklich festgehaltenen behördliche Verpflichtung, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert, insbesondere auch ab, "dass die Behörde schon von vornherein angehalten ist, im Fall der beabsichtigten Abschiebung eines Fremden ihre Vorgangsweise nach Möglichkeit so einzurichten, dass Schubhaft überhaupt unterbleiben kann. Unterlässt sie das, so erweist sich die Schubhaft als unverhältnismäßig"(VwGH vom 19.05.2011, Zl. 2008/21/0527). Bereits im Erkenntnis des VwGH vom 27.01.2011, Zl. 2008/21/0595, wurde dazu klargestellt, dass der Schubhaft nicht der Charakter einer Straf- oder Beugehaft zu kommt, "weshalb ohne besondere Anhaltspunkte für eine absehbare Änderung der Einstellung des Fremden die Haft nicht allein im Hinblick darauf aufrechterhalten werden darf, diese 'Einstellungsänderung' durch Haftdauer zu erwirken. (Hier: Der Fremde hatte, nachdem er nach zwei Monaten nicht aus der Schubhaft entlassen worden war, seine vorgetäuschte Mitwirkungsbereitschaft aufgegeben und zu erkennen gegeben, dass er nicht in den Kamerun zurückkehren wolle und auch nicht an einer Identitätsfeststellung mitwirken werde. Die mangelnde Kooperation des Fremden gipfelte schließlich in der Verweigerung jeglicher Angaben. Die belangte Behörde hat in Folge bis zu einem neuerlichen Einvernahmeversuch zugewartet ohne zwischenzeitig auf Basis der vorhandenen Daten zwecks Erstellung eines Heimreisezertifikates an die Botschaft von Kamerun heranzutreten oder sonst erkennbare Schritte in Richtung Bewerkstelligung einer Abschiebung zu setzen. In diesem Verhalten der belangten Behörde ist eine unangemessene Verzögerung zu erblicken)." (VwGH vom 27.01.2011, Zl. 2008/21/0595; vgl. dazu etwa auch VwGH 19.04.2012, 2009/21/0047).

3.1.3. Nach Durchführung des Beweisverfahrens sieht das Gericht im gegenständlichen Fall Sicherungsbedarf für gegeben an. Gegen den BF besteht eine durchsetzbare aufenthaltsbeendete Maßnahme (Rückkehrentscheidung). Im Zuge eines Freigangs aus einer Justizhaft die Flucht ergriffen und ist nicht zurückgekehrt. Im Rahmen von damals durchgeführten polizeilichen Ermittlungen konnte der BF, was nicht weiter verwunderlich war, er befand sich ja schließlich auf der Flucht, nicht an seiner Meldeadresse angetroffen werden. Er ist daher für die Zeit von seiner Flucht aus der Justizhaft am 21.05.2019 bis zu seiner Festnahme am 07.07.2019 sowohl für die Fremdenbehörde, als auch für die Justizbehörden nicht greifbar gewesen. Er hat dadurch eine Abschiebung umgangen. Hinzu kommt, dass der BF aufgrund seines bisherigen Vorverhaltens weder als vertrauenswürdig, noch als rückkehrwillig oder auch als kooperativ bezeichnet werden kann. Bei engerer Sicht der Sachlage muss erwähnt werden, dass der BF sich nicht nur der Fortsetzung der Justizhaft durch Flucht entzogen hat, sondern dass er auch im Zuge der Festnahme am 07.07.2019 nichts unversucht gelassen hat, sich auch hier der Behörde abermals zu entziehen, in dem er bei der Übergabe seines Hundes an seine Familie versucht hatte, die Polizei "auszusperren". Aufgrund dieser Handlungen sieht das Gericht den BF nicht als vertrauenswürdig an und hat sich nach Ansicht des Gerichts auch manifestiert, dass der BF jedenfalls nicht zu einer Rückkehr in seinen Heimatstaat bereit ist. Dies, obwohl er nunmehr einen Antrag zur freiwilligen Rückkehr gestellt hat. Die Antragsstellung wurde seitens der Behörde zurecht als Scheinantragsstellung qualifiziert und daher abgelehnt. Im Hinblick auf das Gesamtbetragen des BF, welches teilweise aggressiv ist, konnte das Gericht anhand des bisherigen Verhaltens dem BF keine Kooperationsfähigkeit- bzw. Willigkeit attestieren. Begründete Anhaltspunkte dafür, dass sich dies nunmehr konkret ändern würde, hat das Verfahren nicht ergeben.

Der BF verfügt über kein eigenes Einkommen und ist derzeit nicht selbsterhaltungsfähig.

Aus dem behördlichen Schubhaftakt und dem fremdenrechtlichen Akt ergibt sich, dass der BF in Österreich über mehrere Familienangehörige verfügt, einen minderjährigen Sohn hat und mit seiner Freundin (Kindesmutter) im regelmäßigen Kontakt steht. Er hat in Österreich die Schule besucht und eine begonnene Lehre abgebrochen. Das Gericht geht daher diesbezüglich davon aus, dass der BF aufgrund der eben genannten Umstände in Österreich ganz offensichtlich über ein soziales Netz verfügt und Interesse daran hat, auch in Österreich weiter seinen Aufenthalt begründen zu können. Unter normalen Umständen würde ein derartig bestehendes soziales Netz dazu geeignet sein, jemanden davon abzuhalten, unterzutauchen und sich dadurch den Behörden zu entziehen. Im konkreten Fall jedoch kann festgestellt werden, dass dieses soziale Netz auch schon während der vergangenen Monate in gleicher Weise bestand hatte. Der BF ist seinerzeit von einem Freigang nicht wiedergekehrt und in weiterer Folge untergetaucht. Es hat sich daher bereits klar gezeigt, dass die vom BF hier vorgefundenen familiären Umstände ihn schon damals nicht abgehalten haben, sich vor den Behörden zu verstecken und unterzutauchen. Dies auch nicht, obwohl er glaubhaft angibt, sich gerne um seinen minderjährigen Sohn zu kümmern. Das Gericht konnte daher, wie auch die Behörde, aufgrund dieser Tatsache nicht davon ausgehen, dass das gegebene familiäre Netz daher tatsächlich nunmehr ausreichend geeignet ist, nunmehr, als sich der BF in Schubhaft befindet, ihn von einem abermaligen Untertauchen abzuhalten. Wesensmäßig besteht diesbezüglich kein Unterschied zwischen der Justizhaft und der nunmehrigen Schubhaft. Der BF will nicht in Haft verbleiben und hat in der Vergangenheit auch eine Möglichkeit (Flucht) gefunden, um in Freiheit zu bleiben. Umstände, die diese Konstellation nunmehr anders erscheinen ließen, hat das Schubhaftverfahren nicht ergeben.

Der BF ist, wie bereits festgehalten, nicht vertrauenswürdig. Im Rahmen einer Gesamtsicht, die durch das Gericht durchzuführen war, ergibt sich daher, dass der BF aufgrund seines Vorverhaltens in Zusammensicht mit den Ergebnissen des gerichtlichen Verfahrens zur Überprüfung des vorliegenden Bescheids weiterhin als fluchtgefährlich zu qualifizieren war. Das Gericht sieht daher im Gleichklang mit der Behörde, Sicherungsbedarf im Sinne der Erfüllung der Tatbestandsmerkmale des § 76 Abs. 3 Z. 1, 3 und 9 FPG für gegeben an.

3.1.4. Darüber hinaus ist die Verhältnismäßigkeit der Schubhaftnahme nach Ansicht des erkennenden Gerichtes ebenso gegeben. Betrachtet man die Interessen des BF an den Rechten seiner persönlichen Freiheit in Bezug auf seine familiären bzw. sozialen Verhältnisse im Inland zeigt sich, dass der Beschwerdeführer zwar durchaus berücksichtigungswürdige familiäre/sozialen Kontakte im Inland hat, diese aber in der Vergangenheit allesamt jedoch nicht in der Lage waren, ihm einen fundierte Halt zu geben und ihn vom Untertauchen abzuhalten. Auf der anderen Seite hat der BF gegen verwaltungsrechtliche und massiv und wiederholt auch gegen strafrechtliche Bestimmungen verstoßen und damit zum Ausdruck gebracht, dass er ganz klar keine Unterordnung unter das im Inland bestehende Rechtssystem beabsichtigt. Er hat in Österreich zwar seine Sozialisation erfahren, hat aber dennoch verabsäumt, sich um die ernsthafte Einhaltung der in Österreich geltenden Gesetze zu kümmern und ist elf Mal verurteilt worden. Die Folge daraus war der Ausspruch einer Rückkehrentscheidung und auch eines Einreiseverbots. Die Republik Österreich hat damit nach Ansicht des Gerichts nunmehr ausreichend klar dargestellt, dass ein Verbleib des BF im Inland zumindest derzeit rechtlich nicht gedeckt ist und sohin auch ein erhöhtes Interesse an einer Außerlandesbringung des BF kundgetan. Die Tatsache eines im Inland befindlichen Familienverbandes alleine kann die persönlichen Interessen des BF am Verbleib in Österreich im vorliegenden Fall nicht ausreichend stärken um ein Überwiegen des öffentlichen Interesses an der gesicherten Außerlandesbringung des BF und eines geordneten Fremdenwesens erfolgreich herabzumindern. Das Gericht geht daher - wie oben angeführt - von der Verhältnismäßigkeit der Verhängung der Schubhaft aus, zumal die Bemühungen des BFA eine baldige Abschiebung durchführen zu können, im Rahmen des Verfahrens deutlich hervorgekommen sind. Darüber hinaus ist der BF auch ein mehrfach verurteilter Straftäter und ist dies bei der Verhältnismäßigkeit der Schubhaft ebenso als evidentes Interesse der Allgemeinheit, den BF Außerlandes zu bringen, zu berücksichtigen. Es ist daher dem BF nach Ansicht des Gerichtes zuzumuten, bis zu seiner bald zu erwartenden Abschiebung in Schubhaft zuzubringen.

3.1.5. Die Anordnung eines gelinderen Mittels führt nach Ansicht des Gerichts nicht zu einer ausreichenden Sicherung der Durchführbarkeit einer konkreter werdenden Abschiebung. Die Kriterien, die bereits unter dem Punkt "Sicherungsbedarf" erörtert wurden, zeigen eindeutig, dass eine jederzeitige Erreichbarkeit des Beschwerdeführers nicht mit der erforderlichen Sicherheit gewährleistet wäre. Es ist nicht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer, der ein evidentes Interesse daran hat, dass er im Inland verbleiben kann, nicht abermals für die Behörde unerreichbar sein und nicht wieder erfolgreich untertauchen würde. Auch die familiäre Bindung war in der Vergangenheit nicht ausreichend in der Lage den BF von der Begehung zahlreicher Straftaten, der Flucht aus der Strafhaft und dem nachfolgenden Untertauschen abzuhalten. Unter Berücksichtigung aller Umstände ist die Behörde daher zutreffend davon ausgegangen, dass mit der Anordnung gelinderer Mittel das Auslangen nicht gefunden werden kann.

3.1.6. Die gegenständlich verhängte Schubhaft erweist sich daher auch als "ultima ratio" und wird die Schubhaft auch bis zur Ausstellung eines Heimreisezertifikates und der darauffolgenden Abschiebung weiterzuführen sein. Auf Grund des zuvor Ausgeführten ergibt sich, dass sowohl Sicherungsbedarf, als auch Verhältnismäßigkeit gegeben sind und die Anwendung eines gelinderen Mittels nicht als erfolgversprechend zu beurteilen war. In diesem Sinne ist auch das Kriterium der "ultima ratio" im vorliegenden Schubhaftverfahren gegeben.

3.1.7. Die Behörde hat im gegenständlich bekämpfen Schubhaftbescheid die Beweggründe für die Erforderlichkeit der Verhängung der Haft erkennbar aufgezeigt und sich mit der konkreten Situation des BF auseinandergesetzt. Die familiären Verhältnisse, die aus dem vorangegangenen Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung bekannt waren wurden ebenso ins Kalkül gezogen, wie die mehrfache Straftäterschaft und die Flucht des BF aus der Strafhaft. Wie oben näher ausgeführt wird, gelangt die gerichtliche Überprüfung der laufenden Schubhaft nicht zu einer Unrechtmäßigkeit der bescheidmäßigen Verhängung.

3.1.8. Im vorliegenden Fall konnte von der Abhaltung einer mündlichen Verhandlung und der Einvernahme der beantragten Zeugen Abstand genommen werden, da der Sachverhalt im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens hinreichend geklärt werden konnte. Der Sachverhalt konnte aus den Akten in Zusammensicht mit den gerichtlichen Feststellungen im fremdenrechtlichen Verfahren aufgrund der bestehenden Aktualität abschließend ermittelt und beurteilt werden und wurden die Zeugen in der Beschwerdeschrift lediglich zu einem unstrittigen Beweisthema geführt. Das Bestehen wesentlicher sozialer Kontakte wurde im Verfahren nie bestritten, sodass von einer Einvernahme der Zeugen Abstand genommen werden konnte. Gründe für die zwingende Abhaltung einer mündlichen Verhandlung lagen daher nicht vor. Das Gericht weicht nicht von der Beweiswürdigung der Behörde ab und hat sich bereits aus dem vorliegenden Akteninhalt klar ergeben, dass zur Klärung der Rechtmäßigkeit der vorliegenden Schubhaft die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung nicht erforderlich gewesen ist.

4. Wenn in der Beschwerdeschrift moniert wird, dass sich aus dem Akt ergibt, dass die Polizei lediglich einmal am 05.06.2019 an der Meldeadresse des BF eine Überprüfung vorgenommen hat und daher nicht gesagt werden könne, dass der BF untergetaucht war, erwägt das Gericht Folgendes: Die Tatsache, dass der BF am 21.05.2019 nicht wieder in die Strafhaft zurückgekehrt ist, indiziert nach Ansicht des Gerichts, dass der BF zu diesem Zeitpunkt ganz offenbar für die Justiz- und auch für die Fremdenbehörde nicht greifbar sein wollte. Es ist daher unlogisch davon auszugehen, dass der BF statt in die Haft, ganz einfach an seine Meldeadresse zurückgekehrt wäre. Um die Richtigkeit dieser Annahme zu prüfen, erfolgte am 05.06.2019 die erwähnte polizeiliche Nachschau. Es verwunderte daher keinesfalls, dass der BF an der Adresse zu diesem Zeitpunkt nicht angetroffen werden konnte. Alles andere wäre auch sehr unerwartet gewesen, musste doch der BF damit rechnen, dass er aufgrund der Flucht aus der Justizhaft zur Personenfandung ausgeschrieben gewesen ist. Unter den konkret gegebenen Umständen erachtet das Gericht daher jedenfalls den Beweis des Untertauchens des BF in diesem Zeitrahmen als erbracht.

Zu Spruchpunkt II. - Vorliegen der Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft:

Die getroffenen Feststellungen und ihre rechtliche Würdigung lassen im Hinblick auf ihre Aktualität und ihres Zukunftsbezuges keine, die Frage der Rechtmäßigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft ändernde Umstände erkennen. Es war daher spruchgemäß festzustellen, dass zum Zeitpunkt dieser Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

Zu Spruchpunkt III. und IV. - Kostenbegehren

Beide Parteien begehrten den Ersatz ihrer Aufwendungen entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen. Da die Verwaltungsbehörde vollständig obsiegte, steht ihr nach den angeführten Bestimmungen dem Grunde nach der Ersatz ihrer Aufwendungen zu. Die Höhe der zugesprochenen Verfahrenskosten stützt sich auf die im Spruch des Erkenntnisses genannten gesetzlichen Bestimmungen.

Zu Spruchpunkt B. - Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

Wie zu Spruchpunkt I. und II. ausgeführt sind keine Auslegungsfragen hinsichtlich der anzuwendenden Normen hervorgekommen, es waren auch keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen. Die Revision war daher in Bezug auf beide Spruchpunkte nicht zuzulassen. Im Hinblick auf die eindeutige Rechtslage in den übrigen Spruchpunkten war die Revision gleichfalls nicht zuzulassen.

Schlagworte

Fluchtgefahr, Kostenersatz, öffentliche Interessen,
Rückkehrentscheidung, Schubhaft, Sicherungsbedarf, strafrechtliche
Verurteilung, Untertauchen, Verhältnismäßigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W171.2221227.1.00

Zuletzt aktualisiert am

03.10.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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