Entscheidungsdatum
19.07.2019Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
W207 2176072-2/4E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Michael SCHWARZGRUBER über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX .1998, StA. Afghanistan, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Dr. Helmut BLUM, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 09.06.2019, Zl. 1049531309/190416802 EAST Ost, zu Recht:
A)
I. Die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheides wird gemäß § 68 AVG als unbegründet abgewiesen.
II. Die Beschwerde gegen die Spruchpunkte III. bis VII. des angefochtenen Bescheides wird gemäß §§ 57, 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG und §§ 52, 55 FPG als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer, ein nunmehr volljähriger, männlicher, lediger Staatsangehöriger von Afghanistan und Angehöriger der Volksgruppe der Hazara, verließ seinen eigenen Angaben bei der am 08.01.2015 erfolgten Erstbefragung zufolge im Jahr 2013 sein Heimatland, begab sich mit seiner Familie in den Iran und reiste im November 2014 alleine und schlepperunterstützt über die Türkei, Griechenland, Mazedonien, Serbien und Ungarn nach Österreich, wo er als damals unbegleiteter Minderjähriger am 06.01.2015 den ersten Antrag auf internationalen Schutz stellte.
Im Verlauf seiner Erstbefragung nach dem Asylgesetz durch die Polizeiinspektion Traiskirchen EASt vom 08.01.2015 gab der damals minderjährige Beschwerdeführer im Beisein einer Rechtsberaterin neben seinen Angaben zum Reiseweg im Wesentlichen an, dass er in Uruzgan geboren worden sei, von 2001 bis 2004 die Koranschule besucht habe und zuletzt Hilfsarbeiter am Bau gewesen sei. In Afghanistan habe er in der Provinz Uruzgan gewohnt und seine finanzielle Situation in Afghanistan sehe gut aus. Seine Eltern, seine vier Brüder und seine zwei Schwestern würden in Teheran leben. Ihre finanzielle Situation sei gut. Der Beschwerdeführer habe Afghanistan verlassen, weil sein namentlich genannter Bruder, der beim Verteidigungsministerium als einfacher Soldat gearbeitet habe, von den Taliban verschleppt worden sei. Deshalb habe sein Vater beschlossen, mit der gesamten Familie in den Iran zu reisen. Der Beschwerdeführer habe gehört, dass Flüchtlinge in Europa Papiere bekommen würden, weshalb die gesamte Familie beschlossen habe, er solle nach Europa gehen.
Im Rahmen seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge auch als BFA oder als belangte Behörde bezeichnet) am 14.09.2017 gab der Beschwerdeführer im Wesentlichen an, er sei gesund, leide aber an einer Allergie und habe ein Problem mit der Nase, welches operativ entfernt werde. Er nehme Nasenspray und Cortison. Während der Beschwerdeführer eingangs erwähnte, aus der Provinz Uruzgan zu kommen und dort die letzte Wohnadresse gehabt zu haben, führte er befragt nach einem kurzen Lebenslauf aus, er sei in Daikundi geboren und dort aufgewachsen. Er habe neun Monate in Daikundi den Koran gelernt und mit seinem Vater sechs Jahre lang als Schäfer gearbeitet. Er habe (auch) zwei Jahre lang auf der Tankstelle als Tankwart gearbeitet und mit seinem Lohn den Lebensunterhalt bestritten. Nach Vorhalt der widersprüchlichen Angaben zum Wohnort erklärte der Beschwerdeführer, sein Vater habe in Uruzgan Grundstücke gehabt. Sie hätten dort Probleme mit Taliban gehabt, weshalb sie nach Daikundi geflüchtet seien, als der Beschwerdeführer noch nicht auf der Welt gewesen sei. Zu seinen Familienangehörigen gab der Beschwerdeführer an, seine Eltern und Geschwister würden alle im Iran leben, wo der Vater in einem Hotel und die Mutter als Hausmeisterin arbeite. Ein jüngerer Bruder sei nach Afghanistan geschickt worden und er sei seitdem verschwunden. Zum Fluchtgrund führte der Beschwerdeführer im Wesentlichen aus, die Taliban hätten sie wegen der Religion immer von den Bussen heruntergeholt und geschlagen. Eine Schwester und ein Cousin seien unter diesen Umständen gestorben. Sie seien zu Tode geschlagen und ihre Leichen seien einfach auf das Feld geworfen worden. Der ältere, namentlich genannte Bruder des Beschwerdeführers sei auch von den Taliban festgenommen worden und seitdem gebe es keine Nachricht oder Meldung mehr von ihm. Betreffend sein Leben in Österreich gab der Beschwerdeführer an, er habe hier weder Familienangehörige noch Verwandte, lebe von der Grundversorgung, habe A1- und A2-Deutschprüfungen positiv absolviert und einen Vorbereitungskurs für den Pflichtschulabschluss besucht, helfe freiwillig gemeinnützig in der Gesellschaft, habe viele Bewerbungsschreiben versendet, pflege guten Kontakt zu seinen Pateneltern sowie zu einer anderen Familie und habe keine engen Freunde, weil er fast immer zu Hause sei und mit seinen Pateneltern lerne. Mit seinen afghanischen Freunden spiele er Fußball und sie würden miteinander kochen. Früher habe er bei seinen Pateneltern gewohnt, nunmehr wohne er wegen der Schule in XXXX .
Am 28.09.2017 langte bei der belangten Behörde eine Stellungnahme zu den Länderinformationen ein, worin im Wesentlichen geltend gemacht wurde, aufgrund der Entführung von zwei seiner Brüder sei mit hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass die Taliban den Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan aufsuchen würden. Eine innerstaatliche Fluchtalternative sei im Falle des Beschwerdeführers nicht zumutbar, weil er auf kein familiäres Netz zurückgreifen könne. Eine Abschiebung würde daher eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen.
Mit Bescheid vom 10.10.2017 wies das BFA den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 Asylgesetz 2005 (AsylG) idgF (Spruchpunkt I.) als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 leg. cit. ab (Spruchpunkt II.). Gleichzeitig wurde dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt, gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) idgF gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idgF erlassen sowie gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt III.), und gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für seine freiwillige Ausreise mit "14 ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung" festgesetzt (Spruchpunkt IV.).
Begründend wurde zusammengefasst zu Spruchpunkt I. ausgeführt, dass dem Vorbringen des Beschwerdeführers zu den behaupteten Verfolgungsgründen die Glaubwürdigkeit abzusprechen sei und sich auch sonst bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen keine Hinweise auf das Vorliegen eines Sachverhaltes, welcher zur Gewährung von Asyl führen würde, ergeben hätten. In Bezug auf Spruchpunkt II. wurde festgehalten, dass die Provinz Daikundi ausreichend sicher sei und dem Beschwerdeführer als einem volljährigen, an keiner lebensbedrohenden Krankheit leidenden Mann im erwerbsfähigen Alter eine Ansiedlung in seiner Herkunftsprovinz möglich sei, zumal er Unterstützung durch Familienangehörige und Rückkehrhilfe in Anspruch nehmen könne. Zu Spruchpunkt III. wurde erwogen, dass kein schützenswertes Familienleben vorliege und die öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung schwerer wiegen würden als die Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib in Österreich, weshalb nicht unverhältnismäßig in das Recht auf Achtung des Privatlebens eingegriffen werde.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht im Wege seiner damaligen Rechtsvertretung Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht, in welcher im Wesentlichen moniert wurde, dass die Verwaltungsbehörde das widerspruchsfreie Vorbringen des Beschwerdeführers bei richtiger Beweiswürdigung als glaubhaft erachten und ihm wegen unterstellter Zusammenarbeit mit den "Amerikanern" daher die Flüchtlingseigenschaft aus religiösen und politischen Gründen zuerkennen hätte müssen. Zur Lage in der Provinz Daikundi hätte die Behörde einen ausschnittsweise zitierten Bericht von EASO im Jänner 2016 berücksichtigen können und wäre sodann zur Frage des subsidiären Schutzes zu einem anderen Ergebnis gelangt. Zudem habe der Beschwerdeführer einen hohen Integrationsgrad während seines knapp dreijährigen Aufenhaltes erreicht, weshalb die Rückkehrentscheidung auf Dauer für unzulässig zu erklären sei. Der Beschwerde wurde ein Konvolut von Unterlagen zum Nachweis der Integrationsbemühungen angeschlossen.
Mit Schreiben der nunmehrigen rechtsfreundlichen Vertretung vom 05.12.2017, 16.01.2018, 24.01.2018, 05.04.2018, 03.05.2018, 07.06.2018, 27.06.2018, 29.08.2018 und 08.11.2018 wurden weitere Integrationsunterlagen sowie ein Arztbrief und eine Bestätigung für einen stationären Aufenthalt des Beschwerdeführers vom 28.12.2017 bis 30.12.2017 in Vorlage gebracht.
Am 12.11.2018 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, in welcher der Beschwerdeführer zu seinem Fluchtgrund, zu seinen Lebensumständen in Österreich sowie in Afghanistan befragt wurde und diverse Unterlagen betreffend die Integration des Beschwerdeführers vorgelegt wurden.
In einer am 27.11.2018 eingelangten schriftlichen Stellungnahme wurde auf die trotz der relativ kurzen Aufenthaltsdauer bereits außergewöhnlich gute Integration des Beschwerdeführers hingewiesen. Er habe in Österreich eine Ersatzfamilie gefunden und eine Adoption sei geplant, gestalte sich jedoch aufgrund der fehlenden Identitätsdokumente als schwierig. Im Falle einer Rückkehr wäre der Beschwerdeführer in Kabul oder auch in Mazar-e Sharif tagtäglich Lebensgefahr ausgesetzt und er habe keine familiären Anknüpfungspunkte mehr in Afghanistan, weil sich seine Familie im Iran befinde und diese nicht in der Lage sei, ihn in irgendeiner Weise zu unterstützen. Eine innerstaatliche Fluchtalternative sei mehr als problematisch, diesbezüglich werde auf die UNHCR-Richtlinien 2018 verwiesen.
Mit Erkenntnis vom 07.01.2019, W144 2176072-1/18E, wies das Bundesverwaltungsgericht - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 12.11.2018 - die gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen vom 10.10.2017 erhobene Beschwerde rechtskräftig als unbegründet ab.
Das Bundesverwaltungsgericht traf in diesem Erkenntnis auf Grundlage der Ermittlungsergebnisse im Wesentlichen folgende individuelle, auf die Person des Beschwerdeführers bezogene Feststellungen:
"....
Der ledige und nunmehr volljährige BF ist ein Staatsangehöriger Afghanistans, gehört der Volksgruppe der Hazara und bekennt sich zum schiitischen Glauben. Er besuchte in Afghanistan einige Jahre lang eine Koranschule und beherrscht Dari sowie Farsi in Wort und Schrift. Er arbeitete sechs Jahre lang als Hirte und zwei Jahre lang als Tankwart bei einer Tankstelle in Afghanistan. Zudem war er im Iran erwerbstätig. Der BF stammt aus der Provinz Daikundi. Die Eltern und die Geschwister des BF leben im Iran. Sein Vater arbeitet in einem Hotel und seine Mutter arbeitet als Hausmeisterin. Eine Tante mütterlicherseits des BF ist in der Provinz Daikundi in Afghanistan wohnhaft.
1.2. Der BF ist arbeitsfähig und gesund. Vom 28.12.2017 bis zum 30.12.2017 war er zwecks Durchführung einer beidseitigen Nasenmuschelcoblation stationär in einem Klinikum aufhältig und wurde in subjektiv beschwerdefreiem Zustand nach Hause entlassen.
In Österreich ist der BF strafrechtlich unbescholten. Er bezieht seit der Asylantragstellung Leistungen im Rahmen der Grundversorgung und lebt nicht in einer Familiengemeinschaft oder einer familienähnlichen Lebensgemeinschaft. Vom 23.09.2016 bis zum 07.08.2017 lebte der BF im Haus eines österreichischen Ehepaars, wo ihm ein Mansardenzimmer sowie Sanitäreinrichtungen im Keller zur Verfügung gestellt wurden. Er wurde als familienähnliches Mitglied behandelt und wurde in den Familien- und Freundeskreis des Ehepaars integriert. Mit diesem Ehepaar unternahm er auch mehrere Ausflüge und nahm an diversen Veranstaltungen einschließlich Museums-, Theater- und Konzertbesuchen teil. Er verrichtete anfallende Arbeiten im Haus des Ehepaars und wurde von ihnen beim Erreichen seiner schulischen und beruflichen Ziele unterstützt. Der BF hat im Bundesgebiet auch afghanische Freunde gefunden, mit welchen er gemeinsam kocht und Fußball spielt.
Am 27.07.2016 und am 25.10.2016 bestand der BF ÖSD-Prüfungen für die Niveaus A1 und A2 jeweils mit der Bewertung "gut". In der Zeit von 17.03.2017 bis 30.06.2017 besuchte er Deutschkurse für das Niveau B1. Vom 11.07.2016 bis zum 05.10.2016 nahm er am Lehrgang "Bildung für junge Flüchtlinge" teil. Im Wintersemester 2016/17 und im Sommersemester 2017 besuchte er Vorbereitungskurse zum Pflichtschulabschluss und erfüllte die Anforderungen mit sehr gutem Erfolg. Am 24.06.2017 nahm er an dem Workshop "Integration leicht gemacht" teil. Er bemühte sich, eine Lehrstelle zu bekommen und bewarb sich bei mehreren Betrieben. In einem KFZ-Meisterbetrieb konnte er am 08.02.2017 einen Tag zur Probe arbeiten. Mit Bescheid des AMS vom 24.07.2017 wurde die Ausstellung einer Anzeigebestätigung nach § 3 Abs. 5 AuslBG für ein Volontariat des BF abgelehnt.
Um Kurse für den Pflichtschulabschluss machen zu können, verzog der BF am 08.08.2017 nach XXXX , wo er zuerst in einer Unterkunft für Asylwerber wohnhaft war und seit Februar 2018 ein Zimmer in einem Ordensklinikum bewohnt. Vom 17.11.2017 bis zum 19.11.2017 absolvierte der BF ein Volontariat in einem Gasthof. Beginnend mit 31.10.2017 arbeitete er in den Ferien täglich außer Samstag und Sonntag von 11 bis 18.30 Uhr freiwillig in einem Seniorenzentrum. Bis zum 07.06.2018 nahm er an einem aus 13 Einheiten bestehenden "Al Massira"-Kurs teil. Vom 20.08.2018 bis zum 22.08.2018 besuchte er einen Kurs zur Ausbildung zum Führen von Hubstaplern. Vom 22.03.2018 bis zum 25.05.2018 besuchte der BF den Kurs "Pflichtschulabschlussprüfung Hauptkurs Deutsch" und vom 06.04.2018 bis zum 20.06.2018 den Kurs "Pflichtschulabschlussprüfung Kreativität und Gestaltung". Der Kurs "Pflichtschulabschlussprüfung Berufsorientierung" wurde im November 2018 abgeschlossen. Zurzeit besucht der BF noch einen weiteren Kurs für die Pflichschulabschlussprüfung, der bis Februar 2019 läuft. Nach Absolvierung der Pflichtschulabschlussprüfung beabsichtigt der BF, eine Ausbildung zum Pflegeassistenten zu beginnen. Er wäre auch bereit, eine Lehre zu absolvieren. Er besucht auch regelmäßig ein Lerncafé, wo er auch als Dolmetscher fungiert. Zum genannten Ehepaar steht der BF nach wie vor in Kontakt und es finden regelmäßige gegenseitige Besuche statt. Seitens dieses Ehepaares wurde der Wunsch geäußert, den BF zu adoptieren.
1.3. Nicht festgestellt werden kann, dass der BF sein Heimatland aus den von ihm genannten Gründen verlassen hat.
...."
Neben umfassenden Länderfeststellungen zur Sicherheits- und Versorgungslage in Afghanistan traf das Bundesverwaltungsgericht in seinem rechtskräftigen Erkenntnis zu den medizinischen Behandlungsmöglichkeiten in Afghanistan folgende Feststellungen:
"Medizinische Versorgung
Gemäß Artikel 52 der afghanischen Verfassung muss der Staat allen Bürgern kostenfreie primäre Gesundheitsversorgung in öffentlichen Einrichtungen gewährleisten; gleichzeitig sind im Grundgesetz die Förderung und der Schutz privater Gesundheitseinrichtungen vorgesehen (MPI 27.1.2004; Casolino 2011). Allerdings ist die Verfügbarkeit und Qualität der Grundbehandlung durch Mangel an gut ausgebildeten Ärzten und Assistenzpersonal (v.a. Hebammen), mangelnde Verfügbarkeit von Medikamenten, schlechtes Management sowie schlechte Infrastruktur begrenzt. Dazu kommt das starke Misstrauen der Bevölkerung in die staatlich finanzierte medizinische Versorgung. Die Qualität der Kliniken variiert stark. Es gibt praktisch keine Qualitätskontrollen. Berichten zufolge haben rund 10 Millionen Menschen in Afghanistan keinen oder nur eingeschränkten Zugang zu medizinischer Grundversorgung. Viele Afghanen suchen, wenn möglich, privat geführte Krankenhäuser und Kliniken auf. Die Kosten von Diagnose und Behandlung dort variieren stark und müssen von den Patienten selbst getragen werden. Daher ist die Qualität der Behandlung stark einkommensabhängig. Auch die Sicherheitslage hat erhebliche Auswirkungen auf die medizinische Versorgung (AA 5.2018).
In den letzten zehn Jahren hat die Flächendeckung der primären Gesundheitsversorgung in Afghanistan stetig zugenommen (WHO o.D.). Das afghanische Gesundheitssystem hat in dieser Zeit ansehnliche Fortschritte gemacht (TWBG 10.2016; vgl. USAID 25.5.2018). Gründe dafür waren u. a. eine solide öffentliche Gesundheitspolitik, innovative Servicebereitstellung, Entwicklungshilfen usw. (TWBG 10.2016). Einer Umfrage der Asia Foundation (AF) zufolge hat sich 2017 die Qualität der afghanischen Ernährung sowie der Gesundheitszustand in den afghanischen Familien im Vergleich zu 2016 gebessert (AF 11.2017).
Das afghanische Gesundheitsministerium (MoPH) hat mit Unterstützung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) einen Strategieplan für den Gesundheitssektor (2011-2015) und eine nationale Gesundheitspolicy (2012-2020) entwickelt, um dem Großteil der afghanischen Bevölkerung die grundlegende Gesundheitsversorgung zu garantieren (WHO o.D.).
Trotz signifikanter Verbesserungen im Bereich des Deckungsgrades und der Qualität der Gesundheitsversorgung wie auch einer Reduzierung der Sterberate von Müttern, Säuglingen und Kindern unter fünf Jahren liegen die afghanischen Gesundheitsindikatoren weiterhin unter dem Durchschnitt der einkommensschwachen Länder. Des Weiteren hat Afghanistan eine der höchsten Unterernährungsraten der Welt. Etwa 41% der Kinder unter fünf Jahren leiden unter chronischer Unterernährung. Sowohl Frauen als auch Kinder leiden an Vitamin- und Mineralstoffmangel (TWBG 10.2016). In den Bereichen Mütter- und Kindersterblichkeit kam es zu erheblichen Verbesserungen: Während die Müttersterblichkeit früher bei 1.600 Todesfällen pro 100.000 Geburten lag, belief sie sich im Jahr 2015 auf 324 Todesfälle pro 100.000 Geburten. Allerdings wird von einer deutlich höheren Dunkelziffer berichtet. Bei Säuglingen liegt die Sterblichkeitsrate mittlerweile bei 45 Kindern pro 100.000 Geburten und bei Kindern unter fünf Jahren sank die Rate im Zeitraum 1990 - 2016 von 177 auf 55 Sterbefälle pro 1.000 Kindern. Trotz der Fortschritte sind diese Zahlen weiterhin kritisch und liegen deutlich über dem regionalen Durchschnitt (AA 5.2018). Weltweit sind Afghanistan und Pakistan die einzigen Länder, die im Jahr 2017 Poliomyelitis-Fälle zu verzeichnen hatten; nichtsdestotrotz ist deren Anzahl bedeutend gesunken. Impfärzte können Impfkampagnen sogar in Gegenden umsetzen, die von den Taliban kontrolliert werden. In jenen neun Provinzen, in denen UNICEF aktiv ist, sind jährlich vier Polio-Impfkampagnen angesetzt. In besonders von Polio gefährdeten Provinzen wie Kunduz, Faryab und Baghlan wurden zusätzliche Kampagnen durchgeführt (BFA Staatendokumentation 4.2018).
Krankenkassen und Gesundheitsversicherung
Das afghanische Gesundheitsministerium (MoPH) bietet zwei Grundversorgungsmöglichkeiten an: das "Essential Package of Health Services" (EPHS) und das "Basic Package of Health Services" (BPHS), die im Jahr 2003 eingerichtet wurden (MoPH 7.2005; vgl. MedCOI 4.1.2018). Beide Programme sollen standardisierte Behandlungsmöglichkeiten in gesundheitlichen Einrichtungen und Krankenhäusern garantieren. Die im BPHS vorgesehenen Gesundheitsdienstleistungen und einige medizinische Versorgungsmöglichkeiten des EPHS sind kostenfrei. Jedoch zahlen Afghanen und Afghaninnen oft aus eigener Tasche, weil sie private medizinische Versorgungsmöglichkeiten bevorzugen, oder weil die öffentlichen Gesundheitsdienstleistungen die Kosten nicht ausreichend decken (MedCOI 24.2.2017). Es gibt keine staatliche Unterstützung für den Erwerb von Medikamenten. Die Kosten dafür müssen von den Patienten getragen werden. Nur privat versicherten Patienten können die Medikamentenkosten zurückerstattet werden (IOM 5.2.2018).
Medizinische Versorgung wird in Afghanistan auf drei Ebenen gewährleistet: Gesundheitsposten (HP) und Gesundheitsarbeiter (CHWs) bieten ihre Dienste auf Gemeinde- oder Dorfebene an; Grundversorgungszentren (BHCs), allgemeine Gesundheitszentren (CHCs) und Bezirkskrankenhäuser operieren in den größeren Dörfern und Gemeinschaften der Distrikte. Die dritte Ebene der medizinischen Versorgung wird von Provinz- und Regionalkrankenhäusern getragen. In urbanen Gegenden bieten städtische Kliniken, Krankenhäuser und Sonderkrankenanstalten jene Dienstleistungen an, die HPs, BHCs und CHCs in ländlichen Gebieten erbringen (MoPH 7.2005; vgl. AP&C 9.2016). 90% der medizinischen Versorgung in Afghanistan werden dennoch nicht direkt vom Staat zur Verfügung gestellt, sondern von nationalen und internationalen NGOs, die über ein Vertragssystem beauftragt werden. Über dieses Vertragssystem wird sowohl primäre als auch sekundäre und tertiäre medizinische Versorgung zur Verfügung gestellt. Allerdings mangelt es an Investitionen in medizinische Infrastruktur. Der Bauzustand vieler Kliniken ist schlecht. Während in den Städten ein ausreichendes Netz von Krankenhäusern und Kliniken besteht, ist es in den ländlichen Gebieten für viele Afghanen schwierig, eine Klinik oder ein Krankenhaus zu erreichen (AA 5.2018).
Beispiele für Behandlung psychischer erkrankter Personen in Afghanistan
In der afghanischen Bevölkerung leiden viele Menschen an unterschiedlichen psychischen Erkrankungen. Die afghanische Regierung ist sich der Problematik bewusst und hat geistige Gesundheit als Schwerpunkt gesetzt. Jedoch ist der Fortschritt schleppend und die Leistungen außerhalb von Kabul sind dürftig. In der afghanischen Gesellschaft werden Menschen mit körperlichen und psychischen Behinderungen als schutzbedürftig betrachtet. Sie sind Teil der Familie und werden genauso wie Kranke und Alte gepflegt. Daher müssen körperlich und geistig Behinderte sowie Opfer von Missbrauch eine starke familiäre und gemeinschaftliche Unterstützung sicherstellen (BFA Staatendokumentation 4.2018).
Die Infrastruktur für die Bedürfnisse mentaler Gesundheit entwickelt sich langsam. So existieren z. B. in Mazar-e Sharif ein privates neuropsychiatrisches Krankenhaus (Alemi Hospital) und ein öffentliches psychiatrisches Krankenhaus. In Kabul existiert eine weitere psychiatrische Klinik. Landesweit bieten alle Provinzkrankenhäuser kostenfreie psychologische Beratungen an, die in einigen Fällen sogar online zur Verfügung stehen. Mental erkrankte Personen können beim Roten Halbmond, in entsprechenden Krankenhäusern und bei anderen Nichtregierungsorganisationen behandelt werden. Einige dieser NGOs sind die International Psychological Organisation (IPSO) in Kabul, die Medica Afghanistan und die PARSA (BFA Staatendokumentation 4.2018).
Traditionell mangelt es in Afghanistan an einem Konzept für psychisch Kranke. Sie werden nicht selten in spirituellen Schreinen unter teilweise unmenschlichen Bedingungen "behandelt" oder es wird ihnen durch eine "Therapie" mit Brot, Wasser und Pfeffer der "böse Geist ausgetrieben". Es gibt jedoch aktuelle Bemühungen, die Akzeptanz und Kapazitäten für psychiatrische Behandlungsmöglichkeiten zu stärken und auch Aufklärung sowohl über das Internet als auch in Form von Comics (für Analphabeten) zu betreiben (AA 9.2016; vgl. AP 18.8.2016). Beispielweise wurde in der Provinz Badakhshan durch internationale Zusammenarbeit ein Projekt durchgeführt, bei dem konventionelle und kostengünstige e-Gesundheitslösungen angewendet werden, um die vier häufigsten psychischen Erkrankungen zu behandeln: Depressionen, Psychosen, posttraumatische Belastungsstörungen und Suchterkrankungen. Erste Evaluierungen deuten darauf hin, dass in abgelegenen Regionen die Qualität der Gesundheitsversorgung verbessert werden konnte. Auch die gesellschaftliche Stigmatisierung psychisch Erkrankter konnte reduziert werden (BFA Staatendokumentation 4.2018).
Trotzdem findet die Behandlung von psychischen Erkrankungen - insbesondere Kriegstraumata - abgesehen von einzelnen Projekten von NGOs nach wie vor nicht in ausreichendem Maße statt (AA 5.2018).
Krankenhäuser in Afghanistan
Theoretisch ist die medizinische Versorgung in staatlichen Krankenhäusern kostenlos. Dennoch ist es üblich, dass Patienten Ärzte und Krankenschwestern bestechen, um bessere bzw. schnellere medizinische Versorgung zu bekommen (IOM 5.2.2018). Eine begrenzte Anzahl an staatlichen Krankenhäusern in Afghanistan bietet kostenfreie medizinische Versorgung. Privatkrankenhäuser gibt es zumeist in größeren Städten wie Kabul, Jalalabad, Mazar-e Sharif, XXXX und Kandahar. Die Behandlungskosten in diesen Einrichtungen variieren. Für den Zugang zur medizinischen Versorgung sind der Besitz der afghanischen Staatsbürgerschaft und die Mitnahme eines gültigen Ausweises bzw. der Tazkira erforderlich (RFG 2017). In öffentlichen Krankenhäusern in den größeren Städten Afghanistans können leichte und saisonbedingte Krankheiten sowie medizinische Notfälle behandelt werden. Es besteht die Möglichkeit, dass Beeinträchtigungen wie Herz-, Nieren-, Leber- und Bauchspeicheldrüsenerkrankungen, die eine komplexe, fortgeschrittene Behandlung erfordern, wegen mangelnder technischer bzw. fachlicher Expertise nicht behandelt werden können (IOM 5.2.2018). Chirurgische Eingriffe können nur in bestimmten Orten geboten werden, die meist einen Mangel an Ausstattung und Personal aufweisen (RFG 2017). Wenn eine bestimmte medizinische Behandlung in Afghanistan nicht möglich ist, sehen sich Patienten gezwungen ins Ausland, meistens nach Indien, in den Iran, nach Pakistan und in die Türkei zu reisen. Da die medizinische Behandlung im Ausland kostenintensiv ist, haben zahlreiche Patienten, die es sich nicht leisten können, keinen Zugang zu einer angemessenen medizinischen Behandlung (IOM 5.2.2018).
Es folgt eine Liste einiger staatlicher Krankenhäuser:
* Ali Abad Krankenhaus: Kart-e Sakhi, Jamal Mina, Kabul University
Road, Kabul, Tel.: +93 (0)20 2510 355 (KUMS o.D.; vgl. MoPH 11.2012)
* Antani Krankenhaus für Infektionskrankheiten: Salan Watt, District 2, Kabul, Tel.: +93 (0)20 2201 372 (LN o.D.; vgl. MoPH 11.2012)
* Ataturk Kinderkrankenhaus: Behild Aliabaad (in der Nähe von der Kabul University), District 3, Kabul, Tel.: +93 (0)75 2001893 / +93 (0)20 250 0312 (LN o.D.; vgl. HPIC o.D.a, MoPH 11.2012)
* Istiqlal/Esteqlal Krankenhaus: District 6, Kabul, Tel.: +93 (0)20 2500674 (LN o.D.; vgl. AB 20.1.2016, MoPH 11.2012)
* Ibne Sina Notfallkrankenhaus: Pull Artal, District 1, Kabul, Tel.:
+93 (0)202100359 (LN o.D.; vgl. HPIC o.D.b, MoPH 11.2012)
* Jamhoriat Krankenhaus: Ministry of Interior Road, Sidarat Square, District 2,Kabul Tel: +93 (0)20 220 1373/ 1375 (LN o.D.; HPIC o.D.c, MoPH 11.2012)
* Malalai Maternity Hospital: Malalai Watt, Shahre Naw, Kabul, Tel.:
+93(0)20 2201 377 (LN o.D.; vgl. HPIC o.D.d, MoPH 11.2012)
* Noor Eye Krankenhaus: Cinema Pamir, Kabul, Tel.: +93 (0)20 2100 446 (LN o.D.; vgl. IAM o.D., MoPH 11.2012)
* Rabia-i-Balki Maternity Hospital: Frosh Gah, District 2, Kabul, Tel.: +93(0)20 2100439 (LN o.D.; vgl. MoPH 11.2012)
* Wazir Akbar Khan Krankenhaus: Wazir Akbar Khan, Kabul, Tel.: +93 (0)78 820 0419 (MoPH 11.2012; vgl. Tolonews 1.6.2017)
* Herat Regionalkrankenhaus: Khaja Ali Movafaq Rd, Herat (MoPH 2013; vgl. Pajhwok 3.8.2017)
* Mirwais Nika Krankenhaus in Kandahar, Tel.: +93 (0)79 146 4237 (ICRC 28.1.2018; vgl. ICRC 3.2.2017)
Es gibt zahlreiche private Kliniken, die auf verschiedene medizinische Fachbereiche spezialisiert sind. Es folgt eine Liste einiger privater Gesundheitseinrichtungen:
* Amiri Krankenhaus: Red Crescent, 5th Phase, Qragha Road, Kabul,
Tel.: +93 (0)20 256 3555 (IOM 5.2.2018)
* Shfakhanh Maljoy Frdos/Ferdows: Chahr Qala-e-Chahardihi Road,
Kabul, Tel.: +93 (0)70 017 3124 (Cybo o.D.)
* Khair Khwa Medical Complex: Qala Najar Ha, Kabul, Tel.: +93 (0)72 988 0850 (KMC o.D.)
* DK - German Medical Diagnostic Center: Ansari Square, 3d Street, Shahr-e Nau, Kabul, Tel.: +93 (0)70 606 0141 (MK o.D.)
* French Medical Institute for Mothers and Children: Hinter der Kabul University, Aliabad, Kabul, Tel.: +93 (0)20 2500 200 (FMIC o. D.)
* Luqmah Hakim: Bagh-e Azadi Ave, Herat, Tel.: +93 (0)79 232 5907 (IOM 5.2.2017; vgl. LHH o.D.)
* Alemi Krankenhaus: Mazar-e Sharif (BFA Staatendokumentation 4.2018)
Beispiele für Nichtregierungsinstitutionen vor Ort
Ärzte ohne Grenzen (MSF)
Médecins sans Frontières (MSF) ist in verschiedenen medizinischen Einrichtungen in Afghanistan tätig: im Ahmad Shah Baba Krankenhaus und im Dasht-e Barchi Krankenhaus in Kabul, in der Entbindungsklinik in Khost, im Boost Krankenhaus in Lashkar Gah (Helmand) sowie im Mirwais Krankenhaus und anderen Einrichtungen in Kandahar (MSF o. D.).
Das Komitee des internationalen Roten Kreuz (ICRC)
Auch die Sicherheitslage hat erhebliche Auswirkungen auf die medizinische Versorgung. Für den Zeitraum von Dezember 2017 bis März 2018 wurden Berichten zufolge insgesamt 48 Zwischenfälle in 13 Provinzen registriert. Nach mehreren Angriffen mit Todesfolge auf Mitarbeiter des ICRC, hat das Internationale Komitee des Roten Kreuzes 2017 einen erheblichen Teil seines Personals im Land abgezogen (AA 5.2018). Trotzdem blieb im Laufe des Jahres 2017 das ICRC landesweit aktiv. Tätigkeiten des Komitees zur Förderung der Gesundheitsfürsorge waren z.B. der Transport von Kriegsverwundeten in nahe liegende Krankenhäuser für weitere medizinische Versorgung, die Bereitstellung von Medikamenten und medizinischer Ausstattung zur Unterstützung einiger staatlicher Krankenhäuser, die Bereitstellung von medizinischer Unterstützung für das Mirwais Krankenhauses in Kandahar, die Unterstützung von Gesundheitsdienstleistungen in zwei Gefängnissen (Kandahar und Herat) usw. (ICRC 28.1.2018).
International Psychosocial Organization (IPSO) in Kabul
IPSO bietet landesweit psychosoziale Betreuung durch Online-Beratung und Projektfeldarbeit mit insgesamt 280 psychosozialen Therapeuten, wovon die Hälfte Frauen sind. Die Online-Beratung steht von 8-19 Uhr kostenfrei zur Verfügung; angeboten werden ebenso persönliche Sitzungen in Beratungszentren der Krankenhäuser. Einige der Dienste dieser Organisation sind auch an Universitäten und technischen Institutionen verfügbar. Unter anderem ist IPSO in den Provinzen Nangarhar, Kabul, Herat, Bamyan, Badakhshan, Balkh, Jawzjan und Laghman tätig (BFA Staatendokumentation 4.2018).
Medica Afghanistan in Kabul
Medica Afghanistan bietet kostenfreie psychosoziale Einzel- und Gruppentherapien an. Die Leistungen sind nur für Frauen zugänglich und werden in Kabul in unterschiedlichen Frauenhäusern und -gefängnissen sowie Jugendzentren angeboten. Auch werden die Leistungen der Organisation in drei Hauptkrankenhäusern, im "Women's Garden, im Ministeirum für Frauenangelegenheiten (MoWA) und an weiteren Standorten in Kabul angeboten (BFA Staatendokumentation 4.2018).
PARSA Afghanistan
Parsa ist seit 1996 als registrierte NGO in Afghanistan tätig. Die Organisation spezialisiert sich u.a. auf psychologische Leistungen und Ausbildung von afghanischem Fachpersonal, das in sozialen Schutzprogrammen tätig ist und mit vulnerablen Personen arbeitet. Zu diesen Fachkräften zählen Mitarbeiter in Zentren für Binnenvertriebene, Frauenhäusern und Waisenhäusern sowie Fachkräfte, die in lokalen Schulen am Projekt "Healthy Afghan Girl" mitarbeiten und andere Unterstützungsgruppen (BFA Staatendokumentation 4.2018).
Weitere Projekte
Das Telemedizinprojekt des Mobilfunkanbieters Roshan, verbindet Ärzte in ländlichen Gegenden mit Spezialisten im französischen Kindermedizininstitut in Kabul und dem Aga Khan Universitätskrankenhaus in Pakistan. Durch eine Hochgeschwindigkeits-Videoverbindung werden mittellose Patienten auf dem Land von Fachärzten diagnostiziert. Unter anderem bietet die von Roshan zur Verfügung gestellte Technologie afghanischen Ärzten die Möglichkeit, ihre medizinischen Kenntnisse zu erweitern und auf den neuesten Stand zu bringen (GI 17.12.2016; vgl. NCBI 23.3.2017)."
Beweiswürdigend tätigte das Bundesverwaltungsgericht u.a. folgende Ausführungen:
"Zu seiner Herkunft erweisen sich die Angaben des BF als gravierend widersprüchlich. Schon hinsichtlich seines Geburtsortes vermochte der BF keine gleichbleibenden Angaben zu machen. So gab er im Rahmen der Erstbefragung am 08.01.2015 und auch noch zu Beginn der Einvernahme am 14.09.2017 an, in XXXX geboren worden zu sein, demgegenüber behauptete er zu einem späteren Zeitpunkt der Einvernahme und auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht in Daikundi geboren worden zu sein. Ebenso sind seine Angaben zu seinen Wohnorten mit Widersprüchen behaftet. Anlässlich der Erstbefragung am 08.01.2015 erwähnte er an keiner Stelle die Provinz Daikundi, sondern führte unter den Punkten 8. und 8.1. als einzige Wohnsitzadresse in Afghanistan die Provinz Uruzgan, Distrik XXXX , ins Treffen, obwohl er explizit danach gefragt worden war, "alle Wohnanschriften in Afghanistan in chronologischer Reihenfolge" anzugeben. Im Gegensatz dazu brachte er in der Einvernahme nach Aufforderung, chronologisch und lückenlos die Aufenthaltsorte der letzten drei Jahre bis zu seiner Ausreise anzugeben, vor: "Ich war immer in Daikundi". Auffällig erscheint auch, dass der BF vor dem Bundesverwaltungsgericht die Aussage "unsere Provinz" auf die Provinz Uruzgan bezog, obwohl er in der Einvernahme vor dem BFA und auch in der mündlichen Verhandlung behauptet hatte, bloß fünf oder sechs Monate in dieser Provinz gewesen zu sein. Trotz dieser stark divergierenden Angaben des BF war letztlich davon auszugehen, dass er aus der Provinz Daikundi stammt, zumal schon das BFA von dieser Feststellung ausgegangen ist und der BF auch im Beschwerdeverfahren darauf beharrte, abgesehen von einem kurzen Zeitraum immer in dieser Provinz gelebt zu haben. Schließlich können auch aufgrund der Tatsache, dass die Provinz Daikundi erst im Jahr 2014 autonom wurde und davor ein Distrikt der Provinz Uruzgan war, sprachliche Unschärfen hinsichtlich der Angaben des zum Zeitpunkt der Erstbefragung noch minderjährigen BF zur Heimatprovinz nicht gänzlich ausgeschlossen werden.
Die Feststellungen zu den Familienangehörigen des BF und deren Lebenssituation ergeben sich aus seinen Angaben vor der Verwaltungsbehörde und vor dem Bundesverwaltungsgericht.
2.2. Die Feststellungen zum Gesundheitszustand des BF ergeben sich aus seinen Angaben in Zusammenschau mit den in Vorlage gebrachten Unterlagen. Da der BF zwar vor der Verwaltungsbehörde eine Allergie ins Treffen geführt hatte, vor dem Bundesverwaltungsgericht jedoch die Frage nach Krankheiten verneinte und vorbrachte, nicht in ärztlicher Behandlung zu stehen und auch keine Medikamente zu nehmen, war davon auszugehen, dass er nunmehr vollständig gesund und in Zusammenschau mit seinem Lebensalter auch arbeitsfähig ist.
Seine Lebensumstände im Bundesgebiet einschließlich seiner Integrationsbemühungen ergeben sich ebenfalls aus seinen Angaben vor der Verwaltungsbehörde und vor dem Bundesverwaltungsgericht in Verbindung mit den zahlreich vorgelegten Unterlagen und amtswegig eingeholten Auszügen. Die Adoption des BF betreffend wurde in der am 27.11.2018 eingelangten Stellungnahme vorgebracht, dass sie geplant sei, sich jedoch aufgrund der fehlenden Identitätsdokumente als schwierig gestalte. Dass bereits konkrete Schritte gesetzt wurden, wurde nicht geltend gemacht und die behaupteten Adoptionspläne blieben bis dato auch unbelegt, weshalb lediglich der Wunsch nach einer Adoption des BF festzustellen war. Im Übrigen brachte der BF derartige Pläne in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht, die erst rund zwei Wochen vor der schriftlichen Stellungnahme stattgefunden hatte, nicht vor, obwohl er dazu Gelegenheit gehabt hätte.
2.3. Die Negativfeststellung bezüglich des vom BF vorgebrachten Fluchtgrundes ergibt sich daraus, dass diesen Angaben des BF die Glaubwürdigkeit zu versagen war.
Da im gegenständlichen Verfahren die Aussage des Antragstellers die zentrale Erkenntnisquelle darstellt, müssen die Angaben des Antragstellers bei einer Gesamtbetrachtung auf ihre Glaubwürdigkeit überprüft werden. Eine Aussage ist grundsätzlich dann als glaubhaft zu qualifizieren, wenn das Vorbringen des Asylwerbers hinreichend substantiiert ist; er sohin in der Lage ist, konkrete und detaillierte Angaben über von ihm relevierte Umstände bzw. seine Erlebnisse zu machen. Weiters muss das Vorbringen plausibel sein, dh. mit überprüfbaren Tatsachen oder der allgemeinen Lebenserfahrung entspringenden Erkenntnissen übereinstimmen. Hingegen scheinen erhebliche Zweifel am Wahrheitsgehalt einer Aussage angezeigt, wenn der Asylwerber den seiner Meinung nach seinen Antrag stützenden Sachverhalt bloß vage schildert oder sich auf Gemeinplätze beschränkt. Weiteres Erfordernis für den Wahrheitsgehalt einer Aussage ist, dass die Angaben in sich schlüssig sind; so darf sich der Antragsteller nicht in wesentlichen Passagen seiner Aussage widersprechen und indizieren erst sehr spät geltend gemachte Bedrohungsszenarien bloß konstruiertes Vorbringen, da Asylwerber regelmäßig spontan Angaben erstatten, die der Wahrheit am nächsten kommen.
Diesen Anforderungen werden die Angaben des Asylwerbers aus nachstehend angeführten Gründen nicht gerecht:
Wie bereits oben beweiswürdigend ausgeführt wurde, erstattete der BF zu seiner Herkunft, zur Dauer seiner Schulbildung und zu seiner Erwerbstätigkeit im Iran widersprüchliche Angaben. Zudem gestand er in der Einvernahme vor dem BFA am 14.09.2017 zu, dass er in Griechenland als 19-Jähriger und sohin unter einem anderen Geburtsdatum aufgetreten sei, woran zu erkennen ist, dass seinen Angaben nicht uneingeschränkt vertraut werden kann. Hinsichtlich seines Fluchtvorbringens im gegenständlichen Verfahren verwickelte sich der BF in grobe Widersprüche, zumal er zur beruflichen Tätigkeit seines älteren Bruders, die vom BF als Grund für die Verfolgung durch die Taliban ins Treffen geführt wurde, stark divergierende Angaben machte. Während er bei der Erstbefragung am 08.01.2015 behauptete, sein Bruder sei "beim Verteidigungsministerium als einfacher Soldat" beschäftigt gewesen, brachte er in der Einvernahme am 14.09.2017 vor, sein Bruder habe "als Politiker in Kabul gearbeitet", bekräftigte diese Aussage an weiteren Stellen der Einvernahme und nahm auch in der Beschwerde darauf Bezug. In der mündlichen Verhandlung wandelte der BF sein Vorbringen wiederum ab und sprach spontan davon, dass sein Bruder "bei der Polizei beschäftigt" gewesen sei. Näher nach der Erwerbstätigkeit des genannten Bruders befragt, präzisierte der BF seine Angaben derart, dass der Bruder bei der Polizei gearbeitet habe und nach Absolvierung eines Studiums in XXXX in XXXX Dienst als Militärarzt versehen habe. Angesichts dessen, dass auch von einem bei der Erstbefragung 16-jährigen Asylwerber mit einiger Schulbildung erwartet werden kann, gleichbleibende Angaben über die Berufstätigkeit seines Bruders zu machen und die klaren und deutlichen Unterschiede zwischen den Berufen Soldat, Politiker, Polizist und Militärarzt zu kennen, erweisen sich diese Angaben des BF als derart massiv widersprüchlich, sodass sie einzig und allein den Schluss zulassen, dass die aufgrund der beruflichen Tätigkeit des Bruders behauptete Bedrohung durch die Taliban nicht den Tatsachen entspricht.
Der Vollständigkeit halber ist jedoch weiters zu erwähnen, dass der BF auch zum Dienstort des Bruders, der während einer Rückkehr nach Uruzgan in seinem Urlaub von den Taliban verschleppt worden sein soll, keine gleichbleibenden Angaben erstatten konnte. Hatte er in der Einvernahme vor dem BFA noch ausgeführt: "Mein Bruder ist zurück nach Uruzgan gekommen auf Urlaub, er hat als Politiker in Kabul gearbeitet", brachte er vor dem Bundesverwaltungsgericht vor, sein Bruder habe in XXXX Dienst als Militärarzt geleistet, habe Urlaub bekommen und sei nach Uruzgan gekommen. Dass der Bruder in seinem Urlaub von XXXX nach Uruzgan gekommen sei, bestätigte der BF auch ausdrücklich nach entsprechendem Vorhalt. Ein weiteres Indiz dafür, dass die vom BF behauptete Verfolgung durch die Taliban nicht den Tatsachen entspricht, ist auch darin zu sehen, dass der BF zum Verlassen seines Herkunftsstaates nicht gleichbleibend schildern zu vermochte, ob er alleine oder gemeinsam mit seiner Familie in den Iran geflüchtet sei. Bei der Erstbefragung gab der BF unter den Punkten 9. und 9.9. an, gemeinsam mit seiner Familie in den Iran gereist zu sein ("Vor zwei Jahren bin ich mit meiner Familie in den Iran gereist" bzw. "Vor zwei Jahren bin ich zusammen mit meiner Familie illegal von Afghanistan nach Iran gereist."). Demgegenüber machte er in der Einvernahme vor dem BFA geltend, nach dem behaupteten Vorfall mit den Taliban "von Uruzgan (...) alleine nach Kabul" gereist zu sein, weil sein Vater ihm gesagt habe, "dass ich nach Kabul kommen soll in ein Hotel und von dort aus kann ich mit einem Bus in den Iran fahren". Auch in der mündlichen Verhandlung bestand der BF darauf, alleine in den Iran und nicht in Begleitung der Familie gewesen zu sein. Nachvollziehbare Erklärungen, warum seine Angaben derart abweichen, vermochte weder er selbst noch seine rechtsfreundliche Vertretung abzugeben, zumal sich die Ausführungen der Rechtsvertreterin diesbezüglich auf die Einvernahme am 14.09.2017 beziehen und im Übrigen erst sehr spät im Laufe des Beschwerdeverfahrens erhoben wurden, obwohl der BF diese Einwände schon in der Beschwerde und in den zahlreichen Schreiben an das Bundesverwaltungsgericht geltend machen hätte können.
Auch das weitere Vorbringen des BF betreffend die Ermordung seiner Schwester XXXX durch die Taliban erscheint nicht glaubhaft, weil der BF noch bei der Erstbefragung am 08.01.2015 unter Punkt 5. ("Angaben über Familienangehörige im Herkunftsland oder anderem Drittstaat") angegeben hatte, dass seine Schwester XXXX circa 18 Jahre alt sei und dass alle Familienangehörige, darunter eben auch die genannte Schwester, in Teheran wohnhaft seien. Unter Berücksichtigung des Alters des BF wäre jedoch zu erwarten gewesen, dass er bereits an dieser Stelle den Tod seiner Schwester erwähnt hätte oder diese nicht in die Aufzählung der Familienangehörigen miteinbezogen hätte, wie er es bei seinem älteren, angeblich von den Taliban verschleppten Bruder gemacht hat.
Zum Verschwinden seines jüngeren Bruders XXXX erstattete der BF ebenso keine gleichbleibenden Angaben. Bei der Einvernahme am 14.09.2017 merkte der BF an, sein Bruder sei nach Afghanistan geschickt worden, und er präzisierte diese Angaben in der schriftlichen Stellungnahme datiert mit 27.09.2017 dahingehend, dass sich sein jüngerer Bruder auf Anweisung seines Vaters auf die Suche nach dem verschleppten älteren Bruder gemacht habe und dabei ebenfalls entführt worden sei. Demgegenüber behauptete er in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht, dieser Bruder sei von der iranischen Polizei aufgegriffen und nach Afghanistan abgeschoben worden. Nach der Abschiebung hätten ihn seine Eltern aufgefordert, wieder in den Iran zurückzukehren und seitdem sei er verschollen. Mit diesen Angaben vermag der BF das Bundesverwaltungsgericht nicht von der Glaubhaftigkeit dieses Vorfalls zu überzeugen, zumal dieses Vorbringen einerseits - zumindest nach dem Vorbringen in der schriftlichen Stellungnahme - auf der behaupteten Verfolgung durch die Taliban wegen der Berufstätigkeit des Bruders aufbaut, die wegen der oben dargelegten Widersprüche als nicht glaubhaft beurteilt wurde, und andererseits hinsichtlich des Grundes für die Rückkehr des jüngeren Bruders nach Afghanistan nicht konsistent ist.
Vor dem Hintergrund, dass den bisherigen Angaben des BF zu seinem Fluchtgrund die Glaubhaftigkeit abzusprechen war, erweist sich auch das Vorbringen zum Tod der Person, die für den BF Dokumente beschaffen hätte sollen, nicht als hinreichend glaubhaft. Das diesbezügliche Vorbringen des BF in der mündlichen Verhandlung deckt sich nämlich nicht mit den schriftlichen Ausführungen in einem Unterstützungsschreiben des ihm nahestehenden Ehepaars, wo dieser Zwischenfall erstmals im Verfahren geschildert wurde. Während der BF vor dem Bundesverwaltungsgericht angab, sein Cousin sei unterwegs zwischen Kandahar und Uruzgan von Taliban aufgegriffen worden, wird in dem Unterstützungsschreiben erwähnt, "ein junger Mann" sei "beim Vorbringen seines Anliegens" festgenommen und auf einem Baum erhängt worden. Da ein deutlicher Unterschied darin besteht, ob jemand unterwegs oder beim Vorbringen des Anliegens (bei der Behörde) festgenommen wird, und keine Gründe ersichtlich sind, warum das dem BF nahestehende Ehepaar seine Erzählungen falsch wiedergeben sollte, werden erhebliche Zweifel am Wahrheitsgehalt der Angaben des BF geweckt, die in Zusammenschau mit den bisherigen Erwägungen zu seinem Fluchtgrund dazu führen, dass auch dieses Vorbringen nicht hinreichend glaubhaft erscheint. Im Übrigen verneinte der BF in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht ausdrücklich, dass ihm aufgrund dieses Vorfalles bei einer Rückkehr nach Afghanistan Probleme mit Behörden erwachsen würden.
Auch unter Berücksichtigung der diesbezüglichen höchstgerichtlichen Judikatur, wonach zu beachten ist, ob der Asylwerber seinen Heimatstaat als Minderjähriger verlassen hat bzw. ob die Erzählung der Fluchtgeschichte aus der Perspektive eines Minderjährigen erfolgte (vgl. VwGH 02.09.2015, Ra 2014/19/0127), und das Alter sowie der Entwicklungsstand des Beschwerdeführers in Betracht zu ziehen, ein dem Alter entsprechender Maßstab an die Detailliertheit der Eindrücke des Beschwerdeführers anzulegen (vgl. VfGH 27.06.2012, U98/12) und das Aussageverhalten des Minderjährigen dahingehend zu würdigen ist, ob und welche Angaben von ihm unter Berücksichtigung seines Alters erwartet werden können (vgl. VwGH 08.09.2015, Ra 2014/18/0113), wird anhand der aufgezeigten Widersprüche in wesentlichen Punkten seines Fluchtvorbringens deutlich, dass im Rahmen einer abwägenden Gesamtbetrachtung die Gründe, die gegen die Glaubwürdigkeit der konkreten Bedrohungssituation und für ein konstruiertes Vorbringen sprechen, deutlich jene Gründe überwiegen, die für die vorgebrachte Bedrohungssituation sprechen, zumal sich die aufgezeigten Widersprüche auch nicht durch das Alter des BF - der zwar als Minderjähriger sein Herkunftsland verlassen hat und auch noch zum Zeitpunkt seiner Erstbefragung minderjährig, jedoch bei den weiteren Befragungen schon volljährig war - nicht erklären lassen. Dem BF ist es daher insgesamt nicht gelungen, sein Vorbringen zu seinen behaupteten Fluchtgründen glaubhaft zu machen, weshalb die von ihm ins Treffen geführte Bedrohungssituation für seine Person nicht als maßgeblicher Sachverhalt festgestellt werden konnte."
In rechtlicher Hinsicht wurde in diesem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 07.01.2019 im Hinblick auf die Frage der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides) im Wesentlichen ausgeführt, aus dem Umstand, dass dem Vorbringen des Beschwerdeführers zur individuell behaupteten Fluchtgeschichte die Glaubwürdigkeit zu versagen gewesen sei, folge rechtlich zunächst, dass seine Flüchtlingseigenschaft nicht festgestellt werden habe können und die Asylgewährung daher nicht statthaft sei. Insofern der Beschwerdeführer geltend gemacht habe, wegen seiner Zugehörigkeit zur schiitischen Minderheit der Hazara im Falle seiner Rückkehr einer "Gruppenverfolgung" ausgesetzt zu sein, sei festzuhalten, dass sich für die während der Taliban-Herrschaft besonders verfolgten Hazara - wie aus den zugrunde gelegten Länderfeststellungen ersichtlich sei - die Situation in der Zwischenzeit deutlich verbessert hat, wenngleich die gesellschaftlichen Spannungen fortbestünden und in lokal unterschiedlicher Intensität gelegentlich wieder auflebten. Eine asylrelevante Verfolgung allein aufgrund der Zugehörigkeit des Beschwerdeführers zur Ethnie der Hazara scheide daher angesichts der gegenwärtigen Berichtslage aus.
Bezüglich der Abweisung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides) wurde - hier verkürzt wiedergegeben - im Wesentlichen begründend ausgeführt, der Beschwerdeführer stamme aus der Provinz Daikundi, die entsprechend den zugrunde gelegten Länderfeststellungen als sichere und ruhige Provinz gelte. Wie schon vom BFA angenommen worden sei, würde eine Rückführung des Beschwerdeführers in diese Region sohin mit keiner maßgeblichen Gefahr für Leib und Leben verbunden sein, weshalb ihm eine Rückkehr dorthin zugemutet werden kann. Wie beweiswürdigend dargelegt worden sei, habe der Beschwerdeführer eine individuelle Bedrohung, die einer Rückverbringung entgegenstünde, nicht glaubhaft machen können. Auch sei es dem Beschwerdeführer möglich, seine Heimatprovinz sicher zu erreichen. Dem Beschwerdeführer sei es als einem uneingeschränkt arbeitsfähigen, ledigen Mann auch zumutbar, dass er sich seinen Lebensunterhalt durch eigene Erwerbstätigkeit verdiene. Er habe einige Jahre lang in Afghanistan die Koranschule besucht, beherrsche Dari in Wort und Schrift und sei vormals sechs Jahre lang als Hirte und zwei Jahre lang bei einer Tankstelle in Afghanistan erwerbstätig gewesen, wodurch er seinen Lebensunterhalt bestreiten habe können. Bei der Arbeitssuche würden ihm auch seine in Österreich ausgeübten Hilfstätigkeiten und die hier erworbene Bildung im Hinblick auf einen Pflichtschulabschluss zu Gute kommen. Da der Beschwerdeführer in der Provinz Daikundi aufgewachsen sei, mit den örtlichen Gegebenheiten vertraut sei und in Afghanistan schon am Erwerbsleben teilgenommen habe, werde es ihm nach Überwindung anfänglicher Schwierigkeiten möglich sein, durch eigene Erwerbstätigkeit seine Existenz zu sichern und für seine Grundbedürfnisse aufzukommen. Zudem verfüge er über einen familiären Anknüpfungspunkt in der Provinz Daikundi in Form seiner dort lebenden Tante mütterlicherseits. Außerdem könne der Beschwerdeführer Rückkehrhilfe, etwa von UNHCR oder IOM, in Anspruch nehmen, um unmittelbar nach seiner Rückkehr übergangsweise - auch im Hinblick auf den Zugang zu einer einfachen Unterkunft - das Auslangen zu finden. Aber selbst unter der Annahme, dass dem Beschwerdeführer eine Rückkehr in seine Heimatprovinz nicht möglich sein sollte, stehe ihm aufgrund der dortigen allgemeinen Gegebenheiten und seiner persönlichen Umstände eine innerstaatliche Fluchtalternative in Mazar-e Sharif zur Verfügung.
Zur gegen den Beschwerdeführer erlassenen Rückkehrentscheidung gem. § 52 Abs. 2 Z 2 FPG (Spruchpunkt III. des damals angefochtenen Bescheides) wurde im in Rechtskraft erwachsenen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 07.01.2019 u.a. Folgendes ausgeführt:
" ...
Da der Verwaltungsgerichtshof bereits zum Ausdruck gebracht hat, dass einer Aufenthaltsdauer von weniger als fünf Jahren für sich betrachtet noch keine maßgebliche Bedeutung für die durchzuführende Interessenabwägung zukommt (vgl. VwGH 30.07.2015, Ra 2014/22/0055), kann die hier vorliegende Aufenthaltsdauer von vier Jahren für sich genommen keine maßgebliche Verstärkung der persönlichen Interessen des BF an einer Titelerteilung bewirken.
Der Aufenthalt des BF wird zudem dadurch relativiert, dass er bloß aufgrund der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung als Asylwerber rechtmäßig war, sodass sich der Antragsteller seines unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst sein musste und sein Privatinteresse am weiteren Verbleib im Gastland gemindert zu gewichten ist.
Bei dieser Minderung der Gewichtung der Privatinteressen des BF scheint es angezeigt, zu differenzieren, ob ein Antragsteller keinesfalls mit der Fortsetzung seines Privatlebens im Gastland hat rechnen dürfen, dies wird etwa der Fall sein, wenn sich ein Antragsteller auf eine als unglaubwürdig erkannte Fluchtgeschichte beruft, oder ob der Antragsteller zum Zeitpunkt seiner Einreise tatsächlich war verfolgt war oder er guten Glaubens auf einen positiven Ausgang seines Asylverfahrens hoffen durfte (vgl. Auch Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 EMRK, ÖJZ 2007/74, Punkt 3a).
Nach ständiger Rechtsprechung der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts kommt dem öffentlichen Interesse aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung iSd Art. 8 Abs. 2 EMRK ein hoher Stellenwert zu. Der Verfassungsgerichtshof und der Verwaltungsgerichtshof haben in ihrer Judikatur ein öffentliches Interesse in dem Sinne bejaht, als eine über die Dauer des Asylverfahrens hinausgehende Aufenthaltsverfestigung von Personen, die sich bisher bloß auf Grund ihrer Asylantragsstellung im Inland aufhalten durften, verhindert werden soll (VfSlg. 17.516 und VwGH 26.06.2007, Zl. 2007/01/0479).
Zugunsten des BF ist zu werten, dass er sich schon von Beginn seines Aufenthalts im Bundesgebiet an hinsichtlich einer Integration in die österreichische Gesellschaft bemüht zeigte. Er absolvierte Deutschprüfungen für die Niveaus A1 sowie A2 und schloss den Hauptkurs Deutsch für die Pflichtschulabschlussprüfung ab. Zudem nahm er an diversen Integrationskursen teil und besucht ein Lerncafé, wo er auch als Dolmetscher fungiert. Er nutzte seinen Aufenthalt auch, um ehrenamtliche Tätigkeiten zu verrichten, absolvierte ein Volontariat in einem Gasthof, arbeitete einen Tag zur Probe in einem KFZ-Meisterbetrieb und war bemüht, eine Lehrstelle zu finden. Weiters absolvierte er Vorbereitungskurse sowie Kurse für den Pflichtschulabschluss und er besucht derzeit noch einen Kurs, der bis Februar 2019 läuft. Außerdem hat er afghanische Freunde gefunden, mit welchen er gemeinsam Fußball spielt und kocht.
Nach dem Erreichen der Volljährigkeit im September 2016 zog der BF zu einem österreichischen Ehepaar, in deren Haus ihm ein Zimmer samt Sanitäreinrichtungen zur Verfügung gestellt wurden. Er wurde in den Familien- und Freundeskreis dieses Ehepaars integriert und wie ein familienähnliches Mitglied behandelt. So besuchte er diverse Veranstaltungen, Museen, Theater und Konzerte mit dem genannten Ehepaar, machte mit ihnen Ausflüge, verrichtete in deren Haus anfallende Arbeiten und wurde von ihnen bei seinen schulischen und beruflichen Zielen unterstützt. Seit August 2017 besteht jedoch kein gemeinsamer Haushalt mehr mit dem genannten Ehepaar. Die Intensität dieser Beziehung wird zudem dadurch gemindert, dass der BF erst als Volljähriger zu diesem Ehepaar gezogen ist, sich seines unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst sein musste, ein gemeinsamer Haushalt nur für einen verhältnismäßig kurzen Zeitraum von rund einem Jahr bestand und die Eltern des BF, mit welchen er den Großteil seines Lebens verbracht hat, nach wie vor im Iran leben. Zurzeit finden regelmäßige Besuche zwischen dem BF und dem genannten österreichischen Ehepaar statt, wie sie zwischen Erwachsenen üblich sind. Es besteht der Wunsch, den BF zu adoptieren, konkrete Schritte wurden jedoch noch nicht gesetzt. Aspekte einer besonderen Abhängigkeit etwa in finanzieller Hinsicht oder durch Pflegebedürftigkeit wurden nicht geltend gemacht und sind angesichts des Gesundheitszustandes des BF und des Bezuges von Leistungen im Rahmen der Grundversorgung nicht ersichtlich.
Auch wenn nicht verkannt wird, dass für die Beteiligten ein Verbleib des BF in Österreich wünschenswert wäre, steht diesen privaten Interessen das öffentliche Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung gegenüber, dem nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein hoher Stellenwert zukommt. Zudem ist zu berücksichtigen, dass der BF während seines Aufenthalts in Österreich laufend staatliche Unterstützungsleistungen in Form der Grundversorgung bezog, bis dato nicht selbsterhaltungsfähig ist und die integrationsbegründenden Schritte in einem Zeitraum gesetzt wurden, in dem er sich seines unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst sein musste und er aufgrund seiner unglaubwürdigen Fluchtgeschichte keinesfalls mit der Fortsetzung seines Privatlebens im Bundesgebiet hat rechnen dürfen.
Der BF hat die überwiegende Lebenszeit im Herkunftsland verbracht, war dort erwerbstätig und hat die Koranschule besucht, sodass er mit den örtlichen Gegebenheiten und Gebräuchen in Afghanistan vertraut ist. Außerdem hat er in Form einer Tante mütterlicherseits noch einen familiären Anknüpfungspunkt in Afghanistan, sodass es keine unbillige Härte darstellt, wenn er wieder dorthin zurückkehrt.
Der Umstand, dass der BF in Österreich nicht straffällig geworden ist, bewirkt ebenso wenig eine Erhöhung des Gewichtes der Schutzwürdigkeit von persönlichen Interessen an einem Aufenthalt in Österreich, da das Fehlen ausreichender Unterhaltsmittel und die Begehung von Straftaten eigene Gründe für die Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen darstellen (VwGH 24.07.2002, 2002/18/0112).
Die Dauer des Verfahrens übersteigt auch noch nicht das Maß dessen, was für ein rechtsstaatlich geordnetes, den verfassungsrechtlichen Vorgaben an Sachverhaltsermittlungen und Rechtschutzmöglichkeiten entsprechendes Asylverfahren angemessen ist, sodass im vorliegenden Fall nicht davon auszugehen ist, dass allein schon die lange Dauer des Asylverfahrens einen wichtigen, im Rahmen der Interessenabwägung nach Art. 8 Abs. 2 EMRK zu berücksichtigenden Gesichtspunkt da