TE Vwgh Erkenntnis 1998/11/10 97/11/0293

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Veröffentlicht am 10.11.1998
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Index

43/01 Wehrrecht allgemein;
44 Zivildienst;

Norm

WehrG 1990 §36a Abs1 Z2;
ZDG 1986 §13 Abs1 Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des Ing. K in V, vertreten durch Dr. Gerhard Brandl, Rechtsanwalt in Klagenfurt, Alter Platz 18, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 21. August 1997, Zl. 134831/8-IV/10/97, betreffend Befreiung von der Zivildienstpflicht, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der am 16. Mai 1965 geborene Beschwerdeführer wurde im Jahr 1983 für tauglich befunden. In der Folge unternommene Versuche, zivildienstpflichtig zu werden, blieben zunächst erfolglos. Im Jahr 1988 wurde ihm zwecks Absolvierung des Studiums der Betriebswirtschaft ein Aufschub des Antrittes des Grundwehrdienstes bis 15. August 1993 bewilligt. Im Jahr 1990 gründete er gemeinsam mit seinen Eltern und seiner Schwester eine Gesellschaft m.b.H. mit dem Unternehmensgegenstand Errichtung von Wohnhäusern und Eigentumswohnungen. Aufgrund seiner Zivildiensterklärung vom 21. Juni 1993 wurde er zivildienstpflichtig. Mit Eingabe an die belangte Behörde vom 29. November 1996 begehrte er unter Hinweis auf seine Unabkömmlichkeit von dem 1990 gegründeten Unternehmen seine Befreiung von der Zivildienstpflicht. Der Antrag wurde mit dem angefochtenen Bescheid gemäß § 13 Abs. 1 Z. 2 ZDG abgewiesen.

In seiner Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend; er beantragt dessen kostenpflichtige Aufhebung. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde begehrt. Der Beschwerdeführer hat mit einem Schriftsatz darauf repliziert.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 13 Abs. 1 Z. 2 Zivildienstgesetz hat der Bundesminister für Inneres den Zivildienstpflichtigen auf dessen Antrag von der Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Zivildienstes zu befreien, wenn und solange es besonders rücksichtswürdige wirtschaftliche oder familiäre Interessen erfordern.

Die belangte Behörde bejahte im Hinblick auf sein Unternehmen das Vorliegen wirtschaftlicher Interessen des Beschwerdeführers an seiner Befreiung von der Zivildienstpflicht, verneinte aber deren besondere Rücksichtswürdigkeit im Sinne des Gesetzes wegen Verletzung der Harmonisierungspflicht. Der Beschwerdeführer habe während eines ihm gewährten Aufschubes in Kenntnis des noch abzuleistenden Wehr- oder Zivildienstes das Unternehmen gegründet und begehre nunmehr unter Berufung auf seine Unabkömmlichkeit von diesem seine Befreiung von der Zivildienstpflicht. Umstände, die ihm die gebotene Harmonisierung seiner wirtschaftlichen und beruflichen Interessen mit der ihn treffenden öffentlich-rechtlichen Dienstleistungspflicht verwehrt hätten, habe er nicht geltend gemacht.

Der Beschwerdeführer hält dem entgegen, er habe bei Begründung seiner wirtschaftlichen Interessen im Jahr 1990 - also drei Jahre vor der Feststellung seiner Zivildienstpflicht mit Bescheid der belangten Behörde vom 25. Oktober 1993 - noch gar nicht wissen können, daß er zur Ableistung des Zivildienstes verpflichtet sei. Obwohl ihn daher im Jahr 1990 noch keine Harmonisierungspflicht getroffen habe, sei er bemüht gewesen, das Unternehmen so weit aufzubauen, daß er alsbald durch geeignete Mitarbeiter während der Zeit seiner zivildienstbedingten Abwesenheit vertreten werden könne. Es sei ihm jedoch wegen der unvorhersehbar eingetretenen Rezession am Wohnungsmarkt und des dadurch bedingten schlechten Geschäftsganges nicht gelungen, diese Absicht zu verwirklichen.

Das Beschwerdevorbringen ist nicht geeignet, die behauptete inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun. Der Beschwerdeführer hat sein Unternehmen, das nunmehr den Anlaß für sein Befreiungsbegehren bildet, zu einem Zeitpunkt gegründet, als er noch wehrpflichtig und ihm der Antritt des Grundwehrdienstes zum Zweck der Absolvierung eines Hochschulstudiums aufgeschoben war. Es liegt demnach ein typischer Fall der Verletzung der für Wehrpflichtige wie auch für Zivildienstpflichtige geltenden Harmonisierungspflicht vor, dies ungeachtet des von ihm ins Treffen geführten Umstandes, daß er erst im Jahr 1993 zivildienstpflichtig wurde (siehe die vergleichbare Fallkonstellationen betreffenden hg. Erkenntnisse vom 18. Mai 1993, Zl. 92/11/0223, und vom 23. April 1996, Zl. 95/11/0399). Der Beschwerdeführer hätte mit der Aufnahme seiner beruflichen Tätigkeit bis zur Ableistung des Präsenz- oder Zivildienstes zuwarten müssen bzw., wenn er nicht mit Sicherheit davon ausgehen konnte, daß ihm die Ableistung des betreffenden Dienstes neben der Führung eines Unternehmens möglich sein würde, zumindest versuchen müssen, den betreffenden Dienst unverzüglich abzuleisten. Daß sich sein Unternehmen wegen einer unvorhersehbaren Rezession auf dem Wohnungsmarkt nicht erwartungsgemäß entwickelt hat, vermag den Beschwerdeführer in Ansehung der Harmonisierungspflicht nicht zu entlasten. Dabei handelt es sich entgegen seiner Ansicht nicht um einen unvorhersehbaren Umstand, muß damit doch bei realistischer Betrachtung immer gerechnet werden. Dazu kommt, daß der Beschwerdeführer auch seine berufliche Unerfahrenheit, die er nun gleichfalls ins Treffen führt, hätte in Rechnung stellen müssen. Hat ein Zivildienstpflichtiger (Wehrpflichtiger) bereits vor Erfüllung der ihn treffenden Dienstleistungspflicht seine berufliche Existenz zu verwirklichen begonnen, so können die durch die Unterbrechung der beruflichen Tätigkeit infolge der zivildienstbedingten (präsenzdienstbedingten) Abwesenheit verursachten wirtschaftlichen Rückschläge nicht die besondere Rücksichtswürdigkeit geltend gemachter wirtschaftlicher Interessen begründen (vgl. das vorhin erwähnte Erkenntnis Zl. 95/11/0399 mwN).

Der Vorwurf der Verletzung von Verfahrensvorschriften, weil die belangte Behörde nicht zumindest Stellungnahmen seiner Mutter und Schwester, die beide am Unternehmen beteiligt seien und daher bei dessen Gefährdung auch in ihrer wirtschaftlichen Existenz gefährdet wären, läßt schon mangels jeglicher Konkretisierung dessen, was die Genannten vorgebracht hätten und welcher andere Sachverhalt sich diesfalls ergeben hätte, die Wesentlichkeit des behaupteten Verfahrensmangels nicht erkennen. Insbesondere ist damit nicht ersichtlich, daß - über eine bloße Beeinträchtigung ihres wirtschaftlichen Interesses am Florieren des Unternehmens hinaus - tatsächlich die wirtschaftliche Existenzgrundlage der Genannten gefährdet würde. Dazu kommt der in der Gegenschrift der belangten Behörde erwähnte Umstand, daß auch die genannten Angehörigen so wie den Beschwerdeführer selbst der Vorwurf trifft, bei der Gründung des Unternehmens nicht entsprechend auf die ihm obliegende Dienstleistungspflicht Bedacht genommen zu haben.

Der Befreiungsantrag erweist sich schon aus diesen Gründen als unbegründet. Auf den weiteren Inhalt der Begründung des angefochtenen Bescheides betreffend die Möglichkeit entsprechender Vorsorge für die geeignete Vertretung des Beschwerdeführers im Unternehmen, die Möglichkeit, während der Zivildienstleistung weiterhin unternehmerischen Tätigkeiten nachzugehen, sowie auf das darauf Bezug habende Beschwerdevorbringen braucht nicht eingegangen zu werden.

Die Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 10. November 1998

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1997110293.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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