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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AVG §68 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte DDr. Jakusch und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Urban, in der Beschwerdesache 1. des M in W und 2. des OS in V, beide vertreten durch Dr. B, Rechtsanwalt, gegen den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in einer Angelegenheit nach dem Handelskammergesetz, den Beschluß gefaßt:
Spruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
Der vorliegenden Säumnisbeschwerde und den vorgelegten Unterlagen zufolge hat der Vorsitzende der Hauptwahlkommission der Wirtschaftskammer Österreich mit folgendem Schreiben vom 18. November 1997 dem Einspruch der Beschwerdeführer gegen den Beschluß der Hauptwahlkommission vom 6. November 1997, betreffend Nachwahl nach dem Handelskammergesetz, keine Folge gegeben:
"Ich beziehe mich auf Ihr Fax vom 11.11.1997 und darf Ihnen dazu folgendes mitteilen:
Die Frage, wer in dem gegenständlichen Fall im BG der Versicherungsmakler und Versicherungsagenten nachnominierungsberechtigt ist, wurde bei der Sitzung der Hauptwahlkommission der WK Österreich am 6.11.1997 eingehend erörtert. Die Hauptwahlkommission hat schließlich, mit einer Gegenstimme den Beschluß gefaßt, Herrn W für die Funktion des Bundesgremialvorstehers und Herrn D als Bundesgremialvorsteher-Stellvertreter gemäß den §§ 47 Abs. 6 AKG bzw. § 40 Abs. 1 HKWO nachzuwählen. Gegen einen derartigen Beschluß der Hauptwahlkommission besteht nach Rechtsansicht des Bundesministeriums für wirtschaftliche Angelegenheiten kein Einspruchsrecht (siehe Beilage). Ich stelle es Ihnen anheim, ob Sie gegen den Beschluß der Hauptwahlkommission Beschwerde bei der Aufsichtsbehörde erheben."
Der in der Folge "als Aufsichtsbehörde gemäß § 68 HKG" angerufene Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten, bei dem von den Beschwerdeführern beantragt worden sei, "die Abweisung der Anfechtung bzw. den gegenständlichen Beschluß selber aufzuheben und den nach Auffassung der Beschwerdeführer richtigen Wahlvorschlag, lautend auf Herrn M zuzulassen", habe zwar mitgeteilt, daß er die Auffassung vertrete, ein Einspruch sei im Gegenstande unzulässig und aufsichtsbehördliche Maßnahmen daher nicht zu setzen, er habe jedoch, wie auch im Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 10. Februar 1998, Zlen. 97/04/0252, 0253, 0254, festgestellt worden sei, keine bescheidmäßige Erledigung getroffen. Der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten sei nunmehr bereits mehr als sechs Monate mit der (bescheidmäßigen) Erledigung der Beschwerde säumig, weshalb Säumnisbeschwerde gemäß Art. 132 B-VG an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werde.
Gemäß Art. 132 B-VG kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht erheben, wer im Verwaltungsverfahren als Partei zur Geltendmachung der Entscheidungspflicht berechtigt war.
Die Erhebung der Säumnisbeschwerde ist an die Voraussetzung geknüpft, daß die Behörde, die nach dem organisatorischen Aufbau der Verwaltung an höchster Stufe steht und von der Partei auch angerufen werden kann, ein Begehren unerledigt gelassen hat, obwohl dem Beschwerdeführer ein Rechtsanspruch zusteht, daß diese Behörde über sein Begehren entscheidet ( vgl. die bei Dolp, Verwaltungsgerichtsbarkeit (1987) 220 referierte hg. Judikatur ).
Auf die Erlassung aufsichtsbehördlicher Maßnahmen steht dem Einschreiter kein Rechtsanspruch zu; bei Verweigerung derartiger Maßnahmen steht ihm daher auch nicht das Recht zu, die Verletzung der Entscheidungspflicht mit Säumnisbeschwerde geltend zu machen (vgl. z.B. den hg. Beschluß vom 28. Juli 1995, Zl. 95/02/0082, und die hier zitierte Vorjudikatur).
Ein solcher Fall liegt hier vor. Die Beschwerdeführer haben den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten - den vorgelegten Unterlagen zufolge - nämlich ausdrücklich als "Aufsichtsbehörde" mit "Aufsichtsbeschwerde" angerufen. Den Schriftsätzen ist - im Gegensatz zu den Ausführungen der Beschwerdeführer in der vorliegenden Säumnisbeschwerde - auch nicht zu entnehmen, daß darin "zusätzlich" das Rechtsmittel der Beschwerde gegen die Erledigung des Vorsitzenden der Hauptwahlkommission erhoben worden wäre. Schließlich wird in der vorliegenden Säumnisbeschwerde auch nicht behauptet, daß die Beschwerdeführer einen Anspruch auf Erlassung eines Bescheides ausdrücklich geltend gemacht hätten (vgl. nochmals den zitierten hg. Beschluß vom 28. Juli 1995).
Die erhobene Säumnisbeschwerde war daher mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluß zurückzuweisen.
Wien, am 11. November 1998
Schlagworte
Anrufung der obersten Behörde Anspruch auf Sachentscheidung Allgemein Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2 Parteistellung Parteienantrag Zulässigkeit und Voraussetzungen der Handhabung des AVG §68 Bindung an diese Voraussetzungen Umfang der BefugnisseEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1998040134.X00Im RIS seit
11.07.2001