Entscheidungsdatum
26.07.2019Norm
AsylG 2005 §9 Abs2Spruch
W112 1306655-6/18E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Elke DANNER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. RUSSISCHE FÖDERATION, vertreten durch XXXX , gegen Spruchpunkt I und II des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 04.11.2016, Zl. 387444507-160978060, beschlossen:
A) Gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG wird der angefochtene
Bescheid zur Gänze aufgehoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang und Sachverhalt:
1. Der mj. Beschwerdeführer reiste 2006 als XXXX mit seinen Eltern und seinen XXXX Geschwistern ins Bundesgebiet ein und stellte einen Antrag auf internationalen Schutz.
1.1. Mit Bescheid vom 11.10.2006 wies das Bundesasylamt seinen Antrag - wie auch die Anträge seiner Familienangehörigen - als unzulässig zurück, stellte fest, dass POLEN für sein Asylverfahren zuständig war, und wies den mj. Beschwerdeführer nach POLEN aus; unter einem stellte es fest, dass die Abschiebung des mj. Beschwerdeführers nach POLEN zulässig war. Der Unabhängige Bundesasylsenat erkannte der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde die aufschiebende Wirkung zu und gab mit Berufungsbescheid vom 15.11.2006 der Berufung statt und behob den Bescheid vom 11.10.2006 im Familienverfahren, da der im Verfahren seines Vaters erlassene Bescheid aufzuheben war.
1.2. Das Bundesasylamt wies mit Bescheid vom 23.01.2007 den Antrag des mj. Beschwerdeführers - wie auch die seiner Familienangehörigen - erneut als unzulässig zurück, stellte fest, dass POLEN für sein Asylverfahren zuständig war und wies den mj. Beschwerdeführer nach POLEN aus; unter einem stellte es fest, dass die Abschiebung des mj. Beschwerdeführers nach POLEN zulässig war. Die Bezirkshauptmannschaft XXXX verhängte mit Bescheid vom 29.01.2007 das gelindere Mittel der der angeordneten Unterkunftnahme zur Sicherung der Abschiebung über den mj. Beschwerdeführer und seine Familie. Der Unabhängige Bundesasylsenat erkannte der gegen den Bescheid vom 23.01.2007 erhobenen Beschwerde die aufschiebende Wirkung zu und gab mit Berufungsbescheid vom 02.03.2007 der Berufung statt und behob den Bescheid vom 23.01.2007 im Familienverfahren, da der im Verfahren seines Vaters erlassene Bescheid aufzuheben war.
1.3. Mit Bescheid vom 25.05.2007 wies das Bundesasylamt den Antrag des mj. Beschwerdeführers - wie auch die Anträge seiner Familienangehörigen - ab, erkannte ihm weder den Status des Asylberechtigten, noch den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu und wies ihn - wie auch seine Familienmitglieder - in die Russische Föderation aus.
Mit Schriftsatz vom 11.06.2007 erhob der Vater des mj. Beschwerdeführers Berufung, die Bescheide in den Verfahren der Mutter des mj. Beschwerdeführers, des mj. Beschwerdeführers und seiner Geschwister wurden mitangefochten. Das Verfahren ging auf den Asylgerichtshof über. Der Asylgerichtshof wies mit Erkenntnis vom 25.06.2010 die Beschwerde des mj. Beschwerdeführers im Familienverfahren ab, soweit sie sich gegen die Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten wandte, gab ihr aber im Familienverfahren statt, soweit sie sich gegen die Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten richtete, und behob die Ausweisung; er erteilte dem mj. Beschwerdeführer eine Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter in der Dauer von einem Jahr.
2.1. Mit Schriftsatz vom 31.05.2011 beantragte der mj. Beschwerdeführer, vertreten durch seine Mutter als gesetzliche Vertreterin, die Verlängerung der Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter, weil sich die für die Erteilung ausschlaggebenden Gründe nicht geändert haben.
Das Bundesasylamt vernahm die Mutter des mj. Beschwerdeführers in seinem Verfahren am 03.08.2011 niederschriftlich ein. Mit Aktenvermerk vom 09.09.2011 leitete das Bundesasylamt Aberkennungsverfahren betreffend den mj. Beschwerdeführer, seine Eltern und seine Geschwister ein. Mit Bescheid vom 30.11.2011 erkannte das Bundesasylamt dem mj. Beschwerdeführer - wie auch seinen Familienangehörigen - den Status von subsidiär Schutzberechtigten von Amtswegen ab, entzog ihm die befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter und wies ihn in die Russische Föderation aus.
Der Asylgerichtshof gab der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde mit Erkenntnis vom 23.02.2012 statt und behob den bekämpften Bescheid ersatzlos.
Mit Bescheid vom 28.03.2012 erteilte das Bundesasylamt dem mj. Beschwerdeführer die befristete Aufenthaltsberechtigung bis 30.06.2012.
2.2. Mit Schriftsatz vom 01.06.2012 beantragte der mj. Beschwerdeführer, vertreten durch seine Mutter als gesetzliche Vertreterin, die Verlängerung der Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter, weil sich die für die Erteilung ausschlaggebenden Gründe nicht geändert haben.
Mit Bescheid vom 21.06.2012 erteilte das Bundesasylamt dem mj. Beschwerdeführer die befristete Aufenthaltsberechtigung bis 30.06.2013.
2.3. Mit Schriftsatz vom 05.06.2013, eingebracht per Telefax, wurde für den volljährig gewordenen Beschwerdeführer die Verlängerung der Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter beantragt, weil sich die für die Erteilung ausschlaggebenden Gründe nicht geändert haben.
Mit Bescheid vom 19.06.2013 erteilte das Bundesasylamt dem Beschwerdeführer die befristete Aufenthaltsberechtigung bis 30.06.2014.
2.4. Mit Schriftsatz vom 28.05.2014, beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: Bundesamt) persönlich eingebracht von seiner Mutter, wurde die Verlängerung der Aufenthaltsberechtigung des Beschwerdeführers als subsidiär Schutzberechtigter beantragt; der Schriftsatz trägt allerdings statt der Unterschrift des Beschwerdeführers die seiner Mutter (die Frage der Wiederaufnahme gemäß § 69 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 3 AVG obliegt gemäß Abs. 4 leg.cit. der belangten Behörde).
Mit Bescheid vom 13.06.2014 erteilte das Bundesasylamt dem Beschwerdeführer die befristete Aufenthaltsberechtigung bis 30.06.2016.
3.1. Mit Schriftsatz vom 15.06.2016, beim Bundesamt persönlich eingebracht, beantragte der Beschwerdeführer durch den von ihm unterschriebenen Schriftsatz die Verlängerung der Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter.
3.2. Mit Aktenvermerk vom 14.07.2016 leitete das Bundesamt das Aberkennungsverfahren wegen Straffälligkeit ein.
Am 18.10.2016 vernahm das Bundesamt den Beschwerdeführer niederschriftlich ein.
3.3. Mit Bescheid vom 03.11.2016 erkannte das Bundesamt dem mj. Beschwerdeführer den Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 2 AsylG 2005 von Amtswegen ab (Spruchpunkt I.) und entzog ihm gemäß § 9 Abs. 4 AsylG 2005 die mit Bescheid vom 13.06.2014 befristet erteilte Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter (Spruchpunkt II.). Unter einem stellte es fest, dass seine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Russische Föderation gemäß § 9 Abs. 2 AsylG 2005 unzulässig ist (Spruchpunkt III.) und erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt IV.).
3.4. Gegen die Spruchpunkte I. und II. dieses Bescheides erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 02.12.2016 Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht, in der er die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragte, beantragte, den Bescheid im angefochtenen Umfang ersatzlos zu beheben, dem Beschwerdeführer eine Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 für weitere zwei Jahre zu erteilen und dem Gerichtshof der Europäischen Union die im Schriftsatz dargestellten Fragen zur Vorabentscheidung vorlegen, in eventu den Bescheid im angefochtenen Umfang zu beheben und das Verfahren an die belangte Behörde zurückverweisen.
4.1. Das Bundesamt legte am 05.12.2016 die Beschwerde und den bezughabenden Akt vor und sah von der Erstattung einer Stellungnahme ab.
4.2. Das Verfahren wurde auf Grund der Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses der Gerichtsabteilung W112 am 16.01.2017 zugewiesen.
4.3. Am 27.07.2018 legte der Beschwerdeführer Zeugnisse vor und erstattete ein ergänzendes Vorbringen.
4.4. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 23.11.2018 eine mündliche Verhandlung durch, an der das Bundesamt nicht teilnahm.
4.5. Am 10.01.2019 legte der Beschwerdeführer seinen österreichischen Fremdenpass, ausgestellt am 04.07.2014, und seinen russischen Auslandreisepass, ausgestellt am XXXX , sowie eine AMS-Bezugsbestätigung vom 30.11.2018 zum Beweis dessen vor, dass der Beschwerdeführer 20.09.2013-20.06.2014 regelmäßig an Schulungen und Kursen des AMS teilgenommen habe.
Das Bundesverwaltungsgericht veranlasste die Übersetzung und Echtheitsprüfung des russischen Auslandsreisepasses.
Das Bundeskriminalamt teilte am 31.01.2019 mit, dass der Formularvordruck authentisch ist, sich bei der Untersuchung der personenbezogenen Elemente keine Hinweise auf das Vorliegen einer Verfälschung ergab und dass sich im Reisepass keine Grenzübertrittsvermerke oder Visa befinden.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung, des Agrarverfahrensgesetzes und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
Zu A) Zur Zurückverweisung
1.1. Gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen, wenn die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen hat. Diese Vorgangsweise setzt voraus, dass die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht nicht im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
1.2. In seinem Erkenntnis vom 26. Juni 2014, Ro 2014/03/0063, hielt der Verwaltungs-gerichtshof fest, dass eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen nach § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG insbesondere dann in Betracht kommen wird, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (etwa im Sinn einer "Delegierung" der Entscheidung an das Verwaltungsgericht, vgl. Holoubek, Kognitionsbefugnis, Beschwerdelegitimation und Beschwerdegegenstand, in: Holoubek/Lang [Hrsg], Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, erster Instanz, 2013, S. 127 und S. 137; siehe schon Merli, Die Kognitionsbefugnis der Verwaltungsgerichte erster Instanz, in: Holoubek/Lang [Hrsg], Die Schaffung einer Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz, 2008, S. 65 und S. 73 f.; vgl. auch VwGH 25.01.2017, 2016/12/0109, Rz 18ff.).
2. Gemäß § 9 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden der Status eines subsidiär Schutzberechtigten von Amts wegen mit Bescheid abzuerkennen, wenn die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8 Abs. 1) nicht oder nicht mehr vorliegen (Z 1); er den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen in einem anderen Staat hat (Z 2) oder er die Staatsangehörigkeit eines anderen Staates erlangt hat und eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen neuen Herkunftsstaat keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention oder für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde (Z 3).
Ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht schon aus den Gründen des Abs. 1 abzuerkennen, so hat eine Aberkennung gemäß Abs. 2 leg.cit. auch dann zu erfolgen, wenn einer der in Art. 1 Abschnitt F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründe vorliegt (Z 1), der Fremde eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Republik Österreich darstellt (Z 2) oder der Fremde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt worden ist (Z 3). Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB, BGBl. Nr. 60/1974, entspricht. In diesen Fällen ist die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten mit der [seit dem FRÄG 2017 (BGBl. I 145/2017): mit der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme und] Feststellung zu verbinden, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat unzulässig ist, da dies eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
Ein Verfahren zur Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten ist gemäß Abs. 3 leg.cit. jedenfalls einzuleiten, wenn der Fremde straffällig geworden ist (§ 2 Abs. 3) und das Vorliegen der Voraussetzungen gemäß Abs. 1 oder 2 wahrscheinlich ist.
Die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten ist gemäß Abs. 4 leg.cit. mit dem Entzug der Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter zu verbinden. Der Fremde hat nach Rechtskraft der Aberkennung Karten, die den Status des subsidiär Schutzberechtigten bestätigen, der Behörde zurückzustellen.
3.1. Die Beschwerde wendet sich dagegen, dass dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten erkennbar aufgrund dessen aberkannt wurde, weil er zwei Mal wegen eines Verbrechens rechtskräftig verurteilt wurde. § 9 Abs. 2 Z 3 AsylG 2005 sei so auszulegen, dass nicht jegliches Verbrechen ein Aberkennungstatbestand sei, sondern nur jenes Verbrechen, das eine schwere Straftat im Sinne von Art. 17 StatusRL darstelle, somit ein besonders qualifzierter strafrechtlicher Verstoß. Es werde angeregt, die Frage der Vereinbarkeit von § 9 Abs. 2 Z 3 AsylG 2005 mit dem Unionsrecht dem Gerichtshof der Europäischen Union vorzulegen, das Bundesverwaltungsgericht sei zur Vorlage verpflichtet.
3.2. Mit Erkenntnis VfSlg. 20.058/2016 hatte der Verfassungsgerichtshof Anträge auf Aufhebung des § 9 Abs. 2 Z 3 AsylG 2005 abgewiesen:
"Mit der Einteilung in Verbrechen und Vergehen trifft § 17 StGB eine grundsätzliche Unterscheidung der Straftaten, durch die ‚das besondere Gewicht der als Verbrechen geltenden Straftaten ihrer Art nach betont werden' soll (Höpfel in Höpfel/Ratz, WK2 StGB §17, Rz 1). Über die Bezeichnung dieser Straftaten hinaus - mit ‚Verbrechen' wird schon rein sprachlich ein höherer Unwert konnotiert - bringt die Anknüpfung an ein Mindestmaß der Strafdrohung von mehr als dreijähriger oder lebenslanger Freiheitsstrafe sowie die Einschränkung auf Vorsatztaten zum Ausdruck, dass es sich um solche handelt, denen ein besonders hoher Unrechtsgehalt innewohnt. Dementsprechend knüpft die Rechtsordnung verschiedentlich an diese Unterscheidung an (auch wenn sie bei weitem nicht mehr jene Bedeutung hat, vor allem auch für die Zuständigkeitseinteilung, wie früher, insbesondere vor dem Strafrechtsänderungsgesetz 1987, BGBl 605 [dazu im Einzelnen Höpfel in Höpfel/Ratz, WK2 StGB §17, Rz 2 ff.]). Dadurch wird zum Teil zum Ausdruck gebracht, dass Vergehen nicht im gleichen Ausmaß verfolgungswert bzw. strafwürdig sind wie Verbrechen. So kann im Falle von Vergehen die Strafbarkeit von Jugendstraftaten unter Umständen zur Gänze entfallen. Auch die Zulässigkeit eines Abwesenheitsverfahrens ist generell auf Vergehen beschränkt (§ 427 StPO). Die Durchführung eines Scheingeschäfts ist dagegen u.a. dann zulässig, wenn die Aufklärung eines Verbrechens andernfalls wesentlich erschwert wäre (§ 132 StPO). Die Intensität von Strafverfolgungsmaßnahmen knüpft ebenso an die Unterscheidung von Vergehen und Verbrechen an, indem nur für letztere besonders eingriffsintensive bzw. die Rechte Dritter gefährdende Ermittlungsbefugnisse zulässig sind, wie insbesondere bestimmte Formen des Datenabgleichs oder die Rasterfahndung (vgl. im Einzelnen wiederum die Beispiele in Höpfel in Höpfel/Ratz, WK2 StGB §17, Rz 11a). Schließlich ist ein lebensgefährdender Waffengebrauch gegen Menschen nur zur Verhinderung der Flucht oder zur Wiederergreifung eines Strafgefangenen zulässig, der wegen eines Verbrechens verurteilt worden ist (§ 105 Abs. 6 Z 3 StVG).
Es ist dem Gesetzgeber daher nicht entgegenzutreten, wenn er zur Konkretisierung des Begriffs ‚schwere Straftat' im Sinne des Art. 17 Abs. 1 lit. b Status[RL] auf diese im österreichischen Recht vorgefundene Unterscheidung zurückgreift. Er bewegt sich damit innerhalb der grundlegenden Systematik der Einteilung von Straftaten nach der Schwere ihres Unrechtsgehalts, sodass angesichts dessen der Gesichtspunkt des Gebotes der Angemessenheit einer Sanktion zu den Umständen des Einzelfalls, wie sie aus der im Rahmen der Bedenken wiedergegebenen Judikatur folgt, zurücktreten kann. Angesichts dessen, dass die Kategorie des Verbrechens definitionsgemäß mit strengeren Strafdrohungen bewehrt ist, liegt es im rechtspolitischen Ermessen des Gesetzgebers, daran auch zusätzliche nachteilige Rechtsfolgen zu knüpfen."
3.3. Mit Erkenntnis vom 23.01.2018, Ra 2017/18/0246, Rz 25, erkannte der Verwaltungsgerichtshof zu § 9 Abs. 2 Z 3 AsylG 2005 betreffend Jugendstraftraten wie folgt:
"Die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach § 9 Abs. 2 Z 3 AsylG 2005 setzt lediglich voraus, dass der Fremde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt worden ist. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB [...] entspricht. Die Asylbehörde hat im Aberkennungsverfahren nach § 9 Abs. 2 Z 3 AsylG 2005 weder eine Einzelfallprüfung etwa in Bezug auf die Umstände der Taten vorzunehmen, noch hat sie eine Gefährdungsprognose anzustellen (vgl. VwGH 24.5.2016, Ra 2015/01/0144 und Ra 2015/20/0047, VwGH 30.8.2017, Ra 2017/18/0155). Die Aberkennung nach § 9 Abs. 2 Z 3 AsylG 2005 hat somit aufgrund der gesetzlichen Anordnung zwingend und ohne eigenes Prüfkalkül der Asylbehörde stattzufinden. Sie ist aus diesem Grund nach dem bisher Gesagten als ‚Rechtsfolge' im Sinne des § 5 Z 10 JGG anzusehen und unterliegt dem Anwendungsbereich dieser Norm. Dementsprechend kann eine Aberkennung des subsidiären Schutzstatus nach § 9 Abs. 2 Z 3 AsylG 2005 nicht auf eine Verurteilung wegen eines Verbrechens nach § 17 StGB gestützt werden, die wegen einer Jugendstraftat erfolgt ist."
Gemäß § 5 JGG gelten für die Ahndung von Jugendstraftaten die allgemeinen Strafgesetze, soweit im Folgenden nichts Anderes bestimmt ist: In gesetzlichen Bestimmungen vorgesehene Rechtsfolgen treten nicht ein (Z 10).
Im Sinne des Jugendgerichtsgesetztes ist gemäß § 1 Z 2 JGG Jugendlicher, wer das vierzehnte, aber noch nicht das achtzehnte Lebensjahr vollendet hat, und gemäß § 1 Z 3 JGG Jugendstraftat eine mit gerichtlicher Strafe bedrohte Handlung, die von einem Jugendlichen begangen wird.
Der Beschwerdeführer war bei Begehung der der Verurteilung durch das Landesgericht für Strafsachen XXXX vom 05.11.2014 zugrundeliegenden Tat am XXXX und bei der Begehung der der Verurteilung des Landesgerichts für Strafsachen XXXX vom 18.05.2015 zugrundeliegenden Taten im XXXX 2014/2015 XXXX JAHRE ALT. Er war sohin zwar junger Erwachsener, aber nicht mehr Jugendlicher und der Rechtsfolgenausschluss des § 5 Z 10 JGG auf sein Verfahren nicht anwendbar.
3.4. Mit Schriftsatz vom 27.07.2018 beantragte der Beschwerdeführer die Aussetzung des Verfahrens bis zur Entscheidung des Gerichtshofes der Europäischen Union in der Rechtssache C-369/17.
Der Gerichtshof der Europäischen Union sprach in seinem Urteil 13.09.2018, Fall Ahmed, C-369/17, aus:
"Art. 17 Abs. 1 [lit.] b [StatusRL] ist dahin auszulegen, dass er einer Rechtsvorschrift eines Mitgliedstaats entgegensteht, nach der ausschließlich anhand des Strafmaßes, das für eine bestimmte Straftat nach dem Recht dieses Mitgliedstaats vorgesehen ist, davon ausgegangen wird, dass die Person, die einen Antrag auf subsidiären Schutz gestellt hat, ‚eine schwere Straftat' im Sinne dieser Bestimmung begangen hat, derentwegen sie von der Gewährung subsidiären Schutzes ausgeschlossen werden kann. Es ist Sache der zuständigen nationalen Behörde bzw. des zuständigen nationalen Gerichts, die oder das über den Antrag auf subsidiären Schutz entscheidet, die Schwere der fraglichen Straftat zu würdigen, wobei eine vollständige Prüfung sämtlicher besonderer Umstände des jeweiligen Einzelfalls vorzunehmen ist."
3.5. Im Anschluss an dieses Urteil führte der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis 06.11.2018, Ra 2018/18/0295, Rz 23 ff., Folgendes aus:
"In seinem Urteil Ahmed, C-369/17, hat der EuGH auch hervorgehoben, ‚dass dem Kriterium des in den strafrechtlichen Vorschriften des betreffenden Mitgliedstaats vorgesehenen Strafmaßes zwar eine besondere Bedeutung bei der Beurteilung der Schwere der Straftat zukommt, die den Ausschluss vom subsidiären Schutz nach Art. 17 Abs. 1 lit. b der Richtlinie 2011/95 rechtfertigt, dass sich die zuständige Behörde des betreffenden Mitgliedstaats gleichwohl erst dann auf den in dieser Bestimmung vorgesehenen Ausschlussgrund berufen darf, nachdem sie in jedem Einzelfall eine Würdigung der genauen tatsächlichen Umstände, die ihr bekannt sind, vorgenommen hat, um zu ermitteln, ob schwerwiegende Gründe zu der Annahme berechtigen, dass die Handlungen des Betreffenden, der im Übrigen die Voraussetzungen für die Zuerkennung subsidiären Schutzes erfüllt, unter diesen Ausschlusstatbestand fallen' (Rn. 55). Hierbei verweist der EuGH zudem auf den Bericht des Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen (EASO) vom Jänner 2016 mit dem Titel ‚Ausschluss: Artikel 12 und Artikel 17 der Anerkennungsrichtlinie (Richtlinie 2011/95/EU)', welcher empfiehlt, ‚dass die Schwere der Straftat, aufgrund deren eine Person vom subsidiären Schutz ausgeschlossen werden könne, anhand einer Vielzahl von Kriterien, wie u.a. der Art der Straftat, der verursachten Schäden, der Form des zur Verfolgung herangezogenen Verfahrens, der Art der Strafmaßnahme und der Berücksichtigung der Frage beurteilt werden solle, ob die fragliche Straftat in den anderen Rechtsordnungen ebenfalls überwiegend als schwere Straftat angesehen werde' (Rn. 56).
[...] Insbesondere weist der EuGH auch darauf hin, dass die Bestimmung des Art. 17 Abs. 1 lit. b [StatusRL] eine Ausnahme von der in Art. 18 [StatusRL] aufgestellten allgemeinen Regel bildet und daher restriktiv auszulegen ist (Rn. 52).
[...] Vor dem Hintergrund des vorliegenden Urteils des EuGH in der Rs C-369/17, Ahmed, und der nunmehr klargestellten Rechtslage ist die bisherige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach bei Vorliegen einer rechtskräftigen Verurteilung wegen eines Verbrechens zwingend und ohne Prüfkalkül der Asylbehörde eine Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach § 9 Abs. 2 Z 3 AsylG 2005 stattzufinden hat, nicht weiter aufrecht zu erhalten. Vielmehr ist bei der Anwendung des § 9 Abs. 2 Z 3 AsylG 2005 - welcher nach der Intention des Gesetzgebers die Bestimmung des Art. 17 Abs. 1 lit. b der Statusrichtlinie umsetzt (vgl. hierzu die oben angeführten Gesetzesmaterialien) - jedenfalls auch eine Einzelfallprüfung durchzuführen, ob eine ‚schwere Straftat' im Sinne des Art. 17 Abs. 1 lit. b [StatusRL] vorliegt. Dabei ist die Schwere der fraglichen Straftat zu würdigen und eine vollständige Prüfung sämtlicher besonderer Umstände des jeweiligen Einzelfalls vorzunehmen. Es ist jedoch nicht unbeachtet zu lassen, dass auch der EuGH dem in einer strafrechtlichen Bestimmung vorgesehenen Strafmaß eine besondere Bedeutung zugemessen hat (vgl. EuGH 13.9.2018, Ahmed, C-369/17, Rn. 55) und somit die Verurteilung des Fremden wegen eines Verbrechens zweifelsfrei ein gewichtiges Indiz für die Aberkennung darstellt, dieses Kriterium allein jedoch nach den unionsrechtlichen Vorgaben für eine Aberkennung nicht ausreicht.
[...] Das BVwG wird daher im fortgesetzten Aberkennungsverfahren nach § 9 Abs. 2 Z 3 AsylG 2005 zusätzlich zum Kriterium der rechtskräftigen Verurteilung des Revisionswerbers wegen eines Verbrechens eine vollständige Prüfung sämtlicher Umstände des konkreten Einzelfalls vorzunehmen haben und anhand dieser Würdigung anschließend zu beurteilen haben, ob dem Revisionswerber deshalb der ihm zuerkannte Status des subsidiär Schutzberechtigten von Amts wegen abzuerkennen ist. Bei dieser einzelfallbezogenen Würdigung werden auch die konkret verhängte Strafe und die Gründe für die Strafzumessung stärker zu berücksichtigen sein.
[...] Der Verwaltungsgerichtshof trägt damit der Rechtsanschauung des EuGH und seiner Verpflichtung zur Durchsetzung des Unionsrechts Rechnung, sodass es keiner Befassung eines verstärkten Senates infolge des Abgehens von einer früheren Rechtsprechung bedarf (vgl. VwGH 24.4.2013, 2011/17/0156, mwN)."
3.6. Des vom Beschwerdeführer angeregten Vorabentscheidungsverfahrens bedarf es vor diesem Hintergrund nicht.
3.7. Diese gebotene Überprüfung gemäß § 9 Abs. 2 Z 3 AsylG 2005 führte das Bundesamt weder in der Einvernahme am 18.12.2016, noch im angefochtenen Bescheid vom 03.11.2016 durch, das Bundesamt beschränkte sich auf die Wiedergabe von Auszügen aus den Verurteilungen des Beschwerdeführers im Rahmen der Feststellungen, eine Auseinandersetzung mit den Strafzumessungsgründen und den konkret verhängten Strafen erfolgte nicht.
4. Ermittlungs- und Begründungsmängel liegen dem angefochtenen Bescheid aber vor allem schon in der Prüfung der Voraussetzungen der Anwendbarkeit des § 9 Abs. 2 AsylG 2005 zur Last:
4.1. Gemäß § 9 Abs. 3 AsylG 2005 ist zwar ein Verfahren zur Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten jedenfalls einzuleiten, wenn der Fremde straffällig geworden (§ 2 Abs. 3) und das Vorliegen der Voraussetzungen gemäß Abs. 1 oder 2 wahrscheinlich ist, dennoch setzt die Aberkennung von subsidiärem Schutz gemäß § 9 Abs. 2 AsylG 2005 voraus, dass dem subsidiär Schutzberechtigten dieser Status nicht schon aus den Gründen des Abs. 1 abzuerkennen ist.
Gemäß § 9 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden der Status eines subsidiär Schutzberechtigten von Amts wegen mit Bescheid abzuerkennen, wenn die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8 Abs. 1) nicht oder nicht mehr vorliegen (Z 1); er den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen in einem anderen Staat hat (Z 2) oder er die Staatsangehörigkeit eines anderen Staates erlangt hat und eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen neuen Herkunftsstaat keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention oder für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde (Z 3).
Der Status des subsidiär Schutzberechtigten ist einem Fremden gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 zuzuerkennen, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
4.2. Im Erkenntnis 27.06.2019, Ra 2019/14/0138, fasste der Verwaltungsgerichtshof die aktuelle Judikatur zu § 8 Abs. 1 AsylG 2005 zusammen:
"In seinem Erkenntnis 06.11.2018, Ra 2018/01/0106, befasste sich der Verwaltungsgerichtshof unter anderem mit dem Verhältnis der [StatusRL] zu § 8 Abs. 1 AsylG 2005 und gelangte mit Blick auf den Wortlaut dieser Bestimmung zum Ergebnis, dass der Gesetzgeber die unionsrechtlichen Vorgaben der Statusrichtlinie zur Gewährung des Status des subsidiär Schutzberechtigten im Sinne der näher dargelegten Auslegung der Bestimmung des Art. 15 lit. b der Statusrichtlinie iVm Art. 3 Statusrichtlinie entgegen der Rechtsprechung des EuGH und somit fehlerhaft umgesetzt hat (siehe der Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses). Ob eine richtlinienkonforme Interpretation des § 8 Abs. 1 AsylG 2005 möglich ist, wurde in diesem Erkenntnis jedoch ausdrücklich dahingestellt gelassen (siehe Rn 60 der Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses).
[...] Mit dieser Frage hat sich der Verwaltungsgerichtshof in seinem zwischenzeitig ergangenen Erkenntnis vom 21.05.2019, Ro 2019/19/0006, [...] beschäftigt. Er gelangte dabei zu folgendem Ergebnis:
[...] Eine Interpretation, mit der die Voraussetzungen der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 8 Abs. 1 AsylG 2005 mit dem in der Judikatur des EuGH dargelegten Verständnis des subsidiären Schutzes nach der Statusrichtlinie in Übereinstimmung gebracht würde, würde die Grenzen der Auslegung nach den innerstaatlichen Auslegungsregeln überschreiten und zu einer - unionsrechtlich nicht geforderten - Auslegung contra legem führen. Damit würde der Statusrichtlinie zu Unrecht eine ihr im gegebenen Zusammenhang nicht zukommende unmittelbare Wirkung zugeschrieben. Der Verwaltungsgerichtshof hält daher an seiner Rechtsprechung fest, wonach eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 und 3 EMRK durch eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat - auch wenn diese Gefahr nicht durch das Verhalten eines Dritten (Akteurs) bzw. die Bedrohungen in einem bewaffneten Konflikt verursacht wird - die Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 8 Abs. 1 AsylG 2005 begründen kann (vgl. dazu auch VwGH 27.5.2019, Ra 2019/14/0153)."
4.3. Im Erkenntnis 27.05.2019, Ra 2019/14/0153, führte der Verwaltungsgerichtshof - unter Berücksichtigung des Urteils des EuGH, 23.05.2019, C-720/17, Rs Mohammed Bilali - zu § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 Folgendes aus:
"72 Anhand der Definition des § 2 Abs. 1 Z 16 AsylG 2005 und des in diesem Sinn inhaltliche Festlegungen vornehmenden § 8 Abs. 4 AsylG 2005 ergibt sich, dass es sich beim Status des subsidiär Schutzberechtigen (anders als beim Status des Asylberechtigten, der zu einem dauernden Aufenthaltsrecht führen kann; vgl. § 2 Abs. 1 Z 15 und § 3 Abs. 4 AsylG 2005) um ein dem Fremden von Österreich nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gewährtes, stets nur vorübergehendes (wenn auch verlängerbares) Einreise- und Aufenthaltsrecht handelt.
73 Einem Fremden ist gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall AsylG 2005 der Status eines subsidiär Schutzberechtigten von Amts wegen mit Bescheid abzuerkennen, wenn die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8 Abs. 1 AsylG 2005) nicht mehr vorliegen.
74 Diese Bestimmung war bereits in der Stammfassung des AsylG 2005 (Fremdenrechtspaket 2005, BGBl. I Nr. 100/2005) enthalten. In den Erläuterungen (RV 952 BlgNR 22. GP, 38) wird dazu festgehalten:
‚Möglich ist der Entzug hingegen dann, wenn der Fremde in einen sicheren Staat weitergezogen ist, die Voraussetzungen für die Erteilung nicht mehr vorliegen - etwa weil sich die Lage im Herkunftsstaat des Fremden entsprechend gebessert hat - oder er gar die Staatsangehörigkeit eines anderen Staates erlangt hat. Dann kann sich der Fremde dem Schutz dieses Staates unterstellen und benötigt nicht mehr den Schutz Österreichs.'
75 Ungeachtet dessen, dass die StatusRL (2011/95/EU) im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Fremdenrechtspaketes 2005 noch nicht in Geltung stand, ergibt sich aus späteren Novellierungen, dass der Gesetzgeber nach deren Schaffung die Umsetzung dieser Richtlinie (u.a.) mit den Bestimmungen des AsylG 2005 - sei es durch die Beibehaltung bisheriger Bestimmungen, die der Gesetzgeber offenkundig nicht im Widerspruch mit dieser Richtlinie stehend ansah, sei es durch Änderung von Bestimmungen, um den Vorgaben der StatusRL nachzukommen - angestrebt hat. So wird etwa in den Materialien zum FNG-Anpassungsgesetz (BGBl. I Nr. 68/2013) mehrfach erwähnt, dass damit die Vorgaben (auch) der StatusRL umgesetzt werden sollten [vgl. bloß auszugsweise aus RV 2144 BlgNR 24. GP, S 1: "Ziele [...] Herstellung einer unionsrechtskonformen Rechtslage der fremdenrechtlichen Materiengesetze [...] Inhalt [...] Das Vorhaben umfasst hauptsächlich folgende Maßnahme(n): [...] Umsetzung der Vorgaben aus der Richtlinie 2011/95/EU (Statusrichtlinie) [...]; S 2: ‚Das Vorhaben dient unter anderem der Umsetzung der Richtlinie 2011/95/EU über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (im Folgenden: Statusrichtlinie) [...]'; S. 7: "Die Vorgaben der Richtlinie 2011/95/EU über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (im Folgenden: Statusrichtlinie), ABl. Nr. L 337 vom 20.12.2011 S. 9, werden im AsylG 2005 umgesetzt."; S. 17: *'Mit der Ausweitung der Dauer der befristeten Aufenthaltsberechtigung von subsidiär Schutzberechtigten auf zwei Jahre im Fall der Verlängerung wird Art. 24 Abs. 2 der Statusrichtlinie umgesetzt.'].
76 Sohin ist im Weiteren aus den bereits im zitierten Erkenntnis, Ra 2018/01/0106, genannten Gründen, aber auch im Hinblick darauf, dass es keinen Hinweis dafür gibt, dass der Gesetzgeber - mag mitunter im Einzelnen auch die Umsetzung fehlerhaft erfolgt oder mögen Vorschriften fehlerhaft beibehalten worden sein (vgl. zu einem solchen Fall das bereits erwähnte Erkenntnis Ro 2019/19/0006) - die hier in Rede stehende (seit ihrem Inkrafttreten am 1. Jänner 2006 unverändert geltende) Bestimmung nicht im Einklang mit den unionsrechtlichen Vorgaben hätte verstanden wissen wollen, für das Verständnis dieser Bestimmung auch auf die unionsrechtlichen Vorgaben Bedacht zu nehmen.
77 Die hier in Rede stehende Bestimmung des § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 verfolgt das Ziel sicherzustellen, dass nur jenen Fremden, die die Voraussetzungen für die Zuerkennung von subsidiärem Schutz erfüllen, der Status des subsidiär Schutzberechtigten zukommt. Dies wird auch in den oben zitierten Materialien zum Fremdenrechtspaket 2005 - wenngleich dort nur kurz angesprochen, so doch dennoch deutlich - zum Ausdruck gebracht, indem betont wird, dass der Fremde (auch) in einem solchen Fall den Schutz Österreichs nicht mehr benötige. Während der erste Fall des § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 die Konstellation erfasst, in der der Fremde schon im Zeitpunkt der Zuerkennung von subsidiären Schutz die dafür notwendigen Voraussetzung nicht erfüllt hat, betrifft der von der Behörde und vom Bundesverwaltungsgericht hier zur Anwendung gebrachte § 9 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall AsylG 2005 jene Konstellationen, in denen die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nachträglich weggefallen sind.
78 Dies steht im Einklang mit Art. 19 Abs. 1 StatusRL, wonach bei Anträgen auf internationalen Schutz, die nach Inkrafttreten der Richtlinie 2004/83/EG gestellt wurden, die Mitgliedstaaten einem Drittstaatsangehörigen oder einem Staatenlosen den von einer Regierungs- oder Verwaltungsbehörde, einem Gericht oder einer gerichtsähnlichen Behörde zuerkannten subsidiären Schutzstatus aberkennen, diesen beenden oder seine Verlängerung ablehnen, wenn die betreffende Person gemäß Art. 16 StatusRL nicht länger Anspruch auf subsidiären Schutz erheben kann (vgl. dazu, dass es der allgemeinen Systematik und den Zielen der StatusRL widersprechen würde, die in dieser Richtlinie vorgesehenen Rechtsstellungen Drittstaatsangehörigen zuzuerkennen, die sich in Situationen befinden, die keinen Zusammenhang mit dem Zweck des internationalen Schutzes aufweisen und der Verlust des subsidiären Schutzstatus unter solchen Umständen mit der Zielsetzung und der allgemeinen Systematik der StatusRL, insbesondere mit Art. 18, der die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus nur an Personen vorsieht, die die genannten Voraussetzungen erfüllen, im Einklang steht, EuGH 23.5.2019, Bilali, C-720/17, Rn. 44 ff.). Unbeschadet der Pflicht des Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen, gemäß dem Art. 4 Abs. 1 StatusRL alle maßgeblichen Tatsachen offen zu legen und alle maßgeblichen, ihm zur Verfügung stehenden Unterlagen vorzulegen, weist gemäß Art. 18 Abs. 4 StatusRL der Mitgliedstaat, der ihm den subsidiären Schutzstatus zuerkannt hat, in jedem Einzelfall nach, dass die betreffende Person gemäß den Abs. 1 bis 3 dieses Artikels keinen oder nicht mehr Anspruch auf subsidiären Schutz hat.
79 Nach Art. 16 Abs. 1 StatusRL hat ein Drittstaatsangehöriger oder ein Staatenloser keinen Anspruch auf subsidiären Schutz mehr, wenn die Umstände, die zur Zuerkennung des subsidiären Schutzes geführt haben, nicht mehr bestehen oder sich in einem Maße verändert haben, dass ein solcher Schutz nicht mehr erforderlich ist. Gemäß Art. 16 Abs. 2 StatusRL haben die Mitgliedstaaten bei Anwendung des Art. 16 Abs. 1 StatusRL zu berücksichtigen, ob sich die Umstände so wesentlich und nicht nur vorübergehend verändert haben, dass die Person, die Anspruch auf subsidiären Schutz hat, tatsächlich nicht länger Gefahr läuft, einen ernsthaften Schaden zu erleiden.
80 Im vorliegenden Fall wurde die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten auf den zweiten Fall des § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 gestützt. Davon, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiären Schutzberechtigten schon in jenem Zeitpunkt nicht vorhanden gewesen wären, in dem der diesbezügliche Bescheid in Rechtskraft erwachsen ist, gingen weder das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl noch das Bundesverwaltungsgericht, das insoweit auch ausdrücklich darauf Bezug genommen hat, das beim EuGH vom Verwaltungsgerichtshof anhängig gemachte Vorabentscheidungsersuchen betreffe § 9 Abs. 1 Z 1 erster Fall AsylG 2005 und es liege hier keine dem Vorabentscheidungsersuchen vergleichbare Konstellation vor (vgl. dazu das mittlerweile ergangene und bereits erwähnte Urteil EuGH 23.5.2019, Bilali, C-720/17), aus. Am Boden der Feststellungen des Bundesverwaltungsgerichts gibt es aber auch sonst keinen Hinweis, dass hier ein Fall des § 9 Abs. 1 Z 1 erster Tatbestand AsylG 2005 gegeben wäre.
81 In der Revision wird betont, § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005, der festlege, dass die einem Fremden bereits rechtskräftig zuerkannte Rechtsposition durch die spätere Entscheidung, ihm diese abzuerkennen, wieder beseitigt werde, ermögliche die Durchbrechung der Rechtskraft der "Zuerkennungsentscheidung", weshalb es die Pflicht der Behörde und (im Beschwerdeverfahren) des Verwaltungsgerichts sei, näher darzulegen, worin sie (oder es) die Änderung des maßgeblichen Sachverhalts sehe. Ob eine innerstaatliche Fluchtalternative bestehe, sei für die Beurteilung nicht maßgeblich.
82 Der hier in Rede stehende zweite Fall des § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 stellt für die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten darauf ab, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8 Abs. 1 AsylG 2005) nicht mehr vorliegen.
83 Es ist der Revision darin Recht zu geben, dass es Aufgabe der Behörde - sofern im Folgenden keine anderslautenden Aussagen erfolgen, gelten die auf die Behörde bezogenen Ausführungen auch für eine im Beschwerdeverfahren getroffene Entscheidung des Verwaltungsgerichts - ist, offen zu legen, weshalb sie davon ausgeht, dass die Voraussetzungen für die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten vorliegen.
Das ergibt sich schon daraus, dass nach § 9 Abs. 1 AsylG 2005 - was sogar im Wortlaut dieser Bestimmung ausdrücklich Niederschlag gefunden hat - die Behörde von Amts wegen vorzugehen hat.
85 Nach § 37 AVG ist es der Zweck des Ermittlungsverfahrens, den für die Erledigung einer Verwaltungssache maßgebenden Sachverhalt festzustellen und den Parteien Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer Rechte und rechtlichen Interessen zu geben. Nach § 39 Abs. 2 erster Satz AVG hat die Behörde dabei (soweit die Verwaltungsvorschriften nichts anderes anordnen) von Amts wegen vorzugehen und unter Beobachtung der weiteren einschlägigen Vorschriften des AVG den Gang des Ermittlungsverfahrens zu bestimmen. Der dort normierte Grundsatz der Amtswegigkeit beherrscht das Ermittlungsverfahren. Die Behörde hat danach von sich aus den vollständigen und wahren entscheidungsrelevanten Sachverhalt durch Aufnahme aller nötigen Beweise festzustellen, ohne in tatsächlicher Hinsicht an das Parteienvorbringen gebunden zu sein.
86 Dem Grundsatz der Amtswegigkeit des Verwaltungsverfahrens korrespondiert freilich die Pflicht der Parteien, an der Ermittlung des Sachverhalts mitzuwirken. Das Offizialprinzip entbindet die Parteien nicht davon, durch ein substantiiertes Vorbringen zur Ermittlung des Sachverhalts beizutragen, wenn es einer solchen Mitwirkung bedarf. Dort, wo es der Behörde nicht möglich ist, den entscheidungswesentlichen Sachverhalt ohne Mitwirkung der Partei festzustellen, ist von einer Mitwirkungspflicht der Partei auszugehen. Die Mitwirkungspflicht der Partei ist gerade dort von Bedeutung, wo ein Sachverhalt nur im Zusammenwirken mit der Partei geklärt werden kann, weil die Behörde außerstande ist, sich die Kenntnis von ausschließlich in der Sphäre der Partei liegenden Umständen von Amts wegen zu beschaffen.
87 Ausgehend davon trifft daher grundsätzlich die Behörde die Pflicht zur Feststellung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes; diese kann nicht auf die Partei abgewälzt werden. Die Pflicht zur amtswegigen Erforschung des Sachverhaltes kann jedoch dort eine Grenze finden, wo eine Partei die ihr obliegende Mitwirkung trotz der ihr (allenfalls nach Rechtsbelehrung unter Setzung einer angemessenen Frist) gebotenen Möglichkeit unterlässt.
88 So wird es nach der Rechtsprechung nicht als rechtswidrig angesehen, wenn die Behörde in diesem Fall keine weiteren Ermittlungen durchführt, sondern diese Unterlassung gemäß § 45 Abs. 2 und § 46 AVG in die Würdigung der vorliegenden Ermittlungsergebnisse einbezieht. Dies allerdings nur, wenn und soweit die Behörde ohne Mitwirkung der Partei ergänzende Ermittlungen nicht oder nur mit einem unzumutbaren Aufwand durchführen kann oder deren Notwendigkeit gar nicht zu erkennen vermag. Die Verletzung der Obliegenheit einer Partei zur Mitwirkung bei der Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes (‚Mitwirkungspflicht') enthebt die Behörde nicht von ihrer Verpflichtung, den entscheidungswesentlichen Sachverhalt überhaupt festzustellen, ebenso wenig wie ihrer Verpflichtung zur Gewährung von Parteiengehör sowie ihrer Begründungspflicht (vgl. zum Ganzen VwGH 19.6.2018, Ra 2018/03/0021, mit zahlreichen weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung).
89 Weiters hat der Verwaltungsgerichtshof zur Pflicht der Begründung von Entscheidungen festgehalten hat, dass nach den in der Rechtsprechung zu den §§ 58 und 60 AVG entwickelten Anforderungen in einem ersten Schritt die eindeutige, eine Rechtsverfolgung durch die Partei ermöglichende und einer nachprüfenden Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts zugängliche konkrete Feststellung des der Entscheidung zugrunde gelegten Sachverhalts, in einem zweiten Schritt die Angabe jener Gründe, welche die Behörde im Falle des Vorliegens widerstreitender Beweisergebnisse in Ausübung der freien Beweiswürdigung dazu bewogen haben, gerade jenen Sachverhalt festzustellen, und in einem dritten Schritt die Darstellung der rechtlichen Erwägungen, deren Ergebnisse zum Spruch des Bescheides geführt haben, geboten ist. Zudem werden diesen Erfordernissen von Verwaltungsgerichten getroffene Entscheidungen (nur) dann gerecht, wenn sich die ihre Entscheidungen tragenden Überlegungen zum maßgeblichen Sachverhalt, zur Beweiswürdigung sowie zur rechtlichen Beurteilung aus den verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen selbst ergeben (vgl. etwa VwGH 26.3.2019, Ra 2018/19/0684, mwN).
90 Der Verwaltungsgerichtshof hat im Zusammenhang mit den sowohl die Behörde als auch das Verwaltungsgericht treffenden Ermittlungspflichten festgehalten, dass auch im Verfahren vor den Verwaltungsgerichten das Amtswegigkeitsprinzip des § 39 Abs. 2 AVG gilt. Für das Asylverfahren stellt § 18 AsylG 2005 eine Konkretisierung der aus § 37 AVG iVm § 39 Abs. 2 AVG hervorgehenden Verpflichtung der Verwaltungsbehörde und des Verwaltungsgerichtes dar, den für die Erledigung der Verwaltungssache maßgebenden Sachverhalt von Amts wegen vollständig zu ermitteln und festzustellen.
91 Der Verwaltungsgerichtshof hat aber auch betont, dass dem Vorbringen des Asylwerbers im Verfahren über den von ihn gestellten Antrag auf internationalen Schutz zentrale Bedeutung zukommt.
92 Das Asylverfahren bietet nämlich nur beschränkte Möglichkeiten, Sachverhalte, die sich im Herkunftsstaat des Asylwerbers ereignet haben sollen, vor Ort zu verifizieren. Hat der Asylwerber keine anderen Beweismittel, so bleibt ihm lediglich seine Aussage gegenüber den Asylbehörden, um das Schutzbegehren zu rechtfertigen. Diesen Beweisschwierigkeiten trägt das österreichische Asylrecht in der Weise Rechnung, dass es lediglich die Glaubhaftmachung der Verfolgungsgefahr verlangt. Um den Status des Asylberechtigten zu erhalten, muss die Verfolgung nur mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit drohen. Die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt jedoch nicht. Dabei hat der Asylwerber im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht nach § 15 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 alle zur Begründung des Antrags auf internationalen Schutz erforderlichen Anhaltspunkte über Nachfrage wahrheitsgemäß darzulegen.
93 In Bezug auf das Begehren auf Zuerkennung von subsidiärem Schutz wurde in der Rechtsprechung im Besonderen festgehalten, dass grundsätzlich der Fremde das Bestehen einer aktuellen, also im Fall der Abschiebung in den von seinem Antrag erfassten Staat dort gegebenen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten oder infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abwendbaren Bedrohung im Sinn des § 50 Abs. 1 oder Abs. 2 FPG - diese Bestimmungen stellen auf dieselben Gründe ab, wie sie in §§ 3 und 8 AsylG 2005 enthalten sind - glaubhaft zu machen hat, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist. Es ist die konkrete Einzelsituation des Fremden in ihrer Gesamtheit, gegebenenfalls vor dem Hintergrund der allgemeinen Verhältnisse, in Form einer Prognose für den gedachten Fall der Abschiebung des Fremden in diesen Staat zu beurteilen; für diese Beurteilung ist nicht unmaßgeblich, ob allenfalls gehäufte Verstöße im Sinn des § 50 Abs. 1 FPG durch den betroffenen Staat bekannt geworden sind. In diesem Sinn hat der Verwaltungsgerichtshof auch betont, dass der EGMR in seinem Urteil der Großen Kammer vom 23. August 2016, Nr. 59166/12, J.K. u.a. gegen Schweden, (u.a.) ausgeführt hat, dass die Beweislast für das Vorliegen eines realen Risikos in Bezug auf individuelle Gefährdungsmomente für eine Person grundsätzlich bei dieser liege, gleichzeitig aber die Schwierigkeiten, mit denen ein Asylwerber bei der Beschaffung von Beweismitteln konfrontiert sei, in Betracht zu ziehen seien und bei einem entsprechend substantiierten Vorbringen des Asylwerbers, weshalb sich seine Lage von jener anderer Personen im Herkunftsstaat unterscheide, im Zweifel zu seinen Gunsten zu entscheiden sei. Soweit es um die allgemeine Lage im Herkunftsstaat gehe, sei jedoch ein anderer Ansatz heranzuziehen. Diesbezüglich hätten die Asylbehörden vollen Zugang zu den relevanten Informationen und es liege an ihnen, die allgemeine Lage im betreffenden Staat (einschließlich der Schutzfähigkeit der Behörden im Herkunftsstaat) von Amts wegen festzustellen und nachzuweisen (vgl. zum Ganzen VwGH 10.8.2018, Ra 2018/20/0314).
94 Eine solche Sichtweise hat allerdings für das Aberkennungsverfahren nicht unbeschränkt Platz zu greifen, weil dieses voraussetzt, dass dem betroffenen Fremden zuvor der Status des subsidiär Schutzberechtigten rechtskräftig zuerkannt wurde. Dies bringt es mit sich, dass - abgesehen von den Besonderheiten der Zuerkennung von subsidiärem Schutz im Weg des nach § 34 AsylG 2005 vorgesehenen Familienverfahrens, was hier mangels Relevanz für den vorliegenden Fall aber ausgeklammert bleiben muss - die Behörde die Voraussetzungen für die Zuerkennung von subsidiärem Schutz bereits geprüft und bejaht hat.
95 Dies gilt sinngemäß auch für die Bewilligung von Anträgen auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung nach § 8 Abs. 4 AsylG 2005. Danach darf diese Aufenthaltsberechtigung über Antrag des Fremden nur im Fall des weiteren Vorliegens der Voraussetzungen verlängert werden.
96 Art. 19 Abs. 4 StatusRL sieht vor, dass der Mitgliedstaat, der den Fremden den subsidiären Schutzstatus zuerkannt hat, in jedem Einzelfall nachzuweisen hat, dass die betreffende Person gemäß den Abs. 1 bis 3 dieses Artikels keinen oder nicht mehr Anspruch auf subsidiären Schutz hat. Sohin trifft auch nach den unionsrechtlichen Vorgaben die Behörde die Pflicht, den Nachweis zu führen, dass die Voraussetzungen für die weitere Gewährung von subsidiärem Schutz nicht mehr vorliegen. Dabei ist zudem nach Art. 16 Abs. 2 Status RL darauf abzustellen, ob sich die Umstände so wesentlich und nicht nur vorübergehend verändert haben, dass die Person, die Anspruch auf subsidiären Schutz hat, tatsächlich nicht länger Gefahr läuft, einen ernsthaften Schaden zu erleiden (vgl. EuGH 23.5.2019, Bilali, C-720/17, Rn. 50).
97 Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 30. August 2017, Ra 2017/18/0155, in einem Fall, in dem die Aberkennung auf § 9 Abs. 2 Z 2 AsylG 2005 gestützt wurde, festgehalten, dass es unter Berücksichtigung der Rechtskraftwirkungen der Zuerkennungsentscheidung zwar nicht zulässig ist, die Aberkennung nach § 9 Abs. 2 Z 2 AsylG 2005 auszusprechen, obwohl sich der Sachverhalt seit der Zuerkennung des subsidiären Schutzes bzw. der erfolgten Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung nach § 8 Abs. 4 AsylG 2005 - die nur im Fall des weiteren Vorliegens der Voraussetzungen für die Zuerkennung erteilt werden darf - nicht geändert hat.
98 Er hat in dieser Entscheidung aber auch ausgeführt, dass, soweit neue Sachverhaltselemente hinzutreten, die für die Gefährdungsprognose nach § 9 Abs. 2 Z 2 AsylG 2005 von Bedeutung sein können, die Behörde eine neue Beurteilung des Gesamtverhaltens des Fremden vorzunehmen und nachvollziehbar darzulegen hat, warum sie davon ausgeht, dass der subsidiär Schutzberechtigte nun eine Gefahr für die Allgemeinheit (oder für die Sicherheit des Staates) darstellt. Dabei ist es ihr nicht verwehrt, auch vor der Zuerkennung des subsidiären Schutzes bzw. vor Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung begangene Straftaten in ihre Gesamtbeurteilung einfließen zu lassen.
99 Eine solche Betrachtung hat infolge der gleichgelagerten Ausgangssituation auch bei Anwendung des § 9 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall AsylG 2005 Platz zu greifen. Durch die Entscheidung, die befristete Aufenthaltsberechtigung zu verlängern, bringt die Behörde vor dem Hintergrund der dafür nach dem Gesetz vorgesehenen Voraussetzungen zum Ausdruck, dass sie davon ausgeht, es seien im Zeitpunkt ihrer Entscheidung, mit der sie die Verlängerung bewilligt, weiterhin jene Umstände gegeben, die für Zuerkennung von subsidiärem Schutz maßgeblich seien.
100 Zwar wird sich eine Änderung dieser Umstände regelmäßig daraus ergeben, dass sich die tatsächlichen Umstände im Herkunftsland geändert haben und durch diese Änderung die Ursachen, die zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten geführt haben, beseitigt worden sind, jedoch sieht weder § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 noch Art. 16 StatusRL vor, dass deren Anwendungsbereich auf einen solchen Fall beschränkt ist. Es kann auch eine Änderung des Kenntnisstands der Behörde hinsichtlich der persönlichen Situation der betroffenen Person in gleicher Weise dazu führen, dass die ursprüngliche Befürchtung, der Fremde habe eine Verletzung der in § 8 Abs. 1 AsylG 2005 genannten Rechte zu gewärtigen oder er werde einen ernsthaften Schaden im Sinn von Art. 15 StatusRL erleiden, im Licht der neuen Informationen, die nunmehr zur Verfügung stehen, nicht mehr begründet erscheint. Der EuGH hat zudem - unter Bezugnahme auf Art. 16 Abs. 2 StatusRL - festgehalten, dass dies jedoch nur gilt, soweit die neuen Informationen, über die der Aufnahmemitgliedstaat verfügt, zu einer Änderung seines Kenntnisstands führen, die hinsichtlich der Frage, ob die betreffende Person die Voraussetzungen für die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus erfüllt, hinreichend bedeutsam und endgültig sind (vgl. EuGH 23.5.2019, Bilali, C-720/17, Rn. 49 und 50). Vor diesem unionsrechtlichen Hintergrund darf nicht außer Acht gelassen werden, dass dem Gesetz nicht unterstellt werden kann, es hätte im Fall jedes Antrages auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung nach § 8 Abs. 4 AsylG 2005 neuerlich ein die ursprünglichen Gründe umfassend prüfendes Verfahren stattzufinden. Insoweit dürfen die Ermittlungspflichten der Behörde nicht überspannt werden. Hat die Behörde keine konkreten Hinweise dafür, dass im Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung die für dessen Bewilligung notwendigen Voraussetzungen nicht mehr bestehen könnten, also die diesbezüglich maßgeblichen Umstände sich nicht im Sinn der unionsrechtlichen Vorgaben in hinreichend bedeutsamer und endgültiger Weise geändert haben, werden insoweit weitere Ermittlungen unterbleiben können. Das ergibt sich nicht zuletzt auch aus der Anordnung des § 9 Abs. 3 AsylG 2005, wonach selbst dann, wenn der Fremde (im Sinn des § 2 Abs. 3 AsylG 2005) straffällig geworden ist, nur dann jedenfalls ein Verfahren zur Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten einzuleiten ist, wenn auch das Vorliegen der Voraussetzungen für die Aberkennung gemäß § 9 Abs. 1 oder Abs. 2 AsylG 2005 wahrscheinlich ist.
101 Als maßgeblich erweist sich zudem, dass gerade in Bezug auf die Frage, ob sich die Umstände so wesentlich und nicht nur vorübergehend verändert haben, sodass Anspruch auf subsidiären Schutz nicht länger besteht, es regelmäßig nicht allein auf den Eintritt eines einzelnen Ereignisses ankommt. Der Wegfall der Notwendigkeit, auf den Schutz eines anderen Staates angewiesen zu sein, kann sich durchaus auch als Ergebnis unterschiedlicher Entwicklungen von Ereignissen, die sowohl in der Person des Fremden als auch in der in seinem Heimatland gegebenen Situation gelegen sind, darstellen (vgl. in diesem Zusammenhang sowohl die oben als auch die im weiteren dargestellte Rechts