TE Bvwg Erkenntnis 2019/7/30 W239 2174104-2

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Veröffentlicht am 30.07.2019
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Entscheidungsdatum

30.07.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z1
AsylG 2005 §4a
AsylG 2005 §57
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §61

Spruch

W239 2174104-2/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Theresa BAUMANN als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Russische Föderation, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 07.05.2019, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 4a, § 10 Abs. 1 Z 1, § 57 AsylG 2005, § 9 BFA-VG und § 61 FPG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Russischen Föderation, stellte im österreichischen Bundesgebiet am 08.01.2019 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Zu seiner Person liegen folgende EURODAC-Treffer der Kategorie 1 (Asylantragstellung) vor:

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zu Dänemark vom 27.05.2010, vom 13.12.2013 und vom 11.06.2015

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zu Deutschland vom 13.09.2010 und vom 04.03.2013

-

zu Norwegen vom 17.08.2012

-

zu Österreich vom 09.01.2017

2. Der zuvor in Österreich gestellte Antrag des Beschwerdeführers vom 09.01.2017 wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 04.10.2017 gemäß § 4a AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass sich der Beschwerdeführer nach Polen zurückzugeben habe (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt; gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde die Außerlandesbringung des Beschwerdeführers angeordnet und festgestellt, dass demzufolge eine Abschiebung nach Polen gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei (Spruchpunkt II.).

Am 01.12.2017 wurde der Beschwerdeführer auf dem Luftweg nach Polen überstellt.

Die gegen den Bescheid des BFA erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 22.02.2018 als unbegründet abgewiesen und es wurde gemäß § 21 Abs. 5 erster Satz BFA-VG festgestellt, dass die Anordnung zur Außerlandesbringung zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides rechtmäßig war.

3. Im gegenständlichen Verfahren gab der Beschwerdeführer bei der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 08.01.2019 über Nachfrage zu etwaigen Familienangehörigen an, dass sich seine Lebensgefährtin und seine Tochter in Österreich aufhalten würden. Er selbst sei von 01.12.2017 bis 07.01.2019 in Polen gewesen und über Tschechien wieder nach Österreich eingereist. Er habe sich nur in Polen aufgehalten, habe dort keinen Asylantrag gestellt und sei von dort auch nicht abgeschoben worden, sondern er sei freiwillig in einem Reisezug über Tschechien nach Österreich gereist. Gegen eine neuerliche Überstellung nach Polen spreche, dass in Polen einige tschetschenischen Personen nach Russland abgeschoben würden.

4. In weiterer Folge richtete das BFA am 10.01.2019 ein auf Art. 34 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin-III-VO) gestütztes Informationsersuchen an Polen. Unter Verweis auf ein Schreiben der polnischen Behörden vom 16.01.2017, dem zu entnehmen ist, dass dem Beschwerdeführer in Polen am 23.03.2009 subsidiärer Schutz gewährt und ihm eine Aufenthaltskarte (gültig von 30.07.2015 bis 30.07.2017) ausgestellt worden sei, weshalb die Dublin-III-VO nicht zur Anwendung komme, und unter Schilderung des bisherigen Sachverhaltes (erster Antrag auf internationaler Schutz in Österreich am 09.01.2017, Konsultationsverfahren mit Polen und Schreiben Polens vom 16.02.2017, Überstellung des Beschwerdeführers nach Polen am 01.12.2017, neuerliche Antragstellung in Österreich am 08.01.2019) fragte das BFA bei Polen nach, ob der Beschwerdeführer in Polen nach wie vor subsidiär schutzberechtigt sei.

Mit Antwortschreiben vom 23.01.2019 teilte Polen mit, dass dem Beschwerdeführer in Polen am 23.03.2009 subsidiärer Schutz gewährt worden sei. Seine letzte Aufenthaltskarte sei bis zum 30.07.2017 gültig gewesen. Der subsidiäre Schutz sei ihm nicht aberkannt worden.

Einem Schreiben des BFA vom 14.01.2019 ist zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer freiwillig auf Leistungen der Grundversorgung verzichtete.

5. Am 22.03.2019 fand die niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem BFA statt. Dabei gab der Beschwerdeführer über Nachfrage an, vor etwa zwei Jahren das erste Mal in Österreich eingereist zu sein und um Asyl angesucht zu haben. Er sei in Polen, Norwegen und Dänemark gewesen. In Polen habe er eine Duldung für zwei Jahre erhalten, die abgelaufen sei. Von Norwegen und Dänemark sei er jeweils nach Polen zurückgebracht worden. Auch von Österreich aus sei er nach Polen zurückgebracht worden. In Deutschland habe er zwei Asylanträge gestellt. Befragt, ob er in anderen Ländern über ein Aufenthaltsrecht vor allem im europäischen Raum verfüge, gab der Beschwerdeführer zu Protokoll, dass er in Polen eine Duldung gehabt habe; diese sei abgelaufen und nicht verlängert worden. Sie hätten ihm gesagt, dass er sich hier in Österreich mit seiner Frau und seiner Tochter zusammenführen solle. Darauf hingewiesen, dass er über den Status des subsidiär Schutzberechtigten verfüge und somit Schutz in Polen gewährleistet sei und einer aktuellen Anfragebeantwortung an Polen zufolge der Status auch aufrecht sei, entgegnete der Beschwerdeführer, dass seine Karte abgelaufen sei. Sie hätten ihm gesagt, dass er in Österreich ein Arbeitsvisum bekommen solle. Er wolle kein Asyl oder einen Pass, er wolle nur eine Arbeitsgenehmigung. Erneut wurde der Beschwerdeführer darauf hingewiesen, dass in Polen lediglich die Aufenthaltskarte abgelaufen sei, der Status aber aufrecht geblieben sei. Der Beschwerdeführer gab an, dass ihm gesagt worden sei, dass es nicht verlängert würde. Sie hätten ihm gesagt, dass er zu seiner Familie solle. Er habe immer hin und her fahren und alle drei Monate zurück nach Polen müssen. Darauf hingewiesen, dass laut den Länderfeststellungen zu Polen der Status des subsidiär Schutzberechtigten dort unbefristet erteilt werde, gab der Beschwerdeführer an, dass er mit dieser Karte und ohne Pass nicht mehr in Europa sein könne. Seine Frau bekomme seit einem Jahr und zehn Monaten keine Unterstützung und kein Kindergeld. Er habe ihnen geholfen und sorge für sie. Sie würden vom Staat nichts bekommen und mit diesem Dokument könne er hier nirgends arbeiten. Im Jahr 2008 sei er das erste Mal nach Polen gekommen und habe dann zehn Jahre in Polen gelebt. Seine Frau habe er hier in Österreich kennen gelernt.

Sodann wurde der Beschwerdeführer darüber aufgeklärt, dass sein Asylantrag zurückgewiesen werde, da ihm in Polen der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden sei. Dazu erklärte der Beschwerdeführer, dass er das wisse, dass er aber hier seine Familie habe. Es sei nicht gesetzeskonform, dass seine Frau und sein Kind hierbleiben würden und er weggebracht werde. Er habe einen DNA-Test gemacht und er sei der Vater seiner Tochter. In Polen sei er immer gefragt worden, warum er zurückkomme, wenn er doch in Österreich seine Familie habe. Wenn er allein wäre, wäre Polen kein Problem; er könne etwa 800,- EURO verdienen und davon leben, aber er habe seine Familie in Österreich.

Zur Frage, ob er, da er sich einige Jahre im deutschsprachigen Gebiet aufgehalten habe, über Deutschkenntnisse verfüge, wurde angemerkt, dass er höchstens Grundkenntnisse in der deutschen Sprache zeige.

Der Beschwerdeführer gab an, gesund zu sein. In seiner Heimat habe er in einer Eigentumswohnung gelebt, die er im Jahr 2007 verkauft habe. Seine Eltern seien ebenso wie seine vier Schwestern und ein Bruder zuhause. Die Männer seiner Schwestern würden arbeiten, seine Eltern würden eine Pension beziehen. Als er in Polen gearbeitet habe, habe er ihnen Geld geschickt. Ein Bruder halte sich in Dänemark auf. In seiner Heimat habe er zudem noch viele Tanten und Onkeln. Er sei nicht standesamtlich verheiratet, sondern nach moslemischen Ritus. Er habe eine Bestätigung der Mosche; diese habe er nicht mitgebracht, da ihm gesagt worden sei, dass Österreich diese Ehe nicht anerkenne.

Zu Österreich befragt gab der Beschwerdeführer an, dass seine Frau und sein Kind in Österreich seien. Er wolle hier arbeiten und seine Familie versorgen. Freiwillige Arbeit habe er in Österreich noch nicht verrichtet, da er immer abgeschoben worden sei. Er schaffe es nicht, in Polen und hier einen Haushalt zu finanzieren und gleichzeitig die Familie zu versorgen. Es gebe viele, die nicht arbeiten wollen würden, und diese würden Dokumente bekommen; dem, der arbeiten wolle, dem gebe man allerdings nichts. In Österreich bekomme er keinen Cent; seine Geschwister aus Dänemark würden ihm jeden Monat ein bisschen Geld schicken. Er lebe gemeinsam mit seiner Frau. Gleich als seine Tochter zur Welt gekommen sei, sei er als Vater eingetragen worden. Ein Jahr und sieben Monate lang habe man seiner Frau kein Geld gezahlt. Nach der Entbindung habe sie ihn jeden Tag angerufen; er sei damals in Polen gewesen. Er habe 450,- EUR für die Wohnung zahlen müssen, habe in Polen gearbeitet und sein gesamtes Geld hierhergeschickt. Er habe auch sein Auto verkauft, um seiner Frau das Geld für die Kaution der Wohnung zu geben. Von seiner Frau seien irgendwelche unmöglichen Dokumente verlangt worden und sie habe bis jetzt noch kein Kindergeld bekommen. Immer wenn sie nachfrage, was mit dem Kindergeld sei, sage man ihr, dass auf eine Antwort aus Polen gewartet werde.

Seine Frau habe der Beschwerdeführer über das Internet kennen gelernt. Nachgefragt, was dagegenspreche, dass er mit seiner Frau und seinem Kind in Polen lebe, gab der Beschwerdeführer an, dass es unmöglich sei, in Polen zu leben, da sie dort keine Krankenversicherung hätten. Mit den 700,- EUR, die er zuletzt verdient habe, könne er nicht die ganze Familie versorgen. Seine Frau könne nicht arbeiten, da sie beim Kind sei. Bei ihnen sei das sehr streng. Wenn eine Frau verheiratet sei, dann dürfe sie nicht mehr arbeiten. In Polen habe er als Security gearbeitet; er habe auch in Österreich schon Angebote erhalten, dürfe aber mit der polnischen Aufenthaltskarte hier nicht arbeiten. In Polen habe er mit Freunden eine Wohnung gemietet; er wisse aber nicht, ob diese noch dort seien. Die Wohnungen seien teuer, alleine könne man sich keine leisten. Eine Zukunft in Österreich stelle er sich so vor, dass er in erster Linie eine Arbeit suche und besser Deutsch lerne.

6. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des BFA vom 07.05.2019 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 4a AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass sich der Beschwerdeführer nach Polen zurückzubegeben habe (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt II.) und es wurde gegen ihn gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG iVm § 9 BFA-VG die Außerlandesbringung nach § 61 Abs. 1 FPG angeordnet und festgestellt, dass demzufolge seine Abschiebung nach Polen gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III.).

Zur Lage in Polen traf das BFA folgende Feststellungen (unkorrigiert und nunmehr gekürzt durch das Bundesverwaltungsgericht):

Allgemeines zum Asylverfahren

In erster Instanz für das Asylverfahren in Polen zuständig ist das Office for Foreigners (Urzad do Spraw Cudzoziemcow, UDSC), das dem Innenministerium untersteht. Es gibt ein mehrstufiges Asylverfahren mit Beschwerdemöglichkeiten:

(...)

Quellen:

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AIDA - Asylum Information Database (2.2017): HFHR - Helsinki Foundation for Human Rights, ECRE - European Council on Refugees and Exiles: National Country Report Poland http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_pl_update.v_final.pdf, Zugriff 3.11.2017

Dublin-Rückkehrer

Es gibt keine Berichte über Zugangshindernisse zum Verfahren für Dublin-Rückkehrer. Personen, die im Rahmen der Dublin-Bestimmungen nach Polen zurückkehren, müssen bei der Grenzwache einen Asylantrag stellen oder die Wiedereröffnung eines etwaigen vorherigen Verfahrens beantragen. So eine Wiedereröffnung ist innerhalb von neun Monaten ab dessen Einstellung möglich. Sind diese neun Monate verstrichen, wird ihr Antrag als Folgeantrag betrachtet und auf Zulässigkeit geprüft. 2016 gab es keinen einzigen Fall, in dem ein Verfahren innerhalb der Neun-Monatsfrist wiedereröffnet worden wäre. Viele Rückkehrer zogen hingegen die freiwillige Rückkehr ins Herkunftsland einer Wiedereröffnung ihrer Verfahren vor. Dublin-Rückkehrer sind zu denselben Bedingungen zu Versorgung in Polen berechtigt wie alle anderen Antragsteller (AIDA 2.2017; vgl. EASO 24.10.2017).

Das medizinische Personal der Grenzwache beurteilt den Gesundheitszustand eines Rückkehrers nach seiner Überstellung nach Polen, auch im Hinblick auf seine speziellen Bedürfnisse. Außerdem werden im Einvernehmen mit dem Fremdenamt (UDSC) und dem medizinischen Personal die Möglichkeiten der Anpassung der Aufenthaltsverhältnisse in Polen an die gesundheitliche Situation des Antragstellers bzw. die eventuelle Notwendigkeit, ihn in einer fachlichen medizinischen Einrichtung unterzubringen, abgesprochen. Abhängig von dem Zustand der motorischen Fähigkeit des Ausländers stellt die Grenzwache den Transport eines bedürftigen Rückkehrers zum Aufnahmezentrum, einer medizinischen Einrichtung (falls er einer sofortigen Hospitalisierung bedarf) oder einer fachlichen medizinischen Einrichtung sicher. Personen mit einer vorübergehenden oder dauerhaften motorischen Behinderung, die eines Rollstuhls bedürfen, werden in einem für die Bedürfnisse der motorisch Behinderten angepassten Zentrum untergebracht. Falls der Ausländer einer Rehabilitation bedarf, wird medizinische Ausrüstung sichergestellt. Das medizinische Personal des Flüchtlingszentrums bestimmt die Bedürfnisse des Rückkehrers im Bereich der Rehabilitation und der medizinischen Ausrüstung. Es besteht die Möglichkeit, eine vom Arzt verordnete Diät anzuwenden. Das Fremdenamt garantiert einen Transport zu fachärztlichen Untersuchungen oder Rehabilitation. Der Transport zu ärztlichen Terminen in medizinischen Einrichtungen wird garantiert. Antragsteller, die schwer behindert, pflegebedürftig oder bettlägerig sind, deren Pflege in einem Flüchtlingszentrum nicht gewährleistet werden kann, werden in speziellen Pflegeanstalten oder Hospizen untergebracht. Diese Einrichtungen garantieren medizinische Leistungen samt der notwendigen Rehabilitation für Behinderte rund um die Uhr und professionell ausgebildetes Personal (VB 7.7.2017).

Quellen:

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AIDA - Asylum Information Database (2.2017): HFHR - Helsinki Foundation for Human Rights, ECRE - European Council on Refugees and Exiles: National Country Report Poland http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_pl_update.v_final.pdf, Zugriff 6.11.2017

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EASO - European Asylum Support Office (24.10.2017): EASO Query.

Subject: Access to Procedures and Reception Conditions for persons transferred back from another Member State of the Dublin regulation, per E-Mail

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VB des BM.I in Polen (7.7.2017): Bericht der polnischen Asylbehörde, per E-Mail

Unbegleitete minderjährige Asylwerber (UMA) / Vulnerable

Als vulnerabel gelten in Polen laut Gesetz Minderjährige, Behinderte, Alte, Schwangere, alleinerziehende Elternteile, Opfer von Menschenhandel, ernsthaft Kranke, psychisch Beeinträchtigte, Folteropfer und Opfer psychischer, physischer bzw. sexueller Gewalt. Am Anfang und während des Asylverfahrens sind vom Gesetz gewisse medizinische und psychologische Identifikationsmechanismen vorgesehen und werden auch angewendet, wenn auch die Initiative dazu oft vom Antragsteller ausgehen muss. An der Grenze wendet die Grenzwache eigene Identifizierungsmechanismen für Vulnerable an, die von NGOs als ungenügend kritisiert werden. Einige NGOs behaupten, dass das im polnischen Gesetz vorgesehene Identifikationssystem für Vulnerable in der Praxis nicht funktioniere (AIDA 2.2017).

Die für die medizinische Versorgung von Asylwerbern in Polen zuständige Vertragsfirma Petra Medica ist vertraglich verpflichtet, einen Früherkennungsmechanismus für Vulnerable zu betreiben. Psychologische Versorgung inklusive Übersetzung ist in allen Unterbringungseinrichtungen vorhanden. Verfahren vulnerabler Personen werden priorisiert und alle Beamten im Umgang mit Vulnerablen geschult. Das Verfahren zur Identifizierung Vulnerabler wurde im Zuge eines Projekts mit einer NGO entwickelt. Die Bewertung spezieller Bedürfnisse geschieht durch einen Arzt während der Erstuntersuchung (epidemiologischer Filter). Werden psychische Probleme erkannt, wird der Betreffende zu einem Psychologen überwiesen. Wenn zu einem späteren Zeitpunkt Hinweise auf Vulnerabilität aufkommen, wird ebenfalls eine psychologische Untersuchung veranlasst. Gleiches gilt bei Hinweisen auf Folter. Wenn auch von NGOs behauptet wird, die Identifizierung der Vulnerabilität funktioniere in der Praxis nicht immer, kann Polen dennoch als positives Beispiel genannt werden, da der Identifikationsmechanismus verpflichtend ist, und konkrete Umsetzungsmaßnahmen festgelegt wurden (HHC 5.2017).

In Polen gibt es drei NGOs, die sich auf die psychologische Betreuung von vulnerablen Asylwerbern spezialisieren. Die NGO International Humanitarian Initiative arbeitet in Warschau und besucht nötigenfalls auch geschlossene Einrichtungen. Sie betreiben auch das Projekt "Protect" für Folteropfer. Die NGO Ocalenie Foundation arbeitet auch in Warschau und hat einen Psychologen, der Russisch und Englisch spricht. Die dritte ist die Stiftung Róznosfera, welche 2015-2016 ein Projekt mit Grenzwache und Asylbehörde zur Identifizierung von Vulnerablen betrieben hat. Andere NGOs bieten psychologische Hilfe aus finanziellen Gründen nur eingeschränkt und unregelmäßig an (AIDA 2.2017).

Antragsteller mit besonderen Bedürfnissen sind auch entsprechend unterzubringen. Einige der Unterbringungszentren in Polen sind behindertengerecht angepasst. Drei Zentren haben spezielle Eingänge und Bäder für Rollstuhlfahrer, sieben andere Zentren haben gewisse Verbesserungen für diese Gruppe umgesetzt, und es gibt Rehabilitationsmaßnahmen. Traumatisierte Asylwerber (etwa Folteropfer) können in Einzelzimmern untergebracht werden. In Warschau gibt es ein Zentrum, speziell für alleinstehende Frauen mit Kindern. Es gibt spezielle Gegenmaßnahmen der Behörden in Kooperation mit UNHCR und NGOs (sogenannte Local Cooperation Teams) gegen geschlechterbasierte Gewalt in den Unterbringungszentren (AIDA 2.2017; vgl. HHC 5.2017).

Wenn Zweifel an der Minderjährigkeit eines Antragstellers bestehen, ist, mit Zustimmung des Antragstellers bzw. seines Vertreters, eine medizinische Altersfeststellung vorgesehen. Es gibt drei Möglichkeiten hierfür: allgemeine Untersuchung, Handwurzelröntgen und Zahnuntersuchung, in dieser Reihenfolge. Im Zweifelsfall wird die Minderjährigkeit angenommen. Wird die Zustimmung zur Altersfeststellung verweigert, wird der Betreffende als Erwachsener behandelt. Die Gesetze sehen vor, dass für unbegleitete Minderjährige auf Antrag der Asylbehörde vom lokalen Bezirksfamiliengericht ein Vormund (kurator) bestimmt werden muss, was in der Praxis auch ausnahmslos der Fall ist. Die Frist zur Bestellung beträgt drei Tage. Es gibt keine Berichte zur Einhaltung dieser Regel. Der Vormund ist nur für das Asylverfahren zuständig, nicht für andere Lebensbereiche des UMA. In den letzten Jahren gab es in der Praxis Probleme mit der zu geringen Zahl an Kandidaten für eine Vormundschaft. Meist wurden NGO-Mitarbeiter oder entsprechend engagierte Rechtswissenschaftsstudenten bestellt. Der Vormund soll während des Asylinterviews des unbegleiteten Minderjährigen anwesend sein, ebenso ein Psychologe (AIDA 2.2017).

Unbegleitete Minderjährige (UM) werden nicht in den herkömmlichen Unterbringungszentren für Asylwerber, sondern in verschiedenen Kinderschutzeinrichtungen in ganz Polen untergebracht. Auch die Unterbringung in Pflegefamilien ist möglich. 2016 waren die meisten UM (142 Anträge von UM gab es in jenem Jahr) in Einrichtungen in Ketrzyn, in der Nähe des dortigen Unterbringungszentrums untergebracht, andere auch in Przemysl oder Rzeszów. Wenn das Asylverfahren negativ ausgeht, bleibt der UM in der Unterbringung, in der er sich befindet. 2016 wurden zwölf Verfahren von UM eingestellt, weil sich diese dem Verfahren entzogen (absconded) (AIDA 2.2017). Unbegleitete Minderjährige unter 15 Jahren dürfen nicht in geschlossenen Einrichtungen untergebracht werden (USDOS 3.3.2017).

Quellen:

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AIDA - Asylum Information Database (2.2017): HFHR - Helsinki Foundation for Human Rights, ECRE - European Council on Refugees and Exiles: National Country Report Poland http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_pl_update.v_final.pdf, Zugriff 6.11.2017

-

HHC - Hungarian Helsinki Committee (5.2017): Unidentified and Unattended. The Response of Eastern EU Member States to the Special Needs of Torture Survivor and Traumatised Asylum Seekers, http://www.ecoi.net/file_upload/90_1504851185_2017-05-hhc-unidentified-and-unattended.pdf, Zugriff 9.11.2017

-

USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Poland, https://www.ecoi.net/local_link/337193/479957_de.html, Zugriff 10.11.2017

Non-Refoulement

Gemäß polnischem Asylgesetz gilt ein Asylantrag als unzulässig, wenn ein anderes Land existiert, in dem der Antragsteller als Flüchtling behandelt wird und dort Schutz genießen kann bzw. in anderer Form vor Refoulement geschützt ist (first country of asylum). 2016 gab es in Polen 770 Unzulässigkeitsentscheidungen, aber es gibt keine Daten, wieviele davon auf die genannte Regelung zurückgehen (AIDA 2.2017).

Es gibt Berichte, wonach immer wieder potentiellen Antragstellern an der Grenze zu Weißrussland die Einreise nach Polen und der Zugang zum Asylverfahren verwehrt wird (AIDA 2.2017). Stattdessen werden sie nach Belarus zurückgeschickt. Die Grenzwache sagt, dass jene, denen die Einreise verweigert wurde, Wirtschaftsmigranten ohne Visa gewesen seien, die lediglich nach Westeuropa weiterreisen wollten (USDOS 3.3.2017; vgl. AI 22.2.2017). NGOs kritisieren, dass die Grenzwache diese Erkenntnis aus lediglich rudimentären zwei- bis dreiminütigen Befragungen (pre-screening interviews) gewinne. Das polnische Außenministerium wiederum sagt, dass das Gebiet, auf dem diese pre-screening interviews stattfinden, nicht polnisches Territorium sei (HRW 15.6.2017). Es wird weiter kritisiert, dass Belarus über kein funktionierendes Asylsystem verfüge, und daher die hauptsächlich tschetschenischen bzw. zentralasiatischen Schutzsuchenden einem Risiko ausgesetzt seien, in ihre Herkunftsländer zurückgeschickt zu werden und dort Opfer von Folter oder Misshandlung zu werden. Diese Praxis dauert angeblich trotz mehrerer interim measures des EGMR weiter an (AI 5.7.2017).

Quellen:

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AI - Amnesty International (22.2.2017): Amnesty International Report 2016/17 - The State of the World's Human Rights - Poland, https://www.ecoi.net/local_link/336602/479283_de.html, Zugriff 10.11.2017

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AI - Amnesty International (5.7.2017): Public Statement: Poland:

EU Should Tackle Unsafe Returns to Belarus, https://www.ecoi.net/file_upload/1226_1499329689_eur3766622017english.pdf, Zugriff 10.11.2017

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AIDA - Asylum Information Database (2.2017): HFHR - Helsinki Foundation for Human Rights, ECRE - European Council on Refugees and Exiles: National Country Report Poland http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_pl_update.v_final.pdf, Zugriff 6.11.2017

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HRW - Human Rights Watch (15.6.2017): Poland Ignores European Court Over Return of Asylum Seeker, https://www.ecoi.net/local_link/341960/485286_de.html, Zugriff 10.11.2017

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USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Poland, https://www.ecoi.net/local_link/337193/479957_de.html, Zugriff 10.11.2017

Versorgung

Asylwerber müssen sich binnen zwei Tagen ab Antragstellung in einem Erstaufnahmezentrum registrieren, ansonsten wird das Verfahren eingestellt. Ab Registrierung im Erstaufnahmezentrum sind sie während des gesamten Asylverfahrens sowie ohne Unterschied zu materieller Unterstützung berechtigt, auch im Zulassungs- und im Dublinverfahren sowie bei Folgeanträgen und während laufender erster Beschwerde. Wenn Antragsteller nach einer erfolglosen Beschwerde gegen den erstinstanzlichen Bescheid den Beschwerdeweg weiter beschreiten (Beschwerde an den Voivodeship Administrative Court in Warschau; 2. Beschwerdeinstanz), wird ihnen das Recht auf Versorgung aberkannt. Wenn das Gericht die angefochtene Entscheidung suspendiert, wird dem Beschwerdeführer das Recht auf Versorgung wieder zuerkannt. Jedoch hat der Voivodeship Administrative Court dies im Jahr 2016 meist nicht getan, was dazu führte, dass die betroffenen Beschwerdeführer ohne staatliche Versorgung blieben (AIDA 2.2017).

Generell werden Unterbringung, materielle Hilfe und Gesundheitsversorgung bis zu zwei Monate nach der endgülitigen Entscheidung im Asylverfahren (positiv wie negativ) gewährt. Wird das Verfahren allerdings schlicht eingestellt (z.B. in der Zulassungsphase), verkürzt sich dieser Zeitraum auf 14 Tage. Da Antragsteller mit einer abschließend negativen Entscheidung Polen binnen 30 Tagen zu verlassen haben und keine Versorgung mehr gewährt wird, wenn sie diese Frist zur freiwilligen Ausreise verstreichen lassen, werden sie in der Praxis nur für 30 Tage weiterversorgt. Einzelne Asylwerber berichten jedoch, dass ihnen sogar ein längerer Verbleib im Zentrum gestattet wurde als rechtlich vorgesehen. Versorgung wird in Polen auch ohne Berücksichtigung der finanziellen Möglichkeiten des AW gewährt. Für AW, die außerhalb des Zentrums wohnen, gibt es eine Zulage (AIDA 2.2017).

Quellen:

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AIDA - Asylum Information Database (2.2017): HFHR - Helsinki Foundation for Human Rights, ECRE - European Council on Refugees and Exiles: National Country Report Poland http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_pl_update.v_final.pdf, Zugriff 6.11.2017

Unterbringung

Asylwerber, die in einem Zentrum leben, erhalten Unterkunft, medizinische Versorgung, Mahlzeiten (oder PLN 9,-/Tag für Selbstverpflegung), Taschengeld (PLN 50,-/Monat), Geld für Hygieneartikel (PLN 20,-/Monat), eine Einmalzahlung für Bekleidung (PLN 140,-), einen Polnisch-Sprachkurs und Unterrichtsmaterialien, Unterstützung für Schulkinder (plus außerschulische Aktivitäten) und Geld für notwendige Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Asylwerber, die außerhalb der Zentren leben, erhalten eine finanzielle Beihilfe (von PLN 25,-/Tag für eine Einzelperson; bis hin zu PLN 12,50/Tag und Person für Familien mit vier oder mehr Familienmitgliedern), einen Polnisch-Sprachkurs und Unterrichtsmaterialien, Unterstützung für Schulkinder (plus außerschulische Aktivitäten), Geld für notwendige Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln und medizinische Versorgung. 2016 erhielten durchschnittlich 1.735 Asylwerber Versorgung innerhalb der Zentren und 2.416 außerhalb der Zentren. Die Höhe der Unterstützungen liegt unter dem sogenannten "sozialen Minimum" und wird als zu gering kritisiert, um in Polen außerhalb der Zentren einen angemessenen Lebensstandard führen zu können. Vor allem Mieten in Warschau, wo die meisten AW ihr Asylverfahren abwickeln, sind damit schwer abzudecken. Dies trage dazu bei, dass AW oft zu mehreren in beengten Wohnungen oder unsicheren Verhältnissen lebten und oft illegaler Beschäftigung nachgehen müssten. Selbst für Familien reiche die Unterstützung gerade einmal für die Miete (AIDA 2.2017).

In Polen gibt es elf Unterbringungszentren mit insgesamt 2.331 Plätzen. Zwei der Zentren dienen der Erstaufnahme. Mit Überbelegung gibt es keine Probleme. Alle Zentren unterstehen der polnischen Asylbehörde UDSC, sieben der Zentren werden von Vertragspartnern geführt. Die Unterbringungsbedingungen in den Zentren sind unterschiedlich. Gewisse Grundlagen müssen erfüllt werden, der Rest ist abhängig vom Willen und den finanziellen Möglichkeiten des Vertragspartners. Es gibt keine speziellen Zentren für AW im Grenzverfahren oder in Transitzonen (AIDA 2.2017).

Antragsteller dürfen sechs Monate nach Antragstellung arbeiten. Der Zugang zum Arbeitsmarkt ist wegen mangelnden Sprachkenntnissen usw. in der Praxis aber potentiell schwierig (AIDA 2.2017).

Es gibt spezielle Gegenmaßnahmen der Behörden in Kooperation mit UNHCR und NGOs (sogenannte Local Cooperation Teams) gegen geschlechterbasierte Gewalt in den Unterbringungszentren (AIDA 2.2017; vgl. HHC 5.2017). UNHCR und NGOs berichten über keine größeren oder anhaltenden Probleme von Missbrauch in den Zentren (USDOS 3.3.2017).

Polen verfügt außerdem über sechs geschlossene Unterbringungszentren (guarded centers) in Biala Podlaska, Bialystok, Lesznowola, Ketrzyn, Krosno Odrzanskie, und Przemysl mit zusammen 510 Plätzen (AIDA 2.2017).

Quellen:

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AIDA - Asylum Information Database (2.2017): HFHR - Helsinki Foundation for Human Rights, ECRE - European Council on Refugees and Exiles: National Country Report Poland http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_pl_update.v_final.pdf, Zugriff 6.11.2017

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HHC - Hungarian Helsinki Committee (5.2017): Unidentified and Unattended. The Response of Eastern EU Member States to the Special Needs of Torture Survivor and Traumatised Asylum Seekers, http://www.ecoi.net/file_upload/90_1504851185_2017-05-hhc-unidentified-and-unattended.pdf, Zugriff 9.11.2017

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USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Poland, https://www.ecoi.net/local_link/337193/479957_de.html, Zugriff 10.11.2017

Medizinische Versorgung

MedCOI bearbeitet grundsätzlich keine medizinischen Anfragen zu EU-Mitgliedsstaaten, da die medizinischen Mitarbeiter von MedCOI (Ärzte) davon ausgehen, dass medizinische Behandlungsmöglichkeiten in der EU generell in ausreichendem Maße verfügbar sind. Ausnahmen von dieser Regel sind nur in sehr spezifischen Einzelfällen möglich (MedCOI 14.12.2016).

Asylwerber in Polen mit laufendem Asylverfahren haben bezüglich medizinischer Versorgung, mit der Ausnahme von Kurbehandlungen, dieselben Rechte wie polnische Staatsbürger. Aufgrund einer Vereinbarung mit der polnischen Asylbehörde ist die Firma Petra Medica für die medizinische Versorgung von Asylwerbern verantwortlich, genauer medizinische Basisversorgung, Spezialbehandlung, Zahnbehandlung, Versorgung mit Medikamenten und psychologische Betreuung. Die psychologische Betreuung steht sowohl in den Asylzentren, wenn Asylwerber dort wohnhaft sind, aber auch in den Beratungsstellen der Asylbehörde in Warschau, für die diejenige, die außerhalb der Zentren wohnen, zur Verfügung. Die folgenden Leistungen werden im Rahmen der psychologischen Betreuung angeboten:

psychologische Unterstützung, Bildungsaktivitäten, Psychotherapie in Form einer kognitiven Verhaltenstherapie und Krisenintervention. Die erwähnten Maßnahmen basieren auf Standards der polnischen Psychologischen Vereinigung. Wenn die Notwendigkeit einer fachärztlichen Behandlung festgestellt wird, wird der Patient entsprechend seines Alters in eine Klinik für psychische Gesundheit für Kinder oder Erwachsene eingewiesen (UDSC 19.6.2017).

Asylwerber in Polen haben ab Antragstellung das Recht auf medizinische Versorgung, das auch dann weiterbesteht, wenn die materielle Versorgung, aus welchen Gründen auch immer, reduziert oder eingestellt wird. Gesetzlich garantiert ist medizinische Versorgung im selben Ausmaß wie für versicherte polnische Staatsbürger. Die medizinische Versorgung von AW wird öffentlich finanziert. Seit 1.7.2015 wird die medizinische Versorgung von AW durch die Vertragsfirma Petra Medica gewährleistet. Sie umfasst in jedem Unterbringungszentrum auch psychologische Versorgung. Pro 120 AW sind vier Stunden Zuwendung durch einen Psychologen vorgesehen. Das umfasst Identifizierung von Vulnerablen und grundlegende Behandlung. AW können aber auch an Psychiater oder psychiatrische Einrichtungen überwiesen werden. NGOs zeigen sich damit nicht zufrieden, beklagen den Mangel an PTSD-Behandlungen und einige NGOs meinen sogar, die spezialisierte Behandlung von traumatisierten AW und Folteropfern wäre in Polen nicht möglich. Zusätzlich bieten NGO-Psychologen in Unterbringungszentren ihre Dienste an, in manchen Zentren aber nicht regelmäßig. Die Psychologen in den Unterbringungszentren sprechen in der Regel auch Russisch. Darüber hinausgehende Übersetzung wird durch die zuständige Abteilung der Petra Medica gewährleistet. Manchmal ist bei der medizinischen Behandlung die Übersetzung bzw. mangelnde interkulturelle Kompetenz des medizinischen Personals ein Problem. Ebenfalls ein Problem ist, dass einige der Spitäler, die mit Petra Medica in der Behandlung von Asylwerbern zusammenarbeiten, weit von den Unterbringungszentren entfernt liegen, während die nächstgelegenen medizinischen Einrichtungen von Asylwerbern nur im Notfall frequentiert werden dürfen (AIDA 2.2017; vgl. HHC 5.2017).

Petra Medica ist aufgrund einer Vereinbarung mit der polnischen Asylbehörde verantwortlich für die medizinische Versorgung von Asylwerbern in Polen. In den Empfangszentren wird ein Gesundheits-Check, darunter auch der sogenannte epidemiologische Filter auf Tuberkulose, Infektionskrankheiten, Geschlechtskrankheiten und parasitäre Erkrankungen, vorgenommen. In den Unterbringungszentren wird ambulante medizinische Versorgung, darunter medizinische Grundversorgung, Zahnbehandlung, psychologische Betreuung und Versorgung mit Medikamenten geboten. Wenn nötig, werden Patienten für Tests oder Spezialbehandlung in medizinische Einrichtung der Petra Medica oder andere Vertragseinrichtungen überwiesen. Psychologische Betreuung findet im Zentrum statt, in Spezialfällen kann auch in spezialisierte Kliniken überwiesen werden. Rehabilitationsmaßnahmen sind mit Genehmigung der Abteilung Sozialwohlfahrt der UDSC möglich. Wenn AW außerhalb der Zentren leben, erhalten sie die Behandlung ebenfalls in den oben genannten Einrichtungen oder in relevanten Einrichtungen in den Hauptstädten der Woiwodschaften (Verwaltungsbezirke, Anm.). Wenn nötig, kann eine Überweisung in das nächstgelegene Krankenhaus erfolgen, das mit Petra Medica zusammenarbeitet. Außerhalb des Zentrums konsumierte Leistungen werden über Petra Medicas Patient Registration Coordinator serviciert (werktags zu den Bürozeiten). Wenn ein Patient sich dorthin wendet und er die nötigen Daten bereitstellen kann, wird die Behandlung genehmigt, Einrichtung und Datum für die Durchführung der Leistung ermittelt und dem Betreffenden mitgeteilt. Bei Akutfällen, in der Nacht und an Feiertagen, stehen entweder die übliche landesweite Versorgung bzw. medizinische Notdienste zur Verfügung. Um in den Unterbringungszentren und beim Foreigner Service Team Medikamente zu erhalten, ist eine entsprechende Verschreibung nötig. Wer außerhalb der Zentren lebt und Sozialhilfezahlungen erhält, kann verschriebene Medikamente erhalten, indem er das Rezept an Petra Medica schickt oder diese selbst kauft und sich die Kosten hinterher ersetzen lässt (UDSC 12.12.2016; vgl. PM o.D.).

Quellen:

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AIDA - Asylum Information Database (2.2017): HFHR - Helsinki Foundation for Human Rights, ECRE - European Council on Refugees and Exiles: National Country Report Poland http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_pl_update.v_final.pdf, Zugriff 6.11.2017

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HHC - Hungarian Helsinki Committee (5.2017): Unidentified and Unattended. The Response of Eastern EU Member States to the Special Needs of Torture Survivor and Traumatised Asylum Seekers, http://www.ecoi.net/file_upload/90_1504851185_2017-05-hhc-unidentified-and-unattended.pdf, Zugriff 9.11.2017

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MedCOI - Medical Country of Origin Information (14.12.2016):

Auskunft MedCOI, per E-Mail

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PM - Petra Medica (o.D.): Opieka medyczna dla Cudzoziemców, http://www.petramedica.pl/nasza-oferta/oferta-dla-pacjentow-indywidualnych/opieka-medyczna-dla-cudzoziemcow, Zugriff 10.11.2017

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UDSC - Urzad do Spraw Cudzoziemców (12.12.2016): Auskunft der polnischen Asylbehörde, per E-Mail

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UDSC - Urzad do Spraw Cudzoziemców (19.6.2017): Auskunft der polnischen Asylbehörde, per E-Mail

Schutzberechtigte

Internationaler Schutz wird unbefristet erteilt. Die Aufenthaltskarte, welche die Nutznießer erhalten, ist aber immer nur für drei Jahre gültig (verlängerbar). Subsidiärer Schutz sowie Humanitärer Schutz werden ebenfalls unbefristet erteilt. Die Aufenthaltskarte, welche die Nutznießer in beiden Fällen erhalten, ist aber immer nur für zwei Jahre gültig (verlängerbar). Nach frühestens fünf Jahren legalen Aufenthalts in Polen können Fremde unter bestimmten Voraussetzungen eine Langzeitaufenthaltsberechtigung beantragen (AIDA 2.2017).

Schutzberechtigte dürfen nach Erhalt der Entscheidung noch für max. zwei Monate in der Unterbringung für Asylwerber bleiben. Sie genießen volle Niederlassungsfreiheit in ganz Polen. Der Staat bietet keine eigenen Unterbringungsmöglichkeiten für Schutzberechtigte, nur einige Gemeinden bieten spezielle Wohnungen zu diesem Zweck an (z.B. fünf pro Jahr in Warschau). Innerhalb des zwölf Monate dauernden Individual Integration Program (IPI), erhalten Schutzberechtigte jedoch eine Zulage für das Anmieten einer Wohnung. Berichten zufolge vermieten aber viele Vermieter nicht gerne an Flüchtlinge bzw. verlangen höhere Mieten. Manche NGOs meinen, Flüchtlinge würden sich in Polen Obdachlosigkeit und Armut gegenübersehen. Schutzberechtigte haben in Polen vollen Zugang zum Arbeitsmarkt wie polnische Bürger, jedoch sind in der Praxis Sprachkompetenz und Qualifikation der Flüchtlinge oft ein Problem. Schutzberechtigte haben Zugang zum allgemeinen polnischen Sozialsystem wie polnische Bürger auch. Humanitär Aufenthaltsberechtigte oder Geduldete (tolerated stay) haben lediglich Zugang zu Unterbringung, Verpflegung, Kleidung und speziell gewidmeten Leistungen. Anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte müssen sich krankenversichern und haben dann Zugang zum staatlichen Gesundheitssystem wie polnische Bürger. Innerhalb des zwölf Monate dauernden Individual Integration Program (IPI), wird die Krankenversicherung noch von der öffentlichen Hand übernommen, danach muss diese entweder von einem etwaigen Arbeitgeber oder vom Schutzberechtigten selbst übernommen werden. Kinder unter 18 Jahren haben immer Zugang zu medizinischer Versorgung, die in ihrem Fall voll vom Staat übernommen wird. Die Krankenversicherung in Polen deckt die meisten medizinischen Behandlungen ab, lediglich einige Zahnbehandlungen, Medikamentenkosten und einige Heilbehelfe sind nicht umfasst. Das Polish Centre for Rehabilitation of Torture Victims der Foundation International Humanitarian Initiative bietet Folteropfern und Traumatisierten im Rahmen von Projekten Hilfe (AIDA 2.2017).

Quellen:

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AIDA - Asylum Information Database (2.2017): HFHR - Helsinki Foundation for Human Rights, ECRE - European Council on Refugees and Exiles: National Country Report Poland http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_pl_update.v_final.pdf, Zugriff 6.11.2017

Begründend führte das BFA aus, dass dem Beschwerdeführer in Polen subsidiärer Schutz zuerkannt worden sei. Es könne nicht festgestellt werden, dass er in Polen systematischen Misshandlungen bzw. Verfolgungen ausgesetzt gewesen sei oder diese dort zu erwarten hätte. Es sei somit davon auszugehen, dass er in Polen Schutz vor Verfolgung gefunden habe.

Im Fall des Beschwerdeführers lägen weder die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 von Amts wegen vor, noch seien Fälle hinsichtlich einer notwendigen Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von mit diesen im Zusammenhang stehenden zivilrechtlichen Ansprüchen bekannt. Der Beschwerdeführer sei auch kein Zeuge oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel.

Der Beschwerdeführer habe angegeben, in Dänemark nach islamischem Ritus geheiratet zu haben. Diese Form der Ehe werde in Österreich nicht anerkannt. Die Lebensgefährtin des Beschwerdeführers und seine Tochter befänden sich in Österreich; ein besonderes Abhängigkeitsverhältnis bestehe nicht. Sonstige nähere Verwandte in Österreich oder der EU gebe es nicht. Es bestehe kein schützenswertes Familienleben iSd Art. 8 EMRK. Es könne nicht festgestellt werden, dass eine besondere Integrationsverfestigung des Beschwerdeführers in Österreich bestehe.

7. Gegen den Bescheid des BFA vom 07.05.2019 erhob der Beschwerdeführer rechtzeitig das Rechtmittel der Beschwerde und hielt fest, dass der Bescheid zur Gänze angefochten werde.

Inhaltlich wurde auf das bereits erstattete Vorbringen verwiesen und ausgeführt, dass der Beschwerdeführer in Österreich seine Familie habe, weshalb eine Ausreise nach Polen für ihn unzumutbar sei. Seine traditionell angetraute Ehefrau sei bereits zu ihrer Situation befragt worden und es sei festgestellt worden, dass es sich bei der Tochter um das leibliche Kind des Beschwerdeführers handle. Somit liege eine Familienangehörigkeit vor. Des Weiteren sei die Ehefrau des Beschwerdeführers schwanger und der Beschwerdeführer der Vater. Es bestehe ein aufrechtes gemeinsames Familienleben, da der Beschwerdeführer jeden Tag bei seiner Familie verbringe und meistens dort übernachte. Er kümmere sich täglich um seine Tochter, da seine Frau besonders auf seine Unterstützung angewiesen sei. Aus der Tatsache, dass die Familie aufgrund des Erwerbs einer Gemeindewohnung und des Umzugs seiner Ehefrau derzeit nicht zusammenlebe, könne nicht geschlossen werden, dass kein aufrechtes Familienleben bestehe. Sie seien zwar nicht an einer gemeinsamen Adresse gemeldet, jedoch bestehe eine tatsächliche Wohngemeinschaft. Es liege daher ein gemeinsames intensives Familienleben vor; auch könne die schwangere Frau und das Kind auf die Unterstützung des Beschwerdeführers im Alltag nicht verzichten; er sorge auch für emotionalen Beistand.

Der Ehefrau und ihren Kindern sei es in der Zukunft nicht zumutbar, alle drei Monate nach Polen zu reisen, um den Beschwerdeführer zu besuchen oder umgekehrt. Eine Trennung der Familie sei für alle Familienmitglieder unzumutbar, da sie emotional und finanziell voneinander abhängig seien. Eine Trennung der Familie entspreche auch nicht dem Kindeswohl. Insgesamt stelle eine Überstellung des Beschwerdeführers nach Polen somit einen unzulässigen Eingriff in sein Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens gemäß Art. 8 EMRK dar.

Der Beschwerde beigelegt war eine Kopie des Mutter-Kind-Passes der Lebensgefährtin des Beschwerdeführers. Als errechneter Geburtstermin ist der XXXX 2019 angegeben. Angemerkt wurde, dass der gynäkologische Status und die Brust unauffällig seien.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Russischen Föderation, reiste über Polen in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten ein und stellte dort am 01.12.2007 einen Antrag auf internationalen Schutz. Am 23.03.2009 wurde ihm in Polen subsidiärer Schutz zuerkannt. Seine letzte Aufenthaltskarte war bis zum 30.07.2017 gültig. Der subsidiäre Schutz ist ihm zwischenzeitlich nicht aberkannt worden.

In der Folge reiste der Beschwerdeführer durch verschiedene europäische Staaten und stellte in Dänemark, Norwegen und Deutschland weitere Anträge auf internationalen Schutz. Am 09.01.2017 suchte der Beschwerdeführer in Österreich um internationalen Schutz an. Sein Antrag wurde als unzulässig zurückgewiesen und der Beschwerdeführer wurde am 01.12.2017 nach Polen überstellt.

Am 08.01.2019 stellte der Beschwerdeführer im Bundesgebiet einen weiteren, den nunmehr gegenständlichen, Antrag auf internationalen Schutz.

Zur Lage im Mitgliedstaat Polen schließt sich das Bundesverwaltungsgericht den Feststellungen des angefochtenen Bescheids an. Es ist dem gesunden, erwachsenen Beschwerdeführer als arbeitsfähige Person mit dem Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Polen unter Anspannung seiner Kräfte möglich und zumutbar, dort seine Bedürfnisse durch eigene Erwerbstätigkeit zu decken. Subsidiär Schutzberechtigte haben Zugang zum Arbeitsmarkt wie polnische Staatsbürger. Sie haben zudem Zugang zum allgemeinen polnischen Sozialsystem wie polnische Bürger auch.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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