Entscheidungsdatum
30.07.2019Norm
BFA-VG §22a Abs1Spruch
W186 2194454-1/24E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Judith PUTZER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Algerien, vertreten durch die Deserteurs- und Flüchtlingsberatung, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 19.04.2018, Zl. XXXX , sowie die Anhaltung in Schubhaft von 19.04.2018 bis 23.05.2018 zu Recht:
A)
I. Der Beschwerde gegen den Bescheid vom 19.04.2018 wird gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG iVm § 76 Abs. 2 Z 1 FPG idF BGBl. I Nr. 145/2017 stattgegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.
Gleichzeitig wird die Anhaltung in Schubhaft von 19.04.2018 bis 23.05.2018 für rechtswidrig erklärt.
II. Der Bund (Bundesminister für Inneres) hat gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG dem Beschwerdeführer den Verfahrensaufwand in Höhe von 737,60 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
III. Der Antrag der belangten Behörde auf Kostenersatz wird gemäß § 35 VwGVG abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Am 25.01.2009 und am 11.05.2013 stellte der Beschwerdeführer im Bundesgebiet bereits zwei Anträge auf internationalen Schutz, die beide rechtskräftig abgelehnt und der Beschwerdeführer nach Algerien ausgewiesen wurde. Im ersten Verfahren wurde der Antrag, den er mit der schwierigen politischen und wirtschaftlichen Lage in Algerien begründete, als unbegründet abgewiesen, im zweiten Verfahren erfolgte eine Zurückweisung wegen entschiedener Sache, weil das Vorbringen des Beschwerdeführers (er sei nach seiner zwischenzeitlichen Rückkehr in Algerien bedroht worden) als unglaubwürdig angesehen wurde. Während des zweiten Verfahrens befand er sich vom 15.01.2013 bis 18.07.2013 in Schubhaft, aus der er nach einem Hungerstreik entlassen wurde.
2. Mit Mandatsbescheid vom 30.06.2017 verhängte die belangte Behörde zur Sicherung der beabsichtigten Abschiebung erneut die Schubhaft, aus der er, wieder nach einem Hungerstreik, am 06.08.2017 entlassen wurde.
Am 26.09.2017 stimmte die algerische Botschaft zu, für den Beschwerdeführer ein Heimreisezertifikat auszustellen.
Mit Mandatsbescheid vom 28.11.2017 wurde gegen den Beschwerdeführer nach Rücküberstellung durch die deutsche Bundespolizei aufgrund einer Einreiseverweigerung zur Sicherung der Abschiebung wiederum die Schubhaft verhängt und dem Beschwerdeführer der Verein Menschenrechte als Rechtsberater zur Seite gestellt.
Am 05.01.2018 wurde dem Beschwerdeführer, der sich seit 04.12.2017 im Hungerstreik befand, mitgeteilt, dass er am 17.01.2018 abgeschoben werde.
Am 13.01.2018 stellte Beschwerdeführer in der Schubhaft seinen nunmehr dritten Antrag auf internationalen Schutz, den er wie folgt begründete: "Ich gehöre zu der Minderheit der Berber und habe mich für die Freiheit- und Meinungsfreiheit meines Volkes in Algerien eingesetzt. Darum wurde ich von der algerischen Polizei drei- bis viermal inhaftiert und misshandelt. Mir drohen in Algerien lange Haftstrafen, Folter und Tod."
Mit Mandatsbescheid vom 15.01.2018 wurde dem Beschwerdeführer der faktische Abschiebeschutz nicht zuerkannt.
Am 17.01.2018 verhinderte der Beschwerdeführer durch heftiges Herumschlagen im Flugzeug seine Abschiebung und verletzte dabei einen Beamten. Er wurde darauf in Untersuchungshaft genommen und mit Urteil des Landesgerichtes Korneuburg vom 12.02.2018, 506 Hv 13/18s, wegen der Vergehen des Widerstandes gegen die Staatsgewalt und der schweren Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von 9 Monaten, davon 7 Monate bedingt, verurteilt.
Mit Bescheid vom 13.03.2018 verhängte das Bundesamt gegen den BF wiederum die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG und ordnete an, dass die Rechtsfolgen des Bescheides nach Entlassung des BF aus der Gerichtshaft eintreten.
Der BF wurde am 16.03.2018 aus der Strafhaft entlassen, und der Schubhaftbescheid vollzogen.
Am 21.03.2018 wurde ein wiederholter Versuch unternommen, den BF abzuschieben. Auch dieser Versuch blieb jedoch erfolglos, weil der Kapitän des Flugzeuges, mit dem vom Flughafen Wien - Schwechat aus die Abschiebung erfolgen sollte, sich infolge lautstarker Proteste des BF - dieser musste bereits an Händen und Füßen fixiert in das Flugzeug getragen werden - letztlich weigerte, den BF zu befördern. Der BF wurde daher zurück in das PAZ Hernalser Gürtel gebracht.
Das BFA erließ noch am selben Tag gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG einen weiteren Schubhaftbescheid, wiederum zum Zweck der Sicherung der Abschiebung des BF. Dieser verblieb weiter in Schubhaft und sollte schließlich am 18. April 2018 im Zuge einer Linienabschiebung auf dem Luftweg vom Flughafen Wien - Schwechat aus nach Algier verbracht werden. Auch dieser Abschiebeversuch scheiterte, weil der gefesselt ins Flugzeug getragene BF beim Versuch, seinen Kopf über die Kopfstütze des zugewiesenen Sitzplatzes zu fixieren, wiederum - so der Bericht über den Abschiebeversuch - "lautstark in arabischer Sprache auf sich aufmerksam" machte, sodass der Kapitän zum sofortigen Verlassen des Flugzeuges aufforderte.
3. Nachdem der BF in das PAZ Hernalser Gürtel rücküberstellt worden war ordnete das Bundesamt mit dem im Spruch genannten Bescheid vom 19.04.2018 über den BF erneut gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG iVm § 57 AVG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung an.
Das Bundesamt traf nachstehende Feststellungen:
"Zu Ihrer Person:
Ihre Identität steht nicht fest.
Sie werden unter einer Verfahrensidentität geführt.
Sie sind nicht österreichischer Staatsbürger.
Sie sind algerischer Staatsangehöriger.
Sie gehen in Österreich keiner Erwerbstätigkeit nach.
Sie haben in Österreich keine sozialen Bindungen.
Sie sind nach dem zweiten negativen Asylverfahren wiederum untergetaucht und gaben an
nun nach Italien reisen zu wollen.
Sie sind im Wissen einer bevorstehenden Abschiebung bereits schon mal untergetaucht und wollten sich so dem Verfahren entziehen. Auch haben Sie sowohl am 17.01.2018 als auch am 21.03.2018 durch Ihr Verhalten die Abschiebung vereitelt und der Flug musste storniert werden. Um einem neuerlichen Untertauchen vorzubeugen wird gegen Sie neuerlich die Schubhaft erlassen.
Sie verfügen im österreichischen Bundesgebiet, weder über familiäre, noch private Bindungen. Bei der Einvernahme konnten Sie keinen Namen nennen.
Sie sind als junger, erwachsener und gesunder Mann zu qualifizieren.
Sie verfügen im österreichischen Bundesgebiet über keine Kranken-, Unfall- oder Sozialversicherung.
Zu Ihrer rechtlichen Position in Österreich:
Gegen Sie besteht eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung. Eine Abschiebung nach Algerien ist zulässig und auf Grund der Tatsache, dass die algerische Botschaft für Sie ein Heimreisezertifikat bestätigte, auch umsetzbar.
Sie verfügen weder über einen gültigen Einreise- oder Aufenthaltstitel, noch über ein Reisedokument.
Zu Ihrem bisherigen Verhalten:
Sie sind unrechtmäßig in das österreichische Bundesgebiet eingereist.
Sie stellten drei unbegründete Asylanträge, wovon zwei jeweils rechtskräftig negativ beschieden wurde und Ihrem dritten Antrag kein faktischer Abschiebeschutz zukommt, worüber bescheidmäßig abgesprochen wurde. Ihnen wurde weder der Status eines Asylberechtigten noch jener eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt. Gegen Sie besteht eine durchführbare Rückkehrentscheidung. Sie befinden sich illegal im Land.
Sie besitzen kein gültiges Reisedokument. Sie können Österreich aus eigenem Entschluss nicht legal verlassen.
Sie verfügen nicht über ausreichend Barmittel um Ihren Unterhalt zu finanzieren. Sie gehen keiner legalen Beschäftigung nach.
Durch das Nichtmitwirken erschwerten Sie das Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates.
Ein Heimreisezertifikat aus Algerien konnte bereits erlangt werden.
Um die Abschiebung zu verzögern bzw. verhindern, stellten Sie am 13.01.2018 neuerlich im Stande der Schubhaft einen Folgeantrag auf internationalen Schutz. Diesen Antrag brachten Sie am 15.01.2018 ein.
Mit Mandatsbescheid vom 15.01.2018 wurde gemäß § 12a Abs 4 AsylG 2005 festgestellt, dass die Voraussetzungen des § 12a Abs 4 Z 1 und 2 AsylG nicht vorliegen und Ihnen wurde der faktische Abschiebeschutz nicht zuerkannt. Dieser Mandatsbescheid wurde Ihnen nachweislich am 16.01.2018 ausgefolgt und ist somit durchführbar.
Am 17.01.2018 musste die Flugabschiebung aufgrund Ihres negativen Verhaltens abgebrochen und somit storniert werden. Nach Untersuchungshaft und Verurteilung wurden Sie nach Haftendende wieder in Schubhaft genommen und ein neuerlicher Abschiebeversuch gestartet, den Sie am 21.03.2018 wiederum durch Ihr Verhalten vereitelten.
Am 18.04.2018 wurde bereits zum dritten Mal ein Abschiebeversuch gestartet, den Sie durch Ihr Verhalten wieder vereitelten und sowohl Ihr als auch die Flüge der Begleitbeamten storniert werden mussten.
Zu Ihrem Privat- und Familienleben:
"Sie sind in Österreich weder beruflich noch sozial verankert.
Sie verfügen über keinerlei familiäre Anknüpfungspunkte in Österreich.
Sie verfügen über kein besonderes Nahe- oder Abhängigkeitsverhältnis zu einer zum dauernden Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigten Person.
Sie gehen keiner Erwerbstätigkeit nach"
Rechtlich führte das Bundesamt aus:
"Entsprechend ihres bisherigen Verhaltens begründen folgende
Kriterien in Ihrem Fall eine Fluchtgefahr:
Auf Sie treffen die Ziffern 1, 3 und 9 zu.
Für das - sowohl gelindere Mittel als auch eine Schubhaftverhängung in gleicher Weise determinierende - Sicherungsbedürfnis waren wie folgt zu berücksichtigen:
-
keine soziale oder berufliche Integration,
-
bewusste unrechtmäßige Einreise nach Österreich,
-
die für eine Rückkehr in den Abschiebe- bzw. Heimatstaat fehlenden finanziellen Mittel,
-
Sie sind nicht im Besitz eines Reisedokuments.
-
mehrmaliges Untertauchen.
-
die eindeutige Aussage nach Italien zu wollen.
-
keinerlei Beziehung zu Österreich.
-
Sie kamen der Verpflichtung zur Ausreise nicht nach.
-
Entziehung vor dem Abschiebeverfahren durch untertauchen
-
mehrmalige Vereitelung der bereits fixierten Abschiebung
-strafrechtliche Verurteilung wegen Widerstandes gegen die Staatsgewalt
Die Sicherung des Verfahrens bzw. der Abschiebung ist erforderlich, da Sie sich aufgrund Ihres oben geschilderten Vorverhaltens als nicht vertrauenswürdig erwiesen haben. Es ist davon auszugehen, dass Sie auch hinkünftig nicht gewillt sein werden, die Rechts-vorschriften einzuhalten.
Aus Ihrer Wohn- und Familiensituation, aus Ihrer fehlenden sonstigen Verankerung in Österreich sowie aufgrund Ihres bisherigen Verhaltens kann geschlossen werden, dass bezüglich Ihrer Person ein beträchtliches Risiko des Untertauchens vorliegt.
Die Behörde geht daher begründet davon aus, dass Sie sich dem weiteren Verfahren entziehen wollten und diese Absicht durch Ihr Verhalten auch tatsächlich in Entfaltung kam und die bereits fixierte Flugabschiebung storniert werden musste.
Daher ist die Entscheidung auch verhältnismäßig.
Gemäß § 76 Abs. 2a FPG ist im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung insbesondere auch ein strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an der baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit überwiegt.
Die Sicherung des Verfahrens bzw. der Abschiebung ist erforderlich, da Sie sich aufgrund Ihres oben geschilderten Vorverhaltens als nicht vertrauenswürdig erwiesen haben. Es ist davon auszugehen, dass Sie auch in Zukunft nicht gewillt sein werden, die Rechtsvorschriften einzuhalten.
Aus Ihrer Wohn- und Familiensituation, aus Ihrer fehlenden sonstigen Verankerung in Österreich sowie aufgrund Ihres bisherigen Verhaltens kann geschlossen werden, dass bezüglich Ihrer Person ein beträchtliches Risiko des Untertauchens vorliegt.
Einem geordneten Fremdenwesen kommt im Hinblick auf die öffentliche Ordnung und dem wirtschaftlichen Wohl des Staates ein hoher Stellenwert zu. Es besteht die Verpflichtung Österreichs, seinen europarechtlichen Vorgaben, als auch den Pflichten gegenüber seinen Staatsbürgern und anderen sich legal aufhaltenden Personen nachzukommen.
Einem geordneten Fremdenwesen kommt im Hinblick auf die öffentliche Ordnung und dem wirtschaftlichen Wohl des Staates ein hoher Stellenwert zu. Es besteht die Verpflichtung Österreichs, seinen europarechtlichen Vorgaben, als auch den Pflichten gegenüber seinen Staatsbürgern und anderen legal aufhältigen Personen nachzukommen.
Die Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Schubhaft und ihrer Notwendigkeit ergibt daher in Ihrem Fall, dass Ihr privates Interesse an der Schonung Ihrer persönlichen Freiheit dem Interesse des Staates am reibungslosen Funktionieren der öffentlichen Verwaltung hintanzustehen hat.
Dabei wurde auch berücksichtigt, dass die Schubhaft eine ultima - ratio - Maßnahme darstellt. Es ist daher zu prüfen, ob die Anordnung gelinderer Mittel gleichermaßen zur Zweckerreichung dienlich wäre. In Betracht käme dabei das gelindere Mittel gem. § 77 FPG mit den dafür vorgesehenen Aufenthalts- und Meldepflichten bzw. der Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit. Dabei kommt die finanzielle Sicherheitsleistung aufgrund Ihrer finanziellen Situation schon von vornherein nicht in Betracht.
Doch auch was die Unterkunftsnahme in bestimmten Räumlichkeiten und die periodische Meldeverpflichtung betrifft, kann in Ihrem Fall damit nicht das Auslangen gefunden werden.
Sie haben sich im Jahr 2013 an einer Unterkunft angemeldet, an welcher Sie sich jedoch nicht aufhalten. Erst als Sie amtswegig im AHZ Vordernberg aufhältig waren, wurden Sie an der alten Adresse abgemeldet.
Wie oben ausführlich dargelegt, besteht in Ihrem Fall aufgrund Ihrer persönlichen Lebenssituation sowie aufgrund Ihres bisherigen Verhaltens ein beträchtliches Risiko des Untertauchens. Damit wäre jedoch der Zweck der Schubhaft, nämlich die Sicherung des Verfahrens bzw. der Abschiebung, vereitelt. Es liegt somit eine ultima - ratio - Situation vor, die die Anordnung der Schubhaftverhängung unabdingbar erfordert und eine Verfahrensführung, während derer Sie sich in Freiheit befinden, ausschließt.
Es ist weiters aufgrund Ihres Gesundheitszustandes davon auszugehen, dass auch die subjektiven Haftbedingungen, wie Ihre Haftfähigkeit, gegeben sind.
Es bestehen laut Aktenlage keine gesundheitlichen Beschwerden, die einer Schubhaft- anordnung entgegenstehen.
Die Behörde gelangt daher zum Ergebnis, dass sowohl die gesetzlichen Formalerfordernisse vorliegen, als auch, dass die Schubhaft zum Zweck der Maßnahme in einem angemessenen Verhältnis steht und im Interesse des öffentlichen Wohls dringend erforderlich und geboten ist. Ein neuerlicher Abschiebeversuch ist bereits in Vorbereitung und wird ehest möglich durchgeführt werden, da sämtliche formelle Voraussetzungen, wie ein Heimreisezertifikat vorliegen und die Behörde vom heutigen Tag weg an einem neuen Abschiebeversuch arbeitet."
4. Der BF erhob fristgerecht Beschwerde gegen den im Spruch genannten Schubhaftbescheid und die Anhaltung in Schubhaft.
5. Mit Eingabe vom 07.05.2018 erstattete das Bundesamt nachstehende Stellungnahme:
"Das Bundesamt informiert über gegenständliches Verfahren, in welchem ein Mandatsbescheid - gem. § 76 Abs. 2 Z 1 FPG - ergangen ist.
Bezugnehmend auf die do. Aktenanforderung vom 07.05.2018, werden in der Anlage
-
der gegenständliche SIM-Akt (VZ 180375305) + der Bescheid des BFA
v. 19.04.2018 im Word-Format,
-
der SIM-Akt (VZ 180279891) + der Bescheid des BFA v. 21.03.2018 im Word-Format,
-
der SIM-Akt (VZ 180213475) + der Bescheid des BFA v. 13.03.2018 im PDF-Format (im Word-Format nicht vorhanden),
-
der SIM-Akt (VZ 180057899) + der Bescheid des BFA v. 17.01.2018 im Word-Format,
-
der SIM-Akt (VZ 171328036) + die Bescheide des BFA v. 28.11.2017 und 29.11.2017 im Word-Format,
-
Aktenteile des SIM-Aktes (VZ 170762714) + der Bescheid des BFA v. 30.06.2018 im Word-Format (Anmerkung: der Originalakt liegt bei der RD Salzburg auf)
-
sowie die beiden nunmehr abgelaufenen HRZ-Kopien
übermittelt.
Sämtliche Papierakte verbleiben beim BFA RD OÖ.
Sollte der Schubhaft-Akt der RD Salzburg ebenfalls benötigt werden, wird um Mitteilung an die RD Salzburg ersucht.
Ein Einvernahmeprotokoll im Word-Format liegt nicht vor.
Die Rückführung nach Algerien ist geplant für 23.05.2018. Ein neues HRZ wurde bereits beantragt.
Es wird beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge:
1. die Beschwerde als unbegründet abweisen
2. den Beschwerdeführer zum Ersatz der unten angeführten Kosten verpflichten.
Bemerkungen zum Verfahren:
Sonstiges (wie z.B. Krankheit, besondere Bedürfnisse, sonstiges Verfahren):
Der Fremde vereitelte im Jahr 2017 wg. Haftunfähigkeit eine Schubhaft, sowie am 17.01.2018 und 21.03.2018 geplante Abschiebungen aufgrund seines Verhaltens.
Erneut vereitelte der Genannte am 18.04.2018 die Schubhaft und aus diesem Grund musst neuerlich die Schubhaft gegen ihn verhängt werden.
Gegen Genannten scheinen bereits 3 rechtskräftige Verurteilungen auf wegen Diebstahls, Mittelbare unrichtige Beurkundung oder Beglaubigung und unrechtmäßige Inanspruchnahme von sozialen Leistungen, sowie Widerstands gegen die Staatsgewalt und Körperverletzung.
Der nächste Flug wurde mit 23.05.2018 gebucht. Um diese Abschiebung auch durchsetzen zu können wurde vereinbart, dass der Botschafter der algerischen Botschaft mit ihm Kontakt aufnehmen wird um ihn zu bewegen diesen Flug zu absolvieren.
INT-Verfahren (Internationaler Schutz)
1. Das 1. INT-Verfahren GZ AIS 09 00.942 wurde am 13.08.2009 in 2. Instanz rechtskräftig (§ 3 neg. + § 8 neg. + Ausweisung). Diesbezüglich liegen keine Unterlagen bei der RD OÖ auf. Der Akt müsste sich beim INT-Akt GZ AIS 13 06.171 befinden.
2. Das 2. INT-Verfahren GZ AIS 13 06.171 wurde am 10.06.2013 in II. Instanz rechtskräftig (§ 68 AVG iVm Ausweisung). Mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes v. 06.06.2013, GZ: B6 406.926-2/2013/2E, wurde die Beschwerde gem. § 68 AVG iVm § 10 AsylG abgewiesen. Diesbezüglich liegen keine Unterlagen bei der RD OÖ auf. Der Akt müsste bei der EAST Ost aufliegen.
3. Das 3. INT-Verfahren VZ 180046714 ist bei der EAST-Ost anhängig. Es gibt noch keinen erstinstanzlichen verfahrensbeendenden Bescheid. Mit Bescheid der EAST Ost v. 15.01.2018, zugestellt am 16.01.2018, wurde der faktische Abschiebeschutz aberkannt. Der Bescheid erwuchs mit 31.01.2018 in 1. Instanz in Rechtskraft. Diesbezüglich liegen keine Unterlagen bei der RD OÖ auf."
6. Das Bundesverwaltungsgericht wies mit Erkenntnis vom 11.05.2018 die Schubhaftbeschwerde gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG iVm § 22a Abs. 1 BFA-VG als unbegründet ab (Spruchpunkt A.I.), und stellte gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG iVm § 76 Abs. 2 Z 2 FPG fest, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Entscheidung vorlagen (Spruchpunkt A.II.). Gemäß § 35 VwGVG iVm der VwG-Aufwandersatzverordnung stellte das Bundesverwaltungsgericht fest, dass der BF dem Bund Aufwendungen in Höhe von € 426,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen hatte (Spruchpunkt A. III.). Darüber hinaus wird der Antrag auf Kostenersatz abgewiesen (Spruchpunkt A.IV) und die Revision für nicht zulässig erklärt (Spruchpunkt B.).
7. Einer gegen das Erkenntnis vom 11.05.2018 erhobene außerordentliche Revision gab der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 23.09.2018, Ra 2018/21/0106-12, statt und behob die Spruchpunkte A.I., A.III, sowie A.VI. wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts und den Spruchpunkt A.II. wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Am 23.05.2018 wurde der Beschwerdeführer nach Algerien abgeschoben.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der BF ist ein volljähriger algerischer Staatsbürger und nicht österreichischer Staatsbürger. Er bringt keine identitätsbezeugenden Dokumente in Vorlage.
Der BF befindet sich seit 2009 in Österreich. Gegen den BF besteht seit 2009 eine rechtskräftige aufenthaltsbeendende Maßnahme. Sein Aufenthalt in Österreich ist seit damals unrechtmäßig.
Am 13.01.2018 stellte Beschwerdeführer in der Schubhaft seinen nunmehr dritten Antrag auf internationalen Schutz.Mit Mandatsbescheid vom 15.01.2018 wurde dem Beschwerdeführer der faktische Abschiebeschutz nicht zuerkannt.
Am 17.01.2018 verhinderte der Beschwerdeführer durch heftiges Herumschlagen im Flugzeug seine Abschiebung und verletzte dabei einen Beamten. Er wurde darauf in Untersuchungshaft genommen und mit Urteil des Landesgerichtes Korneuburg vom 12.02.2018, 506 Hv 13/18s, wegen der Vergehen des Widerstandes gegen die Staatsgewalt und der schweren Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von 9 Monaten, davon 7 Monate bedingt, verurteilt.
Mit Bescheid vom 13.03.2018 verhängte das Bundesamt gegen den BF wiederum die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG und ordnete an, dass die Rechtsfolgen des Bescheides nach Entlassung des BF aus der Gerichtshaft eintreten.
Der BF wurde am 16.03.2018 aus der Strafhaft entlassen, und der Schubhaftbescheid vollzogen.
Am 21.03.2018 wurde ein wiederholter Versuch unternommen, den BF abzuschieben. Auch dieser Versuch blieb jedoch erfolglos und wurde der BF zurück in das PAZ Hernalser Gürtel gebracht.
Das BFA erließ noch am selben Tag gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG einen weiteren Schubhaftbescheid, wiederum zum Zweck der Sicherung der Abschiebung des BF. Dieser verblieb weiter in Schubhaft und sollte schließlich am 18. April 2018 im Zuge einer Linienabschiebung auf dem Luftweg vom Flughafen Wien - Schwechat aus nach Algier verbracht werden. Auch dieser Abschiebeversuch scheiterte.
Nachdem der BF abermals in das PAZ Hernalser Gürtel rücküberstellt worden war ordnete das Bundesamt mit dem im Spruch genannten Bescheid vom 19.04.2018 erneut die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung über den BF an.
2. Beweiswürdigung:
Der Verfahrensgang und die dazu getroffenen Feststellungen ergeben sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt der Behörde.
Die Angaben zur Schubhaftverhängung ergeben sich aus einem Auszug aus der Anhaltedatei.
3. Rechtliche Beurteilung:
1. Gemäß § 76 Abs. 4 FPG ist die Schubhaft mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.
Gemäß § 57 Abs. 1 AVG ist die Behörde berechtigt, wenn es sich bei Gefahr im Verzug um unaufschiebbare Maßnahmen handelt, einen Bescheid auch ohne vorausgegangenes Ermittlungsverfahren zu erlassen. Gegen einen nach Abs. 1 erlassenen Bescheid kann gemäß § 57 Abs. 2 AVG bei der Behörde, die den Bescheid erlassen hat, binnen zwei Wochen Vorstellung erhoben werden. Die Vorstellung hat nur dann aufschiebende Wirkung, wenn sie gegen die Vorschreibung einer Geldleistung gerichtet ist.
Gemäß § 22a Abs. 5 BFA-VG ist gegen die Anordnung der Schubhaft eine Vorstellung nicht zulässig.
2. Gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG hat der Fremde das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist (Z 1), er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde (Z 2), oder gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde (Z 3). Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten gemäß Abs. 1a die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist. Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat gemäß Abs. 2 binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt. Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht gemäß Abs. 3 jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.
Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.
3. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung, des Agrarverfahrensgesetzes und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Zu A.I.) Bescheid vom 19.04.2018 und Anhaltung in Schubhaft von 19.04.2018 - 23.05.2018:
3.1. Gemäß § 76 Abs. 1 FPG idgF können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.
§ 76 Abs. 2 FPG in der zum Zeitpunkt des gegenständlichen Schubhaftbescheides geltenden Fassung BGBl. I Nr. 145/2017 lautet wie folgt:
"Die Schubhaft darf nur dann angeordnet werden, wenn
1. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme, zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder der Abschiebung notwendig ist und sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder
2. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen."
Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 25.09.2018, Ra 2018/21/0106-12, ausführt, erweist sich der gegenständlich zu überprüfende Schubhaftbescheid vom 19.04.2018 als rechtswidrig, da es für die Erlassung keine Grundlage gab:
Der BF wurde auf Basis des Schubhaftbescheides vom 13. März 2018 am 16. März 2018 von der Strafhaft in die Schubhaft überstellt. Diese Schubhaft blieb ungeachtet der beiden erfolglosen Abschiebeversuche des BF am 21. März 2018 und am 18. April 2018 aufrecht. Es erfolgte nämlich keine Freilassung des BF und es ergab sich auch sonst kein Umstand, der seine Schubhaft beendet hätte. Zwar war er, am 21. März 2018 und 18. April 2018, zwecks Durchführung seiner Abschiebung aus den Hafträumlichkeiten (PAZ Hernalser Gürtel) zum Flughafen Wien - Schwechat verbracht worden. In keinem Augenblick befand er sich aber außerhalb behördlicher Gewahrsame und wurde auch nach dem Scheitern der Abschiebeversuche umgehend in das PAZ rücküberstellt. Dass diese Vorgänge keine Beendigung der am 16. März 2018 mit der Überstellung aus der Strafhaft begonnenen Schubhaft bewirkten, zeigt schon § 80 Abs. 4 Z 3 FPG, wonach eine Schubhaft aufrecht erhalten werden kann, weil der Fremde die Abschiebung dadurch vereitelt, dass er sich der Zwangsgewalt (§ 13) widersetzt.
War die über den BF verhängte Schubhaft nach dem Gesagten auch nach dem zuletzt gescheiterten Abschiebeversuch vom 18. April 2018 weiter aufrecht, so bestand für die Erlassung des gegenständlichen Schubhaftbescheides vom 19. April 2018 keine Grundlage. Insoweit hat das BFA eine ihm nach dem Gesetz nicht zustehende Kompetenz in Anspruch genommen und seinen Bescheid daher mit Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit belastet (vgl. in diesem Sinn etwa VwGH 30.1.2007, 2006/21/0349, VwGH 19.6.2008, 2007/21/0358, oder VwGH 2.7.2009, 2008/12/0183).
War der Schubhaftbescheid rechtswidrig, so muss das auch für die gesamte Zeit der auf ihn gestützten Anhaltung gelten (VwGH 11.06.2013, 2012/21/0014; 19.03.2013, 2011/21/025; 28.08.2012, 2010/21/0388).
Aufgrund des Umstandes, dass der gegenständliche Bescheid nicht verhängt hätte werden dürfen und sich somit als rechtswidrig erweist, konnte von der Durchführung weiterer Ermittlungsschritte im Hinblick auf die Auseinandersetzung mit dem psychischen Zustand des BF, seine Haftfähigkeit, sowie seiner sozialen Verankerung im Bundesgebiet Abstand genommen werden.
Da sich der Beschwerdeführer nicht mehr im Stande der Schubhaft befindet, ist auch der vom Verwaltungsgerichtshof behobene Fortsetzungsausspruch nach § 22a Abs. 3 BFA-VG nicht zu wiederholen (VwGH 24.11.2009, 2009/21/0192; 24.11.2009, 2009/21/0003; 25.03.2010, 2009/21/0195).
Vielmehr gründet sich die Anhaltung des Beschwerdeführers von 11.05.2018 bis 23.05.2018 nach Aufhebung des Fortsetzungsausspruches als Titel für die Anhaltung (VwGH 26.01.2012, 2008/21/0626; 28.08.2012, 2010/21/0388; 24.01.2013, 2012/21/0140) wiederum auf den Bescheid vom 19.04.2018.
Der Beschwerde gegen den Bescheid vom 19.04.2018 war daher stattzugeben und der angefochtene Bescheid aufzuheben. Gleichzeitig war die Anhaltung in Schubhaft von 19.04.2018 bis 23.05.2018 für rechtswidrig zu erklären.
Zu A. II. und III.) - Kostenersatz
1. Gemäß § 22a Abs. 1a BFA-VG gelten für Beschwerden nach dieser Bestimmung die für Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist (für die Zeit vor Inkrafttreten des § 22a Abs. 1a BFA-VG s. VwGH 23.04.2015, Ro 2014/21/0077).
Gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG hat die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt obsiegende Partei hat Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist gemäß Abs. 2 der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei. Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist gemäß Abs. 3 die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei. Die §§ 52 bis 54 VwGG sind gemäß Abs. 6 auf den Anspruch auf Aufwandersatz gemäß Abs. 1 sinngemäß anzuwenden.
Nach § 35 Abs. 4 VwGVG gelten als Aufwendungen gemäß Abs. 1 die Kommissionsgebühren sowie die Barauslagen, für die der Beschwerdeführer aufzukommen hat (Z 1), die Fahrtkosten, die mit der Wahrnehmung seiner Parteirechte in Verhandlungen vor dem Verwaltungsgericht verbunden waren (Z 2), sowie die durch Verordnung des Bundeskanzlers festzusetzenden Pauschalbeträge für den Schriftsatz-, den Verhandlungs- und den Vorlageaufwand (Z 3). Die Höhe des Schriftsatz- und des Verhandlungsaufwands hat gemäß Abs. 5 den durchschnittlichen Kosten der Vertretung bzw. der Einbringung des Schriftsatzes durch einen Rechtsanwalt zu entsprechen. Für den Ersatz der den Behörden erwachsenden Kosten ist ein Pauschalbetrag festzusetzen, der dem durchschnittlichen Vorlage-, Schriftsatz- und Verhandlungsaufwand der Behörden entspricht. Aufwandersatz ist laut Abs. 7 auf Antrag der Partei zu leisten. Der Antrag kann bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt werden.
Gemäß § 35 Abs. 7 VwGVG ist Aufwandersatz auf Antrag der Parteien zu leisten. Der Antrag kann bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt werden.
2. Der BF beantragten in seiner Beschwerde den Ersatz der Kosten gemäß § 35 VwGVG. Auch die belangte Behörde stellte in ihrer Beschwerdevorlage/Stellungnahme einen Antrag gemäß § 35 VwGVG.
Im gegenständlichen Fall ist der BF aufgrund der Beschwerdestattgabe obsiegende Partei und die belangte Behörde unterlegene Partei.
§ 1 Z 1 VwG-AufwErsV bestimmt die Höhe des zu ersetzenden Schriftsatzaufwandes des Beschwerdeführers als obsiegende Partei mit € 737,60.
Dem Beschwerdeführer gebührt als (vollständig) obsiegender Partei daher Kostenersatz im gesetzlich vorgesehenen Umfang. Der Antrag der belangten Behörde war somit abzuweisen.
Zum Entfall der mündlichen Verhandlung:
Der Verfassungsgerichtshof hat in Bezug auf § 41 Abs. 7 AsylG 2005 in der bis 31.12.2013 geltenden Fassung unter Berücksichtigung des Art. 47 iVm. Art. 52 GRC ausgesprochen, dass das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung in Fällen, in denen der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde erklärt erscheint oder sich aus den Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen tatsachenwidrig ist, im Einklang mit Art. 47 Abs. 2 GRC steht, wenn zuvor bereits ein Verwaltungsverfahren stattgefunden hat, in dessen Rahmen Parteiengehör gewährt wurde. Hat die beschwerdeführende Partei hingegen bestimmte Umstände oder Fragen bereits vor der belangten Behörde releviert oder sind solche erst nachträglich bekannt geworden, ist die Durchführung einer mündlichen Verhandlung erforderlich, wenn die von der beschwerdeführenden Partei bereits im Verwaltungsverfahren oder in der Beschwerde aufgeworfenen Fragen - allenfalls mit ergänzenden Erhebungen - nicht aus den Verwaltungsakten beantwortet werden können, und insbesondere, wenn der Sachverhalt zu ergänzen oder die Beweiswürdigung mangelhaft ist (VfGH 14.03.2012, U 466/11 ua.).
Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 28.05.2014, Ra 2014/20/0017 und 0018, für die Auslegung der in § 21 Abs. 7 BFA-VG enthaltenen Wendung "wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint" unter Bezugnahme auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 12.03.2012, U 466/11 ua., festgehalten, dass der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen muss. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstanziiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Schließlich ist auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen.
Da im gegenständlichen Fall der maßgebliche und der hg. Entscheidung zugrunde gelegte Sachverhalt aus der Aktenlage respektive dem Erkenntnis des VwGH vom 25.09.2018, Ra 2018721/0106-12, geklärt erscheint, konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG eine mündliche Verhandlung sohin unterbleiben.
Zu Spruchpunkt B. - Unzulässigkeit der Revision
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.
Weder wich die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlte es an einer Rechtsprechung; weiters war die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch lagen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor: Die Rechtslage zum Fortbestehen des ursprünglich verhängten Schubhaftbescheides trotz vereitelter Abschiebeversuche war auf Grund des zitierten Erkenntnisse des VwGH (Ra 2018/21/0106-12) geklärt.
Die Revision war daher in Bezug auf alle Spruchpunkte nicht zuzulassen
Schlagworte
Kostenersatz, Rechtsgrundlage, Rechtswidrigkeit, Schubhaft,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W186.2194454.1.00Zuletzt aktualisiert am
07.10.2019