TE Bvwg Beschluss 2019/8/5 W238 2220000-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 05.08.2019
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Entscheidungsdatum

05.08.2019

Norm

AlVG §24
AlVG §25
AlVG §38
AVG §38
B-VG Art. 133 Abs4
VwGVG §17

Spruch

W238 2220000-1/7Z

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Claudia MARIK als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Thomas MAJOROS, Walfischgasse 12/3, 1010 Wien, gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice Wien Wagramer Straße vom 21.11.2018, VN XXXX , nach Beschwerdevorentscheidung vom 21.02.2019, GZ XXXX , betreffend Widerruf der Notstandshilfe für die Zeiträume vom 01.03.2016 bis 28.08.2016 sowie vom 02.09.2016 bis 02.10.2016 gemäß § 38 iVm § 24 Abs. 2 AlVG und Verpflichtung zur Rückzahlung der unberechtigt empfangenen Notstandshilfe iHv € 4.271,80 gemäß § 38 iVm § 25 Abs. 1 AlVG beschlossen:

A) Das Verfahren wird gemäß § 38 AVG iVm § 17 VwGVG bis zur

rechtskräftigen Entscheidung der Wiener Gebietskrankenkasse über die Vollversicherungspflicht im Zeitraum März und April 2016 aufgrund der Beschäftigung des Beschwerdeführers bei der XXXX GmbH ausgesetzt.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Am 02.05.2018 erhielt das Arbeitsmarktservice Wien Wagramer Straße (im Folgenden: AMS) eine Meldung der Wiener Gebietskrankenkasse (WGKK), wonach der Beschwerdeführer aufgrund seines Dienstverhältnisses zur XXXX GmbH für die Zeit vom 01.03.2016 bis 30.04.2016 nachträglich in die Pflichtversicherung in der gesetzlichen Pensions- und Krankenversicherung einbezogen worden sei.

2. Im Zuge einer persönlichen Vorsprache beim AMS am 17.05.2018 gab der Beschwerdeführer im Wesentlichen an, dass er bei der Firma mit Verwendung eines Hundes Dienst gemacht habe. Die Aufwandsentschädigung für den Hund sei bei der Krankenkassenprüfung nicht akzeptiert worden, weshalb die rückwirkende Vollversicherung erfolgt sei.

In der zugleich vorgelegten schriftlichen Stellungnahme des Beschwerdeführers, datiert mit 16.05.2018, führte er aus, dass sich im Zuge seiner geringfügigen Beschäftigung wiederholt die Notwendigkeit der Beiziehung eines Diensthundes für die ordnungsgemäße Durchführung des Auftrags ergeben habe. Deshalb sei ihm entsprechend dem Kollektivvertrag für das Bewachungsgewerbe der gebührende Aufwandersatz ausbezahlt worden. Bei dem verwendeten Hund habe es sich um ein für die Bewachungstätigkeit geeignetes Tier gehandelt. Da der eigene Hund des Beschwerdeführers im Jahr 2015 eine schwere Operation gehabt habe, wäre er in weiterer Folge nicht mehr für Einsätze im Sicherheitsbereich geeignet gewesen, weshalb der Beschwerdeführer auf Ersatz zurückgreifen habe müssen. Im Zuge dessen habe er sich um den geeigneten Transport (KFZ, Transportbox), allfällige Zusatzausrüstung (Brustgurt mit Aufschrift udgl.) und die Versorgung des Hundes (Futter) kümmern müssen. Er habe den Aufwandersatz zu Recht erhalten und die Geringfügigkeitsgrenze nicht überschritten.

3. Mit Bescheid des AMS vom 21.11.2018 wurde der Bezug der Notstandshilfe für die Zeiträume vom 01.03.2016 bis 28.08.2016 sowie vom 02.09.2016 bis 03.10.2016 gemäß § 38 iVm 24 Abs. 2 AlVG widerrufen. Unter einem wurde der Beschwerdeführer gemäß § 38 iVm § 25 Abs. 1 AlVG zur Rückzahlung der unberechtigt empfangenen Notstandshilfe in Höhe von € 4.271,80 verpflichtet. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, durch die von der WGKK nachträglich festgestellte Pflichtversicherung vom 01.03.2016 bis 30.04.2016 habe sich herausgestellt, dass dem Beschwerdeführer Arbeitslosengeld (richtig: Notstandshilfe) für die Zeiträume vom 01.03.2016 bis 28.08.2016 und vom 02.09.2016 bis 03.10.2016 nicht gebührt habe.

4. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde. Darin wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die WGKK den Aufwandersatz nicht anerkannt habe, weil sie fälschlicherweise von der Benützung eines eigenen Tiers ausgegangen sei. Dem Betrieb und dem Beschwerdeführer seien lediglich die Informationen aus dem Kollektivvertrag zur Verfügung gestanden, welche auf die korrekte Auszahlung des Aufwandersatzes schließen hätten lassen.

5. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 21.02.2019 wurde der oben angeführte Bescheid vom 21.11.2018 im Rahmen einer Beschwerdevorentscheidung gemäß § 14 VwGVG iVm § 56 AlVG dahingehend abgeändert, dass die Notstandshilfe für die Zeiträume vom 01.03.2016 bis 28.08.2016 sowie vom 02.09.2016 bis 02.10.2016 widerrufen und zugleich die Notstandshilfe in Höhe von € 4.271,80 zum Rückersatz vorgeschrieben wurde. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschwerdeführer in seinem Antrag auf Verlängerung der Notstandshilfe vom 30.10.2018 angegeben habe, in einem geringfügigen Dienstverhältnis zu stehen. Er habe in den im Spruch genannten Zeiträumen (212 Tage) einen Tagsatz von € 20,15 erhalten. Der Beschwerdeführer sei vom 01.03.2016 bis 30.04.2016 in einem vollversicherungspflichtigen Dienstverhältnis zur XXXX GmbH gestanden. Die Vollversicherungspflicht sei nachträglich im Zuge einer Beitragsprüfung der WGKK festgestellt worden und dadurch entstanden, dass der Beschwerdeführer Aufwandsentschädigungen für einen Diensthund erhalten habe und diese durch den Dienstgeber als steuer- und beitragsfreier Auslagenersatz ausbezahlt worden seien. Ein solcher Aufwandsersatz sei jedoch nicht steuer- und beitragsfrei.

Im Monat März 2016 habe der Beschwerdeführer aus seinem Dienstverhältnis zur XXXX GmbH ein Honorar von € 410,00 zuzüglich einer Aufwandsentschädigung für Hunde von € 24,00 und Kilometergeld von € 308,00 erhalten. Insgesamt seien € 742,00 ausbezahlt worden. Im Monat April 2016 habe der Beschwerdeführer aus seinem Dienstverhältnis zur XXXX GmbH ein Honorar von € 410,00 zuzüglich einer Aufwandsentschädigung für Hunde von € 36,00 und Kilometergeld von € 490,00 erhalten. Insgesamt seien € 936,00 ausbezahlt worden.

Vom 01.05.2016 bis 15.04.2018 sei der Beschwerdeführer in einem geringfügigen Dienstverhältnis zur XXXX GmbH gestanden.

Der Beschwerdeführer habe dem AMS nicht bekanntgegeben, dass er eine gesonderte Aufwandsentschädigung zusätzlich zu seinem Einkommen aus dem Dienstverhältnis zur XXXX GmbH erhalte.

Der Beschwerdeführer sei weder in der Zeit des vollversicherungspflichtigen Dienstverhältnisses vom 01.03.2016 bis 30.04.2016 noch für die Zeit vom 01.05.2016 bis 28.08.2016 und vom 02.09.2018 bis 03.10.2016 in Folge des direkt im Anschluss an das vollversicherte Dienstverhältnis beim selben Dienstgeber aufgenommenen geringfügigen Dienstverhältnisses (vom 01.05.2016 bis 15.04.2018) als arbeitslos anzusehen, weshalb der Bezug der Notstandshilfe insoweit zu widerrufen sei. Der Beschwerdeführer habe den Bezug der Notstandshilfe im verfahrensgegenständlichen Zeitraum durch das Verschweigen des Erhalts der Aufwandsentschädigung herbeigeführt, weshalb er zum Rückersatz der zu Unrecht bezogenen Notstandshilfe zu verpflichten sei.

6. Der Beschwerdeführer brachte fristgerecht einen Vorlageantrag ein. Mit Schreiben vom 17.04.2019 ergänzte der Beschwerdeführer sein Vorbringen. Er stellte mit näherer Begründung die Voraussetzungen für den Widerruf und die Rückforderung der Notstandshilfe in Abrede. Weiters wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer im April 2019 bei der WGKK einen Feststellungsbescheid verlangt habe, um die Pflichtversicherung im März und April 2016 wegen Nichtvorliegens eines Einkommens über der Geringfügigkeitsgrenze "stornieren" zu lassen.

7. Die Beschwerde und der Vorlageantrag wurden dem Bundesverwaltungsgericht unter Anschluss des Verwaltungsaktes am 13.06.2019 vorgelegt.

8. Über Aufforderung des Bundesverwaltungsgerichtes gab der Beschwerdeführer am 24.06.2019 bekannt, dass er am 09.05.2019 bei der WGKK den Antrag auf Durchführung eines Feststellungsverfahrens hinsichtlich der in Rede stehenden (Vor-)Frage eingebracht habe, ob im März/April 2016 eine der Vollversicherungspflicht unterliegende Beschäftigung vorgelegen sei. Eine Bestätigung über die Antragstellung sei ihm nicht ausgestellt worden. Der Beschwerdeführer habe auch noch keinen Bescheid erhalten.

9. Über Aufforderung des Bundesverwaltungsgerichtes langte am 03.07.2019 eine Stellungnahme der WGKK ein. Demnach sei der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 09.05.2019 darüber in Kenntnis gesetzt worden, dass ein Antrag auf bescheidmäßige Feststellung der Versicherungspflicht aufgrund seiner Beschäftigung bei der XXXX GmbH im Zeitraum März und April 2016 bei der WGKK nicht eingelangt sei. Unter einem sei der Beschwerdeführer um Übermittlung eines entsprechenden Bescheidantrags ersucht worden. Mit E-Mail vom 25.06.2019 sei er dieser Aufforderung nachgekommen. Die seitens der WGKK nunmehr eingeleiteten Ermittlungen zur Überprüfung, ob tatsächlich von einer der Vollversicherungspflicht unterliegenden Beschäftigung auszugehen sei, seien noch nicht abgeschlossen. Abschließend wurde zugesagt, das Bundesverwaltungsgericht über den Ausgang des gegenständlichen Verwaltungsverfahrens unverzüglich in Kenntnis zu setzen.

10. Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 11.07.2019 wurden die Verfahrensparteien über das Ergebnis der Beweisaufnahme verständigt. In diesem Zusammenhang wurde auch mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, das Beschwerdeverfahren bis zur Entscheidung der Gebietskrankenkasse über die Vollversicherungspflicht des Beschwerdeführers im Zeitraum März und April 2016 gemäß § 38 AVG iVm § 17 VwGVG auszusetzen.

Die Verfahrensparteien ließen dieses Schreiben unbeantwortet.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer hat gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 21.11.2018 in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom 21.02.2019 betreffend Widerruf der Notstandshilfe für die Zeiträume vom 01.03.2016 bis 28.08.2016 sowie vom 02.09.2016 bis 02.10.2016 und Verpflichtung zur Rückzahlung der unberechtigt empfangenen Notstandshilfe iHv € 4.271,80 Beschwerde erhoben. Darin wird (u.a.) bestritten, dass der Beschwerdeführer aufgrund seiner Beschäftigung bei der XXXX GmbH im Zeitraum März und April 2016 der Vollversicherungspflicht unterlag.

Zur Klärung der Frage, ob der Beschwerdeführer im März und April 2016 tatsächlich eine der Vollversicherungspflicht unterliegende Beschäftigung ausgeübt hat, ist derzeit ein Verfahren beim zuständigen Versicherungsträger anhängig.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus den vorgelegten Verwaltungsakten.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Die Anordnung einer Senatszuständigkeit enthält § 56 Abs. 2 AlVG, wonach das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide einer Geschäftsstelle durch einen Senat entscheidet, dem zwei fachkundige Laienrichter angehören, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und aus dem Kreis der Arbeitnehmer.

Gemäß § 9 Abs. 1 BVwGG leitet und führt der Vorsitzende eines Senates das Verfahren bis zur Verhandlung. Die dabei erforderlichen Beschlüsse bedürfen keines Senatsbeschlusses.

Hinsichtlich der Beschlüsse (§ 31 VwGVG) ist zwischen verfahrensleitenden und nicht-verfahrensleitenden Beschlüssen zu differenzieren. Verfahrensleitende Beschlüsse kann der Vorsitzende alleine fassen, sofern sie nicht auch verfahrensbeendend sind. Darüber hinaus kann der Vorsitzende auch nicht-verfahrensleitende Beschlüsse, die nicht-verfahrensbeendende Beschlüsse sind, alleine fassen (vgl. Fister/Fuchs/Sachs Verwaltungsgerichtsverfahren 2013, § 9 BVwGG, Anm. 3).

Der Verwaltungsgerichtshof sah keinen sachlichen Grund dafür, eine gemäß § 17 VwGVG iVm § 38 AVG ergangene Aussetzungsentscheidung als (bloß) verfahrensleitende Entscheidung zu beurteilen, die nicht abgesondert bekämpfbar wäre (vgl. VwGH 24.03.2015, Ro 2014/05/0089). Da der Beschluss über die Aussetzung des Verfahrens aber nicht verfahrensbeendend ist, sondern das Verfahren nur unterbricht, und eine Entscheidung iSd § 56 Abs. 2 AlVG über die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid des AMS gerade nicht vorliegt, besteht diesbezüglich die Zuständigkeit des Senatsvorsitzenden als Einzelrichter.

3.2. Die maßgeblichen Bestimmungen des AlVG lauten wie folgt:

"Arbeitslosengeld

Voraussetzungen des Anspruches

§ 7. (1) Anspruch auf Arbeitslosengeld hat, wer

1. der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht,

2. die Anwartschaft erfüllt und

3. die Bezugsdauer noch nicht erschöpft hat.

(2) Der Arbeitsvermittlung steht zur Verfügung, wer eine Beschäftigung aufnehmen kann und darf (Abs. 3) und arbeitsfähig (§ 8), arbeitswillig (§ 9) und arbeitslos (§ 12) ist.

..."

"Arbeitslosigkeit

§ 12. (1) Arbeitslos ist, wer

1. eine (unselbständige oder selbständige) Erwerbstätigkeit (Beschäftigung) beendet hat,

2. nicht mehr der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung unterliegt [...] und

3. keine neue oder weitere (unselbständige oder selbständige) Erwerbstätigkeit (Beschäftigung) ausübt.

...

(3) Als arbeitslos im Sinne der Abs. 1 und 2 gilt insbesondere nicht:

a) wer in einem Dienstverhältnis steht;

...

h) wer beim selben Dienstgeber eine Beschäftigung aufnimmt, deren Entgelt die im § 5 Abs. 2 ASVG angeführten Beträge nicht übersteigt, es sei denn, daß zwischen der vorhergehenden Beschäftigung und der neuen geringfügigen Beschäftigung ein Zeitraum von mindestens einem Monat gelegen ist.

...

(6) Als arbeitslos gilt jedoch,

a) wer aus einer oder mehreren Beschäftigungen ein Entgelt erzielt, das die im § 5 Abs. 2 ASVG angeführten Beträge nicht übersteigt, wobei bei einer Beschäftigung als Hausbesorger im Sinne des Hausbesorgergesetzes, BGBl. Nr. 16/1970, der Entgeltwert für die Dienstwohnung und der pauschalierte Ersatz für Materialkosten unberücksichtigt bleiben;

..."

"Einstellung und Berichtigung des Arbeitslosengeldes

§ 24. ...

(2) Wenn die Zuerkennung des Arbeitslosengeldes gesetzlich nicht begründet war, ist die Zuerkennung zu widerrufen. Wenn die Bemessung des Arbeitslosengeldes fehlerhaft war, ist die Bemessung rückwirkend zu berichtigen. Der Widerruf oder die Berichtigung ist nach Ablauf von drei Jahren nach dem jeweiligen Anspruchs- oder Leistungszeitraum nicht mehr zulässig. Wird die Berichtigung vom Leistungsempfänger beantragt, ist eine solche nur für Zeiträume zulässig, die zum Zeitpunkt der Antragstellung nicht länger als drei Jahre zurückliegen. Die Frist von drei Jahren nach dem Anspruchs- oder Leistungszeitraum verlängert sich, wenn die zur Beurteilung des Leistungsanspruches erforderlichen Nachweise nicht vor Ablauf von drei Jahren vorgelegt werden (können), bis längstens drei Monate nach dem Vorliegen der Nachweise."

"§ 25. (1) Bei Einstellung, Herabsetzung, Widerruf oder Berichtigung einer Leistung ist der Empfänger des Arbeitslosengeldes zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn er den Bezug durch unwahre Angaben oder durch Verschweigung maßgebender Tatsachen herbeigeführt hat oder wenn er erkennen mußte, daß die Leistung nicht oder nicht in dieser Höhe gebührte. Die Verpflichtung zum Ersatz des empfangenen Arbeitslosengeldes besteht auch dann, wenn im Falle des § 12 Abs. 8 das Weiterbestehen des Beschäftigungsverhältnisses festgestellt wurde, sowie in allen Fällen, in denen rückwirkend das Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses festgestellt oder vereinbart wird. Der Empfänger einer Leistung nach diesem Bundesgesetz ist auch dann zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn sich ohne dessen Verschulden auf Grund eines nachträglich vorgelegten Einkommensteuer- oder Umsatzsteuerbescheides ergibt, daß die Leistung nicht oder nicht in diesem Umfang gebührte; in diesem Fall darf jedoch der Rückforderungsbetrag das erzielte Einkommen nicht übersteigen. Ebenso ist der Empfänger des Arbeitslosengeldes (der Notstandshilfe) zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn nachträglich festgestellt wird, daß auf Grund einer Anrechnung von Einkommen aus vorübergehender Erwerbstätigkeit gemäß § 21a keine oder nur eine niedrigere Leistung gebührt. Die Verpflichtung zum Rückersatz besteht auch hinsichtlich jener Leistungen, die wegen der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsmittels oder auf Grund einer nicht rechtskräftigen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes gewährt wurden, wenn das Verfahren mit der Entscheidung geendet hat, dass die Leistungen nicht oder nicht in diesem Umfang gebührten.

...

(6) Eine Verpflichtung zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen einschließlich der Aberkennung des Anspruches auf Arbeitslosengeld gemäß Abs. 2 besteht nur, wenn eine solche innerhalb von drei Jahren nach dem jeweiligen Leistungszeitraum verfügt wird. Eine Verfügung zur Nachzahlung ist nur für Zeiträume zulässig, die nicht länger als drei Jahre zurück liegen. Wird eine Nachzahlung beantragt, so ist eine solche nur für Zeiträume zulässig, die nicht länger als drei Jahre vor dem Zeitpunkt der Antragstellung liegen. Die Frist von drei Jahren nach dem Anspruchs- oder Leistungszeitraum verlängert sich, wenn die zur Beurteilung des Leistungsanspruches erforderlichen Nachweise nicht vor Ablauf von drei Jahren vorgelegt werden (können), bis längstens drei Monate nach dem Vorliegen der Nachweise.

..."

"§ 38. Soweit in diesem Abschnitt nichts anderes bestimmt ist, sind auf die Notstandshilfe die Bestimmungen des Abschnittes 1 sinngemäß anzuwenden."

Zu A) Aussetzung des Verfahrens:

3.3. Gemäß § 38 AVG iVm § 17 VwGVG ist die Behörde (das Verwaltungsgericht), sofern die Gesetze nicht anderes bestimmen, berechtigt, im Ermittlungsverfahren auftauchende Vorfragen, die als Hauptfragen von anderen Verwaltungsbehörden oder von den Gerichten zu entscheiden wären, nach der über die maßgebenden Verhältnisse gewonnenen eigenen Anschauung zu beurteilen und diese Beurteilung ihrem Bescheid (ihrer Entscheidung) zugrunde zu legen. Sie kann aber auch das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Vorfrage aussetzen, wenn die Vorfrage schon den Gegenstand eines anhängigen Verfahrens bei der zuständigen Verwaltungsbehörde bzw. beim zuständigen Gericht bildet oder ein solches Verfahren gleichzeitig anhängig gemacht wird.

Im gegenständlichen Fall hat die belangte Behörde die Zuerkennung der Notstandshilfe widerrufen und den Beschwerdeführer zur Rückzahlung der unberechtigt empfangenen Notstandshilfe verpflichtet. Voraussetzung für einen Widerruf ist gemäß § 24 Abs. 2 AlVG, dass die Zuerkennung der Notstandshilfe gesetzlich nicht begründet war.

Ob der Beschwerdeführer im März und April 2016 tatsächlich in einem vollversicherungspflichtigen Dienstverhältnis stand, stellt eine Vorfrage dar, welche derzeit den Gegenstand eines beim zuständigen Sozialversicherungsträger anhängigen Verfahrens im Sinne des § 38 AVG bildet.

Im Fall der Anhängigkeit eines Verfahrens über die Vorfrage, steht es im Ermessen der Behörde, das Verfahren zu unterbrechen oder selbst die Vorfrage zu beurteilen. § 38 AVG regelt nun nicht im Einzelnen, unter welchen Voraussetzungen die Behörde die Vorfrage selbst zu beurteilen hat oder von der Möglichkeit der Aussetzung des Verfahrens Gebrauch machen kann. Sie ist aber deswegen nicht völlig ungebunden. Ihre Entscheidung kann nämlich in der Richtung hin auf ihre Rechtmäßigkeit überprüft werden, ob sie diese Entscheidung im Sinne des Gesetzes getroffen hat. Die Überlegungen, von denen sie sich dabei leiten lassen muss, werden vornehmlich solche der Verfahrensökonomie sein (vgl. etwa die bei Hengstschläger/Leeb, AVG, zu § 38 Rz 59 f genannten weiteren Kriterien der möglichsten Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis, der Erzielung möglichst richtiger und einheitlicher Entscheidungen samt Vermeidung von Wiederaufnahmen; demgegenüber das Postulat der möglichst raschen Beendigung des Verfahrens). Der Gesichtspunkt der Verfahrensökonomie könnte dann nicht als vorrangig angesehen werden, wenn die Behörde ohne weiteres Ermittlungsverfahren zur selbstständigen Beurteilung der Vorfrage in der Lage gewesen wäre (VwGH 30.05.2001, 2001/11/0121, mwN; 19.12.2012, 2012/08/0212).

Die Beurteilung, ob der Beschwerdeführer im März/April 2016 in einem vollversicherungspflichtigen Dienstverhältnis stand, wäre ohne Durchführung eines aufwendigen Ermittlungsverfahrens nicht möglich, weshalb im Sinne der Raschheit und Einfachheit die Aussetzung des gegenständlichen Verfahrens bis zum Abschluss des im Spruch genannten Verwaltungsverfahrens zur Feststellung, ob der Beschwerdeführer im maßgeblichen Zeitraum in einem vollversicherungspflichtigen Dienstverhältnis stand, zu beschließen war.

3.4. Die Verfahrensparteien sind im Lichte ihrer Mitwirkungspflicht gehalten, dem Bundesverwaltungsgericht nach rechtskräftigem Abschluss des beim zuständigen Versicherungsträger anhängigen Verfahrens dessen Ergebnis unverzüglich mitzuteilen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Vielmehr macht das Bundesverwaltungsgericht von dem ihm eingeräumten Ermessen im Rahmen der gesetzlichen Voraussetzungen des § 38 AVG Gebrauch.

Schlagworte

Aussetzung, Versicherungspflicht, Vorfrage

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W238.2220000.1.00

Zuletzt aktualisiert am

04.10.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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