Index
50/01 Gewerbeordnung;Norm
GewO 1994 §124 Z8;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Stöberl, Dr. Blaschek und Dr. Baur als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Urban, über die Beschwerde des H S in W, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 15. Juli 1998, Zl. MA 63-Sch 134/98, betreffend Entziehung der Gewerbeberechtigung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Nach dem Vorbringen in der Beschwerde im Zusammenhang mit dem Inhalt des angefochtenen Bescheides entzog der Landeshauptmann von Wien mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 15. Juli 1998 dem Beschwerdeführer gemäß § 87 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994 im Zusammenhang mit § 13 Abs. 1 leg. cit. und gemäß § 87 Abs. 1 Z. 3 GewO 1994 die Berechtigung zur Ausübung des Gastgewerbes (§ 124 Z. 8 GewO 1994) in der Betriebsart eines Kaffee-Restaurants mit den Berechtigungen nach § 142 Abs. 1 Z. 2, 3 und 4 GewO 1994 an dem näher bezeichneten Standort. Nach der Begründung dieses Bescheides sei über den Beschwerdeführer mit Urteil des Landesgerichtes Wien vom 27. November 1996 wegen des Verbrechens nach § 12 Abs. 1 Suchtgiftgesetz und wegen Vergehen nach § 14 a Abs. 1 und § 16 Abs. 1 Suchtgiftgesetz eine Freiheitsstrafe von 20 Monaten verhängt worden. Dieser Verurteilung liege zugrunde, daß er Suchtgift in großer Menge durch Verkauf in Verkehr gesetzt habe, und zwar in der Zeit von November 1995 bis September 1996 eine Menge von 30 bis 50 g Heroin, im Zeitraum zwischen Sommer 1994 und September 1996 80 g Kokain, in der Zeit von September 1995 bis September 1996 ca. 60 bis 80 g Kokain und am 2. Oktober 1996 50 g Kokain. Weiters habe er in der Zeit zwischen 2. Oktober 1996 und 6. Oktober 1996 eine Menge von 300 g Kokain in der Absicht besessen, dieses unmittelbar in Verkehr zu setzen und in der Zeit von ca. 1992 bis 6. Oktober 1996 Haschisch, Heroin, Kokain erworben und besessen. Er stehe im 30. Lebensjahr und habe seit seinem 23. Lebensjahr Drogen, und zwar zunächst Haschisch und später Kokain, konsumiert. Bereits 1993 habe er erfolglos eine Entziehungskur absolviert. Im Jahre 1995 habe er sich neuerlich auf Therapie begeben, sei jedoch wieder rückfällig geworden. Im Jahre 1996 habe er auch Heroin zu sich genommen. Seit 1994 handle er mit Suchtgift, wobei er einen Teil für den Eigenbedarf erworben und einen Teil weiterverkauft habe. Er habe somit über einen Zeitraum von mindestens vier Jahren gegen das Suchtgiftgesetz verstoßen, wobei als besonders schwerwiegend der Verkauf von Drogen in der Zeit von 1994 bis 1996 zu werten sei. Im Alter von 24 und 27 Jahren sei er jeweils nach einer Entziehungskur neuerlich rückfällig geworden. Seit Begehung der letzten Tathandlungen seien noch nicht einmal zwei Jahre vergangen. Dem Beschwerdeführer sei vom Gericht die Möglichkeit eingeräumt worden, anstelle der Haftstrafe eine Therapie zum Suchtgiftentzug zu absolvieren. Der Landeshauptmann zweifle nicht an seinem ernsthaften Bemühen, nunmehr endgültig seine Drogensucht zu überwinden, doch sei der seit der gerichtlichen Verurteilung vergangene Zeitraum von etwas mehr als eineinhalb Jahren zu kurz, um mit Sicherheit davon ausgehen zu können, daß er seine schädliche Neigung zur Begehung gleichartiger oder ähnlicher Straftaten endgültig überwunden habe. Auch wenn der Beschwerdeführer, wie er angebe, den Drogenhandel nicht im Rahmen seines Gewerbebetriebes ausgeübt habe, so eigne sich doch gerade das Gastgewerbe besonders zur Begehung derartiger Delikte.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer nach seinem gesamten Vorbringen in dem Recht auf Ausübung des in Rede stehenden Gewerbes verletzt. In Ausführung des so zu verstehenden Beschwerdepunktes macht er geltend, die belangte Behörde wäre auf Grund der Bestimmungen der §§ 37 und 39 AVG verpflichtet gewesen, ein ergänzendes Ermittlungsverfahren durchzuführen, um zu beurteilen, ob auf Grund der nunmehr mehr als eineinhalbjährigen Therapie nicht tatsächlich endgültig die Drogensucht überwunden sei. Der Beschwerdeführer erbringe seit seiner Verurteilung regelmäßig dem Landesgericht für Strafsachen Wien den Nachweis seines Therapieerfolges. Dies wäre bei der angefochtenen Entscheidung zu berücksichtigen gewesen. Außerdem hätte die belangte Behörde den Beschwerdeführer laden müssen, um sich unter Beiziehung eines ärztlichen Sachverständigen von seinem Gesundheitszustand zu überzeugen. Unrichtig sei auch, daß sich der Beschwerdeführer bereits zweimal einer Therapie erfolglos unterzogen hätte. Tatsächlich habe er sich erst einmal einer Therapie freiwillig unterzogen, diese allerdings dann tatsächlich abgebrochen. Die damalige Therapie sei jedoch nur kurzfristig gewesen, während die nunmehrige Therapie bereits mehr als eineinhalb Jahre erfolgreich andauere. Die Frage, ob eine Therapie erfolgreich sei und davon ausgegangen werden könne, daß die schädliche Neigung zur Begehung gleichartiger oder ähnlicher Straftaten endgültig überwunden sei, sei eine Frage, die ausschließlich von einem Arzt, allenfalls noch von einem Therapeuten beantwortet werden könne. Hätte die belangte Behörde ihr Ermittlungsverfahren entsprechend ergänzt, so hätte sie zu dem Schluß gelangen müssen, daß auf Grund der erfolgreichen Therapie mit Sicherheit davon auszugehen sei, daß der Beschwerdeführer seine schädliche Neigung bereits endgültig überwunden habe. Die belangte Behörde habe auch nicht berücksichtigt, daß der Beschwerdeführer vor der in Rede stehenden gerichtlichen Verurteilung unbescholten gewesen sei und sich bis zu diesem Zeitpunkt und auch nach seiner Verurteilung, die lediglich auf seiner Sucht beruhe, nie etwas habe zuschulden kommen lassen. Die belangte Behörde begründe nicht ausreichend, wieso unter diesen Umständen zu befürchten sei, daß er eine gleiche oder ähnliche Straftat begehen werde. Der Beschwerdeführer habe seine Drogendelikte auch niemals im Rahmen seines Gewerbebetriebes ausgeübt. Die belangte Behörde habe sich aber mit seinem diesbezüglichen Vorbringen nicht weiter auseinandergesetzt, obwohl sich dieser Umstand aus dem Gerichtsakt eindeutig ergebe. Die Ausführungen im angefochtenen Bescheid, wonach gerade das Gastgewerbe besonders zur Begehung derartiger Delikte geeignet sei, stelle eine allgemeine Behauptung dar, die richtig oder auch unrichtig sein möge, denn auch Parkanlagen und Bahnhöfe sowie ganze Straßenzüge seien erfahrungsgemäß besonders geeignet zur Begehung derartiger Delikte, die jedenfalls nicht ausreichend seien, damit die Entziehung der Gewerbeberechtigung des Beschwerdeführers zu begründen. In diesem Zusammenhang sei nochmals ausdrücklich darauf verwiesen, daß der Beschwerdeführer niemals in Ausübung des Gewerbes Straftaten begangen habe und solcherart auch nicht ersichtlich sei, wieso nunmehr zu befürchten sei, daß eine ähnliche Straftat bei Ausübung des Gewerbes erfolgen könne.
Gemäß § 13 Abs. 1 GewO 1994 ist von der Ausübung eines Gewerbes ausgeschlossen, wer von einem Gericht zu einer drei Monate übersteigenden Freiheitsstrafe oder zu einer Geldstrafe von mehr als 180 Tagessätzen verurteilt worden ist, wenn die Verurteilung weder getilgt ist noch der Beschränkung der Auskunft aus dem Strafregister (§ 6 des Tilgungsgesetzes 1972 in der jeweils geltenden Fassung) unterliegt.
Nach § 87 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994 ist die Gewerbeberechtigung von der Behörde zu entziehen, wenn auf den Gewerbeinhaber die Ausschlußgründe gemäß § 13 Abs. 1 oder 2 zutreffen und nach der Eigenart der strafbaren Handlung und nach der Persönlichkeit des Verurteilten die Begehung der gleichen oder einer ähnlichen Straftat bei Ausübung des Gewerbes zu befürchten ist.
Der Beschwerdeführer verkennt zunächst die Rechtslage, wenn er meint, der Entziehungsgrund des § 87 Abs. 1 GewO 1994 sei nur gegeben, wenn die zugrunde liegende Straftat bei Ausübung des zu entziehenden Gewerbes begangen wurde. Für eine derartige Auslegung enthält das Gesetz keinerlei Anhaltspunkte, zumal der Bestimmung des § 13 Abs. 1 leg. cit. als Regelfall ein Sachverhalt zugrunde liegt, in dem die von dieser Bestimmung erfaßte gerichtliche Verurteilung zu einem Zeitpunkt erfolgte, in dem der Verurteilte noch nicht im Besitz einer Gewerbeberechtigung war.
Der Verwaltungsgerichtshof vermag sich auch dem weiteren Argument des Beschwerdeführers, die im § 87 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994 normierte Tatbestandsvoraussetzung der Befürchtung der Begehung der gleichen oder einer ähnlichen Straftat bei Ausübung des Gewerbes sei nicht gegeben, weil erfahrungsgemäß auch andere Örtlichkeiten zur Begehung derartiger Delikte geeignet seien, nicht anzuschließen. Daß derartige Delikte auch in anderem Zusammenhang begangen werden können, schließt keineswegs zwingend die Befürchtung aus, es könnten solche Delikte auch bei Ausübung des Gewerbes begangen werden.
Schließlich vermag sich der Verwaltungsgerichtshof auch nicht der Ansicht des Beschwerdeführers anzuschließen, die Befürchtung der Begehung einer gleichen oder einer ähnlichen Straftat, wie sie seiner Verurteilung zugrunde lag, sei jedenfalls nicht mehr gegeben, wenn der Beschwerdeführer als Ergebnis seiner laufenden Therapie seine Sucht überwunden habe. Es begegnet daher auch die Beurteilung der belangten Behörde, unabhängig vom Therapieerfolg sei der seit der gerichtlichen Verurteilung vergangene Zeitraum von etwas mehr als eineinhalb Jahren zu kurz, um mit Sicherheit davon ausgehen zu können, daß der Beschwerdeführer seine schädliche Neigung zur Begehung gleicher oder ähnlicher Straftaten endgültig überwunden habe, keinen Bedenken, zumal es sich bei der der gerichtlichen Verurteilung zugrunde liegenden Tat keineswegs, wie der Beschwerdeführer darzutun versucht, um ein einmaliges Fehlverhalten einer sonst unbescholtenen Person handelt. Der Beschwerdeführer hat vielmehr den seiner Verurteilung zugrunde liegenden Handel mit Suchtgift über mehrere Jahre hindurch betrieben.
Da somit ein allfälliger positiver Therapieerfolg an der Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 87 Abs. 1 Z. 2 GewO 1994 nichts ändern könnte, bildet es auch keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides, daß sich die belangte Behörde mit dieser Frage nicht weiter auseinandergesetzt hat.
Da somit schon der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 11. November 1998
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1998040174.X00Im RIS seit
20.11.2000Zuletzt aktualisiert am
15.11.2011