TE Bvwg Erkenntnis 2019/8/6 G302 2200162-1

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Veröffentlicht am 06.08.2019
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Entscheidungsdatum

06.08.2019

Norm

ASVG §67 Abs10
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

G302 2200162-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Manfred ENZI als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geboren am XXXX, vertreten durch Rechtsanwalt XXXX, gegen den Bescheid der XXXX Gebietskrankenkasse vom 26.03.2018, GZ. XXXX, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Mit Bescheid der XXXX Gebietskrankenkasse (im Folgenden: belangte Behörde) vom 26.03.2018, GZ. XXXX, wurde ausgesprochen, dass Herr XXXX, geboren am XXXX (im Folgenden: Beschwerdeführer oder kurz BF) als ehemaliger Geschäftsführer der XXXX, FN XXXX (im Folgenden: Firma H), der belangten Behörde gemäß § 67 Abs. 10 iVm § 83 ASVG aushaftende Sozialversicherungsbeiträge auf dem Beitragskonto 854.289-1 in der Höhe von EUR 6.860,74 zuzüglich Verzugszinsen im gemäß § 59 Abs. 1 ASVG gültigen Satz von derzeit 3,38 % p.a. aus EUR 3.743,92, schulde.

Gegen den im Spruch genannten Bescheid erhob der Rechtsvertreter des BF fristgerecht Beschwerde. Darin wurde ausgeführt, dass gegen den BF ein Finanzstrafverfahren geführt und er mit Entscheidung des BFG vom 18.12.2014 lediglich teilweise schuldig erkannt worden sei. Es sei außerdem keine Benachteiligung erfolgt und werde auf die Saldenlisten 2012/2013 verwiesen.

Die gegenständliche Beschwerde wurde mit dem maßgeblichen Verwaltungsakt am 05.07.2018 dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt und der Gerichtsabteilung G302 zugewiesen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Auf dem Beitragskonto der Firma H (Primärschuldnerin) bestand am 26.03.2008 aufgrund zur Sozialversicherung angemeldeter Dienstnehmer für die Beitragsmonate 11/2012 bis 04/2013 ein Rückstand in der Höhe von EUR 6.860,74 samt gesetzlichen Verzugszinsen in der Höhe von 3,38 % p. a. (berechnet bis 25.03.2018).

Der Vater des BF (nunmehr: JH) vertrat die am 23.10.2008 mittels Notariatsakt errichtete Primärschuldnerin zunächst als alleiniger Geschäftsführer. Ab 27.05.2011 traten der BF und seine Mutter (nunmehr: TH) als weitere handelsrechtliche Geschäftsführer hinzu, wobei der BF nur zusammen mit JH vertretungsbefugt war. TH beendete ihre Geschäftsführertätigkeit mit 26.04.2013.

Mit Schreiben der belangten Behörde vom 20.09.2013 wurde der BF erstmals über seine Haftung gemäß § 67 Abs. 10 ASVG für rückständige Sozialversicherungsbeiträge für den Zeitraum von November 2012 bis Juni 2013 in der Höhe von EUR 7.156,53 samt Zinsen informiert und aufgefordert, den offenen Betrag bis 21.10.2013 zu bezahlen, in eventu einen rechnerischen Entlastungsbeweis und Einwände, die gegen seine persönliche Haftung sprechen, bis zu diesem Termin darzulegen. Gleichzeitig wurde dem BF eine Rückstandsaufstellung gemäß § 64 ASVG der Primärschuldnerin übermittelt. Die Geschäftsführer JH und TH erhielten gleichlautende Schreiben.

Über das Vermögen der Primärschuldnerin wurde durch Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen XXXX vom 03.06.2013, Zl. XXXX das Insolvenzverfahren eröffnet und war die Gesellschaft damit aufgelöst. Mit Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen XXXX vom 11.08.2017 wurde der Konkurs mangels Kostendeckung aufgehoben und die Firma schließlich am 12.12.2018 von Amts wegen gelöscht.

Mit Schreiben der belangten Behörde vom 08.01.2018 wurde der BF sowie die anderen Geschäftsführer JH und TH über ihren gemeinsamen anwaltlichen Vertreter über die Fortsetzung des Haftungsprüfverfahrens informiert und die Höhe der aushaftenden Beiträge aufgrund der zuvor eingelangten anwaltlichen Stellungnahme, wonach ein namentlich genannter Dienstnehmer mit 04.12.2012 sein Dienstverhältnis zur Primarschülern beendet habe, auf den Betrag entsprechend herabgesetzt. Der BF wurde erneut aufgefordert, einen rechnerischen Entlastungsbeweis vorzulegen. Gleichzeitig wurde dem BF eine aktualisierte Rückstandsaufstellung gemäß § 64 ASVG der Primärschuldnerin übermittelt.

Die Rückstände zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung lauten wie folgt:

 

 

 

 

Gesamt

11/2012

Beitrag ex offo Rest

(01.11.2012-30.11.2012)

615,34

12/2012

Beitrag ex offo Rest

(01.12.2012-31.12.2012)

615,34

12/2012

Beitrag GPLA Rest

(01.12.2012-31.12.2012)

51,88

01/2013

Beitrag ex offo Rest

(01.01.2013-31.01.2013)

615,34

02/2013

Beitrag ex offo Rest

(01.02.2013-28.02.2013)

615,34

03/2013

Beitrag ex offo Rest

(01.03.2013-31.03.2013)

615,34

04/2013

Beitrag ex offo Rest

(01.04.2013-30.04.2013)

615,34

Summer der Beiträge

 

 

3.743,92

Verzugszinsten gem. § 59 Abs. 1 ASVG gerechnet bis 25.03.2018

 

 

1.960,78

Beitragszuschläge gemäß § 113 ASVG

 

 

840,00

Nebengebühren

 

 

316,04

Summe der Forderung

 

 

6.860,74

Der BF hat

keinen Nachweis für die finanzielle Situation der Primärschuldnerin während der Zeit seiner Geschäftsführung und ebenso wenig einen rechnerischen Entlastungsnachweis zur Überprüfung der Gleichbehandlung erbracht.

2. Beweiswürdigung:

Der oben angeführte Verfahrensgang sowie die getroffenen Feststellungen ergeben sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsakts der belangten Behörde.

Die Feststellungen zur Primärschuldnerin, insbesondere über die Geschäftsführer und das Konkursverfahren ergeben sich aus dem Firmenbuchauszug zu FN XXXX vom 21.05.2019.

Die Höhe der aushaftenden Beiträge und Verzugszinsen ergibt sich aus dem dem angefochtenen Bescheid angefügten Rückstandsausweis.

Das Bundesverwaltungsgericht erachtet das bisherige Ermittlungsverfahren als hinreichend, um den maßgeblichen Sachverhalt festzustellen. Aus den angeführten Gründen konnte der dem Bundesverwaltungsgericht vorliegende Akteninhalt dem gegenständlichen Erkenntnis im Rahmen der freien Beweiswürdigung zugrunde gelegt werden. Die Ausführungen in der Beschwerde beziehen sich auf die rechtliche Beurteilung.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A): Abweisung der Beschwerde:

3.1. Gemäß § 67 Abs. 10 ASVG haften die zur Vertretung juristischer Personen oder Personenhandelsgesellschaften (offene Gesellschaft, Kommanditgesellschaft) berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen im Rahmen ihrer Vertretungsmacht neben den, durch sie vertretenen Beitragsschuldnern für die von diesen zu entrichtenden Beiträgen insoweit, als die Beiträge infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

Voraussetzung für die Haftung gemäß § 67 Abs. 10 ASVG ist neben der Uneinbringlichkeit der Beitragsschulden bei der Beitragsschuldnerin auch deren ziffernmäßige Bestimmtheit der Höhe nach, schuldhafte und rechtswidrige Verletzungen der sozialversicherungsrechtlichen Pflichten durch den Vertreter und die Kausalität der schuldhaften Pflichtverletzung des Vertreters für die Uneinbringlichkeit.

Für den Eintritt der Haftung gemäß § 67 Abs. 10 ASVG ist also Voraussetzung, dass die rückständigen Beiträge beim Dienstgeber uneinbringlich und der Höhe nach bestimmt sind.

Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung die Rechtsansicht, dass ein Tatbestandsmerkmal des § 67 Abs. 10 ASVG und primäre Haftungsvoraussetzung die Uneinbringlichkeit der Forderung beim Primärschuldner ist bzw. der Haftungspflichtige jedenfalls solange nicht in Anspruch genommen werden kann, als ein Ausfall beim Beitragsschuldner als Primärschuldner noch nicht angenommen werden kann. Wesentliche und primäre sachliche Voraussetzung der subsidiären Haftung eines Vertreters ist die objektive gänzliche oder zumindest teilweise Uneinbringlichkeit der Forderung beim Primärschuldner. Erst wenn diese feststeht, ist auf die Prüfung der für eine Haftung maßgebenden weiteren, an die Person des allenfalls Haftungspflichtigen geknüpften Voraussetzungen einzugehen (VwGH vom 13.08.2003, Zl. 2002/08/0088, vom 22.09.2004, Zl. 2001/08/0141, vom 22.09.2004 zu Zl. 2001/08/0211).

Wird ein Konkursantrag mangels Deckung der Kosten des Konkursverfahrens abgewiesen, ergibt sich zweifelsfrei, dass die strittigen Abgaben nicht mehr einbringbar sind (VwGH vom 30.04.2003, Zl. 2001/16/0252).

Verfahrensgegenständlich kann die Beitragseinbringung als uneinbringlich qualifiziert werden, weil mit Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen XXXX vom 11.08.2017 der Konkurs mangels Kostendeckung aufgehoben wurde.

3.2. Was die ziffernmäßige Bestimmtheit der Höhe des Haftungsbetrages anbelangt, so legte die belangte Behörde ihrem Bescheid den Rückstandsausweis vom 26.03.2018 zugrunde.

Der Haftungsbetrag wurde im Rückstandsausweis näher aufgegliedert. Die Aufschlüsselung entsprach den Vorgaben des § 64 Abs. 2 ASVG, wonach der rückständige Betrag, die Art des Rückstandes samt Nebengebühren, der Zeitraum, auf den die rückständigen Beiträge entfallen, allenfalls vorgeschriebene Verzugszinsen, Beitragszuschläge und sonstige Nebengebühren anzuführen sind. Der Rückstandsausweis ist eine öffentliche Urkunde und begründet nach § 292 ZPO vollen Beweis über seinen Inhalt, also die Abgabenschuld (VwGH vom 12.01.2016, Ra 2014/08/0028). Aufgrund des Vorliegens des Rückstandsausweises ist sohin hinreichend bestimmt, welche ziffernmäßige Höhe der Haftungsbetrag aufweist und wie sich die Forderung konkret zusammensetzt.

Es bedarf - wie der VwGH in seiner Entscheidung vom 11.04.2018, Ra 2015/08/0038, ausgeführt hat - auch keiner weiteren Klarstellung, wie sich der Haftungsbetrag im Einzelnen zusammensetzt. Die im Bescheid enthaltene Aufgliederung in Teilbeträge für bestimmte Zeiträume zuzüglich Verzugszinsen ist für das gegenständliche Verfahren hinreichend.

Die Haftung des BF erstreckt sich nach dem oben Gesagten auf die Beitragsschulden zur Gänze. Sie umfasst im Hinblick auf die §§ 58 Abs. 5, 83 ASVG auch die Pflicht zur Zahlung von Verzugszinsen nach § 59 Abs. 1 ASVG. Ebenso wurden Beitragszuschläge gemäß § 113 ASVG in Anschlag gebracht. Eine Ratenvereinbarung wurde weder konkret behauptet noch nachgewiesen.

Die Höhe der aushaftenden Beträge des Rückstandsausweises vom 26.03.2018 wurde in der Beschwerde nicht beanstandet.

3.3. Zu den im § 67 Abs. 10 ASVG genannten "zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen" gehören auch die Geschäftsführer von Gesellschaften mit beschränkter Haftung (vgl. u. a. VwGH vom 19.09.1989, Zl. 88/08/0283).

Der BF war, wie sich aus dem Auszug aus dem österreichischen Firmenbuch ergibt, unstrittig ab 27.05.2011 handelsrechtlicher Geschäftsführer und kann somit grundsätzlich zu einer Haftung wegen Ungleichbehandlung für die gesamte Beitragsschuld herangezogen werden. Somit ist zu untersuchen, ob der BF infolge schuldhafter Pflichtverletzung für die nicht einbringlichen Beitragsforderungen der belangten Behörde haftet.

Nach § 58 Abs. 5 ASVG in der Fassung nach der Novelle BGBl I 2010/62 haben die VertreterInnen juristischer Personen, die gesetzlichen VertreterInnen natürlicher Personen und die VermögensverwalterInnen (§ 80 BAO) alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Beiträge jeweils bei Fälligkeit aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden. Die Novellierung dieser Gesetzesbestimmung führte zu einer Reaktivierung der Vertreterhaftung des § 67 Abs. 10 ASVG unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung. Damit ist zur bisherigen Haftung für nicht abgeführte Dienstnehmerbeiträge und Meldeverstöße (gleichrangig) eine neue Haftung wegen Ungleichbehandlung (von Gläubigern) hinzugetreten (Derntl in Sonntag (Hrsg), ASVG8 (2017) § 67 Rz 77a).

Gemäß der auf die Haftung nach § 67 Abs. 10 ASVG übertragbaren Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Parallelbestimmung des § 25a Abs. 7 BUAG liegt Gläubigergleichbehandlung dann vor, wenn das Verhältnis aller im Beurteilungszeitraum erfolgten Zahlungen zu allen Verbindlichkeiten, die zu Beginn des Beurteilungszeitraumes bereits fällig waren oder bis zum Ende des Beurteilungszeitraumes fällig wurden, dem Verhältnis der in diesem Zeitraum erfolgten Beitragszahlungen zu den insgesamt fälligen Beitragsverbindlichkeiten entspricht. Unterschreitet die Beitragszahlungsquote die allgemeine Zahlungsquote, so liegt eine Ungleichbehandlung des Sozialversicherungsträgers vor (vgl. VwGH vom 29.01.2014, Zl. 2012/08/0227).

Eine solche die Haftung begründende Pflichtverletzung kann insbesondere darin bestehen, dass der Vertreter die fälligen Beitragsschulden (ohne rechtliche Grundlage) schlechter behandelt als sonstige Verbindlichkeiten, indem er diese bedient, jene aber unberichtigt lässt bzw. im Fall des Fehlens ausreichender Mittel nicht für eine zumindest anteilsmäßige Befriedigung Sorge trägt (VwGH vom 07.10.2015, Ra 2015/08/0040). Nicht die Behörde hat das Ausreichen der Mittel zur Entrichtung der Beiträge nachzuweisen, sondern der zur Haftung herangezogene Geschäftsführer das Fehlen ausreichender Mittel. Außerdem hat er darzutun, dass er die öffentlich-rechtliche Forderung bei der Verfügung über die vorhandenen Mittel nicht benachteiligt hat (VwGH vom 30.05.1989, Zl. 89/14/0043).

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung vertritt, trifft ungeachtet der grundsätzlichen amtswegigen Ermittlungspflicht den Vertreter die besondere Verpflichtung darzutun, aus welchen Gründen ihm die Erfüllung der Verpflichtungen unmöglich war, widrigenfalls eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden kann. Stellt er dabei nicht bloß ganz allgemeine, sondern einigermaßen konkrete sachbezogene Behauptungen auf, so ist er zur weiteren Präzisierung und Konkretisierung des Vorbringens aufzufordern, wenn auf Grund dessen - nach allfälliger Durchführung eines danach erforderlichen Ermittlungsverfahrens - die Beurteilung des Bestehens einer Haftung möglich ist. Kommt er dieser Aufforderung nicht nach, so bleibt die Behörde zur Annahme berechtigt, dass er seiner Pflicht schuldhaft nicht entsprochen hat (vgl. VwGH vom 26.5.2004, Zl. 2001/08/0043; vom 26.01.2005, Zl. 2002/08/0213; vom 25.05.2011, Zl. 2008/08/0169). Der Vertreter haftet dann für die Beitragsschulden zur Gänze, weil ohne entsprechende Mitwirkung auch der durch sein schuldhaftes Verhalten uneinbringlich gewordene Anteil nicht festgestellt werden kann (VwGH vom 11.04.2018, Ra 2015/08/0038).

Der VwGH hat in seiner Entscheidung vom 11.04.2018, Ra 2015/08/0038, dargelegt, dass der BF - ausgehend von den oben angeführten Grundsätzen - nicht nur allgemein dartun hätte müssen, dass er dem Benachteiligungsverbot Rechnung getragen hat. Vielmehr hätte er die im Beurteilungszeitraum fälligen unberichtigten Beitragsschulden und die fälligen offenen Gesamtverbindlichkeiten sowie die darauf jeweils geleisteten Zahlungen darlegen müssen.

Für die Haftung ist nicht entscheidungswesentlich, ob den Geschäftsführer an der Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft ein Verschulden trifft und ob er auf Grund dieser Insolvenz selbst einen Schaden erlitt, weil nicht das Verschulden an und der Schaden aus der Insolvenz ins Gewicht fallen, sondern das Verschulden an der nicht ordnungsgemäßen (rechtzeitigen) Beitragsentrichtung vor Insolvenzeröffnung (VwGH vom 30.05.1989, Zl. 89/14/0043). Es ist somit nicht die Schuldlosigkeit des Vertreters an den schlechten wirtschaftlichen Verhältnissen der Gesellschaft relevant, sondern die Gleichbehandlung der SV-Beiträge mit den anderen Verbindlichkeiten in Bezug auf ihre Bezahlung.

In subjektiver Hinsicht reicht für die Haftung nach § 67 Abs. 10 ASVG leichte Fahrlässigkeit aus (VwGH vom 12.10.2017, Ra 2017/08/0070). Aufgrund des zu unterstellenden Grundwissens eines Meldepflichtigen sowie der Verpflichtung, dass er sich darüber hinaus alle zur Erfüllung seiner gesetzlichen Verpflichtungen notwendigen Kenntnisse verschaffen muss, wenn er diese nicht besitzt, liegt es am Meldepflichtigen, darzutun, dass ihn kein Verschulden am Unterlassen einer Meldung trifft (VwGH vom 17.11.2004, Zl. 2002/08/0212).

Im vorliegenden Fall hat der anwaltlich vertretene BF weder im behördlichen Verfahren noch in der Beschwerde trotz mehrfacher Aufforderung weder subtantiierte Behauptungen noch taugliche Nachweise zur Gläubigergleichbehandlung noch diesbezüglich konkrete sachbezogene Behauptungen aufgestellt.

Zwar wurden der Behörde drei Lohnzettel und ein Auszahlungsjournal von Oktober 2012 übermittelt, jedoch wurde nicht - wie jedenfalls erforderlich - ein entsprechender Entlastungsbeweis derart erbracht, dass einerseits die einzelnen Verbindlichkeiten und andererseits die Zahlungen an die Gläubiger für den verfahrensgegenständlichen Zeitraum ermittelt und für den jeweiligen Monat belegt werden konnten. Die in der Beschwerde zitierten "Saldenlisten 2012/2013" wurden nie vorgelegt.

Davon ausgehend ist der BF seiner besonderen Mitwirkungspflicht im Verfahren trotz Aufforderung nicht nachgekommen. Im Hinblick darauf kann nach der oben aufgezeigten Rechtsprechung ohne weitere Ermittlungen eine schuldhafte (fahrlässige) Pflichtverletzung angenommen werden. Im Lichte der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vom 04.10.2001, Zl. 98/08/0368 ist daher davon auszugehen, dass der BF seiner Verpflichtung zur Gleichbehandlung der Gläubiger schuldhaft nicht nachgekommen ist.

Die Kausalität der dem BF anzulastenden Pflichtverletzungen für die Uneinbringlichkeit und der Rechtswidrigkeitszusammenhang sind mangels eines stichhaltigen Bestreitungsvorbringens bzw. gegenteiliger Anhaltspunkte ebenso zu bejahen.

3.4. Der Einwand des BF an einem Burn-Out-Syndrom gelitten zu haben, ändert nichts an der nunmehr unterlassenen Mitwirkungspflicht, aufgrund derer ohne Weiteres eine (fahrlässige) Pflichtverletzung angenommen werden konnte. Aus dem zitierten Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 18.12.2014, mit welchem der BF schuldig erkannt wurde, vorsätzlich Abgabenhinterziehungen und Finanzordnungswidrigkeiten begangen zu haben, kann ebenso nichts für den BF gewonnen werden.

3.5. Nach § 68 Abs. 1 ASVG verjährt das Recht auf Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen binnen drei (allenfalls fünf) Jahren vom Tag der Fälligkeit an. Vorliegend geht es um Beiträge, die ab November 2012 fällig geworden sind.

Gemäß § 68 Abs. 2, 3. Satz ASVG gelten bezüglich der Unterbrechung oder Hemmung der Verjährung im Falle der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Beitragsschuldners/der Beitragsschuldnerin die einschlägigen Vorschriften der Insolvenzordnung.

Gemäß § 9 IO wird die Verjährung der angemeldeten Forderung durch die Anmeldung im Insolvenzverfahren unterbrochen. Die Verjährung der Forderung gegen den Schuldner beginnt von neuem mit dem Ablauf des Tages, an dem der Beschluss über die Aufhebung des Insolvenzverfahrens rechtskräftig geworden ist.

Im vorliegenden Fall wurde das Insolvenzverfahren der Primärschuldnerin mit Beschluss vom 03.06.2013 eröffnet und der Konkurs am 11.08.2017 mangels Kostendeckung aufgehoben. Die Verjährungsfrist begann somit mit 11.08.2017 neu zu laufen und wurde der angefochtene Bescheid vom 26.03.2018 binnen offener Frist erlassen. Durch den Bescheid wurde die Verjährungsfrist unterbrochen und konnte während des gesamten weiteren der Feststellung der Beitragsschulden dienenden Verfahrens einschließlich des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nicht neuerlich zu laufen beginnen (vgl. VwGH vom 10.04.2013, Zl. 2012/08/0093).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.6. Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß Abs. 3 hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

Gemäß Abs. 4 kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. Gemäß Abs. 5 kann das Verwaltungsgericht von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

Im gegenständlichen Fall ist dem angefochtenen Bescheid ein umfassendes Ermittlungsverfahren durch die belangte Behörde vorangegangen und wurde den Grundsätzen der Amtswegigkeit, der freien Beweiswürdigung, der Erforschung der materiellen Wahrheit und des Parteiengehörs entsprochen. Die belangte Behörde ist ihrer Ermittlungspflicht durch detaillierte Recherche nachgekommen. Der Sachverhalt wurde nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens unter schlüssiger Beweiswürdigung festgestellt.

Der für diesen Fall maßgebliche Sachverhalt konnte als durch die Aktenlage hinreichend geklärt erachtet werden. In der Beschwerde wurden keine noch zu klärenden Tatsachenfragen in konkreter und substantiierter Weise aufgeworfen und war gegenständlich auch keine komplexe Rechtsfrage zu lösen (VwGH 31.07.2007, GZ 2005/05/0080). Dem Absehen von der Verhandlung stehen hier auch Art 6 Abs. 1 EMRK und Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union nicht entgegen.

Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Schlagworte

Geschäftsführer, Gleichbehandlung, Haftung, Nachweismangel,
Pflichtverletzung, Uneinbringlichkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:G302.2200162.1.00

Zuletzt aktualisiert am

04.10.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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