TE Bvwg Erkenntnis 2019/8/8 W171 2222047-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 08.08.2019
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Entscheidungsdatum

08.08.2019

Norm

BFA-VG §22a Abs1
BFA-VG §22a Abs3
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §76 Abs2 Z2
VwGVG §35 Abs3

Spruch

W171 2222047-1/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gregor MORAWETZ, MBA, als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX alias XXXX , geboren am XXXX alias XXXX , Staatsangehörigkeit Algerien alias Tunesien, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl: XXXX , zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird gemäß § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG i.V.m. § 22a Abs. 1 BFA-VG als unbegründet abgewiesen.

II. Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG i.V.m. § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG wird festgestellt, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen.

III. Gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG i.V.m. § 1 Z. 3 und Z. 4 VwG-AufwErsV hat die beschwerdeführende Partei dem Bund Aufwendungen in Höhe von € 426,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1.1. Der Beschwerdeführer (in Folge: BF) reiste illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 18.07.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.

1.2. Während des unter 1.1. angeführten Asylverfahrens wurde der BF drei Mal durch ein Landesgericht und einmal durch ein Bezirksgericht strafrechtlich verurteilt. Dabei wurden über ihn teilbedingte und bedingte Freiheitsstrafen ausgesprochen.

1.3. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in Folge: BFA) vom 22.02.2017 wurde über den BF im Rahmen seiner Asylantragsentscheidung eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und festgestellt, dass die Abschiebung nach Algerien gemäß § 46 FPG zulässig sei. Einer Beschwerde gegen diese Entscheidung wurde gemäß § 18 Abs. 1 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt. Diese bescheidmäßige Entscheidung des BFA wurde in den verfahrenswesentlichen Punkten mit Erkenntnis des BVwG vom 20.03.2017 bestätigt und die Beschwerde dagegen als unbegründet abgewiesen.

Mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs vom 11.07.2017 wurde die daraufhin eingebrachte außerordentliche Revision zurückgewiesen.

1.4. In der Folge wurden Anträge auf Ausstellung eines Heimreisezertifikates bei der Botschaft der demokratischen Volksrepublik Algerien (21.03.2017), bei der Botschaft des Königreichs Marokko (05.02.2018), bei der Botschaft der arabischen Republik Ägypten (06.06.2019), bei der Botschaft von Libyen (07.06.2019) und in weiterer Folge auch bei der Botschaft der tunesischen Republik (02.07.2019) gestellt.

1.5. Der BF wurde am 13.06.2019 zwecks Identitätsfeststellung einer algerischen Botschaftsdelegation vorgeführt. Bei dieser Vorführung zeigte der BF ein derart aggressives Verhalten, dass diese nur im Beisein von fünf bewaffneten Exekutivbeamten erfolgen konnte. Laut der algerischen Botschaft sei der BF vermutlich Staatsangehöriger von Algerien. Weitere Personaldaten seien jedoch noch zu überprüfen.

1.6. Mit Parteiengehör vom 21.06.2019 wurde dem BF die Möglichkeit gegeben sich zum Ergebnis des bisherigen Verfahrens hinsichtlich einer beabsichtigten Verhängung von Schubhaft nach Ende der Strafhaft eine Stellungnahme abzugeben. Der BF befand sich vom 09.05.2019 bis 19.07.2019 in einer Justizanstalt.

Mit ergänzendem Parteiengehör vom 03.07.2019 erhielt der BF neuerlich die Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme.

Im Wesentlichen teilte der BF im Rahmen der Parteiengehöre mit, er sei in Tunesien als Mechaniker tätig gewesen. Er sei geschieden und habe eine fünfjährige Tochter im Burgenland. Außerhalb der Haft wohne er bei einem Bekannten in Niederösterreich, wäre kranken- aber nicht unfallversichert. Aus familiären Gründen strebe er einen weiteren Aufenthalt in Österreich an. Er sei algerischer Staatsbürger und habe nunmehr eine Beziehung mit einer namentlich genannten Frau in Österreich. Mit einer anderen namentlich genannten Frau habe er eine gemeinsame Tochter, deren Geburtsdatum und Name er anführte. Zur Kindesmutter und Tochter habe er Kontakt. Eine Geburtsurkunde oder ein Vaterschaftsnachweis wurde nicht vorgelegt.

1.7.Mit gegenständlich angefochtenem Schubhaftbescheid vom XXXX wurde über den BF gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung angeordnet. Die Rechtsfolgen des Bescheides sollten nach der Entlassung aus der Gerichtshaft eintreten.

Im Bescheid wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der BF aufgrund seines Vorverhaltens die Kriterien der Fluchtgefahr im § 76 Abs. 3 Z 3 und 9 FPG erfüllt habe, und die Verhängung der Schubhaft auch verhältnismäßig sei. Die privaten Interessen an der Schonung der persönlichen Freiheit habe dem Interesse des Staates am reibungslosen Funktionieren der öffentlichen Verwaltung hintanzustehen. Die Verhängung eines gelinderen Mittels käme aufgrund des bisherigen Verhaltens nicht in Frage, da dies zur Sicherung der Ausreise nicht ausreichen würde. Die gegenständliche Verhängung der Schubhaft sei daher rechtmäßig erfolgt.

1.8. Der BF wurde in weiterer Folge am 19.07.2019 direkt aus der Justizanstalt (Strafhaft) in das Polizeianhaltezentrum überstellt und der Schubhaftbescheid in Vollzug gesetzt.

1.9. Mit Beschwerdeschriftsatz vom 05.08.2019 erhob der BF durch seine Rechtsvertretung die verfahrensgegenständliche Beschwerde gemäß § 22a BFA-VG. Darin wurde im Wesentlichen ausgeführt, der BF könne nach einer Entlassung aus der Schubhaft wieder bei einem namentlich genannten Freund in Niederösterreich Unterkunft beziehen. Im Übrigen liege keine Fluchtgefahr vor, da Schubhaft nie als Standardmaßnahme angewandt werden dürfe. Weder eine illegale Einreise, noch das Fehlen beruflicher Integration oder einer Krankenversicherung, noch der Mangel finanzieller Mittel sei für sich genommen ausreichend. Der BF sei bereit, sich anzumelden und bei Bedarf regelmäßig in eine Polizeistation zu kommen. Es sei nicht nachvollziehbar, aus welchem Grunde die Behörde daher von der Verhängung eines gelinderen Mittels Abstand genommen habe. Zudem habe die Behörde die Anknüpfungspunkte des BF in Österreich nur mangelhaft erforscht. Der BF sei bei seinem Freund in Niederösterreich wohnhaft gewesen, stehe weiterhin mit diesem in Kontakt und könne nach einer Schubhaft bei diesem wieder Unterkunft beziehen. Darüber hinaus habe er zweifelsohne Bezugspunkte in Österreich. Die Tochter des BF lebe mit ihrer Großmutter in Österreich an einer angegebenen Adresse und besuche diese den BF auch in der Schubhaft. Der BF sei in Österreich integriert und würde sich dem laufenden Verfahren nicht entziehen.

Der Zweck der Sicherung der Abschiebung hätte im vorliegenden Fall auch durch ein gelinderes Mittel in Form einer periodischen Meldverpflichtung oder der angeordneten Unterkunftnahme erreicht werden können. Die Verhängung der gegenständlichen Schubhaft sei daher nicht rechtmäßig erfolgt.

1.10. Am 06.08.2019 legte die Behörde den gegenständlichen Schubhaftakt dem Gericht vor und erstattete hierzu eine Stellungnahme. Darin wurde ausgeführt, dass der BF bisher seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen sei, über ihn bereits vier Vorstrafen verhängt worden seien und sich der BF bisher aggressiv und unkooperativ verhalten habe. Darüber hinaus habe er im Zuge des Identifikationsprozesses der tunesischen Botschaft einen neuen Namen und ein neues Geburtsdatum seiner Person angegeben. Nach Ansicht der Behörde diene dies offensichtlich dazu, die Erlangung eines Heimreisezertifikates neuerlich zu erschweren und fremdenrechtliche Maßnahmen zu vereiteln. Der BF sei nach erfolgter Vorführung vor die libysche Botschaft kein Staatsangehöriger von Libyen, sondern vermutlich aus Algerien oder Marokko. Die diesbezüglichen Anträge bei den Botschaften von Marokko und von Ägypten seien noch in Bearbeitung. Hinsichtlich der behaupteten Tochter des BF sei bisher weder eine Geburtsurkunde noch ein Vaterschaftsnachweis vorgelegt worden. Darüber hinaus habe der BF noch in der Einvernahme vom 08.02.2017 angegeben, in Österreich keine Verwandten zu haben. Die vorliegenden rechtskräftigen Verurteilungen inländischer Gerichte basieren auf der Erfüllung der Tatbestände des Widerstands gegen die Staatsgewalt, der Körperverletzung, der Nötigung und der Drohung. Durch die begangenen Rechtsverletzungen und sein wiederholtes Fehlverhalten sei jedenfalls davon auszugehen, dass der BF nicht bereit sei, die österreichische Rechtsordnung zu respektieren und die geltenden Gesetze zu beachten. Aufgrund des bisherigen Verhaltens des BF sei daher die Verhängung der Schubhaft auch verhältnismäßig und für die Durchsetzung seiner Ausreise unbedingt notwendig. Die Verhängung eines gelinderen Mittels sei daher nicht zweckmäßig gewesen.

Beantragt werde der Ersatz der Kosten für den Vorlageaufwand.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Zur Person:

1.1. Der BF reiste illegal in das Bundesgebiet ein und ist mit hoher Wahrscheinlichkeit algerischer Staatsangehöriger. Er ist jedenfalls Fremder i.S.d. Diktion des FPG.

1.2. Er stellte am 18.07.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Bisher hat der BF keinen gültigen dauerhaften Aufenthaltstitel in Österreich erhalten und wurden eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung und ein Einreiseverbot gegen ihn erlassen.

1.3. Der BF leidet aufgrund der Haftsituation an keiner über das übliche Maß hinausgehenden Belastung.

1.4. Er hat in Österreich u.a. die Strafdelikte des Widerstands gegen die Staatsgewalt, der Körperverletzung, der Nötigung und der Drohung begangen und ist mehrfach vorbestraft.

Zu den allgemeinen Voraussetzungen der Schubhaft:

2.1. Mit Erkenntnis des BVwG vom 20.03.2017 wurde die gegen den BF ausgesprochene Rückkehrentscheidung bestätigt. Die Rückkehrentscheidung ist aktuell auch durchsetzbar.

2.2. Zum Zeitpunkt dieser Entscheidung liegt kein Heimreisezertifikat vor. Die Algerische Botschaft geht von einer algerischen Staatsangehörigkeit aus. Weitere Nachforschungen sind im Gang.

2.3. Der BF ist haftfähig und nicht suizidgefährdet.

Zum Sicherungsbedarf:

3.1. Gegen den BF liegt eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme vor.

3.2. Der BF ist bestrebt seine Abschiebung durch die weitere Verschleierung seiner Identität zu behindern, indem er nunmehr eine zweite Identität vorgab.

3.3. Er ist nicht vertrauenswürdig.

3.4. Er ist nicht rückreisewillig.

3.5. Der BF ist bisher nicht kooperativ, sondern aggressiv gewesen.

Zur familiären/sozialen Komponente:

4.1. Der BF war bisher in keinem Verfahren imstande, auch nur ansatzweise eine relevante soziale bzw. familiäre Vernetzung in Österreich glaubhaft darzulegen oder formell nachzuweisen.

4.2. Der BF geht im Inland keiner legalen Erwerbstätigkeit nach, ist nicht selbsterhaltungsfähig und weist auch sonst keine besonderen Integrationsmerkmale auf.

4.3. Der BF verfügt über keine ausreichenden finanziellen Mittel zur Existenzsicherung.

4.4. Er könnte wieder bei seinem Bekannten einziehen.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zur Person und zum Verfahrensgang (1.1.-1.4.):

Die Feststellungen zum Verfahrensgang und zur Person des BF sowie zum Vorliegen einer durchsetzbaren Rückkehrentscheidung ergeben sich im Wesentlichen aus den vorgelegten Verwaltungsakten der Behörde und des Gerichtsakts des Bundesverwaltungsgerichtes. Der BF ist nach den Angaben im Verwaltungsakt in Zusammensicht mit der Stellungnahme der Behörde vom 06.08.2019 mit hoher Wahrscheinlichkeit algerischer Staatsangehöriger. Nach der Auskunft der Algerischen Botschaft sind hier noch weitere Ermittlungen notwendig. Dies stellt jedoch einen normalen Vorgang bei der Ausstellung eines Heimreisezertifikates für Algerien dar.

Aufgrund des medizinischen Befundes bzw. Gutachtens vom 07.08.2019 konnte das Gericht die Feststellung 1.3. treffen, und basiert diese Feststellung alleine auf den Angaben im vorliegenden med. Gutachten. Die Feststellung hinsichtlich der verwirklichten Strafdelikte ergibt sich aus einem aktuellen Auszug aus dem Strafregister (1.4.).

2.2. Zu den Voraussetzungen der Schubhaft (2.1.-2.3.):

Die Durchsetzbarkeit der Rückkehrentscheidung ergibt sich aus den vorgelegten Verwaltungsakten und wurden seitens des BF auch in keiner Weise in Zweifel gezogen (2.1.). Die Feststellung zu 2.2. ergibt sich im Wesentlichen aus der aktuellen Stellungnahme des BF vom 06.08.2019. Daraus war zu entnehmen, dass hinsichtlich der Erlangung eines Heimreisezertifikates mehrere nordafrikanische Vertretungsbehörden angeschrieben worden sind. Algerien hat eine Staatsangehörigkeit des BF für sehr wahrscheinlich erklärt und nun weitere Nachforschungen (wie allgemein üblich) in Gang gesetzt. Zum Zeitpunkt der Entscheidung war es daher für das Gericht legitim, von der Ausstellung eines Heimreisezertifikates diesbezüglich auszugehen.

Aufgrund des vorliegenden Befundes bzw. Gutachten vom 07.08.2019 seitens des Amtsarztes wurde die Haftfähigkeit bestätigt und eine Suizidgefährdung verneint (2.3.).

2.3. Zum Sicherungsbedarf (3.1.-3.5.):

Das Vorliegen einer durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme ergibt sich, wie bereits erwähnt, aus den Angaben im vorliegenden Verwaltungsakt (1.3.).

Am 18.06.2019 wurde dem BF ein tunesisches Identifikationsblatt übermittelt in welchem der BF angab, nunmehr XXXX zu heißen, in Tunesien gewohnt zu haben und am XXXX geboren zu sein. Daraus ergibt es sich für das Gericht klar, dass durch die nunmehr angegebenen anderslautenden Identitätsdaten der BF weiterhin die Erlangung eines Heimreisezertifikates zu erschweren bzw. fremdenrechtliche Maßnahmen zu vereiteln sucht (3.2.).

Die Feststellungen zu 3.3. bis 3.5. ergeben sich im Wesentlichen aus dem bisherigen Verhalten des BF. Der BF wurde bereits wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt verurteilt und hat bisher in keiner erkennbaren Weise mit den Behörden konkret kooperiert. Dem entgegengesetzt verhielt sich der BF nach den Angaben im Verwaltungsakt und in der Anhaltedatei wiederholt aggressiv und musste er bei seiner Vorführung vor der algerischen Delegation von mehreren Sicherheitswachebeamten vorgeführt werden. Es ergibt sich daher aus dem bisherigen Verhalten des BF, dass dieser jedenfalls nicht vertrauenswürdig oder auch kooperativ wäre. Die fehlende Rückreisewilligkeit ergibt sich auch aus dem aggressiven Verhalten in Zusammensicht mit der Tatsache, dass der BF seit geraumer Zeit zur Ausreise aus Österreich verpflichtet ist, jedoch mit allen Mitteln eine Außerlandesbringung seiner Person bisher erfolgreich verhindern konnte.

2.4. Familiäre/soziale Komponente (4.1.-4.4.):

Basierend auf der gerichtlichen Feststellung des BVwG im Erkenntnis XXXX vom 20.03.2017 aus dem sich ergibt, dass bereits im damaligen Verfahren keine Hinweise auf einen maßgeblichen Grad an Integration oder allfälliger sozialer bzw. integrativer Verfestigung des BF in Österreich festgestellt werden konnte, wurde seitens des Gerichts die in den Einvernahmen und in der Beschwerdeschrift angegebenen Personen mit den vorhandenen Angaben des BF einer Identitätsprüfung unterzogen. Die angegebene Tochter und Kindesmutter konnten im Wege der Möglichkeiten des Gerichts nicht ermittelt werden.

Nach den Ermittlungen des BVwG hatte der BF auch während seiner Strafhaft in der Justizanstalt Stein keinen Besuch und wurde er auch im Polizeianhaltezentrum bisher lediglich einmal, von seinem Bekannten aus Niederösterreich besucht. Daraus ergibt sich für das Gericht, dass ein, wie vom BF behauptetes, familiäres bzw. soziales Netz, ganz offensichtlich nicht bzw. kaum vorhanden ist. Dem BF ist es im Rahmen sämtlicher bisheriger Verfahren nicht gelungen, eine tatsächlich greifende soziale Vernetzung in Österreich glaubhaft zu machen. Eine Geburtsurkunde oder ein Vaterschaftsnachweis hinsichtlich der behaupteten Tochter wurde ebenso nicht vorgelegt (4.1.).

Aus den Einvernahmen des BF, in Zusammensicht mit den anderen Angaben im Akt ergibt sich, dass der BF keiner Erwerbstätigkeit nachgeht und sohin auch nicht als selbsterhaltungsfähig angesehen kann (4.2.).

Aufgrund der Angaben in der Anhaltedatei vom 05.08.2019 verfügte der BF zu diesem Zeitpunkt über € 366,50. Eine hinreichende Existenzsicherung mit diesem Geldbetrag kann nicht angenommen werden (4.3.).

In der Beschwerdeschrift wird vorgebracht, dass der BF nach einer etwaigen Haftentlassung wieder bei einem Bekannten in Niederösterreich Unterkunft finden könne. Nach Einsicht in das ZMR zeigte sich für das Gericht, dass der BF tatsächlich bei der angegebenen Person, die den BF nun am 06.08.2019 erstmals in Haft besuchte, bereits über einen längeren Zeitraum angemeldet war. Das Gericht geht daher davon aus, dass die Angaben des BF, bei dieser Person neuerlich Unterkunft zu beziehen glaubwürdig sind (4.4.).

2.5. Weitere Beweise waren wegen Entscheidungsreife nicht mehr aufzunehmen:

Von einer Anberaumung einer mündlichen Verhandlung konnte im Hinblick auf die geklärte Sachlage Abstand genommen werden.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. - Schubhaftbescheid, Anhaltung in Schubhaft:

3.1.1. Gesetzliche Grundlage:

Der mit "Schubhaft" betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, lautet:

§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,

2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.

Zur Judikatur:

3.1.2. Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).

Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der - aktuelle - Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).

Schubhaft darf stets nur "ultima ratio" sein (vgl. VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0054; VwGH 11.06.2013, Zl. 2012/21/0114, VwGH 24.02.2011, Zl. 2010/21/0502; VwGH 17.03.2009, Zl. 2007/21/0542; VwGH 30.08.2007, 2007/21/0043). Daraus leitete der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 19.05.2011, Zl. 2008/21/0527, unter Hervorhebung der in § 80 Abs. 1 FPG 2005 ausdrücklich festgehaltenen behördliche Verpflichtung, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert, insbesondere auch ab, "dass die Behörde schon von vornherein angehalten ist, im Fall der beabsichtigten Abschiebung eines Fremden ihre Vorgangsweise nach Möglichkeit so einzurichten, dass Schubhaft überhaupt unterbleiben kann. Unterlässt sie das, so erweist sich die Schubhaft als unverhältnismäßig"(VwGH vom 19.05.2011, Zl. 2008/21/0527). Bereits im Erkenntnis des VwGH vom 27.01.2011, Zl. 2008/21/0595, wurde dazu klargestellt, dass der Schubhaft nicht der Charakter einer Straf- oder Beugehaft zu kommt, "weshalb ohne besondere Anhaltspunkte für eine absehbare Änderung der Einstellung des Fremden die Haft nicht allein im Hinblick darauf aufrechterhalten werden darf, diese 'Einstellungsänderung' durch Haftdauer zu erwirken. (Hier: Der Fremde hatte, nachdem er nach zwei Monaten nicht aus der Schubhaft entlassen worden war, seine vorgetäuschte Mitwirkungsbereitschaft aufgegeben und zu erkennen gegeben, dass er nicht in den Kamerun zurückkehren wolle und auch nicht an einer Identitätsfeststellung mitwirken werde. Die mangelnde Kooperation des Fremden gipfelte schließlich in der Verweigerung jeglicher Angaben. Die belangte Behörde hat in Folge bis zu einem neuerlichen Einvernahmeversuch zugewartet ohne zwischenzeitig auf Basis der vorhandenen Daten zwecks Erstellung eines Heimreisezertifikates an die Botschaft von Kamerun heranzutreten oder sonst erkennbare Schritte in Richtung Bewerkstelligung einer Abschiebung zu setzen. In diesem Verhalten der belangten Behörde ist eine unangemessene Verzögerung zu erblicken)." (VwGH vom 27.01.2011, Zl. 2008/21/0595; vgl. dazu etwa auch VwGH 19.04.2012, 2009/21/0047).

3.1.3. Aufgrund des gerichtlichen Beweisverfahrens sieht das Gericht im vorliegenden Fall Sicherungsbedarf für gegeben an. Der BF hält sich nicht rechtmäßig im Inland auf und es besteht gegen ihn seit geraumer Zeit eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung. Durch die Verschleierung seiner Identität erschwert er den Behörden die Erlangung eines Heimreisezertifikates und hat sich dies zuletzt dahingehend wiederholt manifestiert, dass er nunmehr im Jahr 2019 erstmals eine weitere Identität gegenüber den tunesischen Behörden angegeben hat. Der BF ist daher diesbezüglich nicht als kooperativ anzusehen und ist bemüht, seine Abschiebung mit allen Mitteln zu verhindern. Aufgrund seines bisherigen Verhaltens, nicht zuletzt aufgrund seiner mehrfachen Straffälligkeit, kann der BF auch nicht als vertrauenswürdig in irgendeiner Weise angesehen werden. Bereits die Verwirklichung des Tatbestandes des Widerstands gegen die Staatsgewalt schließt eine erhöhte Kooperationsbereitschaft schon aus und sind derartige Taten nicht geeignet, eine Vertrauenswürdigkeit einer Person zu begründen. Der BF ist seit geraumer Zeit davon in Kenntnis, dass er das Land zu verlassen hat und zeigt sein bisheriges Verhalten, dass die Behörde nicht davon ausgehen kann, dass der BF in irgendeiner Weise rückreisewillig sein könnte.

Darüber hinaus ergaben die gerichtlichen und die behördlichen Recherchen, dass der BF im Inland über kein wesentliches soziales Netz verfügen kann, das geeignet wäre, diesen von einem möglichen Untertauchen tatsächlich abzuhalten. Die vom BF in verschiedener Form wiederholt angegebenen sozialen Kontakte haben sich mit Ausnahme eines Bekannten, bei dem er bereits gewohnt hat, nicht bestätigt. Das Gericht konnte daher in Zusammensicht mit den bereits vorliegenden gerichtlichen und behördlichen Feststellungen diesbezüglich auch keine abweichenden Wahrnehmungen machen. Der BF ist in Österreich nicht erwerbstätig und verfügt nicht über ausreichende Geldreserven, um seine Existenz selbst zu sichern. Urkunden über eine behauptete Vaterschaft bzw. eine dementsprechende Geburtsurkunde seines Kindes wurden trotz Aufforderung erneut nicht vorgelegt. Das Gericht konnte daher zu diesem Punkt wie bereits beschrieben nicht davon ausgehen, dass eine ausreichende soziale Vernetzung in Österreich bestehen könnte. Das Gericht sieht daher im Gleichklang mit der Behörde, Sicherungsbedarf im Sinne der Erfüllung der Tatbestandsmerkmale des § 76 Abs. 3 Z 3 und 9 FPG für gegeben an.

3.1.4. Darüber hinaus ist die Verhältnismäßigkeit der Schubhaftnahme nach Ansicht des erkennenden Gerichtes ebenso gegeben. Betrachtet man die Interessen des BF an den Rechten seiner persönlichen Freiheit in Bezug auf seine familiären bzw. sozialen Verhältnisse im Inland zeigt sich, dass der Beschwerdeführer im Ergebnis fast keine familiäre/sozialen Kontakte im Inland hat und diese in der Vergangenheit auch nicht in der Lage waren, ihm einen fundierte Halt zu geben. Die glaubhaft vorgebrachte Möglichkeit nach einer Haft wieder bei einem Bekannten einzuziehen musste daher als "zu dünn" qualifiziert werden und konnte diesem sozialen Kontakt daher bei der Abwägung der Verhältnismäßigkeit kein wesentliches Gewicht beigemessen werden. Auf der anderen Seite hat der BF gegen verwaltungsrechtliche und strafrechtliche Bestimmungen verstoßen und damit zum Ausdruck gebracht, dass er ganz klar keine Unterordnung unter das im Inland bestehende Rechtssystem beabsichtigt (Widerstand gegen die Staatsgewalt!). Er hat in Österreich einen unbegründeten Antrag auf internationalen Schutz gestellt und wurde über ihn eine Rückkehrentscheidung und auch ein Einreiseverbot verhängt. Die Republik Österreich hat damit nach Ansicht des Gerichts nunmehr ausreichend klar dargestellt, dass ein Verbleib des BF im Inland zumindest derzeit rechtlich nicht gedeckt ist und sohin auch ein erhöhtes Interesse an einer Außerlandesbringung des BF kundgetan. Die spärlich erwiesenen inländischen Kontakte können die persönlichen Interessen des BF am Verbleib auf freiem Fuße nicht ausreichend stärken um ein Überwiegen des öffentlichen Interesses an der gesicherten Außerlandesbringung des BF und eines geordneten Fremdenwesens erfolgreich herabzumindern. Das Gericht geht daher - wie oben angeführt - von der Verhältnismäßigkeit der Verhängung der Schubhaft aus, zumal die Bemühungen des BFA eine baldige Abschiebung durchführen zu können, im Rahmen des Verfahrens deutlich hervorgekommen sind. Darüber hinaus ist der BF ein verurteilter Straftäter der sich auch den Behörden gegenüber bereits mehrmals aggressiv gezeigt hat und ist dies bei der Verhältnismäßigkeit der Schubhaft ebenso als evidentes Interesse der Allgemeinheit, den BF Außerlandes zu bringen, zu berücksichtigen. Darüber hinaus sind keine weiteren Gründe für eine mögliche Unverhältnismäßigkeit der Haft im gerichtlichen Verfahren hervorgekommen.

Die Verhältnismäßigkeit der verhängten Schubhaft ist daher gegeben.

3.1.5. Die Anordnung eines gelinderen Mittels führt nach Ansicht des Gerichts nicht zu einer ausreichenden Sicherung der Durchführbarkeit einer konkreter werdenden Abschiebung. Die Kriterien, die bereits unter dem Punkt "Sicherungsbedarf" erörtert wurden, zeigen eindeutig, dass der BF in keiner Weise vertrauenswürdig ist und kaum über Kontakte im Inland verfügt. Eine jederzeitige Erreichbarkeit des Beschwerdeführers ist daher nach Ansicht des Gerichts nicht mit der erforderlichen Sicherheit gewährleistet. Es ist nicht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer, der ein evidentes Interesse daran hat, dass er im Inland verbleiben kann, sich einer zu erwartenden Abschiebung nunmehr freiwillig stellt und für die Behörde tatsächlich erreichbar bleiben würde. Auch eine familiäre Bindung, die unter Umständen Halt bieten könnte, ist in der Form nicht vorhanden. Unter Berücksichtigung aller Umstände ist die Behörde daher zutreffend davon ausgegangen, dass mit der Anordnung gelinderer Mittel das Auslangen nicht gefunden werden kann.

3.1.6. Die gegenständlich verhängte Schubhaft erweist sich daher auch als "ultima ratio" und wird die Schubhaft auch bis zur Entscheidung über die Ausstellung eines Heimreisezertifikates und der darauffolgenden Abschiebung weiterzuführen sein. Auf Grund des zuvor Ausgeführten ergibt sich, dass sowohl Sicherungsbedarf, als auch Verhältnismäßigkeit gegeben sind und die Anwendung eines gelinderen Mittels nicht als erfolgversprechend zu beurteilen war. In diesem Sinne ist auch das Kriterium der "ultima ratio" im vorliegenden Schubhaftverfahren gegeben.

3.1.7. Die Behörde hat im gegenständlichen bekämpfen Schubhaftbescheid die Beweggründe für die Erforderlichkeit der Verhängung der Haft erkennbar aufgezeigt und sich mit der konkreten Situation des BF auseinandergesetzt. Wie oben näher ausgeführt wird, gelangt die gerichtliche Überprüfung der laufenden Schubhaft nicht zu einer Unrechtmäßigkeit der bescheidmäßigen Verhängung.

3.1.8. Im vorliegenden Fall konnte von der Abhaltung einer mündlichen Verhandlung Abstand genommen werden, da der Sachverhalt im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens hinreichend geklärt werden konnte. Der Sachverhalt konnte aus den Akten (in Zusammensicht mit den gerichtlichen Feststellungen im Asylverfahren) abschließend ermittelt und beurteilt werden und wurde in der Beschwerdeschrift auch nicht näher dargelegt, weshalb die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung im konkreten Fall notwendig sein soll, wenngleich die sich aus dem behördlichen Verfahren ergebenden (spärlichen) Kontakte ohnehin in die Entscheidung der Behörde eingeflossen sind. Die behauptete Wohnmöglichkeit bei einem Bekannten wurde den gegenständlichen Entscheidungen zugrunde gelegt, sodass von einer Verhandlung auch diesbezüglich Abstand genommen werden konnte. Gründe für die zwingende Abhaltung einer mündlichen Verhandlung liegen daher nicht vor. Das Gericht weicht nicht von der Beweiswürdigung der Behörde ab und hat sich bereits aus dem vorliegenden Akteninhalt klar ergeben, dass zur Klärung der Rechtmäßigkeit der vorliegenden Schubhaft die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung nicht erforderlich gewesen ist.

Zu Spruchpunkt II. - Vorliegen der Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft:

Die getroffenen Feststellungen und ihre rechtliche Würdigung lassen im Hinblick auf ihre Aktualität und ihres Zukunftsbezuges keine, die Frage der Rechtmäßigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft ändernde Umstände erkennen. Es war daher spruchgemäß festzustellen, dass zum Zeitpunkt dieser Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

Zu Spruchpunkt III. - Kostenbegehren

Das BFA begehrte den Ersatz ihrer Aufwendungen entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen. Da die Verwaltungsbehörde vollständig obsiegte, steht ihr nach den angeführten Bestimmungen dem Grunde nach der Ersatz ihrer Aufwendungen zu. Die Höhe der zugesprochenen Verfahrenskosten stützt sich auf die im Spruch des Erkenntnisses genannten gesetzlichen Bestimmungen. Seitens des Beschwerdeführers wurde kein Antrag auf Kostenersatz gestellt.

Zu Spruchpunkt B. - Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

Wie zu Spruchpunkt I. und II. ausgeführt sind keine Auslegungsfragen hinsichtlich der anzuwendenden Normen hervorgekommen, es waren auch keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen. Die Revision war daher in Bezug auf beide Spruchpunkte nicht zuzulassen. Im Hinblick auf die eindeutige Rechtslage in den übrigen Spruchpunkten war die Revision gleichfalls nicht zuzulassen.

Schlagworte

Einreiseverbot, Fluchtgefahr, Identität, öffentliche Interessen,
Rückkehrentscheidung, Schubhaft, Sicherungsbedarf, strafrechtliche
Verurteilung, Untertauchen, Verhältnismäßigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W171.2222047.1.00

Zuletzt aktualisiert am

03.10.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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