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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §71 Abs1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Blaschek und Dr. Baur als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Urban, über die Beschwerde des W B in H, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Salzburg vom 11. November 1997, Zl. UVS-4/572/5-1997, betreffend Zurückweisung einer Berufung und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in einer Verwaltungsstrafsache nach der Gewerbeordnung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer wurde mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Hallein vom 27. März 1997 wegen zweifacher Übertretung des § 366 Abs. 1 Z. 1 iVm § 5 Gewerbeordnung 1994 zu einer Geldstrafe von jeweils S 10.000,-- (gesamt somit S 20.000,--) bestraft, weil er es als Obmann des "Verein(es) zur Revitalisierung des X-Gutes" (§ 9 Abs. 1 VStG 1991) zu verantworten habe, daß auf der sogenannten X-Alm ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung das Gastgewerbe in der Betriebsart einer Jausenstation ausgeübt worden sei. Die Bezirkshauptmannschaft Hallein unternahm zunächst einen Versuch der Zustellung dieses Straferkenntnisses an der Adresse, G-Platz 4 in H, von wo das Schriftstück mit dem Postvermerk rückübermittelt wurde, der Beschuldigte sei "länger nicht erreichbar, weil er sich auf einer Almhütte (einige Monate)" aufhalte. Daraufhin stellte die Behörde das Straferkenntnis dem Beschwerdeführer mittels RSa-Brief an die Adresse T-Straße 16 in S (sogenannte X-Alm) zu, wo nach zwei Zustellversuchen die Hinterlegung beim Postamt S am 10. April 1997 erfolgte; das Straferkenntnis wurde vom Beschwerdeführer dort nicht behoben.
Am 28. Mai 1997 langte bei der Behörde erster Instanz das vom Beschwerdeführer am 27. Mai 1997 zur Post gegebene Schrieben ein, in dem er "die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand" beantragte, damit er "noch eine Berufung erheben kann". In diesem Schreiben heißt es weiters:
"Ich möchte gegen diesen Bescheid nähmlich berufen, weil ich keine Übertretung der Gewerbeordnung bewust bin ich habe von dem Bescheid erst vor einer Woche erfahren, er wurde mir nähmlich nie zugestellt, ich kann das jederzeit bezeugen."
Weiters gab der Beschwerdeführer an, daß er das Straferkenntnis nie zugestellt erhalten habe, eine allfällige Zustellung durch Hinterlegung an die Adresse H, G-Platz 4, sei ihm nicht bekannt geworden und eine solche wäre auch nicht wirksam, da er seit März 1997 dort nicht aufhältig sei. Er ersuche um neuerliche Zustellung dieses Bescheides gegen telefonische Voranmeldung, wobei er dann den Bescheid persönlich bei der Bezirkshauptmannschaft Hallein beheben wolle. Die Behörde könne ihm unter der Telefonnummer 00 eine Nachricht hinterlassen.
Mit Bescheid vom 2. Juni 1997 wies die Bezirkshauptmannschaft Hallein den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufung gegen das Straferkenntnis vom 27. März 1997 Frist zur Erhebung einer ab. Dies begründete sie damit, daß die Zustellung des Straferkenntnisses durch Hinterlegung in S ordnungsgemäß erfolgt sei. Der Beschwerdeführer sei im übrigen persönlich (anläßlich einer Vorsprache von einer Betriebsanlagensache beim Gewerbeamt in der Bezirkshauptmannschaft Hallein) darauf hingewiesen worden, daß für ihn ein RSa-Brief beim Postamt in S hinterlegt worden sei.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung. Darin führte er aus, er habe den Antrag auf Wiedereinsetzung hilfsweise für den Fall gestellt, daß die Zustellung überhaupt gesetzeskonform erfolgt sein sollte. Dies sei aber nicht der Fall. Er wohne weder an der Adresse T-Straße 16 noch halte er sich dort ständig auf. Auch im Zeitpunkt der Hinterlegung sei er nicht dort gewesen. Richtig sei, daß er bei der Bezirkshauptmannschaft Hallein die Mitteilung erhalten habe, in S wäre die Hinterlegung eines behördlichen Schriftstückes für ihn erfolgt sei. Er habe ersucht, dieses "zurückzubeordern" und bei der Behörde erster Instanz zur Abholung bereit zu legen. Er habe sich darauf verlassen, daß dies erfolgen werde. Er habe daher "vorerst nichts gedahn. Das es nicht so gelaufen ist ist für mich ein unvorhergesehenes Ereigniss an dem mich nur ein minder Grad des versehens trifft".
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde die als Berufung gegen das Straferkenntnis der Behörde erster Instanz vom 27. März 1997 gewertete Eingabe des Beschwerdeführers vom 27. Mai 1997 gemäß § 63 Abs. 5 AVG iVm § 24 VStG als verspätet zurück (Spruchpunkt 1) und die Berufung gegen den dem Wiedereinsetzungsantrag nicht stattgebenden Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Hallein vom 2. Juni 1997 als unbegründet (Spruchpunkt 2) abgewiesen. Dies begründete die belangte Behörde zusammengefaßt damit, der Beschwerdeführer sei im Berufungsverfahren aufgefordert worden, seine tatsächliche Aufenthaltsadresse zum Zeitpunkt der Hinterlegung des Straferkenntnisses bekanntzugeben und entsprechende nachprüfbare Belege zu seinem Aufenthalt im zustellrelevanten Zeitraum vorzulegen. Es sei zunächst der Versuch unternommen worden, dieses Aufforderungsschreiben per Adresse G-Platz 4 in H zuzustellen, was ergebnislos verlaufen sei. In diesem Zusammenhang habe ein Mitarbeiter des Postamtes H der Berufungsbehörde mitgeteilt, der Beschwerdeführer hätte im April 1997 dem Postamt H bekanntgegeben, daß er sich bis 10. November 1997 nicht an seiner Adresse in H, G-Platz 4, sondern auf einer Alm aufhalten würde. Er hätte im Postamt H die Telefonnummer 00, unter welcher er zu erreichen sein würde, angegeben. Bei dieser Telefonnummer handle es sich um die Telefonnummer der X-Alm in S, T-Straße 16. Das in der Berufungssache erkennende Senatsmitglied habe am 6. August 1997 gegen 15.00 Uhr selbst versucht, den Beschuldigten unter dieser Telefonnummer der X-Alm zu erreichen. Dabei sei mitgeteilt worden, der Beschwerdeführer wäre zwar derzeit nicht da, aber am Abend auf der X-Alm erreichbar. Eine neuerliche Zusendung des Aufforderungsschreibens an die Adresse T-Straße 16 in S sei vom Beschwerdeführer unbeantwortet geblieben. Es sei dann für 10. November 1997 eine Berufungsverhandlung anberaumt worden. Die Ladung sei mit RSa-Brief sowohl an die Adresse G-Platz 4 in H als auch an die Adresse X-Alm, T-Straße 16 in S erfolgt. Da eine Zustellung nicht habe bewirkt werden können, habe die Berufungsbehörde schließlich gemäß § 8 Abs. 2 Zustellgesetz am 23. Oktober 1997 die Hinterlegung im Amt angeordnet und den Beschwerdeführer davon mit "einfacher Post" an die Adresse T-Straße 16, S verständigt. Zur Verhandlung am 10. November 1997 sei der Beschwerdeführer dann erschienen. Er habe bestätigt, daß er im Frühjahr 1997 dem Postamt H angegeben habe, sich für ein halbes Jahr nicht mehr an seiner Zustelladresse G-Platz 4 in H aufzuhalten. Er hätte zu seiner Erreichbarkeit auch die Telefonnummer der X-Alm hinterlassen. Über Befragen, wo sich der Beschwerdeführer zwischenzeitlich aufgehalten habe, habe er angegeben, mit dem Wohnmobil eines Freundes unterwegs gewesen zu sein bzw. sich im Sommer am Wallersee aufgehalten zu haben. Konkrete Nachweise über seinen Aufenthalt habe der Beschwerdeführer aber nicht vorlegen können. Der einvernommene Beamte der Bezirkshauptmannschaft Hallein habe erklärt, daß er den Beschwerdeführer anläßlich einer Vorsprache des Beschwerdeführers in der Bezirkshauptmannschaft Hallein getroffen und diesen ausdrücklich darauf hingewiesen hätte, daß für ihn beim Postamt in S ein Straferkenntnis hinterlegt worden wäre.
Die Berufungsbehörde gehe daher aus folgenden Erwägungen davon aus, daß es sich bei der Zustelladresse T-Straße 16 (X-Alm) in S für den Beschwerdeführer um eine gültige Abgabestelle im Sinn des § 4 Zustellgesetz gehandelt habe: Der Beschwerdeführer habe in seiner Berufung selbst angegeben, seit März 1997 nicht mehr an seiner Adresse G-Platz 4 aufhältig gewesen zu sein. Er habe beim Postamt H die Telefonnummer der X-Alm mit dem Hinweis hinterlassen, daß er sich bis November 1997 "auf einer Alm" aufhalten würde. Auch in seiner Berufung habe er diese Telefonnummer der X-Alm für die Übermittlung von Nachrichten bekanntgegeben. Daß sich der Beschwerdeführer regelmäßig auf der X-Alm aufhalte, sei auch dem erkennenden Senatsmitglied im Rahmen eines Kontrollanrufes am 6. August 1997 bestätigt worden.
Demgegenüber habe der Beschwerdeführer in der Berufung nur pauschal angeführt, weder an der Adresse T-Straße 16 zu wohnen, noch sich ständig dort aufzuhalten. Seine angebliche tatsächliche Aufenthaltsadresse habe der Beschwerdeführer nicht genannt und auch in der Berufungsverhandlung am 10. November 1997 nicht bekanntgegeben. Er habe nur pauschal erklärt, "mit dem Wohnmobil eines Freundes" unterwegs gewesen zu sein. Dazu sei festzuhalten, daß dem Beschwerdeführer die Ladung zur Berufungsverhandlung an die Adresse der X-Alm "mit einfacher Post" bekanntgegeben worden und er daraufhin zur Verhandlung erschienen sei.
Die am 27. Mai 1997 zur Post gegebene Berufung sei daher jedenfalls verspätet.
Die Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand setze voraus, daß die Partei glaubhaft mache, daß sie durch ein unvorhergesehenes oder unabdingbares Ereignis an der Einhaltung der Berufungsfrist verhindert war, und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens treffe. Im Wiedereinsetzungsantrag habe der Beschwerdeführer kein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis glaubhaft gemacht, welches ihn an der fristgerechten Einbringung der Berufung gehindert hätte. Der Beschwerdeführer habe sich während noch offene Frist zur Abholung des hinterlegten Straferkenntnisses in einer Gewerberechtsangelegenheit in der Bezirkshauptmannschaft Hallein aufgehalten, wo er ausdrücklich auf die erfolgte Hinterlegung des Straferkenntnisses beim Postamt S hingewiesen worden sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Der Beschwerdeführer erachtet sich wegen unrichtiger Anwendung der "§§ 24 VStG in Verbindung mit 4, 7 und 17 Zustellgesetz, §§ 63 Abs. 5 und 71 Abs. 1 AVG" verletzt und führt dazu aus, daß es sich bei der Adresse "S, T-Straße 16" für ihn nicht um eine Abgabestelle im Sinn des § 4 Zustellgesetz gehandelt habe. Die X-Alm sei nicht seine Wohnung und er habe diese auch nicht als ständige Unterkunft benützt. Es sei ohne Belang, daß ihn ein Vertreter der belangten Behörde im August 1997 telefonisch unter der Nummer der X-Alm habe erreichen können. Selbst der Aufenthalt häufiger Besucher gäbe den Räumlichkeiten der X-Alm nicht die Qualität einer Wohnung. Die X-Alm werde im Sommer bewirtschaftet, im März und April jedoch nicht. Im Zeitpunkt der Zustellung hätte er dort nicht erreicht werden können. Selbst wenn man der vorerwähnten Adresse die Qualität einer zulässigen Abgabestelle zubilligte, hätte eine Hinterlegung beim zuständigen Postamt nicht erfolgen dürfen. Voraussetzung dafür sei der regelmäßige Aufenthalt an der Abgabestelle. Dies sei nicht der Fall, wenn die Räumlichkeiten nur gelegentlich und in unregelmäßigen Abständen aufgesucht würden. Es könne niemanden verwehrt werden, mit einem Wohnmobil unterwegs zu sein und für einen gewissen Zeitraum keinen festen Wohnsitz zu haben. Die belangte Behörde habe im übrigen die ihr obliegende Manuduktionspflicht gemäß § 13a AVG verletzt. Sie hätte den Beschwerdeführer anleiten müssen, entsprechende Beweisanträge zu stellen, und zwar jenen Freund namhaft zu machen, der ihm das Wohnmobil zur Verfügung gestellt habe. Die Feststellungen seien mangelhaft, weil die belangte Behörde offen lasse, welche Art von Abgabestelle vorgelegen haben soll. Es finde sich auch keine Feststellung, daß sich der Beschwerdeführer im Zeitraum Ende März/Anfang April 1997 auf der X-Alm regelmäßig aufgehalten habe.
Die Beschwerde ist nicht berechtigt:
Zu Spruchpunkt 1 des angefochtenen Bescheides:
Die am 27. Mai zur Post gegebene Eingabe des Beschwerdeführers lautete im entscheidungswesentlichen Teil:
"Da ich von diesem Bescheid bisher nicht wuste beantrage ich auch die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand damit ich noch eine Berufung erheben kann. Ich möchte gegen diesen Bescheid nähmlich berufen, weil ich keine Übertretung der Gewerbeordnung bewust bin."
Die belangte Behörde hat darin nicht nur einen Wiedereinsetzungsantrag gesehen, sondern diesen (auch) als Berufung gewertet.
Gemäß § 63 Abs. 3 AVG ist eine Berufung nur dann gesetzmäßig erhoben, wenn sie einen Berufungsantrag und eine Berufungsbegründung enthält. Diese Gesetzesstelle darf nicht formalistisch ausgelegt werden, die Berufung muß aber erkennen lassen, was die Partei anstrebt und womit sie ihren Standpunkt vertreten zu können glaubt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 29. März 1995, Zl. 92/05/0227, uva.). Für die Beurteilung, ob ein Berufungsantrag begründet ist, ist auch nicht wesentlich, daß die Begründung stichhältig ist. Auch eine allenfalls untaugliche Berufungsbegründung darf nicht mit dem Fehlen einer solchen gleichgesetzt werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. Dezember 1993, Zl. 93/08/0191). Das Fehlen eines begründeten Rechtsmittelantrags stellt nach ständiger hg. Judikatur einen Inhaltsmangel der Berufung dar, der ihre Zurückweisung als unzulässig zur Folge hat. Da aus dem Schriftsatz aber erkennbar ist, daß der Beschwerdeführer in Verbindung mit seinem Wiedereinsetzungsantrag auch eine Berufung erheben will, wobei er dies damit begründete, das Straferkenntnis sei deshalb unrichtig, weil er sich keiner Übertretung der Gewerbeordnung bewußt (gewesen) sei, ihm also ein objektiv verwirklichter Tatbestand subjektiv nicht zugerechnet werden könne, ist vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, daß bei einer rechtsunkundigen unvertretenen Partei kein allzu stenger Maßstab anzulegen ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 11. August 1994, Zl. 93/06/0239, u.a.), vom Vorliegen eines begründeten Berufungsantrages auszugehen. Demnach war die belangte Behörde grundsätzlich zuständig, über eine als erhoben anzusehende Berufung zu entscheiden. Insoweit hat der Beschwerdeführer auch dem Erfordernis Genüge getan, zugleich mit dem Wiedereinsetzungsantrag die versäumte Prozeßhandlung nachzuholen.
§ 4 Zustellgesetz lautet:
"§ 4. Abgabestelle im Sinne dieses Bundesgesetzes ist der Ort, an dem die Sendung dem Empfänger zugestellt werden darf; das ist die Wohnung oder sonstige Unterkunft, die Betriebsstätte, der Sitz, der Geschäftsraum, die Kanzlei oder der Arbeitsplatz des Empfängers, im Falle einer Zustellung anläßlich einer Amtshandlung auch deren Ort."
Unter einer Wohnung ist eine nach außen hin abgeschlossene Raumeinheit oder Raummehrheit zu verstehen, wo jemand seine ständige Unterkunft hat, also den Mittelpunkt seiner Lebensverhältnisse. Wesentlich ist, daß die Wohnung im zustellrelevanten Zeitraum tatsächlich bewohnt wird (siehe Hauer-Leukauf5, Handbuch des Verwaltungsverfahrens, S. 1209). Im Verfahren unbestritten blieb die Annahme, daß die Räume der X-Alm grundsätzlich als Wohnung im Sinn des § 4 ZustellG geeignet sind. Dies steht mit dem Akteninhalt in Einklang. Der angefochtenen Entscheidung kann auch unzweifelhaft entnommen werden, daß die belangte Behörde annahm, der Beschwerdeführer habe im maßgeblichen Zeitraum in der X-Alm seine ständige Unterkunft genommen. So hat die belangte Behörde ausdrücklich auf die vom Beschwerdeführer im März 1997 gegenüber dem Postamt H getätigte Mitteilung Bezug genommen, wonach der Beschwerdeführer erklärte, er würde sich bis November 1997 auf einer Alm aufhalten. Die belangte Behörde hat weiters klar zum Ausdruck gebracht, daß sie (dieser Mitteilung des Beschwerdeführers gegenüber dem Postamt H folgend) davon ausgehe, der Beschwerdeführer habe sich tatsächlich regelmäßig auf der X-Alm aufgehalten, deren Telefonnummer der Beschwerdeführer als diejenige bekanntgab, wo er ständig erreichbar sei. Im bekämpften Bescheid wurde ausdrücklich festgestellt, daß die gegenteilige Behauptung des Beschwerdeführers, er sei mit dem "Wohnmobil eines Freundes" unterwegs gewesen, nicht glaubwürdig sei. Indem die belangte Behörde als Ergebnis ihrer Erwägungen zum Ausdruck brachte, "daß der Beschuldigte zum Zeitpunkt der Hinterlegung seine Abgabestelle an der Adresse T-Straße 16, S hatte", war sie somit erkennbar davon ausgegangen, der Beschwerdeführer habe dort seine ständige Unterkunft gehabt. Die von der belangten Behörde dieser Annahme zugrundegelegten Erwägungen sind auch keineswegs unschlüssig. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Beweiswürdigung ein Denkprozeß, der nur insofern einer Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof zugänglich ist, als es sich um die Schlüssigkeit dieses Denkvorganges handelt bzw. darum, ob der Sachverhalt, der in diesem Denkvorgang gewürdigt wurde, in einem ordnungsgemäßen Verfahren ermittelt worden ist. Die Schlüssigkeit der Erwägungen innerhalb der Beweiswürdigung unterliegt der Kontrollbefugnis des Verwaltungsgerichtshofes, nicht aber deren konkrete Richtigkeit (vgl. dazu die in Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, 549f, abgedruckte hg. Judikatur). Die belangte Behörde hat den Beschwerdeführer sowohl in der Ladung zur Berufungsverhandlung als auch in dieser selbst ausdrücklich aufgefordert, entsprechende Beweise für seine Behauptung anzubieten, daß er sich im maßgeblichen Zeitraum nicht ständig auf der X-Alm aufgehalten habe. Der Beschwerdeführer erklärte dazu lediglich, diesbezüglich keine Beweise vorlegen zu können. Bei dieser Sachlage kann eine Verletzung der Manuduktionspflicht der belangten Behörde, wie vom Beschwerdeführer gerügt, nicht erkannt werden. Es bestehen auch keine Bedenken gegen die Schlußfolgerung der belangten Behörde, dem Zeugen H. komme Glaubwürdigkeit zu, wenn dieser angab, er hätte dem Beschwerdeführer ausdrücklich erklärt, daß beim Postamt S für ihn ein Straferkenntnis hinterlegt wäre; ebenso, daß er die dortige Hinterlegung nicht mehr rückgängig machen könnte. Demnach ist davon auszugehen, daß die Hinterlegung des Straferkenntnisses der Behörde erster Instanz bei dem für die X-Alm (als die gemäß § 4 ZustG anzusehende Abgabestelle des Beschwerdeführers) zuständigen Postamt in einem Zeitpunkt hinterlegt wurde, als dieser auch nicht ortsabwesend, sondern vielmehr in Kenntnis der Hinterlegung war. Damit erweist sich die erst am 27. Mai 1997 erhobene Berufung als verspätet und deren Zurückweisung mit dem Gesetz in Einklang stehend.
Zu Spruchpunkt 2 des angefochtenen Bescheides:
Gemäß § 71 Abs. 1 Z. 1 AVG ist gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, daß sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft.
Das Wiedereinsetzungsbegehren des Beschwerdeführers in seinem Antrag vom 27. Mai 1997 stützte sich ausschließlich auf die Behauptung, es liege in Ansehung des Straferkenntnisses vom 27. März 1997 ein Zustellmangel vor, weil dieses für ihn an einer Adresse hinterlegt worden sei, an der er sich im Zeitpunkt der Zustellung nicht mehr aufgehalten habe. Abgesehen davon, daß bei Zutreffen dieses Vorbringens eine Bewilligung der Wiedereinsetzung von vornherein nicht in Betracht gekommen, weil diesfalls eine Versäumung der Berufungsfrist gar nicht gegeben (gewesen) wäre (vgl. die bei Walter-Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2 (1998) 1549f referierte hg. Judikatur), hat die belangte Behörde zurecht einen Wiedereinsetzungstatbestand verneint, weil der Beschwerdeführer weder im Verwaltungsverfahren noch in der vorliegenden Beschwerde einen den Wiedereinsetzungsantrag begründenden Wiedereinsetzungsgrund geltend gemacht bzw. dargetan hat. Nach den dem Bescheid zugrunde zu legenden Sachverhaltsannahmen ist vielmehr davon auszugehen, daß der Beschwerdeführer den Strafbescheid in Kenntnis der für ihn erfolgten Hinterlegung bewußt nicht abgeholt hatte. Die Beschwerde erweist sich daher auch in diesem Punkt als unbegründet.
Die Beschwerde war daher zur Gänze gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 11. November 1998
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1998040027.X00Im RIS seit
20.11.2000