TE Bvwg Erkenntnis 2019/8/20 W159 2200982-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 20.08.2019
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Entscheidungsdatum

20.08.2019

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §54
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W159 2200982-1/14E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Clemens KUZMINSKI als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. von GHANA, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.05.2018, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 29.11.2018 zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt I. und II. gemäß § 3 Abs. 1, 8 Abs. 1 AsylG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

II. Der Beschwerde wird hinsichtlich der Spruchpunkte III. bis VII. stattgegeben und diese ersatzlos behoben.

III. Gemäß § 9 BFA-VG wird festgestellt, dass eine Rückkehrentscheidung von XXXX , StA. von GHANA, auf Dauer unzulässig ist und XXXX eine "Aufenthaltsberechtigung plus" gemäß §§ 54, 55 AsylG erteilt wird.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von GHANA, stellte nach irregulärer Einreise am 12.07.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz. Zu dem Antragsteller lag eine EURODAC Treffermeldung hinsichtlich einer erkennungsdienstlichen Behandlung am 25.04.2014 in Italien vor.

Nach Konsultationen mit Italien wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 10.12.2014 Zl. XXXX der Antrag auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 iVm Art. 13 Abs. 1 iVm Art. 22 Abs. 7 Dublin III. Verordnung als unzulässig zurückgewiesen und die Zuständigkeit Italiens festgestellt. Weiters wurde gemäß § 61 Abs. 1 FPG die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge eine Abschiebung nach Italien gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 15.01.2015 Zl XXXX wurde die Beschwerde gemäß § 5 AsylG 2005 und § 61 FPG als unbegründet abgewiesen.

Am 15.12.2016 stellte der Beschwerdeführer einen zweiten, den nunmehr verfahrensgegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz ("Folgeantrag Dublin"), wozu er am 16.12.2016 einer Erstbefragung durch die Polizeiinspektion XXXX unterzogen wurde. Dabei gab er an, dass er eine Operation am Bein gehabt habe und er Schmerzen im Rücken und in den Rippen habe. Er möchte nicht nach Italien zurück, sondern in Österreich bleiben, weil er hier eine Freundin habe, die er später heiraten möchte. Er möchte hier in die Schule gehen und habe auch Deutschkurse bis A2 absolviert.

Am 16.05.2018 erfolgte eine inhaltliche Einvernahme durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Regionaldirektion Wien. Der Antragsteller gab an, dass er am XXXX in XXXX geboren sei, über Hinweis auf das festgestellte Geburtsdatum XXXX , blieb er bei dem angegebenen Geburtsdatum. Der Beschwerdeführer legte ein Empfehlungsschreiben der XXXX , einen Lehrvertrag, ein Zeugnis der Berufsschule für Gastgewerbe sowie Meldebestätigungen bzw. Kursinformationsblätter für Deutschkurse vor. Er gab an, dass er bereits einen B1 Deutschkurs besucht habe, aber die Prüfung noch nicht absolviert habe, weil er jetzt in die Berufsschule gehe. Er sei gesund und nehme keine Medikamente. In Ghana werde er von der Familie seiner Mutter verfolgt. Er habe Ghana im Sommer 2012 mit Hilfe seines Vaters verlassen und sei dann nach XXXX und XXXX sowie nach XXXX und dann mit dem Boot eines Schleppers nach Italien gekommen, wo er glaublich 2013 angekommen sei, an das genaue Datum könne er sich nicht erinnern. Im Jahre 2011 sei der König gestorben, er sei der erste Sohn seiner Mutter und habe ihn die Familie seiner Mutter daraufhin unter Druck gesetzt. Sein Vater und seine Mutter, welche er auch namentlich nannte, würden zusammenleben. Sein Vater verkaufe Baumaterialien und seine Mutter Fisch und Gefrierware. Er aber habe auch zu seiner Mutter Kontakt. Weiters habe er zwei Brüder und drei Schwestern, wobei eine davon eine Halbschwester sei. Seine Mutter habe zweimal geheiratet. Die Familie seiner Mutter seien spirituelle Leute, sie machten Voodoo. Er möge diese Familie nicht. Er habe früher mit ihnen keine Probleme gehabt, aber er glaube, dass sie hinter allen seinen Problemen stecken würden.

Er habe in Ghana sechs Jahre lang eine Grundschule besucht und dann die Schule abgebrochen. Er gehöre der Volksgruppe Busanga an, er sei Moslem-Sunnit. In Ghana habe er das Abschleppen von Autos gelernt. In XXXX und XXXX habe er als Gepäckträger gearbeitet. In Italien habe er nicht gearbeitet und in Österreich habe er eine Lehre als Koch begonnen. Er habe in Österreich eine Freundin, wobei er auch ihren Namen nannte. Sie würden allerdings noch nicht in einem gemeinsamen Haushalt leben. Kinder habe er nicht. Er habe einen Verwandten in Amerika und einen in Großbritannien, mit diesen aber keinen Kontakt. In Österreich habe er schon enge Freunde gefunden, er gehe spazieren und ins Kino und schaue sich Österreich an. Seine Freundin sei Staatsbürgerin von XXXX , sie gehe in Österreich in die Schule, ihre Eltern würden bei der UNO arbeiten. Er sei Mitglied beim XXXX und beim XXXX .

Aus Ghana sei er geflüchtet, weil die Familie seiner Mutter ihm angedroht habe, ihm das Königtum zu übergeben und wenn er dies nicht übernehmen würde, würden sie ihn töten. Er müsse Tiere schlachten und deren Blut trinken und allgemein Götzendienst leisten, er möchte das nicht. Sein Vater habe es der Polizei gemeldet, aber diese habe keine ernsthaften Aktivitäten gesetzt. Die Älteren der Familie hätten seine Mutter und ihn zu sich gerufen und hätten bei ihm Markierungen an beiden Armen angebracht und ihm gesagt, wie der Prozess anfangen werde. Nach diesen Markierungen habe er Gelegenheit bekommen wegzugehen, es sei ihm aber gesagt worden, dass er nach sieben Tagen wiederkommen solle. Er sei aber dann weggelaufen. Er sei noch zu jung gewesen, dass er sich diese Daten habe merken können. Er könne sich nur an die letzte Nacht erinnern. Sie wären zu ihnen gekommen und er sei durchs Fenster geflüchtet. Ein zweiter Versuch sei in der Arbeit gewesen, dort hätten sie ihn mit einem kleinen Messer geschnitten. Einige Monate später hätte ihn sein Vater angerufen, dass sie wieder hier wären und dass sie mit Schusswaffen, Stöcken und Messern bewaffnet gewesen wären. Nach diesem Anruf habe er Ghana verlassen, mehr könne er zu seinem Fluchtgrund nicht sagen. Es handle sich um ein Busanga Königtum in der Stadt Sebuni im Norden von Ghana. So lange der König nicht gestorben sei, habe er nichts gehört. Als dieser tot gewesen sei, hätten sie ihn darauf hingewiesen, dass er der erste Sohn seiner Mutter sei und ihm gesagt, dass sein Großvater der König gewesen sei, er korrigierte daraufhin, dass es der Bruder des Vaters seiner Mutter gewesen sei. Die Verwandten seiner Mutter seien wohl auch Moslems, glaubten aber immer noch an Götzen. Sie würden spezielle Feste feiern und dabei besondere Gewänder anlegen, spirituelle Dinge tun, sie würden tanzen und sich im Kreis drehen. Nachdem sie ihm die Markierungen gemacht hätten und er nach Hause gekommen sei, habe er seiner Mutter gesagt, dass er das nicht machen könne. Seine Mutter habe sich dann wieder mit ihrer Familie getroffen und ihm gesagt, dass sie seine Weigerung nicht akzeptieren würden. Dann seien sie zweimal zu ihm gekommen. Als sie ihn das zweite Mal beim Arbeitsplatz angetroffen hätten, hätten sie ihm ein Messer nachgeworfen und die Achillessehne durchtrennt. Er habe stark geblutet und ein Taxifahrer habe ihn ins Spital gebracht. Er sei erst nach drei Monaten im Spital wieder aufgewacht. Seine Verfolger wären so gefährlich und würden ihn überall in Ghana finden. Wenn er nach Ghana zurückkehre, wäre er erledigt. Solange er lebe, könnten sie keinen anderen König einsetzen, wenn er sterbe, würde es sein Stiefbruder werden.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.05.2018 Zl. XXXX wurde unter Spruchteil I. der Antrag auf internationalen Schutz vom 15.12.2016 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen, unter Spruchteil II. dieser Antrag auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiäre Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Ghana abgewiesen, ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchteil III.), eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchteil IV.) sowie festgestellt, dass die Abschiebung nach Ghana zulässig sei (Spruchteil V.), weiters wurde unter Spruchteil VI. einer Beschwerde gegen diese Entscheidung aufschiebende Wirkung aberkannt und unter Spruchteil VII. keine Frist für die freiwillige Ausreise gesetzt.

In der Begründung des Bescheides wurde der bisherige Verfahrensgang einschließlich der oben bereits im wesentlichen Inhalt wiedergegebenen Einvernahmen dargestellt, diverse Beweismittel aufgelistet und Feststellungen zum Herkunftsstaat getroffen. Beweiswürdigung wurde zunächst auf die wissenschaftliche Altersfeststellung, die zu einem spätestmöglichen Geburtsdatum XXXX gelangt sei, hingewiesen und auf den Umstand, dass der Beschwerdeführer auch in Kenntnis dieses Gutachtens auf seinem bisheriges Geburtsdatum ( XXXX ) weiter beharrt habe, obwohl er kein unbedenkliches Dokument zum Beweise seines Geburtsdatums habe vorlegen können. Die Feststellungen zur Nationalität, Volksgruppenzugehörigkeit, Religionszugehörigkeit zu den Sprachkenntnissen und dem Familienstande würden sich aus den übereinstimmenden Angaben sämtlicher Einvernahmen ergeben. Das Fluchtvorbringen sei aber nicht nachvollziehbar, sondern äußerst vage und wenig konkret, sowie nicht nachvollziehbar und plausibel. Die Behörde sei daher zu dem Schluss gelangt, dass es sich bei dem Fluchtvorbringen ausschließlich um eine gedankliche Konstruktion handle und nicht davon auszugehen sei, dass der Antragsteller in Ghana asylrelevanter Verfolgung ausgesetzt gewesen sei, bzw. bei einer Rückkehr Verfolgung zu befürchten hätte.

Rechtlich begründend zu Spruchteil I. wurde ausgeführt, dass die Angaben des Beschwerdeführers als unwahr zu qualifizieren seien und dass dieser daher weder aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung in Ghana verfolgt werde. Auch herrsche in Ghana keine extreme Gefahrenlage und habe der Antragsteller auch nicht aufzeigen können, dass bei der Rückführung ein reales Risiko einer Verletzung des Art. 3 EMRK bestehen würde, zumal es sich bei ihm um einen gesunden arbeitsfähigen und arbeitswilligen jungen Mann mit Berufserfahrung handle. Die Behörde sei daher zu Ansicht gelangt, dass keine stichhaltigen Gründe für die Annahme bestünden, dass der Antragsteller im Falle einer Abschiebung nach Ghana einer unmenschlichen Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK drohe, sodass ihm der Status eines subsidiäre Schutzberechtigten nicht zuzuerkennen gewesen sei. Es würden auch keine der Voraussetzungen des § 57 AsylG vorliegen, sodass ein diesbezüglicher Aufenthaltstitel nicht zu erteilen gewesen sei (Spruchpunkt III). Zu Spruchpunkt IV. wurde insbesondere ausgeführt, dass der Antragsteller kein Familienleben in Österreich führe. Er habe mit 01.06.2017 eine Lehrausbildung zum Koch begonnen und könne sich in deutscher Sprache verständigen. Es sei ihm jedoch bei Aufnahme der Lehrausbildung sein unsicherer Aufenthalt als Asylwerber bewusst gewesen. Es sei auch nicht davon auszugehen, dass er eine besonders enge Beziehung zu seiner Freundin führe, da ihm weder die Adresse noch ihr Geburtsdatum bekannt seien. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes komme bei einem Aufenthalt unter fünf Jahren der Beurteilung des Privatlebens keine maßgebende Bedeutung im Rahmen der Abwägung nach Art. 8 EMRK zu, somit seien dem geordneten Vollzug des Fremdenwesens mehr Gewicht einzuräumen als den privaten Interessen des Beschwerdeführers, sodass eine Rückkehrentscheidung zu erlassen gewesen sei. Zu Spruchpunkt V. wurde insbesondere ausgeführt, dass - wie bereits unter Spruchpunkt II. dargelegt - sich im vorliegendem Verfahren keine Gefährdung im Sinne des § 50 FPG ergebe und einer Abschiebung auch keine Empfehlung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte entgegenstehe, sodass die Abschiebung nach Ghana zulässig sei. Spruchpunkte VI. und VII. wurden damit begründet, dass der Asylwerber einerseits aus einem sicheren Herkunftsstaat stamme und dem Antrag auf internationalen Schutz keine Aussicht auf Erfolg beschieden sei und der Beschwerdeführer überdies die Behörde über sein Geburtsdatum versucht habe zu täuschen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Antragsteller, vertreten durch den XXXX fristgerecht gegen alle Spruchteile Beschwerde, wobei vor allem aus einer Anfragebeantwortung von ACCORD zum Vorliegen traditioneller Kulte in Ghana zitiert wurde und bemängelt wurde, dass das BFA keine konkreten fallbezogenen Recherchen angestellt habe und die Länderfeststellungen keinen Bezug zur Situation und dem Vorbringen des Beschwerdeführers hätten. Der Umstand, dass sich Ghana auf der Liste der sogenannten sicheren Drittstaaten befinde, hätte nicht zu einer Beweislastumkehr führen dürfen und würde auch keine inländische Fluchtalternative vorliegen. Beantragt wurde ausdrücklich die Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung und wurde auch auf die gute Integration des Beschwerdeführers hingewiesen.

Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 18.07.2018 Zl. XXXX wurde der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuerkannt, da in der relativ kurzen Frist des § 18 Abs. 5 BFA-VG nicht über das geltend gemachte reale Risiko einer Verletzung der Art. 2 und 3 und 8 EMRK abgesprochen werden könne und nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes eine mündliche Beschwerdeverhandlung erforderlich sei, was regelmäßig die Anwesenheit des Beschwerdeführers in der Verhandlung voraussetze.

Das Bundesverwaltungsgericht beraumte dann in der Folge eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung für den 29.11.2018 an, zu der der Beschwerdeführer in Begleitung eines Mitarbeiters der nunmehr ausgewiesenen Vertretung XXXX erschien. Auch zwei Vertreter der belangten Behörde waren anwesend. Der Beschwerdeführervertreter legte eine Schulnachricht der Berufsschule für Gastgewerbe vom 02.02.2018 sowie ein vorläufiges Jahreszeugnis der Berufsschule für Gastgewerbe vor und wies weiters einen Schülerausweis vor und gab an, dass er freiwillige Arbeit in der XXXX leiste. Die belangte Behörde erstattete zum bestehenden Lehrverhältnis eine Stellungnahme.

Der Beschwerdeführer hielt sein bisheriges Vorbringen aufrecht und ergänzte sein Vorbringen dahingehend, dass seine Mutter entführt worden sei, er aber nicht wisse von wem, möglicherweise von Angehörigen seiner Familie. Er sei Staatsangehöriger von Ghana, er habe auch eine Geburtsurkunde vorgelegt, diese sei jedoch lt. Vorbringen des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl im Dublin-Verfahren nicht als geeignetes Beweismittel identifiziert worden. Er gehöre dem Stamm Busanga an und sei Moslem-Sunnit. Der Stamm Busanga gehöre nicht zur Akangruppe und sei im Norden des Landes ansässig. Der Beschwerdeführer wiederholte, dass er am XXXX geboren sei, das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl verwies diesbezüglich auf das diesem Geburtsdatum widersprechende medizinische Altersgutachten. Er habe immer in XXXX gelebt, er sei wohl in Ghana herumgefahren, aber dies sei sein Wohnsitz gewesen. Sechs Jahre lang habe er die Grundschule besucht. Seine Eltern hätten für ihn gesorgt und er habe seine Eltern bei ihrer Arbeit unterstützt. Sein Vater habe Baustoffe verkauft. Geholfen habe er ungefähr seit dem zehnten Lebensjahr. Über Vorhalt, dass er beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 16.05.2018 gesagt habe, dass er das Abschleppen von Autos gelernt hätte, führte er auch, dass dies auch ein Teil der Arbeit seines Vaters gewesen sei. Sein Vater habe alles Mögliche gemacht. Seine Mutter sei Händlerin gewesen, sie habe Fisch verkauft und was saisonal gerade frisch gewesen sei. Er glaube, seine Eltern würden schon noch leben, aber er habe seit kurzem nichts mehr von seiner Mutter gehört und wisse auch nicht, wo diese sei. Er hätte zwei Brüder und drei Schwestern, diese würden alle in XXXX leben. Probleme mit staatlichen Behördenorganen habe er nicht gehabt. Er habe einer sehr kleinen Volksgruppe angehört und in der Region Ashanti gelebt, sie hätten nicht zu allen Ressourcen Zugang gehabt.

Gefragt nach Problemen mit Privatpersonen in Ghana gab er an, dass die Familie seiner Mutter traditionelle Oberpriester stelle und jemand aus der Familie ausgewählt werde, der beispielsweise Tiere bringen müsse, die geschlachtet würden, dies sei aber nicht mit seinem Glauben vereinbar. Die Probleme hätten begonnen, als derjenige, der die Führung innegehabt habe, verstorben sei. An das genaue Jahr könne er sich nicht mehr erinnern. Er sei damals ca. 12 Jahre alt gewesen. Gefragt nach konkreten Problemen gab er an, dass sie seine Mutter vorgeladen hätten und sich mit ihr zusammengesetzt hätten, sie wären dann nach Hause gekommen, zum nächsten Treffen habe sie ihn mitgenommen. Sie hätten ihn in ein kleines Zimmer gebracht und ihn gesagt, dass er der nächste König werde, sie haben ihm auch gesagt, was er alles zu tun habe und dass er ein Opfer an Gott bringen müsse. Er müsse dann das Blut kosten und sich mit dem Blut einreiben. Sie hätten ihn auch mit einer Klinge aufgeschnitten und irgendein schwarzes Zeug eingeführt, dann seien sie nach Hause gegangen. Er habe seinem Vater davon erzählt, dieser sei sehr wütend gewesen und habe das nicht unterstützt. Er habe ihm gesagt, dass er dort auf keinen Fall hingehen solle und diese Leute meiden solle. Gefragt, was für Tiere geschlachtet worden seien, gab er an Ziegen, Hunde, Katzen und Antilopen. Die wären dann noch einmal gekommen, das letzte Mal als sie gekommen seien, hätten sie einen Freund, bei dem er gewohnt habe, zusammengeschlagen. Auf die konkrete Frage, ob es körperliche Übergriffe auf ihn selbst gegeben habe, gab er an, dass er physisch angegriffen worden sei und er sich dann einer Operation unterziehen habe müsse und deshalb sechs Monate im Spital gewesen sei, an das Datum könne er sich nicht erinnern. Er sei auf dem Arbeitsplatz seines Vaters gewesen und habe auf die Toilette müssen, sie wären ihm nachgelaufen und hätten ihn mit einem runden Gegenstand mit Klingen namens XXXX verletzt. Es seien ihm die Beine weggezogen worden, er sei gestürzt und zusammengebrochen und dann erst im Spital aufgewacht. Er sei insgesamt sechs Monate im Spital gewesen. Über Vorhalt, dass er beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (AS 63) gesagt habe, dass er wegen einer Schnittwunde an der Achillessehne drei Monate im Koma gewesen sei, bestätigt er dies und wiederholte, dass er insgesamt sechs Monate im Spital gewesen sei.

Der Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Vertreter wies darauf hin, dass das Königtum bzw. Oberpriestertum vererbt werde und dass wenn sein Großvater mütterlicherseits gelebt hätte, er hätte erben müssen. Er habe jedoch in der Einvernahme auch gesagt, dass sein Großvater lebe, wie könne er dann schon als Erbe auserkoren werden? Der Beschwerdeführer verneinte dies und gab an, dass er gefragt worden sei, warum sein Bruder das Amt nicht erbe. Weiters führte der Vertreter des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl an, dass er beim Bundesamt gesagt habe, dass zuerst sein Freund verprügelt worden sei und dann er und nunmehr im Widerspruch dazu sage, dass beim letzten Mal sein Freund verprügelt worden sein. Außerdem habe er beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gesagt, dass es im eigenen Haus gewesen sei und nunmehr, dass es beim Haus seines Vaters gewesen sei. Weiters wies der Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Vertreter darauf hin, dass er nach seinen eigenen Angaben 2009 zwölf Jahre alt gewesen sei, beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl jedoch gesagt hätte, dass die Probleme wegen des Todes des Königs bzw. Oberpriesters erst 2011 begonnen hätten.

Es habe insgesamt drei körperliche Übergriffe gegeben. Es sei XXXX und seine Clique gewesen, sie wären mit einer Reihe von Jugendlichen gekommen. Dieser XXXX gehöre zur Familie seiner Mutter. Die wollten, dass er gemeinsam mit ihnen ihr Idol verehre, das habe er aber nicht gewollt. Zur Polizei zu gehen, hätte keinen Sinn gehabt, die Leute würden die Polizei bestechen und das bringe nichts. Sie hätten dann noch einen Versuch unternommen, nachdem er aus dem Spital entlassen worden sei. Dann habe er seinen Vater zu Hilfe gerufen. Dieser habe ihm dann Geld gegeben und er sei geflohen. Beim letzten Angriffsversuch sei er nicht zu Hause gewesen, einer seiner Freunde habe sie kommen sehen und habe ihn gewarnt und er sei davongelaufen. Er sei dann noch ein paar Monate in Ghana gewesen. Nach dem Spital habe es nur diesen einen Angriff gegeben, aber er habe gewusst, dass wenn er dort weiter bleiben würden, würden sie wiederkommen, deswegen sei er geflohen. Nachdem ihm sein Vater Geld gegeben habe, habe er einen Bus genommen und sei dann nach XXXX und schließlich nach XXXX und über Italien nach Österreich. Er sei ca. sechs Monate in Italien gewesen.

Er habe noch Verwandte in Ghana und zwar sein Vater, seine Geschwister und sein Mutter. Mit seinem Vater und seinem Bruder sei er auch noch in Kontakt. Sein Mutter habe man bedroht, dass sie ihn zurückbringen sollte, weil die Leute mitbekommen hätten, dass er nicht mehr in Ghana, sondern in Europa sei. Seine Mutter sei dann nicht mehr daheim aufgetaucht und hätten sie einen Monat lang von ihr nichts mehr gehört.

Gefragt nach aktuellen gesundheitlichen oder psychischen Problemen gab er an, dass er mit dem Bein gegen etwas gestoßen sei und dreimal im Spital gewesen sei, er habe brennende Schmerzen gehabt, er habe aber keine Behandlungsbestätigungen oder ärztliche Befunde mit.In der Folge führte der Beschwerdeführer zu seinem Leben in Österreich aus, dass er den Beruf des Koches lerne und Deutschkurse bis B1 gemacht habe, dann habe er die Berufsschule begonnen und mache er derzeit dort den Fleischkurs. Die Wiederholungsprüfung in Rechnungswesen habe er noch nicht abschließen können. Er arbeitete bei der Firma XXXX XXXX das Restaurant heiße XXXX und sei im Ersten Bezirk in der XXXX Es sei ein XXXX , er arbeite dort seit eineinhalb Jahre. Er mache die Vorbereitungen und auch die Burger. Am liebsten bereite er Rindfleischsteak mit gegrillten Zwiebeln zu. Den Pflichtschulabschluss habe er nicht formell gemacht, er habe aber mit der Lehre und mit der Berufsschule begonnen. Den österreichischen Führerschein habe er auch noch nicht, aber er möchte ihn machen. Er habe eine Freundin namens XXXX , sie sei am XXXX geboren und studiere Afrikanistik, sie sei Staatsbürgerin von XXXX und habe ein Visum für Österreich. Er verbringe viel Zeit mit ihr und sei auch öfters mit ihrer Familie zusammen und wohne derzeit in einer Gemeindewohnung in einer Wohngemeinschaft. Er beziehe keine Grundversorgung mehr, bekomme lediglich die Lehrlingsentschädigung und unterstützte auch den XXXX . Früher habe er in XXXX in der XXXX Freiwilligen Arbeit geleistet, er habe dort geputzt und gekocht. In seiner Freizeit lese er Bücher oder er gehe mit seiner Freundin oder Freunden spazieren. Wenn er mit der Schule fertig sei, hoffe er, dass er ein eigenes Restaurant eröffnen könne.

Bei einer Rückkehr nach Ghana würden Leute ihn umbringen. Gefragt, ob er nicht in einen anderen Teil des Landes ziehen könnte z. B. nach Accra, zumal er lediglich von privaten Personen verfolgt werde, führte er aus, dass Ghana nicht so groß sei und seine Verfolger ihn auch leicht dort finden könnten, z. B. über soziale Medien. Kumasi sei auch nur vier Fahrstunden von Accra entfernt.

Seine Freundin wisse, dass er Asylwerber sei, er habe mit ihr auch über Zukunftspläne gesprochen. Sie studiere Afrikanistik und sie könnten sich vorstellen gemeinsam ein Restaurant, wo es afrikanische und europäische Küche gebe, aufzubauen. In der Berufsschule habe er nur Probleme mit Rechnungswesen, er werde jetzt immer besser in der Schule. Manchmal gebe er jemanden, der nach Ghana fahre, zehn Euro mit für seine Familie, regelmäßig unterstützte er diese aber nicht. Über Vorhalt, dass er sich eine Überstellung nach Italien entzogen habe, gab er an, dass er einen Meldezettel gehabt habe und nicht untergetaucht sei. Er habe nur ca. eine Woche keinen Meldezettel gehabt, das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hielt ihm in der Folge vor, dass er die österreichische Rechtsordnung missachtet habe, da er sich der Überstellung nach Italien entzogen habe. Er selbst gab aber nur an, dass er nie ein Schreiben erhalten habe, dass er nach Italien gehen müsse, er sei auch mehrmals am XXXX auf der Polizei gewesen. Abschließend führte der Beschwerdeführer aus, dass er gerne eine Folgeuntersuchung im Krankenhaus machen möchte.

Vorgehalten wurde der Bericht des deutschen Auswärtigen Amtes vom 25.02.2018, wobei vier Wochen zur Abgabe einer Stellungnahme eingeräumt wurde. Von dieser Möglichkeit machte zunächst die belangte Behörde Gebrauch, darin wurde auf Widersprüche im Fluchtvorbringen hingewiesen, zu den behaupteten Erkrankungen, dass diese keineswegs die Schwelle der Rechtsprechung der Gerichtshöfe hinsichtlich einer Verletzung des Art. 3 EMRK erreichen würden. Zum Privat- und Familienleben wurde hingewiesen, dass er am 12.07.2014 illegal eingereist sei und der Beschwerdeführer nicht dauernd in Österreich gemeldet gewesen sei und behördliche und gerichtliche Entscheidungen ignoriert habe. Aus einer beharrlichen Missachtung der fremden- und aufenthaltsrechtlichen Vorschriften könne kein Anspruch nach Art. 8 EMRK abgeleitet werden, auch aus der Absolvierung einer Ausbildung lasse sich keine erhebliche berufliche Integration ableiten.

Der Beschwerdeführer ersuchte mehrmals um Fristerstreckung und legte schließlich mit Eingabe vom 04.07.2019 eine positive Schulnachricht der Berufsschule für Gastgewerbe vom 01.02.2019, sowie ein positives Jahreszeugnis dieser Schule (der zweiten Fachklasse) vom 28.06.2019, weiters eine aktuelle Arbeitsbestätigung samt Unterstützungsschreiben der XXXX vor. Aus diesem geht hervor, dass der Beschwerdeführer seine Deutschkenntnisse stark verbessert hat und er in allen Bereichen des Betriebes eingesetzt werden kann, er mit viel Eigeninitiative und Engagement stets bemüht ist den vielseitigen Anforderungen seines Arbeitsplatzes gerecht zu werden und alle Arbeiten sehr sorgfältig und zuverlässig zur vollsten Zufriedenheit erledige. Weiters wurden Empfehlungsschreiben der XXXX und des XXXX sowie der XXXX vorgelgt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist Staatsbürger von Ghana, gehört der Volksgruppe Busanga an und ist Moslem-Sunnit. Er gelangte am 12.07.2014 durch irregulärer Einreise nach Österreich stellte noch am gleichen Tag einen Antrag auf internationalen Schutz. Er hat Österreich in der Zwischenzeit nicht verlassen. In Ghana hat er sechs Jahre lang die Grundschule besucht. Ein Geburtsdatum kann nicht mit erforderlichen Sicherheit festgestellt werden, da er einerseits eine Geburtsurkunde mit dem Geburtsdatum XXXX vorlegte, andererseits im Zuge der wissenschaftlichen Altersfeststellung das (spätestmögliche) Geburtsdatum XXXX festgestellt wurde. Zu den Fluchtgründen können mangels glaubhafter Vorbringens keine Feststellungen getroffen werden. Der Beschwerdeführer hat noch seine Eltern, zwei Brüder und drei Schwestern in Ghana, wobei die Mutter angeblich verschwunden ist. Mit einem Bruder und seinem Vater steht er auch noch im regelmäßigen Kontakt.

Der Beschwerdeführer ist mit seinem Bein gegen etwas gestoßen und war diesbezüglich mehrmals in Spitalsbehandlung, leidet aber sonst unter keinen organischen oder psychischen Erkrankungen. Der Beschwerdeführer hat die Zeit in Österreich verbrachte Zeit außerordentlich gut genutzt, um sich zu integrieren, er spricht schon gut Deutsch und hat Deutschkurse bis zum Niveau B1 gemacht. Er lernt bei der XXXX den Beruf eines Koches und hat auch schon die Berufsschule im zweiten Lehrjahr positiv abgeschlossen und wird von seinem Arbeitgeber sehr gelobt. Außerdem hat er eine feste Freundin, welche Staatsbürgerin von XXXX ist, aber in Österreich aufgrund eines Studentenvisums aufenthaltsberechtigt ist. Mit dieser hat er auch konkrete Zukunftspläne, wenn er auch mit ihr nicht zusammenlebt und so hat er auch Kontakte zu ihren Eltern. Der Beschwerdeführer erhält keine Unterstützung mehr, verdient derzeit zwischen XXXX , somit mehr als die Geringfügigkeitsgrenze des § 5 Abs. 2 ASVG, ist somit selbsterhaltungsfähig und lebt in einer Gemeindewohnung mit zwei anderen Mitbewohnern in einer Wohngemeinschaft. Er hat schon mehrere österreichische Freunde die ihn auch schriftlich unterstützt haben. Der Beschwerdeführer ist unbescholten.

Zu Ghana wird folgendes festgestellt:

I. Allgemeine politische Lage

1. Überblick

Ghana setzt den seit dem Inkrafttreten der demokratischen Präsidialverfassung am 07.01.1993 eingeschlagenen Weg einer politischen Liberalisierung (Gewährleistung derfundamentalen Grundrechte, Gewaltenteilung, Rechtsweggarantie) fort. Am 07.12.2016 hat Ghana mit Nana Akufo-Addo einen neuen Präsidenten gewählt, der am 07.01.2017 die Nachfolge des bisherigen Präsidenten John Dramani Mahama antrat.

Nach Angaben der offiziellen Wahlkommission ("Electoral Commission") waren 23 Parteien offiziell registriert. Die wichtigsten Parteien sind NDC ("National Democratic Congress") und NPP ("New Patriotic Party"). Die neue Regierungspartei (NPP) verfügt seit der Wahl am 07.12.2016 über 171 der 275 Parlamentssitze, die Oppositionspartei NDC über 104.

Vor der Wahl Ende 2016 waren diverse der ursprünglich 17 Präsidentschaftskandidaten von der Wahlkommission (Electoral Commission) aufgrund formeller Fehler in ihren Anträgen nicht zur Kandidatur zugelassen worden. Nachdem ghanaische Gerichte die Entscheidung der Wahlkommission in Bezug auf einige Kandidaten dahingehend abänderten, dass diese erforderliche Unterlagen für ihre Kandidatur nachreichen können, traten letztendlich 7 Präsidentschaftskandidaten zur Wahl an.

Die wirtschaftliche Lage stabilisiert sich. Ghana leidet immer noch unter einer relativ hohen Inflation, wenn auch die Inflationsrate in den letzten Jahren von knapp 17,7% im Jahr 2015 auf 17,4% im Jahr 2016 leicht gesunken ist und für 2017 gar ein deutliches Absinken prognostiziert wird. Die Inflationsrate beträgt Ende 2017 nur noch ca. 12% und soll weiter auf ca. 8% sinken. Zum vierten Mal innerhalb von sieben Jahren musste Ghana den Internationalen Währungsfonds um Unterstützung bitten. Die Gesamtverschuldung Ghanas betrug Ende 2016 laut CIA World Factbook 73,7% des Bruttoinlandsprodukts (BIP), 2015:

75,7%, 2014: 70,9%). Für 2017 ist mit ca. 72% des BIP zu rechnen. Das Budgetdefizit beläuft sich 2017 auf ca. 6,3% des BIP. Problematisch bleiben allgemein die mangelhafte Infrastruktur (inkl. Energie, insbesondere die periodisch wiederkehrenden Ausfälle der Elektrizität), die fehlende Reform des öffentlichen Dienstes sowie die Korruption. Die EU hielt Ende 2014 Gelder zurück, da Berichten zufolge ein Großteil der Finanzhilfen der EU für Gehälter sogenannter "ghostworker" gezahlt worden seien. Im Ranking von "Transparency International" schneidet Ghana im Vergleich zu anderen afrikanischen Staaten allerdings stets gut ab, wenngleich zwischen 2015 und 2016 ein deutlicher Rückschritt zu verzeichnen war (2016:

Rang 70, 2015: Rang 56, 2014: Rang 61, 2013: Rang 63, 2012: Rang 64).

Laut Human Development Report 2016 leben ca. 25% der Bevölkerung unter der Armutsgrenze.

Eine geplante Verfassungsreform, basierend auf Ende 2011 vorgelegten Vorschlägen der Reformkommission, wurde bis dato nicht durchgeführt. Pläne, das für die Reform erforderliche Referendum zeitgleich mit den Wahlen 2016 durchzuführen, wurden wieder verworfen.

Richterinnen und Richter genießen Immunität bei der Ausübung ihrer Aufgaben. Immer wieder werden jedoch Fälle von Korruption in der Justiz bekannt. Im September 2015 hat der ghanaische Justizrat 22 Richter und Friedensrichter suspendiert und ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts auf Bestechlichkeit und Erpressung eingeleitet. Der Suspendierung war eine Veröffentlichung von Audio- und Videodaten durch den bekannten ghanaischen Investigativjournalisten Ana Aremeyaw Anas vorausgegangen. Ihm wurde vom Attorney General and Minister of Justice in dieser Angelegenheit Immunität (auf Basis von Section 19 of the Whistle Blowers-Act - Act 720) gewährt. Im Dezember 2015 hat der ghanaische Justizrat die Amtsentlassung von 20 Richtern und Friedensrichtern bekannt gegeben. Der Zugang zur Gerichtsbarkeit ist für mittellose Kläger nicht gewährleistet.

Am 11.01.2018 wurde der als Kämpfer gegen Korruption überparteilich respektierte Martin Amidu für das Amt des Special Prosecutor against Corruption nominiert. Mit der noch erforderlichen Bestätigung des Nominierten durch das ghanaische Parlament ist zeitnah zu rechnen. Das Amt des Special Prosecutor wurde mit zum 03.01.2018 in Kraft getretenem Gesetz neu geschaffen. Aufgabe dieser Institution, deren Einrichtung eines der zentralen Wahlkampfversprechen des Präsidenten Nana Akufo-Addo war, ist die strafrechtliche Verfolgung von Korruptionsfällen mit Beteiligung von Inhabern öffentlicher Ämter und Politikern, aber auch von Privatpersonen. Aus verfassungsrechtlichen Gründen ist der Special Prosecutor der Generalstaatsanwaltschaft nachgeordnet. Er genießt jedoch weitgehende Unabhängigkeit. Durch Schaffung des Postens des Special Prosecutor sollen die bestehenden Strafverfolgungsbehörden entlastet und die Effektivität der Verfolgung von Korruptionsfällen gesteigert werden. Neben der Funktion als Ermittlungsbehörde und Ankläger kommt dem Special Prosecutor die Aufgabe zu, Korruptionsstatistiken zu erheben und das Parlament sowie die Öffentlichkeit regelmäßig über diese zu informieren.

Aus verschiedensten Gründen kommt es nach wie vor zu Zwangsräumungen und landesinternen Vertreibungen, von denen vor allem marginalisierte gesellschaftliche Gruppen wie die sehr arme Landbevölkerung, verarmte Fischer, als "Hexen" verunglimpfte Frauen, illegale Minenarbeiter und ihre Angehörigen oder konkurrierende Transportarbeitergruppen und ihre jeweiligen Hintermänner betroffen sind. Die Zwangsräumungen finden oftmals aufgrund der Schaffung von Nationalparks oder im Zuge anderer Infrastrukturprojekte, wie beispielsweise dem Ausbau oder der Erweiterung des Eisenbahnnetzes, statt, wodurch der Bevölkerung ihr Farmland genommen wird. Die Proteste der Bevölkerung gegen die Zwangsräumungen nehmen zu. Vor allem das Bergbaugesetz (Mining Law) wird erheblich kritisiert, da es keine adäquaten Vorschriften zur Enteignungskompensation und zu Umsiedlungsverfahren enthält; es gibt immer wieder Berichte über menschenrechtswidrige Vorkommnisse. Im August 2016 wurde eine 15-köpfige Kommission gebildet, die den Räumungsprozess bezüglich vieler illegaler Minenarbeiter steuern und auch eine mögliche Umsiedlung der illegalen Arbeiter in Betracht ziehen sollte. Im Oktober 2016 gab es Aufstände der betroffenen Minenarbeiter gegen die Tätigkeit der Kommission. Im November 2016 wurden zwei illegale Minenarbeiter im Rahmen einer missglückten Festnahme von der Polizei erschossen.

2. Betätigungsmöglichkeiten von Menschenrechtsorganisationen

Annähernd sechzig nicht-staatliche, national wie international tätige Menschenrechtsorganisationen sind bei der Menschenrechtskommission CHRAJ (Commission for Human Rights and Administrative Justice) registriert. Darüber hinaus ist eine Reihe weiterer, zum Teil nur lokal tätiger NROs im Land aktiv. Die Registrierung ist für ein Tätigwerden der Organisation nicht erforderlich.

Viele der nationalen und internationalen NROs sind im Bereich der Frauenrechte tätig (so z. B. die "African Women Lawyers Association" - AWLA, die "International Federation of Women Lawyers" - FIDA, das "Forum for African Women Educationalists/Ghana", die "Women's Initiative for Self-Empowerment" oder das "Women's Awareness Centre"). Einige befassen sich speziell mit Menschenrechtsverletzungen an Frauen aufgrund von traditionellen Praktiken (Trokosi-Kult und Genitalverstümmelung, s. dazu II.1.7), so z. B. "International Needs" oder "Women in the Lord's Vineyard".

Internationale Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International können sich in Ghana ebenfalls frei betätigen. Daneben sind die ghanaischen Organisationen "Human Rights Advocacy Center (HRAC)", "Centre for Democratic Development" und "National Commission for Civil Education" (NCCE), die im Bereich Demokratieförderung/politische Bildung tätig sind, sowie die "Ghana Society for the Physically Disabled" zu erwähnen. Diese leiden zwar nicht unter staatlichen Einschränkungen, haben aber mit knappen finanziellen Mitteln zu kämpfen.

3. Rolle und Arbeitsweise der Sicherheitsbehörden und des Militärs

Die Tätigkeit der Polizei ist in der Verfassung (Art. 200 ff.) verankert. Ihre Befugnisse sind im Wesentlichen im "Public Order Act" von 1994 normiert; das "Police Council" überwacht ihre Tätigkeit. Im Jahr 2016 waren beim Ghana Police Service landesweit 30.000 Polizeibeamte beschäftigt. Damit kamen bei einer Bevölkerungszahl von 24 Mio. auf einen Polizisten 800 Einwohner, womit die UN-Ratio von 1 zu 500 noch verfehlt wurde. 2010 betrug das Verhältnis noch 1:1100. Eine Verbesserung des Verhältnisses in den nächsten Jahren ist in Sicht, da derzeit der Ghana Police Service massive Neueinstellungen vornimmt.

Die Tätigkeit des Geheimdienstes BNI (Bureau of National Investigations), der dem Nationalen Sicherheitsberater untersteht, ist im "Security and Intelligence Agencies Act" von 1996 geregelt. Militäreinheiten werden zur Aufrechterhaltung der inneren Ordnung eingesetzt, zuletzt in Bawku (Upper East Region) und Yendi (Northern Region). Zuletzt wurde Kritik am BNI laut, da er im Oktober 2016 den Autor Fati Daboussi für zwei Tage inhaftierte, weil er in einer seiner Publikationen die Frage aufgeworfen hatte, ob der amtierende Präsident Mahama Aids habe.

II. Asylrelevante Tatsachen

1. Staatliche Repressionen

Unmittelbare und gezielte staatliche Repressionen gegenüber bestimmten Personen oder Personengruppen wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Überzeugung sind in Ghana nicht festzustellen.

1.1. Politische Opposition

Politische Parteien können sich auf Grundlage der Verfassung (Art. 55) und des Parteiengesetzes (Act 574) frei entfalten und sich auch in der Presse artikulieren.

1.2. Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, Meinungs- und Pressefreiheit

Die Versammlungs- und die Vereinigungsfreiheit sind verfassungsmäßig garantiert und können ausgeübt werden. Die Freiheit der Meinungsäußerung ist gegeben; Kritik an gesellschaftlichen Zuständen, politischen Entscheidungen und in religiösen Angelegenheiten kann jederzeit öffentlich vorgebracht werden.

Die Freiheit der Medien ist in der Verfassung garantiert (Art. 162 ff.). Es gibt Berichte, wonach es zu Übergriffen durch Militär, Polizei und Sicherheitskräfte gekommen sei. Dies führt vereinzelt zu Selbstzensuren der Medien, um Repressalien zu vermeiden. Berichterstattungen über Korruption und Machtmissbrauch führten teilweise zu Zivilklagen und Verurteilungen von Journalisten zur Zahlung extrem hohen Schadenersatzes. Auch diese Entwicklung begünstigt eine wirtschaftlich motivierte Selbstzensur der Medien. Im durch "Reporter ohne Grenzen" jährlich veröffentlichten Worldwide Press Freedom Index belegt Ghana 2017 wie bereits im Vorjahr Rang 26 von insgesamt 180 Staaten (2015: 22 von 180 Staaten, 2014: 27 von 180 Staaten, 2013: 30 von 179 Staaten). Ghana erhielt 2017 damit das zweitbeste Ranking auf dem afrikanischen Kontinent hinter Namibia (Rang 24 von 180 Staaten).

Die beiden größten Tageszeitungen sind in staatlichem Besitz, daneben erscheint eine Vielzahl von privaten, unabhängigen Zeitungen und Zeitschriften (über 150 sind staatlich registriert). Mehrere oppositionsnahe und einige unabhängige Zeitungen sind extrem regierungs-kritisch.

Neben dem staatlichen Rundfunk gibt es annähernd 250 (staatlich registrierte) private, auch internationale Radiosender. Hinzu kommen die staatliche "Ghana Broadcasting Corporation"(GBC), drei private TV-Stationen sowie drei Kabelanbieter (DSTV und Cable Gold, StarTimes), die alternativ zur GBC eine breite und diversifizierte Informationsplattform bieten. Insgesamt gibt es 28 staatlich registrierte Fernsehsender. Behinderungen bei der Frequenzzuteilung gibt es nicht, allenfalls treten gelegentlich Verzögerungen auf. In größeren Städten (Accra, Kumasi, Takoradi) sind Privatsender problemlos zu empfangen.

Zugang zum Internet gibt es in den großen Städten des Landes. Überwachungen oder Einschränkungen des Internetzugangs seitens der Regierung bestehen nicht. 2016 nutzten nach Angaben der Weltbank nur etwa 37,7% der Bevölkerung das Internet, was allerdings einen signifikanten Anstieg im Vergleich zum Vorjahr (2015: 23,5%) darstellt.

Die Anzahl der Nutzer von Mobilfunk ist vergleichsweise hoch. Im Jahr 2016 kamen auf 100 Einwohner Ghanas rund 139 abgeschlossene Mobilfunkverträge. Die hohe Zahl ist nicht zuletzt der Tatsache geschuldet, dass in Ghana Mobiltelefone zur Übermittlung kleiner Geldbeträge durch Transfer von Mobilfunk-Guthaben (sog. mobile money) verwandt werden.

Am 9. Dezember 2015 wurde ein Gesetz (Content Standards Regulations 2015) zur Sicherstellung von Mindeststandards bei der Verbreitung von Inhalten im Bereich der elektronischen Kommunikation (Radio, TV, Internet) verabschiedet, welches die National Media Commission (NMC) dazu ermächtigt, inhaltliche Standards für öffentliche elektronische Kommunikationsdienste einzuführen und deren Einhaltung zu kontrollieren. Die Ghana Independent Broadcasters Association (GIBA) sah das Gesetz nicht mit der Verfassung von 1992 vereinbar und erwirkte im April 2016 eine einstweilige Verfügung des Obersten Gerichtshofs, wonach das Gesetz zunächst nicht weiter umgesetzt werden darf. Die seit 2002 vorliegende und mehrfach veränderte "Right to Information Bill" (RTI) ist bis jetzt noch nicht als Gesetz verabschiedet worden. 2013 war das Gesetz auf der Tagesordnung des Parlaments, wurde jedoch u. a. deswegen nicht verabschiedet, weil verschiedene Abgeordnete und Organisationen der Zivilgesellschaft Änderungen angeregt hatten. Kritisiert werden insbesondere die breit angelegten Einschränkungen der Pressefreiheit im Hinblick auf das Amt des Präsidenten, des Vizepräsidenten sowie des Kabinetts. Ein parlamentarisches Komitee hat die Right to Information Bill im Februar 2015 befürwortet, vom Parlament verabschiedet wurde der Gesetzesentwurf allerdings auch im Jahr 2017 nicht.

1.3. Minderheiten

Ghana ist ein Vielvölkerstaat, in dem zahlreiche ethnische Gruppen leben. Die Verfassung verbietet jede Art von Diskriminierung aufgrund ethnischer Zugehörigkeit. Es gibt keine gezielte Ausgrenzung einzelner gesellschaftlicher Gruppen mit einer gemeinsamen Gruppenidentität und auch keine Hasspropaganda gegen Minderheiten in den Medien. Die Regierung bemüht sich um einen Ausgleich zwischen den Ethnien und versucht, die Bedeutung ethnischer Unterschiede abzuschwächen.

Das System der traditionellen Eliten ist stark ausgebildet und die sogenannten Chiefs haben großen Einfluss. Innerhalb dieses Systems entstehen nicht selten Nachfolge- oder Anspruchsstreitigkeiten um Landbesitz und/oder um die Führerschaft in der Volksgruppe. Erschwerend wirkt sich aus, dass die Konfliktparteien meistens stark entlang der NPP-NDCPartei-Linien politisiert sind oder politische Konflikte vorgeschoben werden.

Letzter bekannter Vorfall mit gewaltsamen Auseinandersetzungen:

Mitte Juni 2012 waren bei Zusammenstößen zwischen lokaler Jugend und Angehörigen einer muslimischen Minderheit in der Hoho-Region drei Menschen getötet worden; knapp 1.000 flohen vorübergehend aus der Stadt.

1.4. Religionsfreiheit

Gemäß der Volkszählung im Jahr 2010 gehören in Ghana ca. 71,2% der Bevölkerung christlichen Kirchen an, die Mehrheit von ihnen protestantischen Glaubensgemeinschaften (18%) und charismatischen bzw. Pfingstkirchen (28,3%), der Rest der römisch-katholischen Kirche (13,1%); andere christliche Konfessionen machen 11,4% aus. Ungefähr 17,6% werden dem Islam zugerechnet und etwa 5,2% gehören Naturreligionen an, vor allem der Religion der Akan und der Religion der Ga. 0,8% gehören anderen Glaubensrichtungen an und 5,3% sind konfessionslos. Auch aktuelleren Statistiken zufolge liegt der Anteil von islamischen Gläubigen lediglich bei 18%. Allerdings wenden sich die muslimischen Vertreter gegen diese Zahlen, da sie der Ansicht sind, dass etwa 30% der Bevölkerung Muslime sind, und kritisieren, dass der muslimische Bevölkerungsanteil bewusst als deutlich zu gering dargestellt wird, um diese Gruppe politisch zu marginalisieren. Der Norden des Landes ist traditionell muslimisch (zumeist Sunniten, Tijanis und Ahmadis), die südliche Küstenregion eher christlich orientiert.

Die Gesellschaft ist in Religionsfragen sehr tolerant, interreligiöse Konflikte sind selten und entstehen meistens aus persönlichen Auseinandersetzungen, die keinen religiösen Hintergrund haben. Der Dialog zwischen den Religionen wird teils aktiv gefördert - so fand beispielsweise im Oktober 2016 eine großangelegte ökumenische Begegnung unter Anwesenheit des ghanaischen Innenministers statt.

Die Religionsfreiheit wird respektiert; die Regierung bemüht sich um ausgewogene Vertretung der großen Religionen und berücksichtigt christliche wie muslimische Feiertage gleichermaßen. Vereinzelt wird berichtet, dass - obwohl ein entsprechendes Vorgehen per Verordnung des Bildungsministeriums untersagt ist - muslimische Schülerinnen in christlichen Schulen dazu gezwungen werden, ihre Kopfbedeckung abzunehmen. Derartige Vorkommnisse stellen allerdings Einzelfälle dar.

Fälle von Antisemitismus sind nicht bekannt.

1.5. Strafverfolgungs- und Strafzumessungspraxis

Eine nach Merkmalen wie Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischer Überzeugung diskriminierende Strafverfolgungs- oder Strafzumessungspraxis lässt sich nicht feststellen. Dies gilt nicht für die Merkmale der sexuellen Orientierung und Geschlechteridentität.

Geschlechtsverkehr zwischen Personen gleichen Geschlechts - Männern wie Frauen - ist gem. Sektion 104 des Strafgesetzbuches strafbar. Während gleichgeschlechtlicher Geschlechtsverkehr dort nicht explizit benannt ist, wird er unter den verwendeten Begriff "unnatural carnal knowledge" subsumiert. Einvernehmlicher gleichgeschlechtlicher Geschlechtsverkehr kann mit Haftstrafen zwischen einem und fünf Jahren sanktioniert werden, während der erzwungene gleichgeschlechtliche Geschlechtsverkehr (Vergewaltigung) mit fünf bis 25 Jahren Haft besonders hart bestraft wird. Dem Auswärtigen Amt sind jedoch in den letzten Jahren weder Verurteilungen bekannt geworden, noch gab es entsprechende Hinweise durch Menschenrechtsorganisationen (zu gesellschaftlicher Diskriminierung s. II.1.7.). Die letzte bekannte Verurteilung erfolgte im Jahr 2003. Im Rahmen des Staatenüberprüfungsverfahrens (Universal Periodic Review) des VN-Menschenrechtsrats wurde angeregt, gleichgeschlechtlichen Geschlechtsverkehr zu entkriminalisieren. Dies wurde von der ghanaischen Regierung jedoch abgelehnt. Laut LSBTI-Organisationen sind homophobe Tendenzen auch unter Richtern weit verbreitet.

Im Juli 2015 gewährte Präsident Mahama 900 Gefangenen Amnestie. Bei den Freigelassenen handelte es sich hauptsächlich um Ersttäter mit guter Führung sowie kranke oder alte Strafgefangene, die mehr als die Hälfte ihrer Strafhaft bereits verbüßt hatten. Weiter wurde bei vierzehn Strafgefangenen das ausgesprochene Todesurteil in eine lebenslange Freiheitsstrafe und die Strafe eines lebenslänglich Verurteilten in eine 20-jährige Gefängnisstrafe umgewandelt. Im Juli 2016 gewährte der Präsident 896 Gefangenen Amnestie, wobei es sich wiederum primär um Ersttäter (813) sowie ernsthaft erkrankte (13) und alte (70) Straftäter handelte. Unter dem neuen Präsidenten Akufo-Addo fanden im Jahr 2017 keine Begnadigungen statt.

1.6. Militärdienst

Es gibt keine Wehrpflicht. Nach dem Ghana National Service Act von 1980 müssen Männer und Frauen, die eine Universitätsausbildung oder sonstige höhere Ausbildung durchlaufen haben, einen neunmonatiger Nationaldienst ("National Service") absolvieren.

Dieser kann auch in verschiedenen anderen Bereichen neben dem Militär - wie z. B. Landwirtschaft, Bildung oder Gesundheit - abgeleistet werden. Zwangsrekrutierungen sind dem Auswärtigen Amt nicht bekannt.

1.7. Handlungen gegen Kinder

Alle drei Zusatzprotokolle zur VN-Kinderrechtskonvention sind von Ghana unterzeichnet worden. Davon wurde bisher aber nur das Zusatzprotokoll betreffend die Beteiligung von Kindern an bewaffneten Konflikten ratifiziert.

Kinderhandel wird durch Gesellschaft und Medien zunehmend diskutiert. Im Sommer 2017 haben die Domestic Violence and Victims Support Unit und die Tourism Society of Ghana als Reaktion auf

25.468 misshandelten Kindern zwischen 2012 und 2014 eine Medienkampagne gegen Kindesmisshandlung durchgeführt. Kinder- und Menschenhandel sind per Gesetz (Human Trafficking Act, 2005) verboten und werden mit einer Mindeststrafe von fünf Jahren Freiheitsentzug sanktioniert. Im Juni 2006 haben 10 westafrikanische Staaten unter Federführung Ghanas eine Übereinkunft zur Bekämpfung des Kinderhandels in der Region unterzeichnet. Gesetz und Übereinkunft werden allerdings, u. a. aufgrund fehlenden Problembewusstseins in der Bevölkerung, nicht vollständig umgesetzt. Aus diesem Grund wurde beim Ghana Police Service die "Anti-Human Trafficking Unit" gebildet. Diese führt Kurse für Polizeibeamte durch und soll deren Problembewusstsein schärfen. Die Einheit leidet jedoch unter erheblichen finanziellen Nöten, da die Regierung seit 2012 keine finanziellen Mittel mehr zur Verfügung stellt. Zudem wird der Regierung vom US Department of State und UNICEF vorgeworfen, bei der Strafverfolgung und Bestrafung der Täter bzw. der Unterstützung der Opfer kein ausreichendes Engagement zu zeigen. Im November 2015 hat die Regierung allerdings ein legislatives Instrument zur Implementierung des Human Trafficking Acts erlassen, wonach u. a. Betreuungszentren für betroffene Kinder errichtet werden. Bereits zuvor wurden in Zusammenarbeit mit der "International Labour Organization" (ILO) und der "International Organization for Migration" (IOM) Unterkünfte für Opfer des Kinderhandels eingerichtet. Die ILO und das "International Programme on the Elimination of Child Labour" (IPEC) führen gemeinsam mit staatlichen Institutionen und NROs ein breit angelegtes Programm gegen Kinderarbeit und Kinderhandel durch, um Institutionen zu befähigen, das Verbot der Kinderarbeit durchzusetzen und gleichzeitig das Problembewusstsein zu stärken.

Kinderhandel findet hauptsächlich innerhalb Ghanas, vereinzelt aber auch grenzüberschreitend statt (v. a. Elfenbeinküste, Togo, Nigeria). Die Kinder werden als Haushaltshilfen, Hilfen auf dem Bau, Landwirtschaftsarbeiter und Prostituierte "verkauft", und als billige, rechtlose Arbeitskräfte betrachtet. Sie stammen meist aus armen ländlichen Familien und werden mit Zustimmung der Eltern zu Verwandten oder auch zu Fremden gegeben, gegen ein kleines monatliches Entgelt oder das leere Versprechen, sich um die Ausbildung der Kinder zu kümmern. Anlässlich des Welttages gegen Kinderhandel hat James Kofi-Annan, Präsident von Challenging Heights (Organisation gegen Kindersklaverei) veröffentlicht, dass 65% der Opfer in Ghana aus Senya Beraku, Central Region, stammen und an Fischergemeinden am Volta- Stausee verkauft werden. Die Kinder und Jugendlichen werden je nach Alter zwischen GHS30 (ca. 5 Euro) bis GHS150 (ca. 30 Euro) gehandelt.

Ein Schwerpunkt des Kinderhandels liegt in der Volta-Region. Die meisten der betroffenen Kinder wurden laut CHRAJ schwer misshandelt und erhalten keinerlei Ausbildung oder gesundheitliche Versorgung. Die Regierung unterhält zwei staatliche Notunterkünfte für gerettete Opfer von Kinderhandel, die jedoch wegen der knappen Ressourcen keine menschenwürdige Unterbringung gewährleisten können.

Kinderarbeit ist ein ungelöstes Problem: Laut der ILO/IPEC-Studie aus dem Jahr 2008 arbeiten in Ghana 10,9% (570.000) der Kinder zwischen fünf und 14 Jahren, ohne zusätzlich eine Schule zu besuchen. Weitere 16,1% (840.000) der Kinder arbeiten neben dem Schulbesuch. 71% der arbeitenden Kinder werden im landwirtschaftlichen Bereich eingesetzt (häufig im Kakaoanbau), 22,5% arbeiten im Servicesektor und 6,4% in der Industrie (auch in Minen). Über 90% der arbeitenden Kinder sind in der Familie beschäftigt und erhalten für ihre Tätigkeit keine Entlohnung. Sie können Opfer gewalttätiger, teilweise auch sexueller Übergriffe werden. Die US-Regierung hat seit 2009 ghanaische Kakaoprodukte wegen der Kinderarbeit auf eine Liste von problematischen Einfuhrgütern gesetzt (TVPRA).

Ein "Nationaler Aktionsplan zur Beseitigung der schlimmsten Formen der Kinderarbeit" aus dem Jahr 2010 hat wenig Wirkung gezeigt.

Die Zahl der bettelnden Straßenkinder aus West- und Zentralafrika auf Accras Straßen steigt zunehmend an. Eltern, die ihre Kinder für finanziellen Gewinn auf die Straßen schicken, verletzten deren Kinderrechte und verstoßen gegen den Children¿s Act (1998). Das Department of Social Welfare hat bereits einen Vorschlag für den Umgang mit bettelnden Straßenkindern, der z.B. Datenerhebungen und neue Richtlinien beinhaltet, beim Ministry of Gender, Children and Social Protection eingereicht, welches im November für das Jahr 2018 eine großangelegte Kampagne zur Verringerung der Kinderarmut und zur Unterstützung Obdachloser angekündigt hat.

Bildung: Eine kostenlose Grundbildung ist nicht flächendeckend verfügbar. Das "Capitation Grant Scheme" gewährt öffentlichen Grundschulen für jedes angemeldete Kind eine einmalige Zahlung, die den Gegenwert von weniger als 2 Euro erreicht, weshalb die Grundschulen gezwungen sind, zusätzliche Schulgebühren von den Eltern zu erheben, ohne die ein Unterrichtsbetrieb nicht möglich wäre.

Körperliche Züchtigung von Kindern ist trotz wiederholter Empfehlungen der internationalen Gemeinschaft und von NROs nach wie vor nicht gesetzlich untersagt und bleibt weit verbreitete Praxis.

1.8. Geschlechtsspezifische Verfolgung und sexuelle Orientierung

Frauen sind in den öffentlichen Entscheidungsprozessen nach wie vor stark unterrepräsentiert. Statt der in der sog. "Affirmative Action Policy" von 1994 angestrebten 40% stellen Frauen derzeit nur 8,7% der Mitglieder des Parlaments. Während die Alphabetisierungsrate bei Frauen ca. 71,4% beträgt, liegt sie bei Männern bei ca. 82%.

Derzeit noch bestehende, gegen Frauen gerichtete diskriminierende Bräuche, wie der vornehmlich in der Volta-Region praktizierte Trokosi-Kult ("Übergabe" von Mädchen oder jungen Frauen in sklavenähnliche Abhängigkeit an lokale Priester zur Abgeltung von Verfehlungen aus dem Kreis ihrer Großfamilie) sowie die weiterhin durchgeführte weibliche Genitalverstümmelung konnten trotz Bemühungen und erster Erfolge der Regierung, der CHRAJ und Menschenrechtsorganisationen bislang nicht unterbunden werden. Zu speziell auf dem Gebiet der Frauenrechte tätigen Organisationen s.

o. (I.2.).

Zwar ist seit Juni 1998 jede Form der rituellen Sklaverei ("customary servitude") unter Strafe gestellt (Art. 314A des ghanaischen Strafgesetzbuches), aber eine strafrechtliche Verfolgung der Verantwortlichen findet bisher nicht statt. Stattdessen setzen sowohl Regierung als auch Menschenrechtsorganisationen auf Aufklärung und Dialog mit denjenigen, die Trokosi betreiben. Es gibt dabei Erfolge - so nehmen Widerstände gegen die Abschaffung dieses traditionellen Kultes ab. Bisher ist kein Fall bekannt geworden, in dem eine zuvor befreite Frau der Verfolgung von irgendeiner Seite ausgesetzt gewesen wäre, aber der rituelle Prozess zur Entlassung der Frauen aus der Trokosi ist langwierig und erstreckt sich z. T. über Jahre. Kinder von Trokosi-Müttern sind keinen Misshandlungen ausgesetzt, sind jedoch stigmatisiert und haben später sehr große Schwierigkeiten, sich in die Gesellschaft zu integrieren. Inzwischen ist die Zahl der "Trokosis" bedeutend und nachhaltig auf zuletzt ca. 3.000 gesunken.

Erzwungene Eheschließungen werden weiterhin innerhalb der Familien arrangiert. 2011 sind 93 Fälle bekannt geworden, neuere Zahlen liegen nicht vor. Nur ein kleiner Teil der erzwungenen Eheschließungen wird angezeigt und verfolgt. 2016 waren etwa 21% aller Frauen zum Zeitpunkt ihrer Verheiratung noch minderjährig, 2011 waren es noch 27%.

Weibliche Genitalverstümmelung (Female Genital Mutilation - FGM) wird vorwiegend in den nördlichen Landesteilen praktiziert. UNICEF geht in einer weiterhin relevanten Einschätzung von 2010 davon aus, dass landesweit 5% der Frauen und je nach Ethnie und Region bis zu 80% von FGM betroffen sind. Von UNICEF werden besonders Ethnien in den nördlichen Regionen zur Grenze nach Burkina Faso als besonders davon betroffen angesehen.

Nach Art. 69a des ghanaischen Strafgesetzbuches wird FGM mit einer Mindestfreiheitsstrafe von drei Jahren sanktioniert. Die Gesetzgebung wurde mit einer Änderung des Strafgesetzbuches am 07.08.2007 dahingehend verschärft, dass das Delikt nicht mehr nur für die Ausführenden, sondern für alle konsentierenden Beteiligten strafbar ist. Die Opfer sind von einer Bestrafung nicht betroffen. Zwischen 1994 und 2008 haben zwölf Strafverfahren stattgefunden, in denen fünf Beschuldigte zu mehrjährigen Freiheitsstrafen verurteilt worden sind. Seitdem hat es hingegen kein einziges Strafverfahren mehr gegeben. Die strafrechtliche Verfolgung hat dazu geführt, dass die Praxis z. T. heimlich bzw. nun im Ausland (z. B. Burkina F

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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