TE Bvwg Erkenntnis 2019/8/26 W209 2204981-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 26.08.2019
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Entscheidungsdatum

26.08.2019

Norm

ASVG §113 Abs1 Z1
ASVG §113 Abs2
ASVG §4
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

W209 2204981-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Reinhard SEITZ als Einzelrichter über die Beschwerde der XXXX , XXXX , XXXX , vertreten durch ANWALTGMBH Rinner Teuchtmann, 4040 Linz, Hauptstraße 33, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Gebietskrankenkasse vom 03.07.2018, GZ: VA/ED-FP-0242/2018, betreffend Vorschreibung eines Beitragszuschlages gemäß § 113 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG) in Höhe von € 1.300,00 wegen unterlassener Anmeldung des Dienstnehmers XXXX , VSNR XXXX , zur Pflichtversicherung nach Beschwerdevorentscheidung vom 10.08.2018 zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit beschwerdegegenständlichem Bescheid vom 03.07.2018 schrieb die Niederösterreichische Gebietskrankenkasse (im Folgenden: NÖGKK) der Beschwerdeführerin gemäß § 113 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 ASVG einen Beitragszuschlag in der Höhe von € 1.300,00 vor, weil sie es unterlassen habe, den Dienstnehmer XXXX vor Arbeitsantritt zur Pflichtversicherung zu melden. Begründend wurde ausgeführt, dass im Rahmen einer am 20.05.2018 in XXXX , durchgeführten Kontrolle der Finanzpolizei festgestellt worden sei, dass für den oben angeführten Dienstnehmer die Anmeldung vor Arbeitsantritt nicht erstatten worden sei. Der vorgeschriebene Beitragszuschlag setze sich aus dem Teilbetrag für die gesonderte Bearbeitung in Höhe von € 500,00 und dem Teilbetrag für den Prüfeinsatz in Höhe von € 800,00 zusammen.

2. Mit Schriftsatz vom 02.08.2018 erhob die Beschwerdeführerin durch ihren bevollmächtigten Rechtsvertreter binnen offener Rechtsmittelfrist Beschwerde. Darin bringt sie zusammengefasst vor, dass sie Betreiberin der Diskothek Tanzcafé " XXXX " sei. Als Betreiberin eines Tanzcafés habe sie naturgemäß Servicepersonal in Beschäftigung stehend. Dies inkludiere Kellner, Security-Personal und dergleichen. Im relevanten Zeitraum habe der Betretene allerdings nicht zum Personal des Tanzcafés gehört. Zuvorderst sei anzuführen, dass die Angaben des Betretenen im Personenblatt vom 20.05.2018 nicht mit den tatsächlichen Geschehnissen im Einklang und vielmehr im krassen Gegensatz zur Beschäftigungspolitik der Beschwerdeführerin stünden. Im Personenblatt scheine auf, dass der Betretene an zwei Tagen in der Woche arbeite und zwar jeweils mittwochs und samstags (Mittwoch drei Stunden, Samstag fünf Stunden). Dies seit circa einem Jahr und zwar seit 01.07.2017 als Hilfskraft, wobei er pro Dienst € 100,00 in bar erhalten würde. Dies würde bedeuten, dass er pro Dienst € 100,00, sohin in der Woche €

200,00 sowie im Monat € 800,00 ins Verdienen bringen würde. Dabei könne es sich nur um einen Irrtum bzw. einen Fehlbetrag handeln, da es völlig ausgeschlossen sei, derartige Summen für eine Hilfskrafttätigkeit zu lukrieren. Eine Hilfskraft würde demgemäß mehr lukrieren als ein Kellner oder Barpersonal, was ausgeschlossen sei. Bereits vor diesen Hintergründen sei daher der Tatvorwurf völlig unzutreffend und auch nicht den Tatsachen entsprechend. Zwischen der Beschwerdeführerin einerseits und dem Betretenen andererseits sei kein Dienstverhältnis begründet worden. Weder habe es diesbezüglich Vertragsverhandlungen oder ein Dienstantrittsgespräch geschweige denn den Abschluss eines Arbeitsvertrages gegeben. Vielmehr habe das Barpersonal selbstständig und ohne die diesbezüglichen rechtlichen Befugnisse zu haben, dem Betretenen fallweise und nur für kurze Zeit bei Stoßzeiten zu Hilfstätigkeiten wie Abwäscher- und Abräumtätigkeiten eingesetzt. Von diesen Vorkommnissen habe die Beschwerdeführerin nichts gewusst; die Beschwerdeführerin sei vorab auch nicht um Erlaubnis gefragt worden. Das Barpersonal sei nicht vertretungsbefugt. Es sei daher zu keinem Zeitpunkt ein Beschäftigungs- oder Dienstverhältnis mit Herrn XXXX begründet worden, welches eine Pflichtversicherung bzw. eine verpflichtende Anmeldung an die NÖGKK voraussetzen würde. Die Beschwerdeführerin habe - in Ermangelung des Abschlusses eines Beschäftigungs- oder Dienstverhältnisses - auch niemals irgendwelche Auszahlungen an den Betretenen getätigt. Offenbar - so wie sich dies nunmehr herausgestellt habe - habe der Betretene vom bestehenden Personal, welches den Betretenen bei Stoßzeiten fallweise und für kurze Zeit eigenmächtig eingesetzt habe, etwas Geld zugesteckt bekommen. Eine Tätigkeit, welche eine zwingende Anmeldung bei der NÖGKK erfordern würde, stelle dies nicht dar. Aber selbst, wenn eine anmeldepflichtige Beschäftigung vorläge, läge eine erstmalige verspätete Anmeldung mit unbedeutenden Folgen vor, weswegen der Teilbetrag für die gesonderte Bearbeitung entfallen und der Teilbetrag für den Prüfeinsatz bis auf € 400,00 herabgesetzt werden könne. In besonders berücksichtigungswürdigen Fällen könne auch der Teilbetrag für den Prüfeinsatz entfallen. Ein solcher besonders berücksichtigungswürdiger Fall liege jedenfalls vor, da die Beschwerdeführerin nicht einmal gefragt worden sei, ob der Betretene hinzugezogen werden dürfe und sie mit dem Betretenen daher auch keinen Arbeitsvertrag geschlossen habe. Durch diese Vorgehensweise des Barpersonals sei der Beschwerdeführerin einerseits die Möglichkeit genommen worden, überhaupt eine Anmeldung im Sinne des § 33 ASVG vorzunehmen. Es lägen daher die Voraussetzungen vor, von einem Betrag für die gesonderte Bearbeitung und von einem Betrag für den Prüfeinsatz abzusehen. Bei richtiger rechtlicher Beurteilung hätte daher weder ein Betrag für die gesonderte Bearbeitung noch ein Betrag für den Prüfeinsatz vorgeschrieben werden dürfen.

3. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 10.08.2018 wies die NÖGKK die Beschwerde ab. Begründend führte sie im Wesentlichen aus, dass die Beschwerdeführerin nicht bestritten habe, dass der Betretenen bei der Kontrolle am 20.05.2018 im Tanzcafé der Beschwerdeführerin hinter der Theke arbeitend angetroffen worden sei. Soweit von ihr das Vorliegen eines Dienstverhältnisses mit der Begründung bestritten werde, dass der Betretene vom Barpersonal eigenständig und ohne ihr Wissen und Zutun sowie ohne diesbezügliche rechtliche Befugnisse fallweise und für kurze Zeit für Hilfstätigkeiten eingesetzt worden sei, sei ihr entgegenzuhalten, dass es nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes unerheblich sei, ob zwischen dem Betretenen und der Beschwerdeführerin ein Arbeitsvertrag abgeschlossen worden sei. Für den Eintritt der Pflichtversicherung sei der Einstellungsakt und nicht der Verpflichtungsakt entscheidend. Mit der Aufnahme der Tätigkeit des Betretenen sei die Pflichtversicherung eingetreten und somit die Erstattung einer Anmeldung erforderlich gewesen. Dass der Betretene nicht durch die Beschwerdeführerin in den Dienst genommen worden sei, sei für die Zuordnung der Dienstgebereigenschaft im Sinne der höchstgerichtlichen Judikatur unerheblich. An der Dienstgebereigenschaft der Person, die das Risiko des Betriebes im Gesamten treffe, ändere ferner nichts, wenn sie den Dienstnehmer durch Mittelspersonen in Dienst genommen habe oder ihn ganz oder teilweise auf Leistungen Dritter anstelle des Entgelts verweise oder dadurch, dass ein (mit ihrem Wissen und Willen den Betrieb führender) Dritter bei einzelnen betrieblichen Geschäften, so auch bei der Indienstnahme und Beschäftigung einer Person im Betrieb und für den Betrieb, einschließlich Weisungserteilung und tatsächlicher Entgeltzahlung als "Mittelsperson", nach außen hin im eigenen Namen auftrete; dabei komme es nicht darauf an, dass die Indienstnahme "ohne Wissen" oder sogar "gegen den Willen" des Dienstgebers erfolgt sei. Es genüge dabei die rechtliche Möglichkeit der Einflussnahme (z.B. durch Weisungen und Kontrolle) auf die tatsächliche Betriebsführung einschließlich der Beschäftigung einer Person durch den Dritten. Ob und inwiefern der Dienstgeber diese rechtliche Möglichkeit auch tatsächlich wahrnehme, sei nicht relevant. Die von der Beschwerdeführerin vorgebrachte Unkenntnis der Anwesenheit und Tätigkeit des Betretenen ändere somit nichts an der Dienstgebereigenschaft der Beschwerdeführerin. Wenn der Dienstgeber verhindern wolle, dass Beschäftigungsverhältnisse durch die Aufnahme einer Beschäftigung in seinem Betrieb ohne seine Zustimmung bzw. ohne die erforderliche Anmeldung zur Sozialversicherung begonnen werden, müsse er ein wirksames Kontrollsystem einrichten bzw. entsprechende Weisungen erteilen und deren Befolgung sicherstellen. Für die mangelnde Effektivität seines Kontrollsystems habe der Dienstgeber unabhängig von seinem Verschulden einzustehen. Es liege zwar ein erstmaliger Verstoß vor. Von unbedeutenden Folgen könne jedoch nicht ausgegangen werden, da bis dato noch keine Nachmeldung erfolgt worden sei.

4. Auf Grund des rechtzeitig erstatteten Vorlageantrages der Beschwerdeführerin legte die belangte Behörde die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens am 05.09.2018 einlangend dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Entscheidung wird folgender Sachverhalt zu Grunde gelegt:

Im Zuge einer am 20.05.2018 gegen 04:20 Uhr in der Diskothek der Beschwerdeführerin in XXXX , XXXX , durchgeführten Kontrolle durch Organe der Finanzpolizei wurde XXXX , geb. XXXX , hinter der Theke arbeitend angetroffen, ohne vorher zur Pflichtversicherung gemeldet worden zu sein.

Der Betretene wurde fallweise, so auch am Tag der Kontrolle, ohne Wissen und Zutun bzw. Zustimmung der Beschwerdeführerin vom Barpersonal der Diskothek eingestellt und als Hilfsarbeiter tätig.

Eine Nachmeldung für die Beschäftigung am 20.05.2018 erfolgte bis dato nicht.

2. Beweiswürdigung:

Die Betretung unter den oben angeführten Umständen steht auf Grund der Aktenlage als unstrittig fest.

Die Feststellung der eigenmächtigen Indienstnahme des Betretenen durch das Barpersonal gründet auf den Angaben der Beschwerdeführerin, die ohne weitere Überprüfung zum festgestellten Sachverhalt erhoben wurden.

Die bis dato nicht erfolgte Nachmeldung ergibt sich aus einem von Amts wegen eigeholten Versicherungsdatenauszug des Betretenen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 414 Abs. 1 ASVG kann gegen Bescheide der Versicherungsträger in Verwaltungssachen Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben werden.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 414 Abs. 2 ASVG entscheidet in Angelegenheiten nach § 410 Abs. 1 Z 1, 2 und 6 bis 9 ASVG das Bundesverwaltungsgericht auf Antrag einer Partei durch einen Senat; dies gilt auch für Verfahren, in denen die zitierten Angelegenheiten als Vorfragen zu beurteilen sind.

Im vorliegenden Fall stellt die Frage der Versicherungspflicht eine Vorfrage dar und liegt somit eine Angelegenheit vor, die auf Antrag eine Senatszuständigkeit unter Beteiligung fachkundiger Laienrichter begründet. Mangels Stellung eines entsprechenden Antrages hat die Entscheidung jedoch mittels Einzelrichter zu erfolgen.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu A)

Im vorliegenden Fall kommen folgende maßgebenden Rechtsvorschriften zur Anwendung:

Gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 ASVG sind die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigten Dienstnehmer in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung versichert (vollversichert), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß den §§ 5 und 6 ASVG von der Vollversicherung ausgenommen ist, noch nach § 7 ASVG nur eine Teilversicherung begründet.

Gemäß § 4 Abs. 2 1. Satz ASVG ist Dienstnehmer im Sinne dieses Bundesgesetzes, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.

Unter Entgelt sind die Geld- und Sachbezüge zu verstehen, auf die der pflichtversicherte Dienstnehmer aus dem Dienstverhältnis Anspruch hat oder die er darüber hinaus auf Grund des Dienstverhältnisses vom Dienstgeber oder von einem Dritten erhält (§ 49 ASVG).

Für die Beurteilung von Sachverhalten nach dem ASVG ist in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend. Ein Sachverhalt ist so zu beurteilen, wie er bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen, Tatsachen und Verhältnissen angemessenen rechtlichen Gestaltung zu beurteilen gewesen wäre (§ 539a ASVG).

Gemäß § 33 Abs. 1 ASVG haben Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach dem ASVG in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die An(Ab)meldung durch den Dienstgeber wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit die beschäftigte Person in diesen Versicherungen pflichtversichert ist.

Gemäß § 35 Abs. 1 1. Satz ASVG gilt als Dienstgeber im Sinne des ASVG unter anderem derjenige, für dessen Rechnung der Betrieb (die Verwaltung, die Hauswirtschaft, die Tätigkeit) geführt wird, in dem der Dienstnehmer in einem Beschäftigungsverhältnis steht, auch wenn der Dienstgeber den Dienstnehmer durch Mittelspersonen in Dienst genommen hat oder ihn ganz oder teilweise auf Leistungen Dritter an Stelle des Entgeltes verweist. Dies gilt entsprechend auch für die gemäß § 4 Abs. 1 Z 3 ASVG pflichtversicherten, nicht als Dienstnehmer beschäftigten Personen.

Gemäß § 113 Abs. 1 ASVG können unter anderem Dienstgebern Beitragszuschläge vorgeschrieben werden, wenn

1. die Anmeldung zur Pflichtversicherung nicht vor Arbeitsantritt erstattet wurde oder

2. die vollständige Anmeldung zur Pflichtversicherung nach § 33 Abs. 1a Z 2 nicht oder verspätet erstattet wurde oder

3. das Entgelt nicht oder verspätet gemeldet wurde oder

4. ein zu niedriges Entgelt gemeldet wurde.

Der Beitragszuschlag setzt sich gemäß § 113 Abs. 2 ASVG im Fall des Abs. 1 Z 1 nach einer unmittelbaren Betretung im Sinne des § 111a [Abgabenbehörden des Bundes, deren Prüforgane Personen betreten haben] aus zwei Teilbeträgen zusammen, mit denen die Kosten für die gesonderte Bearbeitung und für den Prüfeinsatz pauschal abgegolten werden. Der Teilbetrag für die gesonderte Bearbeitung beläuft sich auf € 500,00 je nicht vor Arbeitsantritt angemeldeter Person; der Teilbetrag für den Prüfeinsatz beläuft sich auf € 800,00. Bei erstmaliger verspäteter Anmeldung mit unbedeutenden Folgen kann der Teilbetrag für die gesonderte Bearbeitung entfallen und der Teilbetrag für den Prüfeinsatz bis auf € 400,00 herabgesetzt werden. In besonders berücksichtigungswürdigen Fällen kann auch der Teilbetrag für den Prüfeinsatz entfallen.

Fallbezogen ergibt sich daraus Folgendes:

Im vorliegenden Beschwerdeverfahren ist als Vorfrage zu klären, ob eine gemäß § 33 ASVG meldepflichtige Beschäftigung des Betretenen vorlag und die Beschwerdeführerin als Dienstgeberin verpflichtet gewesen wäre, diesen vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden.

Hierzu ist zunächst auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach die Behörde berechtigt ist, von einem Dienstverhältnis im üblichen Sinne auszugehen, wenn jemand bei der Erbringung von Dienstleistungen arbeitend unter solchen Umständen angetroffen wird, die nach der Lebenserfahrung üblicherweise auf ein Dienstverhältnis hindeuten und im Verfahren nicht jene atypischen Umstände dargelegt werden, die einer solchen Deutung ohne nähere Untersuchung entgegenstehen. Durfte die Behörde von einem solchen Dienstverhältnis ausgehen, dann ergibt sich der Entgeltanspruch - sofern dieser nicht ohnehin in Kollektivverträgen oder Mindestlohntarifen geregelt ist - im Zweifel aus § 1152 ABGB (vgl. z.B. VwGH 27.04.2011, 2010/08/0091).

Der Betretene wurde im Zuge einer Kontrolle durch die Finanzpolizei hinter der Theke als Hilfskraft arbeitend in der Diskothek der Beschwerdeführerin angetroffen. Dabei handelt es sich zweifellos um eine Tätigkeit unter solchen Umständen, die im Sinne der oben angeführten Rechtsprechung die Annahme eines entgeltlichen Dienstverhältnisses rechtfertigt, sofern nicht atypische Umstände gegen eine solche Deutung sprechen. Anhaltspunkte für das Vorliegen derartiger, gegen das Vorliegen eines entgeltlichen Dienstverhältnisses sprechenden Gründe liegen im gegenständlichen Fall jedoch nicht vor.

Soweit die Beschwerdeführerin bestreitet, Dienstgeberin des Betretenen gewesen zu sein, und darauf verweist, dass der Betretene eigenmächtig vom Barpersonal eingestellt worden sei, ist ihr entgegenzuhalten, dass als Dienstgeber im Sinne des ASVG gemäß § 35 Abs. 1 ASVG derjenige gilt, für dessen Rechnung der Betrieb (die Verwaltung, die Hauswirtschaft, die Tätigkeit) geführt wird, in dem der Dienstnehmer in einem Beschäftigungsverhältnis steht, auch wenn der Dienstgeber den Dienstnehmer durch Mittelspersonen in Dienst genommen hat oder ihn ganz oder teilweise auf Leistungen Dritter anstelle des Entgeltes verweist.

Soweit die Beschwerdeführerin vorbringt, sie habe keinen

Dienstvertrag mit dem Betretenen geschlossen, ist darauf

hinzuweisen, dass ein "Beschäftigungsverhältnis" iSd § 35 ASVG durch

den "Einstellungsakt" (das ist die Aufnahme der Beschäftigung)

begründet wird und so lange aufrecht bleibt, als ein

übereinstimmender Wille vorliegt, dass (abhängige) Dienste

entgeltlich geleistet und diese vom Dienstgeber entgegengenommen

werden. Das (Weiter-)Bestehen eines "Verpflichtungsakts" ist nicht

Voraussetzung (vgl. VwGH 2006/08/0113, VwSlg 17.660 A = ARD

5976/7/2009 = RdW 2009/683, 664 = ZAS 2009/52, 333 [Pacic] = ZfVB

2009/1858 = ÖGZ 2009 H 10, 53; 2012/08/0260; s auch Julcher in

SV-Komm § 10 Rz 3).

Schon aus dem Wortlaut des § 35 Abs. 1 ASVG ergibt sich, dass sich an der Dienstgebereigenschaft der Person, die das Risiko des Betriebs im Gesamten unmittelbar trifft, nichts ändert, wenn sie den Dienstnehmer durch Mittelspersonen in Dienst genommen hat oder ihn anstelle des Entgelts ganz oder teilweise auf Leistungen Dritter verweist. Nicht nur bei der direkten, sondern auch bei der indirekten Stellvertretung ist der Vertretene und nicht der Vertreter Dienstgeber (stRsp, zuletzt etwa VwGH 2008/08/0165). Es schadet auch nicht, wenn ein (mit Wissen und Willen des Dienstgebers den Betrieb führender) Dritter bei einzelnen betrieblichen Geschäften, so auch bei der Indienstnahme und Beschäftigung einer Person im Betrieb und für den Betrieb, einschließlich Weisungserteilung und tatsächlicher Entgeltzahlung als "Mittelsperson", nach außen hin im eigenen Namen auftritt, selbst wenn die Indienstnahme ohne Wissen oder gar gegen den Willen des Dienstgebers erfolgt ist (vgl. aus der stRsp etwa VwGH 90/08/0222, VwSlg 13.551 A = ZfVB 1993/162 = ÖJZ VwGH A 1992/215).

Es genügt dabei die rechtliche Möglichkeit der Einflussnahme (z.B.

durch Weisungen und Kontrolle) auf die tatsächliche Betriebsführung

einschließlich der Beschäftigung einer Person durch den Dritten. Ob

und inwiefern der Dienstgeber diese rechtliche Möglichkeit auch

tatsächlich wahrnimmt, ist nicht relevant (vgl. etwa VwGH

2007/08/0240, ZAS 2009/40, 76 = ARD 5928/7/2009 = taxlex 2009, 123

[Hazivar] = ZfVB 2008/1542).

Wenn der Dienstgeber verhindern will, dass Beschäftigungsverhältnisse durch die Aufnahme einer Beschäftigung in seinem Betrieb ohne seine Zustimmung bzw. ohne die erforderliche Anmeldung zur Sozialversicherung begonnen werden, muss er ein wirksames Kontrollsystem einrichten bzw. entsprechende Weisungen erteilen und deren Befolgung sicherstellen. Für die mangelnde Effektivität seines Kontrollsystems hat der Dienstgeber unabhängig von seinem Verschulden einzustehen (VwGH 03.12.2013, 2012/08/0026).

Damit ist die Beschwerdeführerin als Dienstgeberin des Betretenen anzusehen und wäre sie daher gemäß § 33 Abs. 1 ASVG verpflichtet gewesen, den Betretenen vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden.

Nach der einschlägigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 10.07.2013, 2013/08/0117) sowie des Verfassungsgerichtshofes (VfGH 07.03.2017, G407/2016 u.a.) ist die Vorschreibung eines Beitragszuschlages nicht als Verwaltungsstrafe zu werten, sondern als eine wegen des durch die Säumigkeit des Meldepflichtigen verursachten Mehraufwandes sachlich gerechtfertigte weitere Sanktion für die Nichteinhaltung der Meldepflicht und damit als ein Sicherungsmittel für das ordnungsgemäße Funktionieren der Sozialversicherung. Somit ist die Frage des subjektiven Verschuldens am Meldeverstoß unmaßgeblich. Entscheidend ist, dass objektiv ein Meldeverstoß verwirklich wurde, gleichgültig aus welchen Gründen. Die Frage des subjektiven Verschuldens ist aus diesem Grunde auch nicht näher zu untersuchen.

Die Beschwerdeführerin hat es als Dienstgeberin unterlassen, den Betretenen vor Arbeitsantritt zur Sozialversicherung anzumelden, und wurde dabei von Prüforganen der Abgabenbehörde des Bundes betreten. Es wurde daher der Tatbestand des § 113 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 ASVG verwirklicht, weswegen die Vorschreibung eines Beitragszuschlages dem Grunde nach zu Recht erfolgte.

Gemäß § 113 Abs. 2 ASVG kann bei erstmaliger verspäteter Anmeldung mit unbedeutenden Folgen der Teilbetrag für die gesonderte Bearbeitung entfallen und der Teilbetrag für den Prüfeinsatz bis auf € 400 herabgesetzt werden.

Unbedeutende Folgen liegen nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes dann nicht vor, wenn die Anmeldung des Dienstnehmers zum Zeitpunkt der Kontrolle noch nicht nachgeholt worden ist, sodass das typische Bild eines Meldeverstoßes vorliegt (VwGH 11.07.2012, 2010/08/0137). Es kann daher der Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie die Folgen des Meldeverstoßes nicht als unbedeutend erkannt hat, da im gegenständlichen Fall bislang noch keine Nachmeldung erstattet wurde.

Die Beschwerde hat auch keine die rechtzeitige Meldung hindernden Umstände aufgezeigt, die den Fall als besonders berücksichtigungswürdig iSd § 113 Abs. 2 vierter Satz ASVG erscheinen lassen könnten.

Dementsprechend erfolgte die Vorschreibung des Beitragszuschlages auch der Höhe nach zu Recht, weswegen die Beschwerde gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG als unbegründet abzuweisen ist.

Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Die rechtfreundlich vertretene Beschwerdeführerin hat zwar nicht ausdrücklich die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt. Sie bot jedoch die Einvernahme von Zeugen an, die ihr Vorbringen, die Einstellung des Betretenen sei ohne ihr Wissen und Zutun erfolgt, bestätigen könnten, woraus zu schließen ist, dass die Durchführung einer mündlichen Verhandlung begehrt wurde.

Der erkennende Richter erachtete die Durchführung einer mündlichen Verhandlung jedoch nicht für erforderlich, weil das o.a. Vorbringen der Beschwerdeführerin ungeprüft zum festgestellten Sachverhalt erhoben wurde, und sich daher die Einvernahme der angebotenen Zeugen erübrigt.

Da somit auch keine Fragen der Beweiswürdigung auftreten konnten, stehen dem Entfall der Verhandlung auch weder Artikel 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch

Artikel 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegen (vgl. Beschluss des VwGH 07.08.2017, Ra 2016/08/0140).

Zu B) Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Beitragszuschlag, Dienstgebereigenschaft, Meldeverstoß,
Versicherungspflicht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W209.2204981.1.00

Zuletzt aktualisiert am

08.10.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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