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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
B-VG Art133 Abs4Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer sowie die Hofräte Dr. Mayr und Mag. Berger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Strasser, über die Revision des H S, vertreten durch Mag.a Doris Einwallner, Rechtsanwältin in 1050 Wien, Schönbrunnerstraße 26/3, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 19. Februar 2019, VGW- 151/058/13879/2018-14, betreffend Aufenthaltstitel (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landeshauptmann von Wien), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Wien (belangte Behörde) vom 29. August 2018 wurde der Zweckänderungsantrag des Revisionswerbers, eines iranischen Staatsangehörigen, der über eine Aufenthaltsbewilligung "Studierender" mit einer Gültigkeit bis zum 31. Jänner 2018 verfügte, auf Erteilung einer "Niederlassungsbewilligung - ausgenommen Erwerbstätigkeit" nach § 44 Abs. 1 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) ebenso wie sein Verlängerungsantrag abgewiesen. Dies wurde hinsichtlich des Zweckänderungsantrags darauf gestützt, dass der Aufenthalt des Revisionswerbers zu einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen könnte (§ 11 Abs. 2 Z 4 und Abs. 5 NAG), und hinsichtlich des Verlängerungsantrags auf die Nichterfüllung der besonderen Erteilungsvoraussetzungen (§ 64 NAG).
2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 19. Februar 2019 wies das Verwaltungsgericht Wien die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab und bestätigte den bekämpften Bescheid mit der Maßgabe, dass - soweit für das vorliegende Revisionsverfahren von Relevanz - die Rechtsgrundlage zum ersten Spruchpunkt § 44 NAG zu lauten habe. Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG wurde für unzulässig erklärt.
Der Revisionswerber habe - so das Verwaltungsgericht - zunächst einen Zweckänderungsantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "Rot-Weiß-Rot - Karte plus" gestellt und diesen Antrag in weiterer Folge auf Erteilung einer "Niederlassungsbewilligung - ausgenommen Erwerbstätigkeit" modifiziert. Gestützt insbesondere auf die Angaben des Revisionswerbers in der mündlichen Verhandlung stellte das Verwaltungsgericht fest, dass der Revisionswerber Gewerbeinhaber einer näher bezeichneten Firma sei und als Einzelunternehmer das Gewerbe des Reisebüros ausübe. Er beschäftige keine Arbeitnehmer. Eine Ruhendmeldung der Gewerbeausübung sei nicht erfolgt, vielmehr sei eine Ausweitung der Tätigkeit geplant. Es sei davon auszugehen, dass der Revisionswerber seine selbständige Erwerbstätigkeit weiterhin ausüben wolle. Soweit er angegeben habe, einen Angestellten bzw. Geschäftsführer einzustellen, hielt dem das Verwaltungsgericht entgegen, dass bislang keine Schritte in diese Richtung gesetzt worden seien.
In seinen rechtlichen Erwägungen führte das Verwaltungsgericht aus, dass die Erteilung einer Niederlassungsbewilligung nach § 44 Abs. 1 NAG nur dann in Betracht komme, wenn keine Erwerbstätigkeit ausgeübt werde und die Ausübung einer Erwerbstätigkeit auch nicht beabsichtigt sei. Da das Verwaltungsgericht den Aufenthaltstitel konstitutiv erteile, müssten sämtliche Erteilungsvoraussetzungen zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen. Das Verwaltungsgericht habe keinen Zweifel daran, dass sich der Revisionswerber zum Zweck der Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit in Österreich aufhalten wolle. Derzeit werde vom Revisionswerber auch tatsächlich eine selbständige Erwerbstätigkeit ausgeübt. Somit komme die Erteilung einer "Niederlassungsbewilligung - ausgenommen Erwerbstätigkeit" nicht in Betracht. Da der Revisionswerber derzeit kein Studium betreibe, fehle es an der besonderen Erteilungsvoraussetzung des § 64 NAG, weshalb auch der Verlängerungsantrag zu Recht abgewiesen worden sei.
3 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG vom Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 5 Der Revisionswerber wendet sich in seiner Zulässigkeitsbegründung gegen die (seiner Ansicht nach grob fehlerhafte) Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichtes. Das Verwaltungsgericht habe seine Aussage, wonach er vorhabe, bei Erteilung des beantragten Aufenthaltstitel nicht mehr selbst operativ tätig zu sein, nicht gewürdigt. Die Schlussfolgerung des Verwaltungsgerichtes, wonach er seine selbständige Erwerbstätigkeit nicht aufgeben werde, sei nicht nachvollziehbar.
Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits wiederholt festgehalten, dass eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG im Zusammenhang mit der Überprüfung der Beweiswürdigung nur dann vorliegt, wenn das Verwaltungsgericht die im Einzelfall vorgenommene Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat. Die Beweiswürdigung ist nur insofern einer Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof zugänglich, als es sich um die Schlüssigkeit dieses Denkvorgangs, nicht aber um die konkrete Richtigkeit handelt, sowie wenn es darum geht, ob die in diesem Denkvorgang gewürdigten Beweisergebnisse in einem ordnungsgemäßen Verfahren ermittelt worden sind (vgl. VwGH 20.5.2019, Ra 2018/22/0011, mwN).
Eine derartige vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifende Unvertretbarkeit vermag der Revisionswerber mit seinem Vorbringen fallbezogen nicht aufzuzeigen. Das Verwaltungsgericht hat nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung auf Basis der vorgelegten Urkunden und der getätigten Aussagen eindeutige Feststellungen zur derzeit ausgeübten und weiterhin in Aussicht genommenen Erwerbstätigkeit des Revisionswerbers - und damit auch zum angestrebten Aufenthaltszweck - getroffen (vgl. zum Erfordernis dahingehender Feststellungen VwGH 17.11.2015, Ro 2015/22/0005) und die wesentlichen Erwägungen für die nicht als unschlüssig zu erkennende Beweiswürdigung offen gelegt.
Soweit der Revisionswerber in diesem Zusammenhang vorbringt, er erwirtschafte seinen Gewinn in Deutschland und dies sei mit einer "Niederlassungsbewilligung - ausgenommen Erwerbstätigkeit" zulässig, kommt es darauf fallbezogen nicht an, weil das Verwaltungsgericht die Abweisung seines Zweckänderungsantrags nicht auf das Fehlen hinreichender Unterhaltsmittel (infolge einer Nichtanerkennung von Unternehmensgewinnen) gestützt hat. 6 Der Revisionswerber bringt weiters vor, es gebe keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, ob eine Erwerbstätigkeit bereits zum Zeitpunkt der Erteilung einer "Niederlassungsbewilligung - ausgenommen Erwerbstätigkeit" beendet sein müsse bzw. ob es sich dabei um eine Erteilungsvoraussetzung handle.
Nach der Definition des § 8 Abs. 1 Z 5 NAG berechtigt die "Niederlassungsbewilligung - ausgenommen Erwerbstätigkeit" (lediglich) zur befristeten Niederlassung ohne Ausübung einer Erwerbstätigkeit. Die Erteilung einer "Niederlassungsbewilligung - ausgenommen Erwerbstätigkeit" für die (auch weiterhin) beabsichtigte Ausübung einer Erwerbstätigkeit kommt somit nicht in Betracht.
Wie dargelegt, hat das Verwaltungsgericht - gestützt auf eine nicht zu beanstandende Beweiswürdigung - festgestellt (und seiner Entscheidung zugrunde gelegt), dass der Revisionswerber eine selbständige Erwerbstätigkeit nicht nur derzeit ausübe, sondern diese Tätigkeit auch fortführen wolle. Da das Verwaltungsgericht seine Entscheidung somit nicht bloß darauf gestützt hat, dass der Revisionswerber zum Zeitpunkt der Entscheidung eine selbständige Erwerbstätigkeit ausübt, kommt es auf die diesbezüglich aufgeworfene Rechtsfrage fallbezogen nicht an. Ebenso wenig ist die Auffassung des Verwaltungsgerichtes zu beanstanden, dass der vom Revisionswerber beabsichtigte Aufenthaltszweck nicht mit dem von ihm beantragten Aufenthaltstitel korrespondiere. 7 Schließlich verweist der Revisionswerber auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach das Verwaltungsgericht sämtliche Voraussetzungen für die Erteilung des beantragten Aufenthaltstitels zu überprüfen habe. Vorliegend habe das Verwaltungsgericht keine einzige der in § 44 Abs. 1 NAG normierten Voraussetzungen geprüft und dazu auch keine Feststellungen getroffen.
Dem ist entgegenzuhalten, dass im Fall einer Abweisung eines Antrags auf Erteilung eines Aufenthaltstitels das (Nicht)Vorliegen weiterer Erteilungsvoraussetzungen nicht geprüft werden muss. 8 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.
9 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 20. August 2019
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019220087.L00Im RIS seit
07.10.2019Zuletzt aktualisiert am
07.10.2019