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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
AVG §37Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler, den Hofrat Mag. Eder und die Hofrätin Mag. Schindler als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kieslich, in der Rechtssache der Revision des A J S in K, vertreten durch Mag.a Nadja Lindenthal, Rechtsanwältin in 1070 Wien, Siebensterngasse 23/3, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 20. März 2019, W256 2147472-1/29E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20. Jänner 2017 wurde der vom Revisionswerber, einem afghanischen Staatsangehörigen, am 17. Jänner 2015 nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) gestellte Antrag auf internationalen Schutz abgewiesen, ihm ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen, und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei. Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde von der Behörde mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt.
2 Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht nach Durchführung einer Verhandlung mit Erkenntnis vom 20. März 2019 als unbegründet ab. Unter einem erklärte das Verwaltungsgericht die Erhebung einer Revision für nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
3 Der Revisionswerber brachte gegen dieses Erkenntnis zunächst eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ein, der mit Beschluss vom 12. Juni 2019, E 1258/2019-7, die Behandlung derselben ablehnte und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
4 In der Folge wurde die gegenständliche Revision erhoben. 5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 8 Die Revision bringt zur Begründung ihrer Zulässigkeit vor, das Bundesverwaltungsgericht habe seine Pflicht zur amtswegigen Ermittlung des Sachverhaltes verletzt, weil es betreffend die Traumatisierung des Revisionswerbers jegliche Ermittlungstätigkeit unterlassen habe. Das Verwaltungsgericht hätte von Amts wegen ein psychiatrisch-neurologisches Gutachten einholen und abklären müssen, inwieweit die Rückkehr nach Afghanistan zu einer Verschlechterung seines Gesundheitszustandes führen werde, welche Behandlung erforderlich und ob diese für den Revisionswerber im Heimatland erhältlich sei. Im Fall der Einholung des Gutachtens wäre hervorgekommen, dass sich der Gesundheitszustand des Revisionswerber im Fall seiner Rückführung nach Afghanistan massiv verschlechtern würde.
9 Die Frage, ob amtswegige Erhebungen erforderlich sind, stellt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes regelmäßig keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung dar, weil es sich dabei um eine einzelfallbezogene Beurteilung handelt. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG läge nur dann vor, wenn diese Beurteilung grob fehlerhaft erfolgt wäre und zu einem die Rechtssicherheit beeinträchtigenden unvertretbaren Ergebnis geführt hätte (vgl. VwGH 29.4.2019, Ra 2019/20/0154; 6.5.2019, Ra 2019/14/0185, jeweils mwN).
10 Dass dies fallbezogen gegeben wäre, legt die Revision nicht dar.
11 Das Bundesverwaltungsgericht ging gestützt auf ein psychiatrisch-neurologisches Gutachten aus dem Jahr 2016 davon aus, dass der Revisionswerber an einer posttraumatischen Belastungsstörung leide. Es hielt aber auch - ausgehend vom genannten Gutachten sowie von den Angaben des Revisionswerbers in der Verhandlung - fest, dass sein Zustand stabil sei, er wegen seiner psychischen Erkrankung gelegentlich seinen Hausarzt aufsuche und auch nicht in medikamentöser Behandlung stehe. Zudem führte das Verwaltungsgericht aus, dass es für die Erkrankung des Revisionswerbers infolge ausreichender medizinischer Versorgung - möge auch es auch "an einem Konzept für psychische Kranke" mangeln - grundsätzlich Behandlungsmöglichkeiten (etwa in einer psychiatrischen Klinik in Kabul und in Provinzkrankenhäusern sowie durch Angebote von Nichtregierungsorganisationen) gebe. 12 Über ausführliches Befragen des Bundesverwaltungsgerichts zu seinem Gesundheitszustand führte der Revisionswerber in der Verhandlung aus, nur einen Therapietermin beim Verein Aspis ("A in Anspruch genommen und dann nicht weiter in Behandlung gewesen zu sein. Es habe ihn die Umgebung von Österreich positiv beeinflusst. Seinen Hausarzt suche er gelegentlich auf. Im Verfahren hat er trotz ausdrücklicher Aufforderung durch das Bundesverwaltungsgericht - abgesehen von einer (vierzeiligen) Bestätigung seiner praktischen Ärztin, dass er seit zwei Jahren in psychotherapeutische Behandlung stehe sowie sein Zustand stabil sei, und in der bloß begründungslos vermerkt wurde, sein Zustand könnte sich im Fall der Rückführung verschlechtern - keine weiteren auf seinen Gesundheitszustand bezogenen Unterlagen vorgelegt. Ein auf die Einholung eines weiteren Gutachtens abzielendes Vorbringen hat der (zudem während des gesamten Verfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht zum Teil rechtsanwaltlich, zum Teil durch einen Rechtsberater vertretene) Revisionswerber nie erstattet und diesbezüglich auch keinen Beweisantrag gestellt.
13 In der Revision werden keine Gründe ins Treffen geführt, weshalb ungeachtet dieses Verfahrensablaufes das Bundesverwaltungsgericht gehalten gewesen wäre, von Amts wegen die Beischaffung eines medizinisches Gutachtens zu veranlassen. Somit ist nicht zu sehen, dass der behauptete Verfahrensfehler vorläge. Dem sich darauf beziehenden weiteren Revisionsvorbringen ist somit schon deswegen der Boden entzogen. Lediglich der Vollständigkeit halber sei ergänzend angemerkt, dass in der Revision mit dem oben wiedergegebenen Vorbringen auch die Relevanz des behaupteten Verfahrensfehlers - umso mehr als das Bundesverwaltungsgericht anhand seiner Feststellungen zur Situation im Heimatland hinsichtlich der Erkrankung des Revisionswerber von dort bestehenden Behandlungsmöglichkeiten ausgegangen ist - nicht in hinreichend konkreter Weise dargetan wird.
14 Im Übrigen wird darauf hingewiesen, dass die Revision nicht gesetzmäßig ausgeführt ist, weil zu diesem Thema in den Revisionsgründen lediglich auf die für die Zulässigkeit der Begründung gemachten Ausführungen verwiesen wird (vgl. dazu etwa VwGH 26.6.2019, Ra 2019/01/0219; 21.5.2019, Ra 2019/19/0146; 30.4.2019, Ra 2019/14/0155). Auf das sonstige (aber auch in der Sache - was ergänzend nicht unerwähnt bleiben soll - unberechtigte) Vorbringen, das sich allein in den Revisionsgründen findet, war zufolge § 34 Abs. 1a VwGG nicht weiter einzugehen. 15 In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 2. September 2019
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019200403.L00Im RIS seit
05.02.2020Zuletzt aktualisiert am
05.02.2020