TE Vwgh Beschluss 2019/9/3 Ra 2019/15/0029

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Veröffentlicht am 03.09.2019
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof

Norm

B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3

Beachte


Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):
Ra 2019/15/0030
Ra 2019/15/0031
Serie (erledigt im gleichen Sinn):
Ro 2019/15/0023 B 04.11.2020
Ro 2019/15/0026 B 04.11.2020
Ro 2019/15/0034 B 27.10.2020
Ro 2019/15/0035 B 12.11.2020
Ro 2019/15/0047 B 12.11.2020
Ro 2019/15/0056 B 12.11.2020
Ro 2019/15/0068 B 12.11.2020
Ro 2019/15/0089 B 12.11.2020
Ro 2019/15/0089 B 12.11.2020
Ro 2019/15/0098 B 12.11.2020
Ro 2019/15/0110 B 04.11.2020
Ro 2019/15/0119 B 04.11.2020
Ro 2019/15/0131 B 12.11.2020

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofrätin Dr. Büsser sowie den Hofrat Dr. Sutter als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Engenhart, über die Revision des Ing. M D in S, vertreten durch Dr. Helmut Grubmüller in 1030 Wien, Weyrgasse 5/7, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Vorarlberg vom 2. Jänner 2019, Zl. LVwG-361-6/2017-R11, betreffend u.a. Festsetzung von Gemeindevergnügungssteuer (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Abgabenkommission der Landeshauptstadt Bregenz), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird, soweit sie die Festsetzung von Gemeindevergnügungssteuer betrifft, zurückgewiesen.

Begründung

1        Die M GmbH betrieb von August 2012 bis April 2015 an mehreren Standorten in Bregenz Wettterminals. Sie war Inhaberin einer Gewerbeberechtigung zur Vermittlung von Kunden zu Buchmachern/Wettbüros, unter Ausschluss der Wettannahme. Sie entrichtete keine Vergnügungssteuer. Im Dezember 2015 wurde über das Vermögen der M GmbH das Konkursverfahren eröffnet.

2        Mit Bescheid vom 1. Februar 2016 setzte der Bürgermeister der Landeshauptstadt Bregenz betreffend die M GmbH - gerichtet an deren Masseverwalter - Vergnügungssteuer für die Monate August 2012 bis April 2015 in Höhe von insgesamt 84.700 € fest. Weiters wurde ein Säumniszuschlag von 2% (1.694 €) festgesetzt.

3        Im April 2016 wurde der Konkurs nach durchgeführter Schlussverteilung aufgehoben.

4        Der Revisionswerber war von Dezember 2010 bis zum 18. Dezember 2013 selbständig vertretungsbefugter Geschäftsführer der M GmbH.

5        Mit Schreiben vom 28. April 2016 forderte der Bürgermeister den Revisionswerber auf, sich zur beabsichtigten Geltendmachung der Haftung für (u.a.) Vergnügungssteuer zu äußern.

6        Der Revisionswerber teilte hiezu u.a. mit, die M GmbH sei grundsätzlich nicht vergnügungssteuerpflichtig gewesen; sie sei aufgrund einer ihr von der zuständigen Behörde erteilten Gewerbeberechtigung tätig gewesen. Jedenfalls bis zur Rechtskraft des Löschungsbescheides habe die M GmbH ihre Tätigkeit weiter ausüben dürfen.

7        Mit Bescheid vom 22. Juni 2016 nahm der Bürgermeister den Revisionswerber für Abgabenschuldigkeiten der M GmbH im Ausmaß von 45.571,75 € an Gemeindevergnügungssteuer und 911,44 € an Säumniszuschlägen in Anspruch.

8        Begründend wurde u.a. ausgeführt, gegen den Abgabenbescheid sei vom Masseverwalter kein Rechtsmittel erhoben worden; die im Insolvenzverfahren angemeldete Forderung sei nicht bestritten worden. Nach Abzug der Zahlung der Quote aus dem Konkursverfahren (2,39%) blieben näher aufgegliederte Beträge unberichtigt. Vorbringen zur Abgabepflicht sei im Haftungsverfahren unbeachtlich.

9        Der Revisionswerber erhob sowohl gegen den Haftungsbescheid als auch gegen den an die M GmbH ergangenen Abgabenbescheid Berufung.

10       Mit Bescheid der Abgabenkommission vom 12. Jänner 2017 wurden die Berufungen als unbegründet abgewiesen.

11       Der Revisionswerber erhob gegen diesen Bescheid Beschwerde.

12       Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Verwaltungsgericht den Beschwerden mit einer im Revisionsverfahren nicht strittigen Maßgabe keine Folge. Es sprach aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß § 25a VwGG unzulässig sei.

13       Begründend führte das Verwaltungsgericht - nach Wiedergabe des Verfahrensgangs und Schilderung des eingangs dargelegten Sachverhalts - im Wesentlichen aus, der Revisionswerber habe nicht dafür gesorgt, dass die M GmbH die Vergnügungssteuer zumindest teilweise entrichte. Die M GmbH habe finanzielle Mittel gehabt, sodass andere Verbindlichkeiten hätten beglichen werden können. Der Revisionswerber habe von der Abgabenbehörde nie die Auskunft erhalten, das Aufstellen der Wettterminals sei nicht abgabepflichtig.

14       Die M GmbH habe Wettterminals aufgestellt und betrieben und hätte hiefür eine Bewilligung nach dem Wettengesetz benötigt. Eine gewerberechtliche Bewilligung habe nach Ablauf der Übergangsfrist nicht ausgereicht. Die M GmbH sei daher abgabepflichtig gewesen; die Gemeindevergnügungssteuer sei zu Recht vorgeschrieben worden.

15       Mit dem Vorbringen, der Revisionswerber sei davon überzeugt gewesen, keine Abgabe zahlen zu müssen, da die M GmbH aufgrund ihrer gewerberechtlichen Bewilligung keine Bewilligung nach dem Wettengesetz benötige und daher nicht abgabepflichtig sei, werde kein mangelndes Verschulden dargetan. Der Revisionswerber habe nie von der zuständigen Abgabenbehörde die Information erhalten, dass keine Vergnügungssteuer entrichtet werden müsse. Im Hinblick auf die Bestimmungen im Wettengesetz habe er auch trotz Gewerbeberechtigung keinen Grund zur Annahme gehabt, für das Aufstellen von Wettterminals keine landesrechtliche Bewilligung zu benötigen und daher nicht steuerpflichtig zu sein. Im Übrigen hätte der Revisionswerber Rückstellungen für drohende Abgabenschulden bilden müssen, wenn die Rechtslage so unklar gewesen wäre.

16       Die Vergnügungssteuer sei uneinbringlich. Der Revisionswerber hafte für die noch offene Vergnügungssteuer, weil er schuldhaft seine Pflichten als Geschäftsführer verletzt habe.

17       Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die Revision.

18       Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

19       Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

20       Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

21       Zur Zulässigkeit wird vom Revisionswerber geltend gemacht, zentrales Problem sei die Bestimmung des § 363 GewO 1994, wonach eine - selbst zu Unrecht erteilte - Gewerbeberechtigung jedenfalls bis zum Eintritt der Rechtskraft des Löschungsbescheides ausgeübt werden könne. Ein allfälliges Verschulden des Revisionswerbers sei daran zu messen, ob bzw. wie die zitierte Bestimmung in der Gewerbeordnung von ihm objektiv habe verstanden werden können bzw. habe verstanden werden müssen. Das Verschulden des Revisionswerbers könne jedenfalls nicht darin liegen, dass er sich nicht beim Amt der Landeshauptstadt Bregenz entsprechend erkundigt habe. Wenn die Landeshauptstadt Bregenz einen Bescheid mit einer Zahlungsvorschreibung erlasse, sei es wohl klar, dass sie nicht gleichzeitig oder im zeitlichen Zusammenhang damit dahingehend informieren werde, dass keine Abgabepflicht bestehe. Wenn der Revisionswerber aufgrund der Gewerbeberechtigung der M GmbH der Meinung gewesen sei, dass die M GmbH nicht abgabepflichtig sei, so wäre es auch widersinnig, sich eine Rechtsbelehrung bei jener Behörde einzuholen, die anderer Ansicht sei. Würde man den Revisionswerber dazu verpflichten, die Rechtsbelehrung der Bescheid erlassenden Behörde einzuholen und demgemäß zu handeln, so würde dies letztlich auf ein Verbot der Erhebung von Rechtsmitteln hinauslaufen. Es würde jeden Zweifel an einer von einer Behörde geäußerten Rechtsansicht unmöglich machen. Die Einholung der Rechtsmeinung der Stadt Bregenz habe sich erübrigt, weil diese ohnedies bescheidmäßig zum Ausdruck gebracht worden sei. Die Einholung der Rechtsmeinung anderer Behörden sei zu diesem Zeitpunkt gar nicht möglich gewesen, weil nur in Vorarlberg ein entsprechendes Gesetz bestanden habe. In dieser Situation habe der Revisionswerber auf den ihm klar erscheinenden Gesetzestext der Gewerbeordnung vertraut. Eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes, ob auch bei Vertrauen auf eine „wohl eindeutige - zumindest aber höchst missverständliche - Gesetzesbestimmung“ ein Verschulden des Einschreiters gegeben sei, liege nicht vor. Selbst wenn im Nachhinein die Bestimmung in der Gewerbeordnung im Zusammenhang mit § 16 Abs. 2 bis 4 Vorarlberger Wettengesetz anders interpretiert worden sei, liege kein Verschulden des Revisionswerbers vor.

22       Im Fall der Erhebung einer außerordentlichen Revision obliegt es gemäß § 28 Abs. 3 VwGG dem Revisionswerber, gesondert jene Gründe in hinreichend konkreter Weise anzuführen, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird. Dementsprechend erfolgt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision durch den Verwaltungsgerichtshof anhand des Vorbringens in der Zulassungsbegründung (vgl. VwGH 25.3.2019, Ra 2019/18/0081, mwN).

23       In der gesonderten Zulassungsbegründung ist konkret darzulegen, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch gar nicht beantwortet hat. Lediglich pauschale Behauptungen bzw. Revisionsausführungen erfüllen diese Voraussetzungen nicht (vgl. VwGH 9.2.2018, Ra 2017/20/0344, mwN).

24       Eine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG wird von der Revision - soweit die Festsetzung von Gemeindevergnügungssteuer betroffen ist - mit ihrem an Haftungsfragen orientierten Zulassungsvorbringen nicht aufgezeigt. Soweit die Revision darüber hinaus festhält, „zentrales Problem“ der Ausführungen des LVwG sei „die Bestimmung des § 363 GewO 1994, wonach eine - selbst zu Unrecht erteilte - Gewerbeberechtigung jedenfalls bis zum Eintritt der Rechtskraft des Löschungsbescheides ausgeübt werden könne“, wird damit betreffend Festsetzung von Gemeindevergnügungssteuer eine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs. 4 B-VG nicht mit hinreichender Klarheit formuliert (zur Haftung vgl. VwGH 25.4.2019, Ra 2019/13/0029).

25       In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher, soweit sie die Festsetzung von Gemeindevergnügungssteuer betrifft, zurückzuweisen.

Wien, am 3. September 2019

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019150029.L00

Im RIS seit

14.12.2020

Zuletzt aktualisiert am

15.12.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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