Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Kalivoda als Vorsitzende und die Hofrätinnen und Hofräte Hon.-Prof. Dr. Höllwerth, Dr. Solé, Mag. Malesich und MMag. Matzka als weitere Richter in der zu AZ 39 Cg 1/18y des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz anhängigen Rechtssache der klagenden Partei Z*****, vertreten durch Hasberger Seitz & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. P***** KG, 2. ***** T***** KG, beide *****, vertreten durch Mag. Thomas Klein, Rechtsanwalt in Graz, 3. DI Dr. H***** L*****, vertreten durch Dr. Johannes Eltz, Rechtsanwalt in Wien, 4. L***** AG, *****, vertreten durch Dr. Michael Drexel, Rechtsanwalt in Graz, 5. V***** S*****, vertreten durch Mag. Thomas Klein, Rechtsanwalt in Graz, wegen 3.041.628,85 EUR sA, hier wegen Ablehnung, infolge des Rekurses der drittbeklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Graz vom 8. August 2019, GZ 2 Nc 11/19t-1, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Das Verfahren über den Rekurs wird bis zur Erledigung des von der drittbeklagten Partei erhobenen Parteienantrags auf Normenkontrolle (VfGH G 200/2019; G 202/2019; V 71/2019) unterbrochen.
Das Verfahren wird nach Einlangen des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofs von Amts wegen fortgesetzt.
Text
Begründung:
Gegen das Urteil des Erstgerichts vom 6. Februar 2019 erhob die Klägerin Berufung. Die Beklagten erstatteten Berufungsbeantwortungen.
Mit Schriftsatz vom 4. Juni 2019 lehnte der Drittbeklagte die Mitglieder des Rechtsmittelsenats des Oberlandesgerichts Graz (3 R 59/19z) Senatspräsident Dr. W***** S*****, Mag. M***** W***** und Mag. E***** D***** als befangen ab.
Mit Beschluss vom 8. Juli 2019 wies der Ablehnungssenat des Oberlandesgerichts Graz (7 Nc 3/19b) diesen Ablehnungsantrag ab.
Dagegen erhob der Drittbeklagte am 24. Juli 2019 Rekurs und lehnte die an der Ablehnungsentscheidung beteiligten Richter des Oberlandesgerichts Graz Senatspräsidentin Dr. M***** K*****, Mag. G***** F***** und Mag. B***** F***** ab.
Mit Beschluss vom 8. August 2019, GZ 2 Nc 11/19t-1, wies das Oberlandesgericht Graz auch diesen Ablehnungsantrag ab.
Dagegen erhob der Drittbeklagte am 26. August 2019 Rekurs. Gleichzeitig brachte er beim Verfassungsgerichtshof einen Parteienantrag auf Normenkontrolle ein, mit dem er die Aufhebung des § 116 Abs 3 Geo erster Satz; § 78 StPO; § 7 Abs 1 JN; § 10 JN; die Wortfolge „.. weil ein zureichender Grund vorliegt, seine Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen“ in § 19 Abs 2 JN; die Wortfolge „Wird ein Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt, bei welchem die Partei vor der Ablehnung sich bereits in eine Verhandlung eingelassen oder Anträge gestellt hat, so ist von der Partei auch glaubhaft zu machen, dass der Ablehnungsgrund erst später entstanden oder ihr erst später bekannt worden ist“ in § 21 Abs 2 JN; die Wortfolge „Wird ein Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt, bei welchem die Partei vor der Ablehnung sich bereits in eine Verhandlung eingelassen oder Anträge gestellt hat, so ist von der Partei auch glaubhaft zu machen, dass der Ablehnungsgrund erst später entstanden oder ihr erst später bekannt geworden ist“ in § 22 Abs 3 JN und die Wortfolge „Über eine solche Erklärung hat sich der abgelehnte Richter zu äußern“ in § 22 Abs 2 JN begehrte. Mit Verständigung vom 29. August 2019 teilte der Verfassungsgerichtshof dem Oberlandesgericht Graz mit, dass der Drittbeklagte im zugrunde liegenden Verfahren einen auf § 140 Abs 1 Z 1 lit d B-VG gestützten Antrag (Parteienantrag auf Normenkontrolle) gestellt hat.
Das Oberlandesgericht Graz teilte dem Verfassungsgerichtshof mit Schreiben vom 30. August 2019 in Entsprechung dessen Ersuchens vom 29. August 2019 mit, dass der vom Drittbeklagten eingebrachte Rekurs gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Graz vom 8. August 2019, 2 Nc 11/19t, rechtzeitig und zulässig ist.
Rechtliche Beurteilung
1.1 Nach § 62a Abs 6 VfGG darf das Rechtsmittelgericht bis zur Verkündung bzw Zustellung des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofs – über die aus Anlass des rechtzeitigen und zulässigen Rechtsmittels erhobene Gesetzesbeschwerde (Art 140 Abs 1 Z 1 lit d B-VG iVm § 62a Abs 5 VfGG und § 528b Abs 2 ZPO) – nur solche Handlungen oder Anordnungen und Entscheidungen treffen, die durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs nicht beeinflusst werden können oder die die Frage nicht abschließend regeln und keinen Aufschub gestatten. Ein Parteienantrag auf Normenkontrolle setzt somit ein rechtzeitiges und zulässiges Rechtsmittel gegen eine (Sach-)Entscheidung eines ordentlichen Gerichts erster Instanz voraus (8 ObA 76/16h).
1.2 Sind die Voraussetzungen nach § 62a Abs 6 VfGG gegeben, so hat das Rechtsmittelgericht mit dem Verfahren innezuhalten, sobald es durch eine entsprechende Mitteilung des Verfassungsgerichtshofs (§ 62a Abs 5 VfGG) Kenntnis davon hat, dass beim Verfassungsgerichtshof ein Parteienantrag auf Normenkontrolle eingebracht wurde. Dies bedeutet, dass in einem solchen Fall das Berufungs- oder Rekursgericht – funktional als Erstgericht – das Rechtsmittelverfahren zu unterbrechen hat (8 ObA 76/16h).
1.3 Der Rekurs des Drittbeklagten ist zulässig. Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Oberlandesgericht Graz in einem Ablehnungsverfahren in erster Instanz entschieden. Beim vorliegenden Rechtsmittel handelt es sich um einen Rekurs. Der Oberste Gerichtshof wird funktionell als zweite Instanz angerufen, weshalb der Rechtsmittelbeschränkung nach § 24 Abs 2 JN keine Bedeutung zukommt (4 Ob 144/14a). Der Rekurs des Drittbeklagten wurde auch fristgerecht eingebracht. Das Verfahren war daher zu unterbrechen.
2. Das Verfahren ist nach Einlangen des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofs von Amts wegen fortzusetzen (§ 528b Abs 3 ZPO).
Textnummer
E126199European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2019:0070OB00152.19G.0923.000Im RIS seit
03.10.2019Zuletzt aktualisiert am
03.10.2019