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50/01 Gewerbeordnung;Norm
GewO 1994 §74 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Stöberl, Dr. Blaschek und Dr. Baur als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Urban, über die Beschwerde der K Gesellschaft m. b. H. in W, vertreten durch Dr. T, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 14. Mai 1998, Zl. MA 63-W 276/97, betreffend Verfahren gemäß § 77 GewO 1994 (mitbeteiligte Parteien: Dr. D in W, und HG in W), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 14. Mai 1998 wurde der Beschwerdeführerin gemäß § 74 GewO 1994 die gewerbebehördliche Genehmigung ihrer Betriebsanlage an einem näher bezeichneten Standort unter Vorschreibung von Auflagen erteilt. In der in diesen Bescheid aufgenommenen Betriebsbeschreibung heißt es u. a., auf den der Betriebsanlage zugehörigen Freiflächen würden Baumaterialien, das seien im wesentlichen Holz, Ziegel, Rohre, Platten, Schotter und Sand gelagert. Die Anlieferung von Waren erfolge mittels betriebseigener sowie fremder Lkw, wobei im wesentlichen Lkw mit Ladekran, mit Anhänger, Kipper oder Sattelaufleger mit Kippfunktion zum Einsatz kämen (ca. 30 bis 40 Lkw pro Woche). Auf dem Betriebsgelände würden zwei dieselbetriebene Stapler verwendet. Die Auflagen Punkt 1 und 10 haben folgenden Wortlaut:
"1) Es ist durch geeignete Maßnahmen (z.B. durch Sammlung des Wassers und die Schaffung einer Möglichkeit zu dessen Versickerung oder Einleitung in das öffentliche Kanalnetz) Sorge zu tragen, daß bei Niederschlägen auf dem Betriebsgelände entstehende Oberflächenwässer nicht auf die Nachbarliegenschaften übertreten. Über die Eignung der getroffenen Maßnahmen ist eine Bestätigung eines befugten Ziviltechnikers oder eines Baumeisters erstellen zu lassen und in der Betriebsanlage zur jederzeitigen Einsichtnahme durch Organe der Behörde bereitzuhalten.
10) Die dieselbetriebenen Hubstapler sind einmal jährlich durch ein befugtes Fachunternehmen überprüfen und erforderlichenfalls warten zu lassen. Dabei sind die Motoreinstellung und der Kraftstoffverbrauch zu überprüfen und die Kohlenmonoxydkonzentration zu messen. Darüber sind von dem ausführenden Unternehmen Bestätigungen zu verlangen und in der Betriebsanlage zur jederzeitigen Einsichtnahme durch Organe der Behörde bereitzuhalten."
Zur Begründung führte der Landeshauptmann zum Vorbringen der Beschwerdeführerin in ihrer Berufung gegen den erstbehördlichen Bescheid, die Betriebsanlage sei auf Grund der Übergangsbestimmung des § 376 Z. 11 GewO 1994 als genehmigt anzusehen, aus, diese Betriebsanlage stelle sich als Selbstbedienungsmarkt für Baumaterial, Werkzeuge, Anstrichmittel, Farben und Metalle dar. Sie werde mit Lkw-Zügen beliefert. In den auf den Betriebsliegenschaften befindlichen Baulichkeiten seien Verkaufs- und Lagerräume, Büros und Sanitärräume eingerichtet. Auf den Freiflächen und unter dem Flugdach würden Baumaterialien gelagert, die mit zwei dieselbetriebenen Hubstaplern manipuliert und verladen würden. Die der Betriebsanlage nächstgelegenen Wohnhäuser seien 5 bzw. 12 m entfernt. Auf Grund der umfangreichen Lagerungen von Baumateralien, insbesondere aber von brennbaren Flüssigkeiten (z.B. Lacke, Flüssiggas), sei eine erhöhte Brandgefahr gegeben. Weiters sei die Anlage durch den Betrieb der Hubstapler, durch Manipulationen mit Baumaterial sowie durch den betrieblichen Kausalverkehr geeignet, Nachbarn durch Lärm, Abgase und Staub zumindest unzumutbar zu belästigen. Die von der Behörde durchgeführten Erhebungen hätten ergeben, daß am fraglichen Standort seit 1957 ein Kleinhandel mit Eisenwaren und Baumaterialien betrieben worden sei. Seit 1961 habe die Betriebsanlage aus einem Verkaufsraum (ca. 30 m2), einem Lagerraum (ca. 15 m2), einem Lagerplatz für Baumaterialien (ca. 150 m2) und einem gedeckten Lagerschuppen (ca. 50 m2) bestanden. Diese Gewerbeberechtigung sei im März 1973 zurückgelegt worden. Am 31. März 1973 sei die Betriebsanlage von der Beschwerdeführerin übernommen worden, wobei sich an der Betriebsweise nichts geändert habe. Insbesondere habe schon damals, wie sich aus Zeugenaussagen ergebe, der Fuhrpark aus zwei Lkw, zwei Hubstaplern und zwei Geländefahrzeugen bestanden. Auch habe es schon damals Lagerungen von Sand und Schotter und anderem Baumaterial gegeben. Daraus ergebe sich, daß die Betriebsanlage schon gemäß § 25 GewO 1859 genehmigungspflichtig gewesen sei, weil die beim Betrieb dieser Fahrzeuge entstehenden Abgase und Geräusche mit Sicherheit solche Immissionen seien, vor denen Nachbarn auch gemäß § 25 GewO 1859 zu schützen gewesen seien. Die Übergangsbestimmung des § 376 Z. 11 GewO 1994 komme daher nicht zum Tragen, es sei vielmehr die Betriebsanlage gemäß den §§ 74, 77 GewO 1994 gewerbebehördlich zu genehmigen. Zur Erforderlichkeit des Auflagenpunktes 1 führt der Landeshauptmann aus, bei den Bestimmungen des Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes konformer Nutzung der Betriebsliegenschaften (gärtnerische Gestaltung) würden bei Niederschlag keine Oberflächenwässer auftreten. Diese bildeten sich nur deshalb, weil der Boden zum Zweck der gewerblichen Nutzung des Bodens als Lagerfläche, Ladebereich und Verkehrsfläche teilweise befestigt worden sei, sodaß das Regenwasser nicht versickern könne, sondern ungehindert auf die Nachbarliegenschaften abrinne. Entgegen der Rechtsansicht der Beschwerdeführerin sei dieses Problem daher sehr wohl im gewerberechtlichen Genehmigungsverfahren zu behandeln. Der Schutz des Eigentums gemäß § 74 Abs. 2 Z. 1 GewO 1994 erstrecke sich nicht nur auf den Schutz der Substanz vor Gefährdung durch den Betrieb der Anlage, sondern auch auf den Schutz der Nutzung des Eigentums (z.B. Schutz der Kulturen, des weidenden Viehs, der Betriebseinrichtungen usw.). Eine übermäßige Wasserzufuhr auf gärtnerisch genützte Liegenschaften (wie im vorliegenden Fall) sei zweifellos geeignet, darauf angebaute Kulturen (Pflanzen, Gemüse) in ihrem Bestand zu gefährden und somit die Nutzung des Eigentums an dieser Liegenschaft zu beeinträchtigen. Die Behörde habe daher zum Schutz der Nachbarn vor solchen Beeinträchtigungen Auflagen vorzuschreiben. Die Vorschreibung in der nunmehrigen Form sei geeignet, dieses Ziel zu erreichen und ihre Erfüllung seinem Betriebsinhaber zumutbar. Zur Begründung der Vorschreibung des Auflagenpunktes 10 berief sich der Landeshauptmann auf den Sachverständigen der Magistratsabteilung 22 (Umweltschutz), der ausgeführt habe, es müßten die dieselbetriebenen Hubstapler mindestens einmal im Jahr von einem befugten Fachunternehmen überprüft und gewartet werden, um einen technisch einwandfreien Betrieb der Stapler vor allem im Hinblick auf Kraftstoffverbrauch und Motoreinstellung zu gewährleisten und die Schadstoffemissionen möglichst gering zu halten. Zu diesem Zweck sei es erforderlich, Motoreinstellung und Kraftstoffverbrauch zu kontrollieren und als Leitsubstanz für alle anderen Schadstoffe die Kohlenmonoxydkonzentration zu messen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen. Die mitbeteiligten Parteien haben sich am verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht beteiligt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin in folgenden subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt:
"a) daß die Behörde feststellt, daß eine neuerliche Betriebsanlagenbewilligung in Ermangelung einer Notwendigkeit zur Genehmigung infolge des Vorliegens einer genehmigten Betriebsanlage infolge der Übergangsbestimmung iSd § 376 Ziff. 11 Abs. 2 GewO iVm § 25 GewO 1859 nicht erforderlich ist sowie
b) daß die Betriebsanlage infolge des Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen zu bewilligen ist und keine strengeren Maßnahmen vorgeschrieben werden dürfen, als zur Wahrung der in § 77 Abs. 1 GewO angeführten Schutzzwecke nötig ist sowie
c) in unserem Recht auf ein gesetzliches Verfahren, insbesondere in dem durch § 45 Abs. 2 AVG eingeräumten Recht, daß die Behörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen hat, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht, und in dem durch § 37 AVG eingeräumten Recht, daß die Behörde in ihrem Ermittlungsverfahren den für die Erledigung maßgeblichen Sachverhalt festzustellen und den Parteien Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer Rechte zu geben hat."
In Ausführung des so bezeichneten Beschwerdepunktes bringt die Beschwerdeführerin zunächst vor, Genehmigungen für gewerbliche Betriebsanlagen könnten nicht mehrfach nebeneinander erteilt werden. Es hätte daher der vorliegende Genehmigungsbescheid nicht ergehen dürfen, weil die in Rede stehende Betriebsanlage schon im Sinne der Übergangsbestimmung des § 376 Abs. 2 Z. 11 Abs. 2 GewO 1994 als genehmigt anzusehen sei. Die Annahme der belangten Behörde, diese Genehmigungspflicht sei gegeben, weil die beim Betrieb der Betriebsfahrzeuge entstehenden Abgase und Geräusche mit Sicherheit solche Immissionen seien, vor denen Nachbarn auch gemäß § 25 GewO 1859 zu schützen gewesen seien, stelle einen Zirkelschluß dar. Denn aus den im angefochtenen Bescheid zitierten medizinischen und technischen Gutachten ergebe sich, daß die Emissionen aus dem Fuhrpark nicht geeignet seien, eine unzumutbare Beeinträchtigung bzw. Gefährdung der Nachbarn herbeizuführen. Die Vorgänger der Beschwerdeführerin seien durch 20 Jahre hindurch nicht aufgefordert worden, um eine Betriebsanlagengenehmigung anzusuchen, weil es sich um kein gefährliches Unternehmen gehandelt habe. Durch weitere 20 Jahre hindurch seien auch die Beschwerdeführerin und ihre Rechtsnachfolgerin nicht aufgefordert worden, um eine Betriebsanlagengenehmigung anzusuchen. Dies sei auch nicht anläßlich der Übertragung der Gewerbeberechtigung als erforderlich erachtet worden. Aus einer Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes aus dem Jahr 1904 (Nr. 2900/A) gehe unstrittig hervor, daß das reine Lagern ohne Zusatztätigkeiten wie Baumeistergewerbe, Sägewerk) keine Betriebsanlagengenehmigungspflicht nach der GewO 1859 ausgelöst habe. Eine Betriebsanlagengenehmigungspflicht im Sinne der GewO 1859 habe daher nicht bestanden. Eine besondere Gefährlichkeit und Ungewöhnlichkeit im Sinne des § 25 leg. cit. habe jedenfalls nicht vorgelegen. Es sei zwar richtig, daß mit dem Betrieb von Fahrzeugen der genannten Art Abgase und Geräusche verbunden seien. Der allein in Betracht kommende zweite Tatbestand des § 25 GewO 1859 erfordere, daß der Betriebsanlage eine Eignung innewohne, durch gesundheitsschädliche Einflüsse, durch die Sicherheit bedrohende Betriebsarten, durch üblen Geruch oder durch ungewöhnliche Geräusche die Nachbarschaft zu gefährden oder zu belästigen. Der doch sehr strenge Begriff des üblen Geruchs und der ungewöhnlichen Geräusche sei schon allein begrifflich bedeutend enger gefaßt als die abstrakte Ausführung der Behörde, es könnten beim Betrieb von Kraftfahrzeugen "Abgase" und "Geräusche" entstehen. Richtig sei vielmehr, daß der eng gefaßte Begriff des üblen Geruches schon allein denkmöglich nicht aus dem Betrieb von zwei Lkw, zwei Hubstaplern und zwei Geländefahrzeugen verwirklicht werden könne. Gleiches gelte für den ebenfalls sehr eng gefaßten Begriffsinhalt des Ausdruckes "Ungewöhnlichkeit von Geräuschen". Der im gegenständlichen Verfahren als Zeuge vernommene Nachbar habe bereits im Jahr 1974 in der Nachbarschaft der Betriebsanlage gewohnt, aber nicht ausgesagt, daß er bereits damals in irgendeiner Weise beeinträchtigt worden sei. Mit der Vorschreibung des Auflagenpunktes 1 habe die belangte Behörde die Zuständigkeit der Gewerbebehörde überschritten. Es werde darin nämlich auf den Flächenwidmungs- und Bebauungsplan sowie die gärtnerische Ausgestaltung Bezug genommen und damit verkannt, daß im Sinn der Bauordnung für Wien auch gärtnerisch ausgestaltete Flächen befestigt sein könnten. Die gesamte diesbezügliche Problematik falle allerdings in die Zuständigkeit der Baubehörde. Die Problematik und die Auslegung der Zulässigkeit der gegenständlich gärtnerisch auszugestaltenden Teilfläche sei nicht betriebsspezifisch. Dieser Problembereich habe nichts mit einer betrieblichen Veranlassung und somit dem Schutzzweck der Gewerbeordnung zu tun. Hier liege eine Frage der Bodenbeschaffenheit und der Interpretation des Begriffes "gärtnerische Gestaltung" vor. Auslegungsprobleme zu dieser Frage träten beim gegebenen Sachverhalt genauso auf, wie wenn keine Betriebsanlage am Standort vorhanden wäre. Daß Niederschlagswasser bzw. Wässer von anderen Liegenschaften auf die gegenständliche Betriebsanlage gelangen könnten, sei ein allgemeiner und kein spezifisch betrieblich veranlaßter Lebenssachverhalt. Es liege also Rechtswidrigkeit im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG vor, weil die belangte Behörde ihren Zuständigkeitsbereich verlassen habe und in diesem Punkt in den ausschließlichen Zuständigkeitsbereich der Baubehörde fallende Rechtsfragen einer Beurteilung unterzogen habe. Die Gewerbebehörde sei nur befugt, jene Maßnahmen zu treffen, die dem Umstand entsprängen, daß die Räumlichkeiten dem Gewerbebetrieb dienten. Hier entsprängen keine betriebsspezifischen Probleme. Die Frage der Be- und Entwässerung von Liegenschaften sei allgemeiner und nicht betriebsspezifischer Natur. Es seien auch keine Ergebnisse des Beweisverfahrens hervorgekommen, welche die Erforderlichkeit des Auflagenpunktes 1 begründeten und es sei im Sinne des Übermaßverbotes keine denkbare gelindere Alternative in Erörterung gezogen worden. Auch die Auflage Punkt 10 verstoße gegen das Übermaßverbot der Gewerbeordnung. Diese Auflage bewirke, daß die Stapler in eine eigene Werkstätte gebracht werden müßten, da die Kontrolle der Motoreinstellung und des Kraftstoffverbrauches und insbesondere der Kohlenmonoxydkonzentration nicht vor Ort durchgeführt werden könne. Die Stapler müßten mittels Lkw in eine Werkstätte verfrachtet werden, was einen großen, nicht erforderlichen Aufwand nach sich ziehe, da die vorliegenden Gutachten eindeutig ergeben hätten, daß eine Belästigung der Nachbarn aus Abgasimmissionen nicht zu befürchten sei. Es seien auch keine Alternativen durch die Sachverständigen aufgezeigt worden. Insbesondere sei nicht dargetan worden, weshalb etwa eine Kontrolle in einem Zweijahresrhythmus nicht ausreichend sein sollte. Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften bringt die Beschwerdeführerin vor, zur Frage der Eignung des Betriebes der Betriebsfahrzeuge, den Schutzzweck des § 25 GewO 1859 zu verletzen, bedürfe der Sachverhalt einer Ergänzung. Nicht aus dem alleinigen Umstand, daß Kraftfahrzeuge vorhanden seien, sei auf die Eignung zur Gefährdung von Nachbarn zu schließen. Solch eine Schlußfolgerung könnte allenfalls auf dem gesicherten Boden eines Ermittlungsverfahrens erfolgen, welches den Betrieb und die Betriebsfrequenz dieser Kraftfahrzeuge hinreichend deutlich wiedergebe. Nicht das Vorhandensein von Kraftfahrzeugen an sich, sondern erst die genaue Prüfung der Frequenz des Betriebes lasse weitere Überlegungen zu, ob ungewöhnliche Geräusche und üble Gerüche zu erwarten seien. Die belangte Behörde habe in diesem Zusammenhang auch gegen die Vorschrift des § 45 Abs. 3 AVG verstoßen. Selbst wenn sie ihre diesbezügliche Auffassung als offenkundige Tatsache aufgefaßt habe, hätte sie gemäß § 45 Abs. 3 AVG der Beschwerdeführerin Gelegenheit zur Stellungnahme und zur Äußerung zu als offenkundig behandelten Tatsachen einräumen müssen. Dies sei nicht erfolgt. Wäre die Behörde dieser Vorschrift gerecht geworden, hätte sie einen anderen Bescheid fassen können. Zum Auflagenpunkt 10 verweise die Behörde auf das Gutachten der Magistratsabteilung 22, setze sich mit diesem Gutachten aber nicht kritisch auseinander und prüfe in keiner Weise, inwieweit die unter Punkt 10 angeordnete Auflage die geringste zur Erreichung des Schutzzweckes erforderliche Auflage sei. Begründungslos bleibe beispielsweise, weshalb ein Zweijahresrhythmus bei der Überprüfung nicht ausreichen sollte.
Gemäß § 376 Z. 11 Abs. 2 GewO 1994 bedürfen die im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes errichteten Betriebsanlagen, die nach den bisher geltenden Vorschriften nicht genehmigungspflichtig waren und nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes genehmigungspflichtig wären, keiner Genehmigung gemäß § 74 Abs. 2; § 79 und § 81 finden sinngemäß Anwendung.
Nach § 25 GewO 1859 war die Genehmigung der Betriebsanlage bei allen Gewerben notwendig, welche mit besonderen für den Gewerbebetrieb angelegten Feuerstätten, Dampfmaschinen, sonstigen Motoren oder Wasserkraftwerken betrieben werden oder welche durch gesundheitsschädliche Einflüsse, durch die Sicherheit bedrohende Betriebsart, durch üblen Geruch oder durch ungewöhnliches Geräusch die Nachbarschaft zu gefährden oder zu belästigen geeignet sind.
Es kann im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben, ob, wie von der belangten Behörde vertreten und von der Beschwerdeführerin bestritten, bereits das Vorhandensein der genannten Kraftfahrzeuge in der in Rede stehenden Betriebsanlage deren Genehmigungspflicht im Sinne des § 25 GewO 1859 zum damaligen Zeitpunkt begründete. Diese Genehmigungspflicht ergibt sich nämlich bereits auf Grund folgender Erwägungen:
Zum Betriebsgeschehen der vorliegenden Betriebsanlage gehört u. a. das Abkippen von Rollschotter von einem anliefernden Lkw sowie das Umlagern auf der Schüttbox und das Auslagern, z.B. durch Aufnehmen mittels Ladestapler und Abkippen der Ladeschaufel auf eine offene Ladefläche eines Lkws. Diese Tätigkeiten sind nach den bereits im erstbehördlichen Bescheid enthaltenen und von der Beschwerdeführerin unbestritten gebliebenen Feststellungen mit einer derart hohen Geräuschbelastung verbunden, daß deren Vornahme an dem ursprünglich hiefür vorgesehenen Platz in der Betriebsanlage zu unzumutbar hohen Immissionsbelastungen auf der Nachbarliegenschaft geführt hätten, weshalb die Beschwerdeführerin im Wege der Änderung ihrer Betriebsbeschreibung eine Verlagerung dieser lärmbelasteteten Tätigkeiten an einen anderen Ort der Betriebsanlage vornahm. Wie auch die Beschwerdeführerin ausdrücklich hervorhebt, hat sich an der Betriebsweise der in Rede stehenden Betriebsanlage seit ihrer Errichtung im Jahr 1957 nichts geändert. Es gehörten daher auch in dem für die Anwendbarkeit der Übergangsbestimmung des § 376 Z. 11 Abs. 2 GewO 1994 maßgeblichen Zeitpunkt (1. August 1974) das Abkippen von Rollschotter und die oben genannten weiteren Manipulationen mit diesem Schüttgut zum Betriebsgeschehen in dieser Betriebsanlage. Bei den oben dargestellten, mit diesen Manipulationen verbundenen Lärmemissionen handelte es sich aber zweifellos um ungewöhnliche Geräusche im Sinne des § 25 GewO 1859, die geeignet waren, die Nachbarschaft zu gefährden oder zu belästigen. Allein diese Betriebsvorgänge begründeten daher schon nach den Vorschriften der GewO 1859 die Genehmigungspflicht der damals bestehenden Betriebsanlage.
Der Verwaltungsgerichtshof vermag daher in der Rechtsansicht der belangten Behörde, die in Rede stehende Betriebsanlage sei nicht im Sinne des § 376 Z. 11 Abs. 2 GewO 1994 als genehmigt anzusehen, eine Rechtswidrigkeit nicht zu erblicken. Es begründet daher auch schon aus diesem Grund die Unterlassung einer gegenteiligen Feststellung im angefochtenen Bescheid keine Rechtswidrigkeit.
Gemäß § 77 Abs. 1 GewO 1994 ist die Betriebsanlage zu genehmigen, wenn nach dem Stand der Technik (§ 71 a) und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zu erwarten ist, daß überhaupt oder bei Einhaltung der erforderlichenfalls vorzuschreibenden bestimmten geeigneten Auflagen die nach den Umständen des Einzelfalles voraussehbaren Gefährdungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 1 vermieden und Belästigungen und Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 2 bis 5 auf ein zumutbares Maß beschränkt werden.
Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 16. Februar 1988, Zl. 87/04/0068, dargelegt hat, ist die Genehmigungspflicht im Sinne des § 74 Abs. 1 GewO 1994 selbst dann gegeben, wenn die in Betracht kommenden Auswirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 leg. cit. solche sind, die für gewerbliche Betriebsanlagen nicht spezifisch sind, sondern auch ohne Zusammenhang mit solchen Anlagen auftreten können. Tatbestandsmäßig nach § 74 Abs. 2 GewO 1994 ist eben die mit gewerblichen Betriebsanlagen verbundene konkrete Eignung, die in der zitierten Gesetzesstelle näher bezeichneten Auswirkungen hervorzurufen, nicht aber der Umstand, daß derartige Auswirkungen infolge einer besonderen Ausgestaltung der Liegenschaft auch ohne Vorhandensein der Betriebsanlage auftreten können. Von diesem Verständnis der Regelung des § 74 Abs. 2 GewO 1994 ausgehend, obliegt es der Gewerbebehörde nach § 77 Abs. 1 leg. cit., gegebenenfalls durch Auflagen auch solchen im Sinne des § 74 Abs. 2 GewO 1994 gefährdenden, belästigenden, beeinträchtigenden oder sonst nachteilig einwirkenden Auswirkungen entgegenzutreten, die auch ohne Vorhandensein der Betriebsanlage auftreten könnten. Entgegen der in der Beschwerde vertretenen Rechtsansicht hat daher die belangte Behörde durch Vorschreibung der Auflage Punkt 1 ihre Zuständigkeit keineswegs überschritten. Daß aber diese Auflage, wie von der belangten Behörde festgestellt, zur Vermeidung einer übermäßigen Wasserzufuhr auf die benachbarte Liegenschaft und damit zur Vermeidung der Schädigung der darauf angebauten Kulturen erforderlich ist, wird in der Beschwerde nicht bestritten. Auch unterläßt es die Beschwerdeführerin darzutun, welches andere, gelindere Mittel zur Erreichung dieses Zweckes zur Verfügung gestanden wäre.
Bei Vorschreibung der Auflage Punkt 10 konnte sich die belangte Behörde auf das Gutachten der Magistratsabteilung 22 (Umweltschutz) stützen, wonach die jährliche Überprüfung und Wartung der Hubstapler erforderlich ist, um einen einwandfreien technischen Betrieb der Stapler, welcher wiederum der Emissions- bzw. Immissionsberechnung zur Ermittlung der entsprechenden Immissionsbelastung bei den Nachbarn durch den Gutachter zugrunde lag, sicherzustellen. Wenn die Beschwerdeführerin den gegenteiligen Standpunkt vertritt, wäre es ihre Sache gewesen, dieser Aussage auf gleicher fachlicher Ebene entgegenzutreten. Die nicht näher begründete Meinung, es müßte auch eine Überprüfung im Zweijahresrhythmus reichen, verpflichtete weder die belangte Behörde von Amts wegen diese Aussage des von ihr beigezogenen Sachverständigen durch ein weiteres Sachverständigengutachten überprüfen zu lassen, noch vermag die Beschwerdeführerin mit diesem Vorbringen eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun.
Aus diesen Gründen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 11. November 1998
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1998040132.X00Im RIS seit
18.02.2002