TE Vwgh Erkenntnis 1998/11/11 98/01/0129

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Veröffentlicht am 11.11.1998
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §79a Abs1;
AVG §79a Abs3;
VwGG §36 Abs2;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 98/01/0421

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Rigler und Dr. Schick als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ferchenbauer, über die Beschwerden des G, vertreten durch Dr. Achim Maurer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Graben 27-28, St. 2/19, 1.) gegen den Unabhängigen Verwaltungssenat Wien wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in einer Angelegenheit nach dem Bankwesengesetz und 2.) gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 27. August 1998, Zl. UVS-02/32/73/97-8, betreffend Aufwandersatz im Falle einer Zurückziehung einer Beschwerde an den Unabhängigen Verwaltungssenat

Spruch

1.) den Beschluß gefaßt:

Die Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht wird als gegenstandslos erklärt und das Verfahren eingestellt. Ein Zuspruch von Kosten findet nicht statt.

2.) zu Recht erkannt:

Die Beschwerde gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

1. Der Beschwerdeführer erhob die vorliegende, am 20. Februar 1998 zur Post gegebene und hg. am 28. Februar 1998 eingelangte Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch die belangte Behörde, weil diese nicht innerhalb von sechs Monaten über die von ihm gegen eine einstweilige Anordnung der Generaldirektion für die öffentliche Sicherheit (des Bundesministers für Inneres) gerichtete Beschwerde wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt entschieden habe.

Im Zuge des vom Verwaltungsgerichtshof gemäß § 36 Abs. 2 VwGG eingeleiteten Vorverfahrens teilte die belangte Behörde mit Schreiben vom 27. August 1998, hg. eingelangt am 1. September 1998, mit, daß am 27. August 1998 die Mitteilung des Beschwerdeführervertreters eingelangt sei, mit welcher er die Beschwerde an die belangte Behörde vom 13. Juni 1997 zurückgezogen habe. In der Beilage übermittelte die belangte Behörde eine Kopie der Mitteilung des Beschwerdeführers vom 26. August 1998, derzufolge die Beschwerde vom 13. Juni 1997 zurückgezogen werde. Eine gleichlautende Mitteilung erging mit Schreiben vom 27. August 1998 auch an den Verwaltungsgerichtshof (hg. eingelangt am 28. August 1998).

Durch die erwähnte, gegenüber der belangten Behörde ausgesprochenen Erklärung, die Beschwerde an den unabhängigen Verwaltungssenat zurückzuziehen, hat der Beschwerdeführer unmißverständlich zu erkennen gegeben, daß sein rechtliches Interesse an einer Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes in der Säumnisbeschwerdesache weggefallen ist. Zufolge der Zurückziehung der dem Verfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat zugrundeliegenden Beschwerde ist es dem Verwaltungsgerichtshof nicht mehr möglich, in diesem Verwaltungsverfahren wegen Verletzung der Entscheidungspflicht tätig zu werden.

Das Verfahren über die somit als gegenstandslos geworden anzusehende Beschwerde war aus diesem Grunde gemäß § 33 Abs. 1 VwGG einzustellen.

Ein Zuspruch von Kostenersatz konnte gemäß § 58 Abs. 2 zweiter Halbsatz VwGG unterbleiben.

2. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 27. August 1998 verpflichtete der Unabhängige Verwaltungssenat Wien den Beschwerdeführer nach Zurückziehung seiner Beschwerde gemäß § 79 a AVG, dem Bund die mit S 3.365,-- bestimmten Kosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. In der Begründung führte der Unabhängige Verwaltungssenat Wien aus, der Beschwerdeführer habe mit am 16. Juni 1997 beim

Unabhängigen Verwaltungssenat Wien eingelangten Schriftsatz Beschwerde wegen der am 22. Mai 1997 durch die Generaldirektion für die öffentliche Sicherheit erfolgten Anordnung gemäß § 41 Abs. 3 des Bankwesengesetzes und § 33 des Sicherheitspolizeigesetzes, als vorläufige Maßnahme zwei Geldbeträge an den Beschwerdeführer nicht auszuzahlen, erhoben. Am Morgen des 27. August 1998 sei beim Unabhängigen Verwaltungssenat Wien ein Telefax des Beschwerdeführervertreters eingelangt, mit dem dieser die Zurückziehung der Beschwerde bekanntgegeben habe. Dem Unabhängigen Verwaltungssenat Wien sei es daher verwehrt, auf die Beschwerde einzugehen und über die Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit der Anordnung der Generaldirektion für die öffentliche Sicherheit bescheidmäßig abzusprechen. Gemäß § 79 a Abs. 3 AVG sei, wenn eine Beschwerde ab- bzw. zurückgewiesen werde oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch den unabhängigen Verwaltungssenat zurückgezogen werde, die belangte Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei. Aufgrund der Zurückziehung der Beschwerde gelte im vorliegenden Fall die belangte Behörde als obsiegende Partei. Es stehe ihr daher der Ersatz für den Vorlage- und Schriftsatzaufwand gemäß § 1 der Aufwandersatzverordnung UVS zu. Über Ersuchen des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien habe der Bundesminister für Inneres als belangte Behörde die Verwaltungsakten vorgelegt und mit am 30. Juli 1997 eingelangten Schriftsatz für den Fall des Obsiegens die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde und damit den Ersatz der Aufwendungen im gesetzlich vorgesehenen Ausmaß begehrt. Dem Bundesminister für Inneres gebühre daher der Ersatz des Vorlageaufwands im Ausmaß von S 565,-- und des Schriftsatzaufwandes im Ausmaß von S 2.800,--, insgesamt also S 3.365,--.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, am 4. September 1998 hg. eingelangte Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf ein Verfahren vor der zuständigen Behörde sowie in seinem Recht darauf, nicht ohne gesetzliche Grundlage zur Zahlung von S 3.365,-- verhalten zu werden, verletzt. Wegen der beim Verwaltungsgerichtshof eingebrachten Säumnisbeschwerde sei die belangte Behörde nicht mehr zur Entscheidung über die Kosten des Verfahrens zuständig gewesen. Bei richtiger rechtlicher Beurteilung hätten dem Beschwerdeführer die Kosten des Verfahrens zugesprochen werden müssen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde in dem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

§ 79 a Abs. 1 und 3 AVG lauten:

"§ 79 a. (1) Die im Verfahren nach § 67 c obsiegende Partei hat Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei.

...

(3) Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch den Unabhängigen Verwaltungssenat zurückgezogen wird, dann ist die belangte Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei."

§ 36 Abs. 2 VwGG lautet:

"§ 36.

...

(2) Bei Säumnisbeschwerden nach Art. 132 B-VG ist der belangten Behörde aufzutragen, innerhalb einer Frist bis zu drei Monaten den Bescheid zu erlassen und eine Abschrift des Bescheides dem Verwaltungsgerichtshof vorzulegen oder anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht vorliegt. Die Frist kann einmal verlängert werden, wenn die Verwaltungsbehörde das Vorliegen von in der Sache gelegenen Gründen nachzuweisen vermag, die eine fristgerechte Erlassung des Bescheides unmöglich machen. Wird der Bescheid fristgerecht erlassen, so ist das Verfahren über die Säumnisbeschwerde einzustellen."

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die belangte Behörde nur während der vom Verwaltungsgerichtshof gemäß § 36 Abs. 2 VwGG gesetzten Frist zuständig, den Bescheid zu erlassen (ihn nachzuholen). Erst das ergebnislose Verstreichen der Frist des § 36 Abs. 2 bewirkt die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. zB. das hg. Erkenntnis vom 25. Jänner 1995, Zl. 94/03/0287; vgl. auch das Erkenntnis vom Verfassungsgerichtshofes vom 28. Februar 1966, VfSlg Nr. 5209). Dies gilt sinngemäß auch in dem Fall, in dem gemäß § 36 Abs. 2 VwGG die Frist vom Verwaltungsgerichtshof verlängert worden ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. Jänner 1997, Zl. 96/07/0150).

Nach Ansicht des Beschwerdeführers war die belangte Behörde im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides wegen der beim Verwaltungsgerichtshof bereits eingebrachten Säumnisbeschwerde nicht mehr zur Entscheidung über die Kosten des Verfahrens zuständig. Mit dieser Rüge ist der Beschwerdeführer jedoch aus folgenden Gründen nicht im Recht:

Im Zuge des Säumnisbeschwerdeverfahrens ersuchte die belangte Behörde mit Eingabe vom 10. August 1998, die ihr gemäß § 36 Abs. 2 VwGG bei Einleitung des Vorverfahrens zunächst gesetzte Frist, die am 28. August 1998 abgelaufen wäre, bis zum 14. Oktober 1998 zu verlängern, weil sie sich außerstande sehe, die öffentliche mündliche Verhandlung in der gegenständlichen Beschwerdesache rechtzeitig anzuberaumen. Als Grund dafür gab die belangte Behörde unerwartete Termine, den Urlaub einer Schriftführerin und zahlreiche bereits seit dem April 1998 für die Monate Juli bis September 1998 anberaumte mündliche Verhandlungen sowie den eigenen Urlaub des zuständigen Mitgliedes des unabhängigen Verwaltungssenates an. Mit hg. Verfügung vom 25. August 1998 wurde diese Frist bis einschließlich 14. Oktober 1998 verlängert. Im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides (seine Zustellung erfolgte nach dem Beschwerdevorbringen am 31. August 1998) war die Zuständigkeit zur Erlassung des versäumten Bescheides nicht abgelaufen. Die mit Schreiben vom 26. August 1998, eingelangt bei der belangten Behörde am 27. August 1998, bekanntgegebene Beschwerdezurückziehung erfolgte somit vor der Entscheidung durch den unabhängigen Verwaltungssenat in Sinne des § 79 a Abs. 3 AVG. Die belangte Behörde hat daher zurecht § 79 a Abs. 3 leg. cit. herangezogen und den Bundesminister für Inneres als obsiegende Partei betrachtet. Die Rüge der Unzuständigkeit der belangten Behörde erweist sich demnach als unbegründet.

Auch der in der Beschwerde erhobene Vorwurf der inhaltlichen Rechtswidrigkeit ist nicht berechtigt. Die Feststellungen der belangten Behörde, denen zufolge der Bundesminister für Inneres die Verwaltungsakten vorgelegt und einen Schriftsatz zur Beschwerde gemäß § 67 c AVG erstattet hatte, werden vom Beschwerdeführer nicht bestritten. War die vor dem unabhängigen Verwaltungssenat belangte Behörde (der Bundesminister für Inneres) nach dem bisher Dargelegten aber obsiegende und der Beschwerdeführer unterlegene Partei, so gebührten jener als Aufwendungen gemäß § 79 a Abs. 1 AVG gemäß § 79 a Abs. 4 und 5 leg. cit. iVm. § 1 Z 3 und 4 der Aufwandersatzverordnung UVS insgesamt S 3.365,-- an Aufwandersatz.

Da somit schon der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde ohne weiteres Verfahren in

nichtöffentlicher Sitzung gemäß § 35 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 11. November 1998

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1998010129.X00

Im RIS seit

03.04.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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