TE Vfgh Beschluss 1996/11/26 B2080/96

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Veröffentlicht am 26.11.1996
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Index

10 Verfassungsrecht
10/07 Verfassungsgerichtshof, Verwaltungsgerichtshof

Norm

VfGG §33

Leitsatz

Abweisung eines Wiedereinsetzungsantrags

Spruch

Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird abgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. 1. a) Mit einem an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Schriftsatz vom 29. März 1996 begehrte der Einschreiter die Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid der Wirtschaftskammer Österreich vom 28. Februar 1996. Nach Abweisung dieses Antrages durch den Verwaltungsgerichtshof richtete der Einschreiter an den Verwaltungsgerichtshof mit Schriftsatz vom 12. Juni 1996 das Begehren, seinen Verfahrenshilfeantrag samt dg. Akt an den Verfassungsgerichtshof weiterzuleiten. Diesem Begehren entsprach der Verwaltungsgerichtshof am 24. Juni 1996.

b) Mit Beschluß vom 24. September 1996, B2080/96-3, wies der Verfassungsgerichtshof seinerseits den Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe wegen offenbarer Aussichtslosigkeit der beabsichtigten Beschwerdeführung ab, weil zum Zeitpunkt der Antragstellung beim Verfassungsgerichtshof die sechswöchige Beschwerdefrist des §82 Abs1 VerfGG bereits verstrichen war und eine künftige Beschwerde sich daher als verspätet erwiese. Dieser Beschluß wurde dem Einschreiter am 16. Oktober 1996 zugestellt. Unter einem wurde er dahingehend angeleitet, daß es ihm frei stehe, die Beschwerde innerhalb von sechs Wochen durch einen selbst gewählten Rechtsanwalt einzubringen.

2. Mit einem am 27. Oktober 1996 zur Post gegebenen Schriftsatz begehrt der Einschreiter die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zwecks Erhebung einer Beschwerde gemäß Art144 B-VG gegen den oben unter Pkt. I.1. genannten Bescheid. Zur Begründung seines Wiedereinsetzungsantrages führte er aus, daß er im Glauben war, durch die rechtzeitige Antragstellung beim Verwaltungsgerichtshof auch die Frist für ein Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof zu wahren.

II. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der sechswöchigen Beschwerdefrist ist unbegründet.

1. a) Gemäß §33 VerfGG kann in den Fällen des Art144 B-VG wegen Versäumung einer Frist eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand stattfinden. Da das VerfGG in seinem §33 die Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht selbst regelt, sind nach §35 dieses Gesetzes die entsprechenden Bestimmungen der §§146 ff. ZPO sinngemäß anzuwenden: Nach §146 Abs1 ZPO ist einer Partei, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt, auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein "unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis" an der rechtzeitigen Vornahme einer befristeten Prozeßhandlung verhindert wurde und die dadurch verursachte Versäumung für sie den Rechtsnachteil des Ausschlusses von der vorzunehmenden Prozeßhandlung zur Folge hatte. Daß der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Unter "minderem Grad des Versehens" ist nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes leichte Fahrlässigkeit zu verstehen, die dann vorliegt, wenn ein Fehler unterläuft, den gelegentlich auch ein sorgfältiger Mensch begeht (vgl. VfSlg. 9817/1983, 11706/1988).

b) Im vorliegenden Fall handelt es sich nicht bloß um einen minderen Grad des Versehens im oben dargestellten Sinn:

Der Bescheid, dessen Anfechtung beabsichtigt ist, wurde dem Einschreiter - wie oben unter Pkt. I. dargetan - am 15. März 1996 zugestellt; eine Verfassungsgerichtshofbeschwerde bzw. ein Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Erhebung einer solchen Beschwerde wäre daher gemäß §82 Abs2 VerfGG binnen sechs Wochen - gerechnet vom 15. März 1996 an - beim Verfassungsgerichtshof einzubringen gewesen. Daß der Einschreiter - von seiner Rechtsunkenntnis abgesehen - ab diesem Zeitpunkt durch bestimmte Umstände daran gehindert gewesen wäre, die Beschwerde fristgerecht einzubringen, wird weder von ihm selbst dargetan, noch ergeben sich sonst dafür entsprechende Anhaltspunkte. Wie der Verfassungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung betont hat, bildet ein Rechtsirrtum über das Bestehen einer Beschwerdemöglichkeit, dem ein Beschwerdeführer unterlegen ist, kein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis, das nach den §§33 und 35 Abs1 VerfGG iVm §146 Abs1 Satz 1 ZPO die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand rechtfertigen würde (vgl. VfSlg. 7674/1975, 12615/1991).

Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist daher wegen Mangels der gesetzlichen Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung abzuweisen (§35 VerfGG iVm §§146 ff. ZPO).

2. Dieser Beschluß kann gemäß §33 zweiter Satz VerfGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gefaßt werden.

Schlagworte

VfGH / Wiedereinsetzung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1996:B2080.1996

Dokumentnummer

JFT_10038874_96B02080_2_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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