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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
FrG 1997 §31;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Bayjones und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Keller, über die Beschwerde des OV in Linz, (geboren am 12. Juli 1979), vertreten durch Mag. Dr. Helmut Blum, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Mozartstraße 11, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 3. September 1998, Zl. St 178/98, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich (der belangten Behörde) vom 3. September 1998 wurde der Beschwerdeführer, ein jugoslawischer Staatsangehöriger, gemäß §§ 31, 33 und 37 Abs. 1 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ausgewiesen.
Der Beschwerdeführer habe in seiner niederschriftlichen Einvernahme vom 5. Juni 1998 ausgeführt, daß er in Österreich geboren und im dritten Lebensjahr nach Jugoslawien gekommen sei. Im Jahr 1987 habe er sich von Juli bis Oktober in Österreich aufgehalten. Im November 1993 sei der Beschwerdeführer gemeinsam mit seiner Mutter wieder nach Österreich eingereist und halte sich seither hier auf; er sei zwar im Paß seiner Mutter eingetragen gewesen, habe jedoch über keinen fremdenrechtlichen Titel verfügt, der ihn zur Einreise bzw. zum weiteren Aufenthalt in Österreich berechtigt hätte.
Der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung, der "über eine Mittelsperson" eingebracht worden sei, während sich der Beschwerdeführer bereits im Inland aufgehalten habe, sei mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 24. November 1997 abgewiesen worden. Der Aufenthalt des Beschwerdeführers sei daher seit seiner Einreise im November 1993 nicht rechtmäßig.
In seiner Berufung vom 26. September 1998 gegen den Erstbescheid habe der Beschwerdeführer ausgeführt, daß sich ungeachtet der Tatsache seines illegalen Aufenthaltes die Ausweisung nicht als rechtmäßig im Sinn des § 37 FrG erwiese; der Beschwerdeführer habe neuerlich auf seine persönlichen Verhältnisse und darauf hingewiesen, daß er beinahe die Hälfte seines Lebens in Österreich verbracht hätte. Die Mutter des Beschwerdeführers würde sich in Österreich aufhalten, sein Vater wäre aufgrund einer Nervenerkrankung in Jugoslawien aufhältig. Der Beschwerdeführer hätte "das letzte Schuljahr" in Österreich vollendet und wäre auch in Österreich geboren; er hätte sich seit seiner Einreise stets bemüht, seinen Aufenthaltsstatus zu legalisieren.
Der Beschwerdeführer halte sich aber seit November 1993 insofern rechtswidrig in Österreich auf, als ihm seit diesem Zeitpunkt weder ein Einreisetitel noch ein Aufenthaltstitel erteilt worden sei; im Akt fänden sich auch keine Anhaltspunkte für ein vorläufiges Aufenthaltsrecht nach dem Asylgesetz bzw. nach anderen Rechtsvorschriften.
Zweifelsohne werde durch die nunmehr verfügte Ausweisung in nicht unbedeutender Weise in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers eingegriffen, da sich dieser bereits mehrere Jahre in Österreich aufhalte "(durchgehend seit 1993)" und auch seine Mutter hier lebe. Der Beschwerdeführer habe weiters auch "das letzte Schuljahr" in Österreich absolviert. Wenngleich der Beschwerdeführer in Österreich geboren sei, müsse aber beachtet werden, daß er ab seinem dritten Lebensjahr, also von 1982 bis 1993 (ausgenommen sein kurzfristiger Aufenthalt von Juli bis Oktober 1987), also während einer Dauer von zehn Jahren, nicht im Bundesgebiet aufhältig gewesen sei. Erst seit dem Jahr 1993, also seit nicht ganz fünf Jahren, halte sich der Beschwerdeführer wiederum (durchgehend) - wenn auch unberechtigt - in Österreich auf. Bereits ein mehrmonatiger unrechtmäßiger Aufenthalt, vor allem aber auch das weitere Verbleiben eines Fremden im Bundesgebiet nach illegaler Einreise ohne Bemühen, diesen Status entsprechend dem Fremdengesetz zu legalisieren, gefährde aber die öffentliche Ordnung in hohem Maß. Die Ausweisung des Beschwerdeführers sei demnach zur Wahrung der öffentlichen Ordnung dringend geboten. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stelle die Übertretung fremdenpolizeilicher Vorschriften einen gravierenden Verstoß gegen die österreichische Rechtsordnung dar. Ein geordnetes Fremdenwesen sei für Österreich von eminentem Interesse; den für die Einreise und den Aufenthalt von Fremden getroffenen Regelungen und deren Beachtung durch den Normadressaten komme aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein sehr hoher Stellenwert zu. Die öffentliche Ordnung werde schwerwiegend beeinträchtigt, wenn einwanderungswillige Fremde, ohne das betreffende Verfahren abzuwarten, sich unerlaubt nach Österreich begeben, um damit die österreichischen Behörden vor vollendete Tatsachen zu stellen. Die Ausweisung sei in einem solchen Fall erforderlich, um jenen Zustand herzustellen, der bestünde, wenn sich der Fremde gesetzestreu verhalten hätte. Im Lichte der oben angeführten Tatsachen sei die Ausweisung des Beschwerdeführers nicht nur nach § 37 Abs. 1 FrG gerechtfertigt, vor dem Hintergrund der Art und Weise seines Vorgehens "bzw. bei Beachtung der Schwere von Übertretungen nach dem Fremdengesetz" sei auch "vom Ermessen des § 33 Abs. 1 FrG Gebrauch zu machen" gewesen.
Von der Aufnahme weiterer Beweise sei Abstand genommen worden, weil der entscheidungsrelevante Sachverhalt ausreichend ermittelt gewesen sei.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Die Beschwerde läßt die Auffassung der belangten Behörde, daß der Aufenthalt des Beschwerdeführers seit seiner Einreise nach Österreich im Jahr 1993 unberechtigt sei, unbekämpft. Auf dem Boden der unbestrittenen Sachverhaltsfeststellungen hegt der Gerichtshof gegen diese Auffassung keinen Einwand. Die belangte Behörde kam daher zu Recht zu dem Ergebnis, daß vorliegend der Tatbestand des § 33 Abs. 1 FrG erfüllt sei.
2.1. Der Beschwerdeführer erachtet sich indes in seinem Recht auf Schutz des Privat- und Familienlebens im Grunde des § 37 Abs. 1 FrG verletzt. Der Beschwerdeführer sei im Jahr 1979 - als sein Vater als Gastarbeiter in Österreich beschäftigt gewesen sei - im Amstetten geboren worden. Etwa drei Jahre nach seiner Geburt habe sein Vater seinen Arbeitsplatz in Österreich verloren und der Beschwerdeführer sei mit seinen Eltern nach Jugoslawien zurückgekehrt. Im Jahr 1993 sei der Beschwerdeführer gemeinsam mit seiner Mutter wieder nach Österreich zurückgekehrt, da diese die Möglichkeit gehabt habe, hier eine Arbeit aufzunehmen. Der Beschwerdeführer habe keine weiteren Geschwister; seine Eltern seien zwar nach wie vor in aufrechter Ehe verheiratet, sein Vater befinde sich jedoch zur ständigen Betreuung in einer Nervenheilanstalt in Jugoslawien. Nach seiner Einreise im Jahr 1993 habe der Beschwerdeführer in Österreich die Pflichtschule beendet, die Aufnahme einer Beschäftigung sei ihm jedoch in Ermangelung eines entsprechenden Aufenthaltstitels nicht möglich gewesen. Der Beschwerdeführer habe mit Ausnahme seines Vaters, welcher sich jedoch - wie erwähnt - in einer Nervenheilanstalt befinde, in Jugoslawien keine näheren Bekannten oder Verwandten. Das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers finde vielmehr in Österreich statt. Hier seien seine Freunde und Bekannten aufhältig; auch die Sprachkenntnisse des Beschwerdeführers seien "der Dauer des Aufenthaltes angemessen". Der Beschwerdeführer habe auch "immer wieder versucht", seinen Aufenthalt in Österreich zu legalisieren. Vor diesem Hintergrund hätte die belangte Behörde bei der nach § 37 Abs. 1 FrG vorzunehmenden Interessenabwägung zum Schluß gelangen müssen, daß die Ausweisung des Beschwerdeführers wegen des damit bewirkten Einflusses auf sein Privat- und Familienleben keinesfalls als dringend geboten im Sinn des § 37 Abs. 1 FrG erscheine. Die belangte Behörde übersehe nämlich, daß der Beschwerdeführer im Fall seiner Rückkehr in sein Heimatland keinerlei Anschluß an ein Privat- oder Familienleben nehmen könnte; der Beschwerdeführer müßte im Fall einer Rückkehr "ein vollkommen neues soziales und gesellschaftliches Netz aufbauen", weiters wäre er von seiner Mutter, zu welcher er auch sehr engen Kontakt habe, getrennt. Der Beschwerdeführer habe "praktisch die letzten fünf Jahre, welche in der Entwicklungsphase eines jungen Menschen von besonderer Bedeutung" seien, in Österreich verbracht. Gegenüber den solcherart gegebenen persönlichen Interessen trete eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit - falls eine solche überhaupt gegeben sei - jedenfalls in den Hintergrund.
Darüber hinaus habe die belangte Behörde ihr nach § 33 Abs. 1 FrG eingeräumtes Ermessen nicht rechtmäßig ausgeübt. Im Hinblick auf das dargestellte Privat- und Familienleben, welches zur Gänze in Österreich stattfinde, hätte die belangte Behörde von der Verhängung der Ausweisung im Sinne des § 33 Abs. 1 FrG absehen können.
2.2. Mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Die belangte Behörde hat mit Blick auf die vom Beschwerdeführer geltend gemachten persönlichen Interessen zutreffend einen mit der Ausweisung verbundenen Eingriff in sein Privat- und Familienleben angenommen. Wenn sie im Grunde des § 37 Abs. 1 FrG das aus diesem Eingriff resultierende persönliche Interesse des Beschwerdeführers an einen Verbleib in Österreich jedoch geringer gewichtet hat als das gegenläufige öffentliche Interesse, kann dies nicht als rechtswidrig angesehen werden. Der Einhaltung der für die Einreise und den Aufenthalt von Fremden getroffenen Regelungen kommt nämlich aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 17. September 1998, Zlen. 98/18/0248, 0249). Dieses maßgebliche öffentliche Interesse hat der Beschwerdeführer - entgegen der Beschwerde - durch seinen unberechtigten Aufenthalt seit dem Jahr 1993 - den er auch nach und trotz rechtskräftiger Abweisung seines Antrages auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung fortgesetzt hat - in der Dauer von insgesamt etwa fünf Jahren gravierend verletzt. Die von der Beschwerde ins Treffen geführten - sicherlich beachtlichen - persönlichen Interessen des Beschwerdeführers vermögen das angesichts dieser gravierenden Rechtsverletzung gegebene große öffentliche Interesse an seiner Ausweisung nicht zu überwiegen. Das Vorbringen des Beschwerdeführers, daß sein Aufenthalt in Österreich seit dem Jahr 1993 in der Entwicklungsphase eines jungen Menschen von besonderer Bedeutung sei, wird dadurch relativiert, daß der Beschwerdeführer zwar in Österreich geboren ist, sich aber - unbestritten - vor Vollendung seines dritten Lebensjahres für längere Zeit, nämlich - abgesehen von einem Zeitraum von etwa vier Monaten in seinem zehnten Lebensjahr - bis zu seinem vierzehnten Lebensjahr in das Ausland begeben hat und daher nicht schon im Kleinkindalter sozial in Österreich integriert wurde (vgl. hiezu den hg. Beschluß vom 17. September 1998, Zl. 96/18/0150).
Mit seinem auf die Lebensumstände in seinem Heimatland gerichteten Vorbringen verkennt der Beschwerdeführer, daß mit einer Ausweisung keine Aussage darüber verbunden ist, daß der Fremde in ein bestimmtes Land auszureisen hat oder daß er allenfalls abgeschoben wird (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Fremdengesetz aus dem Jahr 1992, welche auf die Rechtslage nach dem FrG übertragbar ist, etwa das hg. Erkenntnis vom 13. November 1997, Zl. 97/18/0532).
2.3. Vor diesem Hintergrund ist auch die Rüge des Beschwerdeführers, die belangte Behörde hätte im Hinblick auf die von ihm geltend gemachten persönlichen Interessen von der Verhängung der Ausweisung im Sinn des § 33 Abs. 1 FrG absehen können und daher das ihr durch § 33 Abs. 1 FrG eingeräumte Ermessen nicht rechtmäßig geübt, nicht zielführend, macht doch die Beschwerde keine besonderen Umstände geltend, die die Behörde hätten veranlassen müssen, im Grunde des § 33 Abs. 1 FrG von ihrem Ermessen, von der Erlassung einer Ausweisung Abstand zu nehmen, Gebrauch zu machen.
3. Auf dem Boden des Gesagten sind auch die Verfahrensrügen, die belangte Behörde habe den angefochtenen Bescheid im Umfang der nach § 37 Abs. 1 FrG gebotenen Abwägung nicht hinlänglich begründet und den maßgebenden Sachverhalt in bezug auf die vom Beschwerdeführer in seinem Heimatland - nach seiner etwaigen Rückkehr dorthin - erwartete Situation nicht ausreichend ermittelt, nicht zielführend.
3. Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 12. November 1998
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1998180312.X00Im RIS seit
20.11.2000