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27/01 RechtsanwälteNorm
ASVG §17Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Lehofer, Mag. Nedwed und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision des Dr. T P, in I, vertreten durch Mag. Ines Praxmarer, Rechtsanwältin in 6020 Innsbruck, Bürgerstraße 19/I, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 29. Oktober 2014, Zl LVwG- 2014/40/1965-4, betreffend Befreiung von Beiträgen zur Zusatzpension (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht:
Ausschuss der Tiroler Rechtsanwaltskammer; weitere Partei:
Bundesminister für Justiz), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.
Der Revisionswerber hat der Tiroler Rechtsanwaltskammer Aufwendungen in Höhe von EUR 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Eingabe vom 9. Jänner 2014 beantragte der Revisionswerber die Befreiung von der Beitragsleistung zur Zusatzpension für das Jahr 2014 gemäß § 12 Abs 6 der Satzung der Versorgungseinrichtung der Tiroler Rechtsanwaltskammer, Teil B. Dieser Antrag wurde mit Bescheid des Ausschusses der Tiroler Rechtsanwaltskammer, Abt III, vom 6. Februar 2014 abgewiesen, der dagegen erhobenen Vorstellung wurde mit Bescheid des Plenums des Ausschusses der Tiroler Rechtsanwaltskammer vom 21. Mai 2014 keine Folge gegeben. Die vom Revisionswerber gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wies das Landesverwaltungsgericht Tirol als unbegründet ab und sprach aus, dass gegen dieses Erkenntnis gemäß § 25a VwGG die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG zulässig sei.
Nach Darstellung des Verfahrensganges führte das Verwaltungsgericht aus, der Revisionswerber sei jahrelang ASVGpflichtversichert gewesen und seit dem Jahr 2001 als Rechtsanwalt tätig sowie in der Liste der Tiroler Rechtsanwaltskammer eingetragen. Der Revisionswerber zahle seit diesem Eintritt in den Berufsstand freiwillig Beiträge zur Pensionsversicherung im Rahmen einer freiwilligen Weiterversicherung bei der Pensionsversicherungsanstalt. Seit der Eintragung in die Liste der Tiroler Rechtsanwaltskammer im Jahr 2001 habe der Revisionswerber jährlich um Befreiung der Beiträge nach § 12 Abs 6 der Satzung (der Versorgungseinrichtung der Tiroler Rechtsanwaltskammer) angesucht, welche von der Tiroler Rechtsanwaltskammer wiederum jährlich bewilligt worden sei. Für das Beitragsjahr 2014 habe der Revisionswerber ebenfalls die Befreiung von den Beiträgen zur Zusatzpension gemäß § 12 Abs 6 der Satzung aufgrund seiner Leistung von Beiträgen zur freiwilligen Pensionsversicherung an die Pensionsversicherungsanstalt beantragt, wobei dieser Antrag mit dem angefochtenen Bescheid abgewiesen worden sei.
In rechtlicher Hinsicht führte das Verwaltungsgericht nach Darlegung der maßgeblichen Rechtslage aus, dass der Revisionswerber seit dem Jahr 2001 als Rechtsanwalt tätig sei und als solcher gemäß § 12 Abs 3 der Satzung der Versorgungseinrichtung der Tiroler Rechtsanwaltskammer, Teil B, verpflichtend Beiträge zur Zusatzpension zu leisten habe. Aus diesem Grund sei er nicht nur verpflichtet, laufend Beiträge zur Versorgungseinrichtung einzuzahlen, sondern damit sei auch bis zu seinem Ausscheiden als Kammermitglied eine Anwartschaft auf die Erbringung von Versorgungsleistungen verbunden (vgl VwGH 09.09.1993, Zl 92/01/1085).
Eine Befreiung von Beiträgen zur Zusatzpension sei gemäß § 12 Abs 6 der Satzung vorgesehen, wenn der Rechtsanwalt nachweise, dass er Beiträge zu einer gesetzlich geregelten Altersvorsorge im In- und Ausland leiste, in die er aufgrund gesetzlicher Bestimmungen einbezogen werde oder worden sei. Die Einfügung der Passage "in die er aufgrund gesetzlicher Bestimmungen einbezogen wurde oder wird" in § 12 Abs 6 der Satzung sei im Rahmen der Vollversammlung des Ausschusses der Tiroler Rechtsanwaltskammer am 27. April 2006 beschlossen und mit Bescheid des Bundesministers für Justiz vom 14. Juli 2006 genehmigt worden. Im gegenständlichen Fall sei zu klären gewesen, ob eine freiwillige Weiterversicherung nach § 17 ASVG unter den Befreiungstatbestand des § 12 Abs 6 der Satzung der Versorgungseinrichtung der Tiroler Rechtsanwaltskammer, Teil B, zu subsumieren sei.
Das Verwaltungsgericht verwies in weiterer Folge auf die gesetzlichen Grundlagen sowie die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Versorgungssystem der Rechtsanwälte. Nach Ansicht des Verwaltungsgerichts seien im gegenständlichen Fall die Voraussetzungen für eine Befreiung nach § 12 Abs 6 der Satzung der Versorgungseinrichtung der Tiroler Rechtsanwaltskammer, Teil B, nicht gegeben, da der Revisionswerber keiner Pflichtversicherung nach ASVG unterliege und nicht verpflichtend Beiträge an die Pensionsversicherung der PVA zu leisten habe. Die Wendung "... in die er aufgrund gesetzlicher Bestimmungen einbezogen wurde oder wird ..." könne im Lichte der Literatur und Judikatur nur dahingehend verstanden werden, dass der Revisionswerber über eine Pflichtversicherung verfügen müsse, um von den Beiträgen zur Zusatzpension befreit zu werden. Gerade das Gegenteil werde jedoch mit Schreiben der Pensionsversicherungsanstalt vom 11. Dezember 2013 (Freiwillige Weiterversicherung in der Pensionsversicherung) bestätigt.
Dass die Wortfolge "aufgrund gesetzlicher Bestimmungen einbezogen wurde oder wird" im Sinne von gesetzlich zwingend bzw verpflichtend (im Gegensatz zu freiwillig) zu verstehen sei, ergebe sich auch aus der Formulierung selbst: Wortbedeutung und Verwendung des Passiv brächten klar zum Ausdruck, dass die Einbeziehung nicht im Belieben des Revisionswerbers stehen solle, also - im Gegensatz zu § 17 ASVG - kein Wahlrecht bestehe. Im Übrigen habe der Vertreter des Ausschusses der Tiroler Rechtsanwaltskammer im Rahmen der mündlichen Verhandlung auch nachvollziehbar dargelegt, dass die Zusatzpension obligatorisch sein solle, ein Ausstieg solle nicht ins freie Belieben des Betroffenen gestellt werden.
Eine freiwillige Weiterversicherung in der Pensionsversicherung nach § 17 ASVG stelle keine gesetzlich geregelte Altersvorsorge dar, in die der Revisionswerber einbezogen wurde oder wird, zumal Beginn und Ende dieser freiwilligen Weiterversicherung nach § 17 Abs 7 bzw 8 ASVG ausschließlich vom Versicherten selbst gewählt werden können. Diesbezüglich bestehe demnach ein Wahlrecht des Revisionswerbers, eine freiwillige Weiterversicherung bei der Pensionsversicherungsanstalt einzugehen. Wenn der Revisionswerber weiters vorbringe, dass ihm die Befreiung bisher immer gewährt worden sei und er durch die angefochtene Entscheidung nunmehr "überrascht" werde, so sei dem entgegenzuhalten, dass um die Befreiung jährlich anzusuchen sei und dementsprechend der - wenn auch unveränderte - Sachverhalt jährlich neu zu prüfen und rechtlich zu beurteilen sei. Eine plötzlich geänderte rechtliche Beurteilung eines unveränderten Sachverhalts könne zwar einen Verfahrensmangel darstellen, durch die Erhebung der Vorstellung sowie einer Beschwerde habe der Revisionswerber seine Rechte im Verfahren jedoch ausreichend geltend machen können, sodass dieser Mangel jedenfalls als geheilt anzusehen sei. Wenn nun die bisherigen rechtskräftigen Entscheidungen der belangten Behörde, mögen diese rechtsrichtig ergangen sein oder nicht, von der bekämpften abweichen, so könne darin alleine noch keine Rechtswidrigkeit der angefochtenen Entscheidung erkannt werden.
Zur Zulässigkeit sprach das Verwaltungsgericht aus, dass im vorliegenden Fall eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu lösen gewesen sei, da die Frage, ob eine freiwillige Weiterversicherung in der Pensionsversicherung iSd § 17 ASVG der Befreiung von Beiträgen zur Zusatzpension nach § 12 Abs 6 der Satzung der Versorgungseinrichtung der Tiroler Rechtsanwaltskammer, Teil B, unterliege, in der bisherigen Rechtsprechung nicht beantwortet worden sei.
Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision mit dem Antrag, der Verwaltungsgerichtshof möge in der Sache selbst entscheiden, und der Revision und dem Antrag auf Befreiung von der Verpflichtung zur Beitragsleistung zur Versorgungseinrichtung "Zusatzpension" der Tiroler Rechtsanwaltskammer für das Jahr 2014 stattgeben, in eventu das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufheben.
Das Verwaltungsgericht legte die Akten des Verfahrens vor. Die belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Revision.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. § 17 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl Nr 189/1955 idF BGBl I Nr 111/2010, bestimmt auszugsweise:
"§ 17. (1) Personen, die
1. a) aus der Pflichtversicherung oder der Selbstversicherung gemäß § 16a nach diesem Bundesgesetz oder aus einer nach früherer gesetzlicher Regelung ihr entsprechenden Pensions(Renten)versicheru ng oder aus der Pensionsversicherung für das Notariat ausgeschieden sind oder ausscheiden und die
b) in den letzten 24 Monaten vor dem Ausscheiden mindestens zwölf oder in den letzten fünf Jahren vor dem Ausscheiden jährlich mindestens drei Versicherungsmonate in einer oder mehreren gesetzlichen Pensionsversicherungen erworben haben,
2. aus einer Versicherung nach Z 1 lit. a einen bescheidmäßig zuerkannten Anspruch auf eine laufende Leistung, ausgenommen auf eine Hinterbliebenenpension, hatten,
können sich in der Pensionsversicherung weiterversichern, solange sie nicht in einer gesetzlichen Pensionsversicherung pflichtversichert sind oder einen bescheidmäßig zuerkannten Anspruch auf eine laufende Leistung aus einer eigenen gesetzlichen Pensionsversicherung haben.
(...)
(7) Die Weiterversicherung beginnt, unbeschadet der Bestimmungen des § 225 Abs. 1 Z 3 mit dem Zeitpunkt, den der Versicherte wählt, spätestens jedoch mit dem Monatsersten, der auf die Antragstellung folgt. Dem Versicherten steht es frei, in der Folge die Monate zu bestimmen, die er durch Beitragsentrichtung als Monate der Weiterversicherung erwerben will.
(8) Die Weiterversicherung endet, außer mit dem Wegfall der Voraussetzungen,
1. mit dem Ende des Kalendermonates, in dem der Versicherte seinen Austritt erklärt hat;
2. wenn Beiträge für mehr als sechs aufeinanderfolgende Monate nicht entrichtet sind, mit dem Ende des letzten durch Beitragsentrichtung erworbenen Versicherungsmonates.
(...)"
§ 49 Rechtsanwaltsordnung (RAO), RGBl Nr 96/1868 idF BGBl I Nr 141/2009, und § 50 RAO idF BGBl I Nr 159/2013, bestimmen auszugsweise wie folgt:
"§ 49. (1) Die Rechtsanwaltskammern haben Einrichtungen zur Versorgung der Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter für den Fall des Alters und der Berufsunfähigkeit sowie zur Versorgung der Hinterbliebenen für den Fall des Todes des Rechtsanwalts oder des Rechtsanwaltsanwärters mit einer zu beschließenden Satzung zu schaffen und aufrechtzuerhalten. Die Satzungen der auf dem Umlagesystem beruhenden Versorgungseinrichtungen haben - unter Wahrung bereits erworbener Rechtspositionen - vorzusehen, dass alle Leistungen aus der Versorgungseinrichtung in Abhängigkeit von der Anzahl der erworbenen Beitragsmonate festgesetzt werden, dass bei Erreichen einer bestimmten Anzahl von Beitragsmonaten (Normbeitragsmonate) der Anspruch auf eine in der Leistungsordnung betraglich festgesetzte Altersrente (Basisaltersrente) erworben wird und dass sich bei Über- oder Unterschreiten der Normbeitragsmonate die zuzuerkennende Altersrente gegenüber der Basisaltersrente erhöht oder reduziert. Bei ihrer erstmaligen Festsetzung darf die Basisaltersrente die nach 35-jähriger Eintragung in die Liste der Rechtsanwälte nach der bis dahin gültigen Leistungsordnung vorgesehene Altersrente nicht unterschreiten. Änderungen der Satzungen der Versorgungseinrichtungen sind unter Berücksichtigung wohlerworbener Rechte und unter Wahrung des Vertrauensschutzes vorzunehmen.
(...)
(2) Beitragspflichtig sind grundsätzlich alle in die Liste einer österreichischen Rechtsanwaltskammer oder in die Liste der niedergelassenen europäischen Rechtsanwälte einer österreichischen Rechtsanwaltskammer eingetragenen Rechtsanwälte sowie die in die Liste der Rechtsanwaltsanwärter einer österreichischen Rechtsanwaltskammer eingetragenen Rechtsanwaltsanwärter, es sei denn, dass diese wegen ihrer rechtsanwaltlichen Tätigkeit bereits auf Grund anderer Rechtsvorschriften einer Pflichtversicherung in einem Altersversicherungssystem eines Mitgliedstaats der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaats des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweizerischen Eidgenossenschaft unterliegen. Zwei oder mehr Rechtsanwaltskammern können auch eine gemeinsame Versorgungseinrichtung mit einer einheitlichen Satzung schaffen.
(...)
§ 50. (1) Jeder Rechtsanwalt und Rechtsanwaltsanwärter sowie deren Hinterbliebene haben bei Vorliegen der Voraussetzungen und bei Eintritt des Versorgungsfalls Anspruch auf Alters-, Berufsunfähigkeits- und Hinterbliebenenversorgung.
(...)
(3) In den Satzungen der Versorgungseinrichtungen können auch über die im Abs. 2 festgelegten Grundsätze hinausgehende, für die Versorgungsberechtigten günstigere Regelungen festgesetzt werden, insbesondere günstigere Wartezeiten; bei der Berufsunfähigkeits- und Hinterbliebenenversorgung kann auf das Erfordernis der Wartezeit ganz verzichtet werden. Die Satzungen können auch vorsehen, daß ehemalige Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter sowie deren Hinterbliebene bei Weiterentrichtung von Beiträgen in die Versorgungseinrichtung, bei deren Höhe der Entfall der Erbringung von Verfahrenshilfeleistungen zu berücksichtigen ist, anspruchsberechtigt bleiben. Zusätzlich zu den auf dem Umlagesystem beruhenden Versorgungseinrichtungen können in den Satzungen auch nach dem Kapitaldeckungsverfahren gestaltete Versorgungseinrichtungen geschaffen werden, bei denen die Versorgungsansprüche ausschließlich nach den eingezahlten Beträgen, den Prämien und den Veranlagungsergebnissen berechnet werden, auf das Erfordernis der Wartezeit ganz verzichtet werden kann und der Verzicht auf die Ausübung der Rechtsanwaltschaft keine Anspruchsvoraussetzung ist. Besteht eine solche nach dem Kapitaldeckungsverfahren gestaltete Versorgungseinrichtung, so sind die Kapital- und die Unverfallbarkeitsbeträge, die insbesondere aus einer Pensionskasse, einer Gruppenrentenversicherung, einer Versorgungs- und Unterstützungseinrichtung einer Kammer der selbständig Erwerbstätigen oder von einem früheren Arbeitgeber oder Dienstgeber übertragen werden, den eingezahlten Beträgen gleichgestellt.
(...)"
Hinsichtlich der Befreiung von den Beiträgen zur Zusatzpension legt § 12 Abs 6 der Satzung der Versorgungseinrichtung Teil B der Tiroler Rechtsanwaltskammer (Zusatzpension) in der Fassung des Beschlusses der ao Vollversammlung vom 6. November 2008, genehmigt mit Bescheid des BMJ vom 22. Dezember 2008, GZ BMJ-B 16.207/0002-I 6/2008 (in Folge: die Satzung) - soweit hier maßgeblich - Folgendes fest:
"(6) Der Rechtsanwalt, der nachweist, dass er Beiträge zu einer gesetzlich geregelten Altersvorsorge im In- oder Ausland leistet, in die er aufgrund gesetzlicher Bestimmungen einbezogen wurde oder wird, oder Leistungen aus einer solchen Altersvorsorge beizieht, ist auf Antrag von Beiträgen zur Zusatzpension zu befreien. Ein entsprechender Antrag ist jeweils bis 31. Jänner eines jeden Kalenderjahres, im Falle der Eintragung binnen sechs Wochen ab dem Tage der Eintragung, unter Vorlage des letzten Kontoauszuges der Versicherungsanstalt der gesetzlichen Altersvorsorge zu stellen."
2. Die Revision ist aus den vom Verwaltungsgericht angegebenen Gründen zulässig; sie ist jedoch nicht berechtigt:
2.1. Die Regelung des § 12 Abs 6 der Satzung besteht in ihrem für den gegenständlichen Fall relevanten Wortlaut seit dem Beschluss über die Satzung vom 27. April 2006 (genehmigt mit Bescheid des BMJ vom 14. Juli 2006, BMJ-B16.207/0001-I 6/2006). Bis zu diesem Zeitpunkt regelte § 12 Abs 5 der Satzung der Versorgungseinrichtung der Tiroler Rechtsanwaltskammer, Teil B:
Zusatzpension, die Beitragsbefreiung von der Zusatzpension wörtlich wie folgt:
"Der Rechtsanwalt, der nachweist, dass er verpflichtend oder freiwillig Beiträge zu einer gesetzlich geregelten Altersvorsorge im In- oder Ausland leistet oder Leistungen aus einer solchen Altersvorsorge bezieht, ist auf Antrag von Beiträgen zur Zusatzpension zu befreien".
Bis zur Satzungsänderung im Jahre 2006 waren daher sowohl verpflichtend als auch freiwillig geleistete Beiträge zu einer gesetzlich geregelten Altersvorsorge von der Befreiung von Beiträgen zur Zusatzpension erfasst. In der im Revisionsfall anzuwendenden Bestimmung der Satzung aus dem Jahre 2008 fehlt einerseits die Wortfolge "verpflichtend oder freiwillig", andererseits wurde die Bestimmung dahingehend konkretisiert, dass der Rechtsanwalt in die gesetzlich geregelte Altersvorsorge "aufgrund gesetzlicher Bestimmungen einbezogen" wird bzw wurde. Maßgeblich nach der geänderten Bestimmung des § 12 Abs 6 der Satzung ist daher, ob der Rechtsanwalt in eine gesetzlich geregelte Altersvorsorge aufgrund gesetzlicher Bestimmungen einbezogen wurde oder wird.
2.2. Der Revisionswerber ist zusammengefasst der Meinung, eine Befreiung nach § 12 Abs 6 der Satzung gelte auch für jene Fälle, in denen eine freiwillige Weiterversicherung im Sinne des § 17 ASVG besteht.
Er habe unbestrittenermaßen seit Jahren und auch im Beitragsjahr 2014 Beiträge im Rahmen der freiwilligen Weiterversicherung, die ihre Grundlage in der gesetzlichen Bestimmung des § 17 ASVG finde, geleistet. Mit der sogenannten freiwilligen Weiterversicherung in der Pensionsversicherung werde ein gesetzlich geregeltes Pensionsversicherungsverhältnis zu einer gesetzlich geregelten Altersvorsorge bei der Pensionsversicherungsanstalt eingegangen. Der Entscheidungsfreiheit des Revisionswerbers obliege bei der freiwilligen Weiterversicherung nur die Frage, ob er eine pensionsrechtliche Weiterversicherung im Sinne des § 17 ASVG in Anspruch nehmen wolle. Die Fragen der Beitragspflicht des Revisionswerbers und der Leistungspflicht des gesetzlichen Pensionsversicherungsträgers seien gesetzlich geregelt und würden nicht deren Belieben oder deren Vereinbarung unterliegen.
2.3. Diesem Vorbringen kann nicht gefolgt werden:
§ 17 ASVG legt die Voraussetzungen fest, unter denen eine Weiterversicherung in der Pensionsversicherung möglich ist. Wie sich aus § 17 Abs 7 ASVG (arg "... Monatsersten, der auf die Antragstellung folgt") ergibt, herrscht im Bereich der freiwilligen Weiterversicherung ebenso wie in vielen anderen Bereichen des Sozialversicherungsrechtes das Antragsprinzip (vgl das hg Erkenntnis vom 21. April 2004, Zl 2001/08/0077). Die freiwillige Weiterversicherung in der Pensionsversicherung ist in die Dispositionsbefugnis der Versicherten gestellt, wobei der Inhalt der Rechte und Pflichten aus dieser Versicherung durch die Gesetze in der jeweils geltenden Fassung bestimmt wird und jeder Verfügungsgewalt der Versicherungsträger und der Versicherten entzogen ist (vgl das Urteil des OGH vom 23. Jänner 1969, 2 Ob 389/68, mwH). Nach § 17 Abs 7 ASVG beginnt die Weiterversicherung, unbeschadet der Bestimmungen des § 225 Abs 1 Z 3 ASVG, mit dem Zeitpunkt, den der Versicherte wählt, spätestens jedoch mit dem Monatsersten, der auf die Antragstellung folgt. Dem Versicherten steht es frei, in der Folge die Monate zu bestimmen, die er durch Beitragsentrichtung als Monate der Weiterversicherung erwerben will (vgl das hg Erkenntnis vom 15. Mai 2013, Zl 2011/08/0012). Weiters kann der Versicherte auch entscheiden, wann die Weiterversicherung enden soll (§ 17 Abs 8 Z 1 ASVG).
Vor diesem Hintergrund kann dem Revisionswerber nicht darin gefolgt werden, dass es sich bei einer freiwilligen Weiterversicherung im Sinne des § 17 ASVG um eine Altersvorsorge im Sinne des § 12 Abs 6 der Satzung handle. Schon die Formulierung des § 12 Abs 6 der Satzung, wonach der Rechtsanwalt in eine gesetzliche Altersvorsorge "aufgrund gesetzlicher Bestimmungen einbezogen wurde oder wird", lässt erkennen, dass dieser Befreiungstatbestand eine Einbeziehung in die Altersvorsorge voraussetzt, die unabhängig von einer Willenserklärung des Versicherten von Gesetzes wegen erfolgt. Durch die freiwillige Weiterversicherung wird der Revisionswerber aber nicht "aufgrund gesetzlicher Bestimmungen" einbezogen, vielmehr erfolgt die Einbeziehung aufgrund eines Antrages, auch wenn der Inhalt der Versicherung in der Folge durch das Gesetz bestimmt wird. Damit hängt die Einbeziehung von der freiwilligen Erklärung des Revisionswerbers ab.
2.4. Die Rechtsanwaltskammern - als berufliche Selbstverwaltungskörper, für die das Element der Pflichtmitgliedschaft aller Angehöriger dieser Berufsgruppe wesentlich ist - sind verpflichtet, eine Versorgungseinrichtung für alle ihre Mitglieder zu schaffen (vgl das hg Erkenntnis vom 20. März 2003, Zl 2002/06/0215). Die Rechtsanwaltskammern haben demnach gemäß § 49 Abs 1 RAO Einrichtungen zur Versorgung der Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter unter anderem für den Fall des Alters mit einer zu beschließenden Satzung zu schaffen und aufrechtzuerhalten. Gemäß § 50 Abs 3 RAO können zusätzlich zu den auf dem Umlagesystem beruhenden Versorgungseinrichtungen in den Satzungen auch nach dem Kapitaldeckungsverfahren gestaltete Versorgungseinrichtungen geschaffen werden. Die von den Rechtsanwaltskammern zu schaffenden Versorgungseinrichtungen sind für sämtliche Mitglieder der Rechtsanwaltskammern zu schaffen (vgl das hg Erkenntnis vom 23. Juni 2009, Zl 2007/06/0292). Der Gesetzgeber sieht hierbei keine Möglichkeit für Rechtsanwälte vor, auf Leistungen der Versorgungseinrichtung zu verzichten (vgl erneut das hg Erkenntnis vom 20. März 2003, Zl 2002/06/0215). Der Verwaltungsgerichtshof hegt darüber hinaus keine Bedenken für den Fall, dass eine private Vorsorge des Rechtsanwalts im Zusammenhang mit einer beantragten Beitragsbefreiung nicht berücksichtigt wird (vgl die hg Erkenntnisse vom 23. Juni 2009, Zl 2007/06/0292, und vom 25. April 2001, Zl 99/10/0241). Die Versorgungseinrichtungen der Rechtsanwaltskammern sind somit derart ausgestaltet, dass grundsätzlich sämtliche Kammermitglieder einbezogen werden und eine Einbeziehung nicht in jedem Fall von einer Entscheidung des einzelnen Kammermitgliedes abhängen soll.
Das (nicht näher begründete) Vorbringen des Revisionswerbers, wonach keine Ermächtigung der Kammern dahingehend bestehe, eine Versorgung der Rechtsanwälte auch dann mit Satzung vorzuschreiben, wenn bereits eine gesetzliche Pensionsversicherung bestehe, ist vor diesem Hintergrund nicht geeignet, begründete Bedenken gegen die Sachlichkeit der in § 12 Abs 6 der Satzung getroffenen Regelung bzw gegen die Vereinbarkeit mit dem Gleichheitsgrundsatz zu wecken.
2.5. Der Revisionswerber bringt weiters vor, die Satzung sei im Sinne der Schließung einer Gesetzeslücke auszulegen, da es bei Eintritt in den Berufsstand der Rechtsanwälte nach vorheriger sozialversicherungspflichtiger Tätigkeit keine Übertragung oder Mitnahme von Pensionsanwartschaften gäbe. ASVG-Pflichtversicherte müssten sich bei Eintritt in die Anwaltschaft nach § 17 ASVG weiterversichern, um nicht sämtliche ASVG-Anwartschaften zu verlieren.
Mit diesem Vorbringen ist für den Revisionswerber schon deshalb nichts zu gewinnen, weil es ihm auch ohne Beitragsbefreiung nach § 12 Abs 6 der Satzung unbenommen bleibt, sich weiterhin freiwillig nach § 17 ASVG weiter zu versichern und hierdurch weitere Versicherungszeiten nach dem ASVG zu erwerben. In diesem Zusammenhang ist ergänzend darauf hinzuweisen, dass die Einbeziehung der Versorgungseinrichtungen der Rechtsanwälte in das System der Wanderversicherung verfassungsrechtlich nicht geboten ist (vgl das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 2. Oktober 1987, VfSlg 11.469, sowie das hg Erkenntnis vom 6. Juli 1999, Zl 99/10/0104).
2.6. Der Verwaltungsgerichtshof hat des Weiteren bereits hinsichtlich der gleichlautenden Bestimmung des § 12 Abs 6 der Satzung der Versorgungseinrichtung der Rechtsanwaltskammer für Kärnten, Teil B: Zusatzpension, vom 9. Juni 2006, ausgesprochen, dass keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen diese Satzungsbestimmung bestehen (vgl das hg Erkenntnis vom 8. Mai 2008, Zl 2007/06/0291 mwH, insbesondere den darin wiedergegebenen Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 25. September 2007, B 420/07-6). Gleiches gilt auch für den hier gegenständlichen § 12 Abs 6 der Satzung der Versorgungseinrichtung Teil B der Tiroler Rechtsanwaltskammer (Zusatzpension) in der Fassung des Beschlusses der ao Vollversammlung vom 6. November 2008. Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich daher nicht veranlasst, einen Antrag auf Verordnungsprüfung beim Verfassungsgerichtshof zu stellen.
3. Das Verwaltungsgericht ist damit zu Recht zum Ergebnis gekommen, dass die freiwillige Weiterversicherung gemäß § 17 ASVG nicht als gesetzlich geregelte Altersvorsorge anzusehen ist, in die der Revisionswerber aufgrund gesetzlicher Bestimmungen einbezogen wurde oder wird, sodass die Voraussetzungen für eine Befreiung von Beiträgen zur Zusatzpension gemäß § 12 Abs 6 der Satzung nicht vorliegen.
Die Revision war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen. Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl II Nr 518/2013 idF BGBl II Nr 8/2014.
Von der in der Revision beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs 2 Z 6 VwGG abgesehen werden, weil weder aus dem Vorbringen der Parteien noch aus den Akten des Verfahrens Umstände ersichtlich sind, die eine weitere Klärung der Rechtssache durch eine mündliche Verhandlung erwarten ließen und vor dem Verwaltungsgericht bereits eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat.
Wien, am 29. April 2015
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2015:RO2015030015.J00Im RIS seit
06.09.2019Zuletzt aktualisiert am
06.09.2019