Index
001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AVG §57 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Bayjones und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Keller, über die Beschwerde des Z K, (geboren am 11. März 1970), in Wien, vertreten durch Dr. Gabriel Liedermann, Rechtsanwalt in 1100 Wien, Gudrunstraße 143, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 11. Oktober 1994, Zl. SD 222/94, betreffend Zurückweisung einer Berufung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Mit ausdrücklich auf § 57 Abs. 1 AVG 1950 gestütztem Bescheid vom 9. September 1994 verpflichtete die Bundespolizeidirektion Wien gemäß § 79 Abs. 1 des Fremdengesetzes, BGBl. Nr. 838/1992, den Beschwerdeführer zum Ersatz der Kosten, die der Behörde oder dem Bund bei der Durchsetzung des Aufenthaltsverbotes oder der Ausweisung entstanden sind sowie der Kosten der Vollziehung der Schubhaft in der Höhe von insgesamt S 6.907,--. Zur Begründung führte die Behörde insbesondere aus, daß sie gemäß § 57 Abs. 1 AVG 1991 berechtigt sei, einen Bescheid auch ohne vorausgegangenes Ermittlungsverfahren zu erlassen, wenn es sich um die Vorschreibung von Geldleistungen nach einem gesetzlich, statutarisch oder tarifmäßig feststehenden Maßstab handle. Dieser Bescheid enthielt die Rechtsmittelbelehrung, daß binnen zwei Wochen ab Zustellung schriftlich oder telegraphisch bei der Bundespolizeidirektion Wien Vorstellung erhoben werden könne.
2. Innerhalb der zweiwöchigen Frist brachte der Beschwerdeführer bei der Bundespolizeidirektion Wien ein als Berufung bezeichnetes Rechtsmittel ein, in der er unrichtige rechtliche Beurteilung und unrichtige Sachverhaltsfeststellung geltend machte und aus diesen Gründen die ersatzlose Bescheidbehebung begehrte.
3. Mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 11. Oktober 1994 wurde die Berufung gegen den genannten Bescheid vom 9. September 1994 als unzulässig zurückgewiesen. Die belangte Behörde führte im wesentlichen aus, daß gegen einen in einem sogenannten Mandatsverfahren erlassenen Bescheid gemäß § 57 Abs. 2 AVG bei der Behörde, die den Bescheid erlassen habe, binnen zwei Wochen Vorstellung erhoben werden könne. Eine Berufung sehe das Gesetz hingegen nicht vor. Darauf sei der Beschwerdeführer in der Rechtsmittelbelehrung des erstinstanzlichen Bescheides hingewiesen worden. Demnach hätte das vom rechtsfreundlichen Vertreter des Beschwerdeführers ausdrücklich als "Berufung" bezeichnete Rechtsmittel als unzulässig zurückgewiesen werden müssen.
4. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
5. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt es bei der Beurteilung, ob ein gegen einen Mandatsbescheid erhobenes Rechtsmittel als Vorstellung oder als unzulässige Berufung zu werten ist, nicht ausschließlich auf seine Bezeichnung an. Läßt sich das Rechtsmittel aufgrund des darin gestellten Begehrens (auch) als Vorstellung deuten, hat dies zu geschehen. Entscheidend ist dabei, ob sich aus dem Begehren eindeutig ergibt, die Entscheidung welcher Behörde der Rechtsmittelwerber beantragt. Läßt sich aus dem Begehren nichts anderes schließen, als daß eine Entscheidung der Berufungsbehörde beantragt wird, ist eine Deutung des Rechtsmittels als Vorstellung ausgeschlossen (vgl. die bei Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, zu § 57 AVG,
S. 428 f unter E 8a bis 11b zitierte Rechtsprechung).
2.1. Die Beschwerde wendet gegen den angefochtenen Bescheid ein, daß der Beschwerdeführer ungeachtet der Bezeichnung seiner Eingabe vom 26. Juni 1994 gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien eine Vorstellung eingebracht habe. Davon, daß diese Eingabe unmißverständlich eine Berufung gegen den genannten Bescheid sei , könne nicht gesprochen werden. Die Eingabe sei - irrtümlich - zwar als Berufung bezeichnet worden, doch sei diese an die Bundespolizeidirektion Wien gerichtet gewesen und habe keinen Berufungsantrag enthalten. Aus dem Inhalt der Eingabe sei zu ersehen gewesen, daß zwar der genannte Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien bekämpft werde, der Beschwerdeführer sich aber bei der Bezeichnung als "Berufung" anstelle von "Vorstellung" bloß im Ausdruck vergriffen habe. Dies sei der Eingabe insbesondere deshalb zu entnehmen, weil diese weder an die Berufungsbehörde gerichtet gewesen sei, noch einen Antrag auf Entscheidung durch diese enthalten habe. In Wahrheit deute nichts anderes als der verfehlte Begriff "Berufung" anstelle von "Vorstellung" darauf hin, daß mit dieser Eingabe "tatsächlich eine Berufung" eingebracht worden sei.
2.2. Dieses Vorbringen führt die Beschwerde nicht zum Erfolg. Der Beschwerdeführer hat gegen den erstinstanzlichen Bescheid ein nicht nur im Rubrum, sondern auch in der Rechtsmittelerklärung als "Berufung" bezeichnetes Rechtsmittel eingebracht. Im Zweifelsfall ist es für die Frage, ob es sich bei einem eingebrachten Rechtsmittel gegen einen Mandatsbescheid um eine Vorstellung oder um eine Berufung handelt, ausschlaggebend, ob damit eine Entscheidung der den bekämpften Bescheid erlassenden Behörde oder der übergeordneten Berufungsbehörde beantragt wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. November 1990, Zl. 90/07/0102). Der als Berufung bezeichnete Schriftsatz des Beschwerdeführers schließt mit dem Antrag, "aus diesen Gründen wird die ersatzlose Bescheidbehebung begehrt". Gemäß § 57 Abs. 3 AVG 1991 hat die Behörde binnen zwei Wochen nach Einlangen der Vorstellung das Ermittlungsverfahren einzuleiten, widrigenfalls der angefochtenen Bescheid von Gesetzes wegen außer Kraft tritt. Auf Verlangen der Partei ist das Außerkrafttreten des Bescheides schriftlich zu bestätigen. Die Kenntnis dieser Bestimmung kann bei dem rechtsfreundlich vertretenen Beschwerdeführer vorausgesetzt werden. Dessen ungeachtet begehrt der Beschwerdeführer die "ersatzlose Bescheidbehebung". Daraus folgt, daß die belangte Behörde zu Recht das vom Beschwerdeführer erhobene Rechtsmittel als Berufung gewertet hat. Wurde aber gegen einen Mandatsbescheid nicht eine Vorstellung, sondern eine Berufung erhoben, so ist diese als falsches Rechtsmittel zurückzuweisen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Februar 1984, Slg. Nr. 11.335/A). Die belangte Behörde hat daher die Berufung des Beschwerdeführers zu Recht als unzulässig zurückgewiesen.
3. Die Beschwerde war sohin gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
4. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 12. November 1998
Schlagworte
Inhalt der Berufungsentscheidung Voraussetzungen der meritorischen Erledigung Zurückweisung (siehe auch §63 Abs1, 3 und 5 AVG)Individuelle Normen und Parteienrechte Auslegung von Bescheiden und von Parteierklärungen VwRallg9/1European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1994180964.X00Im RIS seit
11.07.2001Zuletzt aktualisiert am
27.06.2016