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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §71 Abs1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Bayjones und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Keller, über die Beschwerde des YI, (geboren am 1. Jänner 1964), vertreten durch Dr. Gabriel Liedermann, Rechtsanwalt in 1100 Wien, Gudrunstraße 143, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Burgenland vom 3. Jänner 1995, Zl. Fr-333/94, betreffend Abweisung eines Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsfrist gegen 1. den Ausweisungsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Oberpullendorf vom 5. September 1994 und
2. den Feststellungsbescheid gemäß § 54 FrG der Bezirkshauptmannschaft Oberpullendorf vom 6. September 1994, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Burgenland (der belangten Behörde) vom 3. Jänner 1995 wurde der Antrag des Beschwerdeführers, eines türkischen Staatsangehörigen, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist betreffend die oben genannten Bescheide der Bezirkshauptmannschaft Oberpullendorf gemäß § 71 Abs. 1 AVG abgewiesen.
Die Bezirkshauptmannschaft Oberpullendorf habe ihren Bescheid unter anderem damit begründet, daß die gegenständlichen Bescheide von einem Dolmetscher übersetzt und weiters der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers bereits am 16. September 1994 vom Beschwerdeführer mit der Vertretung beauftragt worden wäre. Der Beschwerdeführer wäre daher sehr wohl in Kenntnis der Rechtsmittelfristen gewesen, weiters wäre - da die Rechtsmittelfrist erst am 20. September 1994 abgelaufen wäre - auch dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers eine rechtzeitige Berufungsvorlage möglich gewesen.
In der Berufung wiederhole der Beschwerdeführer seine Ausführungen im Wiedereinsetzungsantrag unter anderem dahingehend, daß ihm die Rechtsmittelbelehrung der angefochtenen Bescheide überhaupt nicht und deren Spruch nur dahingehend übersetzt worden wären, daß man ihm gesagt hätte, daß er jetzt aus Österreich ausreisen müßte, und daß weiters der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers erst infolge der Übernahme der Vertretung der Ehefrau des Beschwerdeführers vom Vorliegen des Ausweisungs- und Feststellungsbescheides Kenntnis erlangt hätte.
Die belangte Behörde schließe sich der erstinstanzlichen Entscheidung sowohl hinsichtlich des Spruches als auch der Begründung vollinhaltlich an. Die Einsichtnahme in den vorliegenden Verwaltungsakt habe ergeben, daß unterhalb der Durchschrift des Ausweisungsbescheides, aber auch des Feststellungsbescheides gemäß § 54 FrG der vom Dolmetscher unterfertigte Vermerk angebracht worden sei, daß die Bescheide am 6. September 1994 mündlich übersetzt worden seien. Der belangten Behörde erscheine es unglaubwürdig, daß diese Vermerke wahrheitswidrig angebracht worden wären. Einerseits bestünde kein wie immer gearteter Anlaß, an der charakterlichen Integrität des Dolmetschers Zweifel zu hegen, andererseits sei amts- und allgemein bekannt, daß sich die Vergütung von Dolmetscherleistungen unter anderem auch nach der aufgewendeten Zeit richte. Zwar möge es zutreffen, daß der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers erst infolge der Übernahme der Vertretung der Ehefrau des Beschwerdeführers vom Vorliegen des Ausweisungs- und des Feststellungsbescheides Kenntnis erlangt habe; dem Akteninhalt sei aber zweifelsfrei zu entnehmen, daß der Beschwerdeführer seinem Rechtsvertreter den Vertretungsauftrag bereits am 16. September 1994 erteilt habe und die Rechtsmittelfristen betreffend die genannten beiden Bescheide erst am 20. September 1994 endeten.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragte.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1.1. Vorweg ist festzuhalten, daß - insoweit stimmen die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens überein - die Frist zur Erhebung einer Berufung gegen die eingangs genannten Bescheide der Bezirkshauptmannschaft Oberpullendorf versäumt wurden, somit die wesentliche Voraussetzung für die Zulässigkeit eines Wiedereinsetzungsantrages erfüllt ist (§ 71 Abs. 1 AVG).
1.2. Nach der vorliegend in Betracht kommenden Bestimmung des § 71 Abs. 1 Z. 1 AVG ist unter anderem gegen die Versäumung einer Frist auf Antrag einer Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, daß sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft.
2.1. Der Beschwerdeführer bringt gegen die Abweisung seines Wiedereinsetzungsantrages vor, daß die belangte Behörde den Beschwerdeführer entgegen seinem ausdrücklichen Antrag nicht zu seinem Vorbringen im Wiedereinsetzungsantrag einvernommen habe, daß nämlich dem Beschwerdeführer trotz seines Bemühens niemand die Möglichkeit der Erhebung eines Rechtsmittels betreffend den Feststellungsbescheid gemäß § 54 erläutert habe und der Beschwerdeführer auf Grund seiner fehlenden Sprachkenntnisse "die Möglichkeit der Berufungserhebung" auch nicht selbst habe wahrnehmen können. Die belangte Behörde sei auf dieses Vorbringen in seinem Wiedereinsetzungsantrag nur insofern eingegangen, als ihr unglaubwürdig erschiene, daß der Vermerk, wonach dem Beschwerdeführer die anzufechtenden Bescheide übersetzt worden wären, wahrheitswidrig angebracht worden sei; damit habe sich die belangte Behörde aber der ordnungsgemäßen Ermittlung des Sachverhaltes entzogen, der geeignet gewesen sei, einen anderen Spruch - nämlich die Stattgebung des Wiedereinsetzungsbegehrens - nach sich zu ziehen. Der Umstand, daß der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers noch vor Ablauf der Berufungsfrist seine Vertretung übernommen habe, habe das Verschulden des Beschwerdeführers an der Fristversäumung nicht bewirken können, weil der Beschwerdeführer durch seinen Rechtsvertreter, der die Bezirkshauptmannschaft Oberpullendorf unmittelbar nach der Vertretungsübernahme um prompte Übersendung der Aktenabschrift ersucht habe, die erforderlichen Schritte zur Wahrung des Fristenlaufes gesetzt habe. Der Beschwerdeführer habe daher durch die Betrauung seines Rechtsvertreters mit der möglichst raschen Klärung der Verfahrenssituation bzw. "des Standes des oder der Verwaltungsverfahren" keine Säumigkeit zu verantworten, an der ihn ein "schädliches Verschulden" an der Versäumung der Berufungsfristen treffen würde.
2.2. Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.
Der Beschwerdeführer räumt ein, daß er seinen Rechtsvertreter mit seiner Vertretung betreffend die eingangs genannten Bescheide schon vor Ablauf der Berufungsfrist betraut habe und läßt weiters die maßgeblichen Feststellungen im angefochtenen Bescheid, daß diese Betrauung am 16. September 1994 erfolgt sei und die Berufungsfristen erst am 20. September 1994 geendet hätten, unbestritten.
Schon von daher ist der Beschwerde kein Erfolg beschieden, steht doch damit außer Zweifel, daß dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers - ungeachtet dessen, ob der Beschwerdeführer selbst, wie er behauptet, mangels ausreichender Sprachkenntnisse die Möglichkeit der Berufungserhebung nicht habe wahrnehmen können - mehr als vier Tage zur Verfügung standen, um zu klären, ob die Fristen zur Erhebung einer Berufung gegen die oben genannten Bescheide noch offenstehen, und um rechtzeitig ein Rechtsmittel einzubringen. Der Beschwerdeführer, der für die Handlungen und Unterlassungen seines Vertreters einzustehen hat, war daher nicht durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis daran gehindert, in den dem Wiedereinsetzungsantrag zugrundeliegenden Fällen die Rechtsmittelfrist zu wahren.
3. Da sich nach dem Gesagten die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
4. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 12. November 1998
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1995180419.X00Im RIS seit
20.11.2000