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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §37;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Brandtner, über die Beschwerde des 1967 geborenen H S in L, vertreten durch Dr. V, Rechtsanwalt in Linz, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 26. November 1997, Zl. 122.980/2-III/11/97, betreffend Zurückweisung einer Berufung i.A. einer Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer stellte am 18. Dezember 1996 beim Magistrat der Stadt Linz einen als "Verlängerungsantrag" bezeichneten Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung, der mit namens des Landeshauptmannes von Oberösterreich ergangenen Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 13. Mai 1997 gemäß § 5 Abs. 1 iVm § 1 Abs. 1 AufG sowie § 2 Abs. 1 und § 7 Abs. 4 FrG 1992 abgewiesen wurde.
Die dagegen erhobene Berufung wurde vom Bundesminister für Inneres mit Bescheid vom 26. November 1997 gemäß § 66 Abs. 4 AVG zurückgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, da die Zustellung rechtswirksam am 22. Mai 1997 erfolgt sei und die Berufung erst am 13. Juni 1997 und daher verspätet eingebracht worden sei, sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in dem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:
Der Beschwerdeführer tritt der Annahme der belangten Behörde, daß die Zustellung des erstinstanzlichen Bescheides am 22. Mai 1997 rechtswirksam erfolgt sei, insofern entgegen, als er behauptet, zum Zeitpunkt der Hinterlegung sich nicht an der Hinterlegungsstelle befunden zu haben, weil er krank gewesen und vom 20.Mai bis 6.Juni 1997 bei der Familie seines Bruders in E. gepflegt worden sei. Da die Hinterlegung aufgrund seiner Ortsabwesenheit durch die Post contra legem erfolgt sei, sei die Annahme einer wirksamen Ersatzzustellung irrig.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat die Behörde, bevor sie die Zurückweisung eines Rechtsmittels ausspricht, zu prüfen, ob die Zustellung des angefochtenen Bescheides ordnungsgemäß erfolgt ist, und das Ergebnis ihrer Feststellungen dem Rechtsmittelwerber vor ihrer Entscheidung vorzuhalten. Hiebei hat die Behörde nach § 37 AVG und § 39 Abs. 2 AVG von Amts wegen vorzugehen, zumal der Berufungswerber nicht verpflichtet ist, von vornherein alle Umstände anzuführen, aus denen er die Rechtzeitigkeit seiner Berufung ableitet. Wird dies von der Rechtsmittelbehörde unterlassen, so trägt sie das Risiko einer Bescheidaufhebung wegen unterlaufener Verfahrensmängel (vgl. die bei Walter-Thienel, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze I, 1998, S. 1260, E. 87 und 88 angegebene hg. Judikatur).
Der belangten Behörde, die die Feststellung der Versäumung der Berufungsfrist dem Beschwerdeführer vor Erlassung des die Berufung zurückweisenden Bescheides nicht vorgehalten hat, ist somit ein Verfahrensfehler unterlaufen, wobei im Hinblick auf die nicht dem Neuerungsverbot unterliegenden Darlegungen der Beschwerde - unvorgreiflich einer Beweiswürdigung - nicht ausgeschlossen werden kann, daß die Behörde bei Vermeidung des Verfahrensfehlers zu einem anderen Ergebnis hätte gelangen können.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 3 VwGG abgesehen werden.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 13. November 1998
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1998190073.X00Im RIS seit
20.11.2000