Entscheidungsdatum
11.08.2017Index
60/01 ArbeitsvertragsrechtNorm
AVRAG 1993 §7dText
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Steiermark hat durch die Richterin Dr. Lehofer-Pfiffner über die Beschwerde des A B, geb. xxx, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. C D, Kstraße , K, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft H-Fürstenfeld vom 15.12.2016, GZ: BHHF-15.1-14197/2016,
z u R e c h t e r k a n n t:
I. Gemäß § 50 Abs 1 iVm § 28 Abs 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (im Folgenden VwGVG) wird die Beschwerde gegen die Spruchpunkte 1.) bis 7.) dem Grunde nach
a b g e w i e s e n .
Der Spruch wird wie folgt neu gefasst:
„Herr A B, geb. am xxx, hat als gemäß § 9 Abs 1 VStG verantwortlicher handelsrechtlicher Geschäftsführer der Arbeitgeberin E in P. mit Sitz in V, Slowenien, zu verantworten, dass für nachstehend genannte Arbeitnehmer, die ab 21.03.2016 bzw. ab 30.03.2016 (Spruchpunkt 5.) in Erfüllung eines Werkvertrages mit der F GmbH zur Erbringung von Arbeitsleistungen (Montagen einer Glasfassade) auf die Baustelle „G“ in H entsandt wurden, am Kontrolltag 28.04.2016 die Lohnunterlagen in deutscher Sprache nicht vollständig am Arbeitsort bereitgehalten wurden, da die Lohnzettel sowie Lohnzahlungsnachweise oder Banküberweisungsbelege für März 2016 gefehlt haben:
1.) H I, geb. am xxx
2.) J K, geb. am XXX
3.) L M, geb. am xxx
4.) N O, geb. am xxx
5.) P Q, geb. am xxx
6.) R S, geb. am xxx
7.) T U, geb. am xxx“
Ia. Hinsichtlich des Strafausmaßes wird der Beschwerde dahingehend Folge gegeben, als die Geldstrafen gemäß § 19 VStG iVm § 38 VwGVG mit € 3.000,00 je Spruchpunkt, im Uneinbringlichkeitsfall je drei Tage Ersatzfreiheitsstrafe gemäß § 16 VStG, neu festgesetzt werden.
Dadurch vermindert sich der Kostenbeitrag für das Verwaltungsstrafverfahren der belangten Behörde auf den Betrag von € 2.100,00. Dieser Kostenbeitrag sowie die neu festgesetzten Geldstrafen sind binnen zwei Wochen ab Zustellung des Erkenntnisses bei sonstigen Zwangsfolgen zu leisten.
II. Gemäß § 50 Abs 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (im Folgenden VwGVG) wird der Beschwerde gegen die Spruchpunkte 8.) bis 11.) stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG iVm § 38 VwGVG
e i n g e s t e l l t .
III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz (im Folgenden VwGG) eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Beschwerdeführer als handelsrechtlichem Geschäftsführer der Arbeitgeberin E in P. mit Sitz in Slowenien Folgendes zur Last gelegt:
Spruchpunkte 1.) bis 7.):
Es seien für die auf der Baustelle G in H beschäftigten Arbeitnehmer der E d.o.o. 1.) H I, 2.) J K, 3.) L M, 4.) N O, 5.) P Q, 6.) R S und 7.) T U am 28.04.2016 keine Lohnzettel und Lohnzahlungsnachweise oder Banküberweisungsbelege für März 2016, keine Arbeitszeitaufzeichnungen im Sinne des Arbeitszeitgesetzes für die Monate März bzw. März und April 2016, keine Lohnaufzeichnungen (Lohnkontoblätter, Lohnlisten, Lohnsteuerkarten, An- und Abmeldungen zur Krankenversicherung, Melde- und Zuschlagsverrechnungslisten bzw. vergleichbare Unterlagen), keine Unterlagen betreffend die Lohneinstufung (Nachweis über die Berufsausbildung, Qualifikation, Unterlagen über einschlägige Vordienstzeiten bzw. Berufserfahrung, alle übrigen Unterlagen, welche Basis für die Einstufung in den österreichischen Kollektivvertrag gebildet haben) bereitgehalten worden.
Wegen Verletzung des § 7i Abs 4 Z 1 iVm § 7d Abs 1 Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz – AVRAG wurde gemäß § 7i Abs 4 AVRAG je Spruchpunkt eine Geldstrafe in Höhe von € 6.000,00 und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von je acht Tagen verhängt.
Spruchpunkte 8.) bis 11.):
Die bosnisch-herzegowinischen Staatsangehörigen 8.) H I, 9.) J K und 11.) L M seien von 21.03.2016 bis zum Kontrollzeitpunkt 28.04.2016, und 10.) N O von 21.03.2016 bis 19.04.2016 auf der Baustelle G in H beschäftigt worden, „obwohl sie nicht ordnungsgemäß zu einer Beschäftigung im Staat des Betriebssitzes über die Dauer der Entsendung nach Österreich hinaus zugelassen und beim entsendenden Unternehmen nicht rechtsmäßig beschäftigt“ gewesen seien. Die Beschäftigung sei durch Bescheide des AMS H vom 15.04.2016 untersagt worden.
Wegen Verletzung des § 28 Abs 1 Z 4 lit a iVm § 18 Abs 12 Ausländer-beschäftigungsgesetz – AuslBG wurde gemäß § 28 Abs 1 Z 4 letzter Absatz AuslBG in den Spruchpunkten 8.), 9.) und 11.) je eine Strafe von € 4.000,00 (zwei Tage und 18 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) und in Spruchpunkt 10.) eine Strafe in Höhe von € 2.000,00 (ein Tag und neun Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.
Der rechtsfreundlich vertretene Beschuldigte hat rechtzeitig Beschwerde erhoben.
In dieser wurde zum Vorwurf wegen Nichtbereithaltung der Lohnunterlagen (Spruchpunkte 1. bis 7.) Folgendes ausgeführt: Die verhängte Sanktion würde Art. 56 AEUV widersprechen. Die Regelung des § 7d AVRAG würde auch weit über die Durchsetzungsrichtlinie 2014/67/EU hinausgehen, da eine permanente Bereithaltung umfangreicher Lohnunterlagen gefordert werde, ohne dass diese permanente Bereithaltung tatsächlich erforderlich wäre. Nach dem Unionsrecht sei es unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeits- und Zweckmäßigkeitsgrundsatzes als ausreichend anzusehen, wenn derartige Unterlagen innerhalb einer angemessenen Frist vollständig nachgereicht werden. Dies sei im gegenständlichen Fall geschehen. Dem Schutzzweck der Norm, nämlich der Ermöglichung einer Überprüfung, ob die entsprechenden Arbeitnehmerschutzvorschriften eingehalten wurden, sei somit vollständig genüge getan. Die belangte Behörde sei auch nicht darauf eingegangen, dass die bereits in der Rechtfertigung geschilderten Schwierigkeiten bestanden hätten, nämlich, dass die Lohnabrechnung erst erfolgte, als sich die Arbeitnehmer bereits in Österreich befunden haben und es unpraktisch gewesen wäre, die Lohnunterlagen extra nach Österreich zu expedieren. Sie seien jedoch vorhanden gewesen und der Behörde auch umgehend vorgelegt worden. Hingewiesen werde auch auf das seit 01.01.2017 in Kraft getretene LSD-BG. Aus § 22 LSD-BG ergebe sich, dass nunmehr zulässig sei, im Falle einer Kontrolle die Lohnunterlagen in elektronischer Form zugänglich zu machen. Dies wäre im gegenständlichen Fall ohne weiteres möglich gewesen, zumal die Unterlagen vorhanden waren. Es habe daher das Günstigkeitsprinzip Anwendung zu finden. Zur Strafbemessung wurde ausgeführt, dass es für eine Geldstrafe in Höhe von € 6.000,00 wegen eines Formaldelikts keine Rechtsgrundlage gebe. Die Sanktionen für Verstöße gegen die Bestimmungen des § 7d AVRAG bzw. § 22 LSD-BG seien in den letzten Jahren radikal verschärft worden. Die Unverhältnismäßigkeit der Sanktionen stelle einen Verstoß gegen Art. 56 AEUV und Art. 20 der Durchführungsrichtlinie 2014/67/EU dar. Weiters würde sie auch Art. 49 Abs 3 der EU-Charta der Grundrechte verletzen. Sie sei auch innerstaatlich nicht mit dem Gleichheitsgrundsatz vereinbar, sie widerspreche auch dem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Grundrecht auf Erwerbsausübungsfreiheit. Zum Günstigkeitsprinzip wurde ergänzend ausgeführt, dass der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Kontrolle jedenfalls in der Lage gewesen wäre, die Lohnunterlagen in elektronischer Form an einer in der ZKO-Meldung bezeichneten Stelle bereitzuhalten, falls diese Möglichkeit bereits bestanden hätte. Die Lohnunterlagen seien ja vorhanden gewesen, nur seien die Arbeiter nicht nach Slowenien gekommen, um diese physisch in Empfang zu nehmen. In elektronischer Form hätten die Lohnunterlagen aber ohne weiteres auch im gegenständlichen Fall übermittelt werden können. Entsprechend dem Günstigkeitsprinzip und entsprechend den Bestimmungen des Art. 7 EMRK wäre die nunmehr günstigere Rechtslage auch auf den gegenständlichen Fall anwendbar.
Zu den Vorwürfen wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes wurde Folgendes vorgebracht: Hinsichtlich H I, J K und L M (Spruchpunkte 8., 9. und 11.) werde auf die beigelegten Urteile des Bundesverwaltungsgerichtes verwiesen, mit denen der Beschwerde Folge gegeben und die Entsendung bestätigt werde. Da die Untersagung der Entsendung rechtswidrig war, sei auch die Verhängung einer Strafe deswegen rechtswidrig. Zu N O (Spruchpunkt 10.) wurde ausgeführt, dass der Sachverhalt grundsätzlich gleich sei, allerdings das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde in diesem Fall keine Folge gegeben habe, da dieser Arbeitnehmer vor dem ursprünglich gemeldeten Entsendezeitraum noch nicht gemeldet gewesen sei. Es sei beabsichtigt, eine Beschwerde gegen die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes einzureichen. Aus Vorsichtsgründen werde ergänzend vorgebracht, dass die verhängte Sanktion überhöht sei. Für den Beschwerdeführer sei absolut nicht vorhersehbar gewesen, dass die Entsendung untersagt werden würde.
Insgesamt wurde der Antrag gestellt, der Beschwerde Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.
Die Beschwerde wurde der mitbeteiligten Partei, Finanzpolizei für das Finanzamt Oststeiermark, übermittelt. In einer Stellungnahme vom 14.02.2017 wurde unter anderem dargelegt, dass es auf der gegenständlichen Baustelle zumutbar gewesen wäre, die Lohnunterlagen bereitzuhalten, da ein Container-Komplex aufgebaut war, in welchem die F GmbH als Auftraggeberin der E d.o.o. untergebracht war. Dieser sei als Bürocontainer mit der Möglichkeit zum Versperren ausgerüstet gewesen. Jene Unterlagen der E d.o.o., die am Kontrolltag vorhanden waren, seien dort gelagert gewesen. Des Weiteren habe es auch vor Ort ein Firmenfahrzeug gegeben. Mit Stellungnahme der mitbeteiligten Partei vom 28.03.2017 teilte diese zu den Vorwürfen betreffend das AuslBG mit, dass nach Prüfung der Aktenlage und der mit der Beschwerde vorgelegten Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichtes einer etwaigen Einstellung des Verfahrens in diesen Fällen zugestimmt werde, zumal auch nach Rücksprache mit dem Ausländerfachzentrum keine weiteren Ablehnungsgründe für die gegenständlichen EU-Entsendebestätigungen zu Tage getreten seien.
Die Stellungnahme der mitbeteiligten Partei vom 14.02.2017 wurde dem Beschwerdeführer zur Kenntnis gebracht, der in seiner Stellungnahme vom 10.07.2017 dazu Folgendes ausführte: Es werde nicht bestritten, dass die Lohnunterlagen zum Kontrollzeitpunkt nicht an Ort und Stelle vollständig vorhanden waren. Dazu sei bereits in der Rechtfertigung und in der Beschwerde ausgeführt worden, dass die Absicht bestanden habe, die Unterlagen den Arbeitern am 29.04.2016, wenn sie nach Slowenien zurückkehren würden, auszuhändigen, damit man nicht extra wegen der Lohnunterlagen von Slowenien zur Baustelle fahren müsse. Wenn nun die Finanzpolizei ausführlich erkläre, dass es zumutbar gewesen wäre, die Lohnunterlagen an Ort und Stelle bereitzuhalten, gehe sie auf die Argumentation des Beschwerdeführers, weshalb diese nicht an Ort und Stelle vorhanden waren, überhaupt nicht ein. Die Ausführungen in der Beschwerde würden daher vollinhaltlich aufrechterhalten, insbesondere auch, dass im Sinne der Durchsetzungsrichtlinie es weder gerechtfertigt noch für eine wirksame Überwachung notwendig sei zu fordern, dass die Unterlagen an Ort und Stelle vorhanden sein müssen und es nicht ausreichend sein sollte, wenn sie innerhalb kürzester Frist vollständig nachgereicht würden. Nochmals wurde auf die Unverhältnismäßigkeit der Höhe der Sanktionen und das Günstigkeitsprinzip verwiesen. Das nunmehrige Recht hätte es dem Beschwerdeführer ermöglicht, von Anfang an die Lohnunterlagen per Mail an einen entsprechenden inländischen Bevollmächtigen zu übermitteln, da diese ja ordnungsgemäß vorhanden gewesen seien. Sie seien lediglich physisch noch nicht von V nach H übermittelt worden, da die Absicht bestanden habe, die Unterlagen den Arbeitern bei ihrem nächsten unmittelbar bevorstehenden Heimataufenthalt mitzugeben. Die Entfernung zwischen V und H betrage rund 200 km in einer Richtung, mit einer Fahrzeit von zweieinhalb Stunden. Um die vorhandenen Lohnunterlagen auch in Papierform an Ort und Stelle bereitzuhalten, hätte jeden Monat ein Mitarbeiter eine Wegstrecke von 400 km zurücklegen und dafür einen ganzen Arbeitstag aufwenden müssen, um einer Formvorschrift zu genügen.
Das Landesverwaltungsgericht Steiermark hat erwogen:
Da in der Beschwerde nur Rechtsfragen aufgeworfen werden und sie sich weiters in eventu nur gegen die Höhe der Strafen richtet und die Durchführung einer Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Steiermark von keiner der Parteien beantragt wurde, konnte gemäß § 44 Abs 3 VwGVG von einer Verhandlung abgesehen werden.
Auf Grund des vorliegenden Aktes der belangten Behörde in Verbindung mit der beigeschafften Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 14.12.2016 zu GZ: G309 2131919 (betreffend N O) sowie des beigeschafften Erkenntnisses des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg vom 23.04.2015, Zl: LVwG-7/318/6-2015, ist von folgendem, für die rechtliche Beurteilung und die Strafbemessung relevanten, Sachverhalt auszugehen:
Der Beschuldigte ist handelsrechtlicher Geschäftsführer des slowenischen Unternehmens E in P d.o.o. (im Folgenden E d.o.o.) mit Sitz in V. Das österreichische Unternehmen F GmbH, G, beauftragte die E d.o.o. mit der Montage einer Glasfassade beim Neubau des Einkaufszentrums „G“ in H.
Für diese Tätigkeit entsandte das slowenische Unternehmen mit ZKO-Meldung vom 19.02.2016 T U und R S jeweils für den Zeitraum 22.02.2016 bis 31.10.2016. Mit ZKO-Meldung vom 18.03.2016 wurden die Arbeitnehmer H I, J K, N O und L M jeweils für den Zeitraum 21.03.2016 bis 31.10.2016 auf die gegenständliche Baustelle entsandt. Mit ZKO-Meldung vom 25.03.2016 wurde P Q für den Zeitraum 30.03.2016 bis 31.10.2016 entsandt. T U, L M, R S, N O, H I und J K nahmen ihre Tätigkeit auf der Baustelle am 21.03.2016 auf, P Q begann seine Tätigkeit auf dieser Baustelle am 30.03.2016. R S und T U waren ausschließlich am 21.03.2016 auf der Baustelle tätig.
Am 28.04.2016 führten Erhebungsorgane der Finanzpolizei für das Finanzamt Oststeiermark auf der Baustelle eine Kontrolle durch und trafen die Arbeitnehmer der E d.o.o. P Q, H I, J K und L M bei der Montage der Glasfronten an. Bei dieser Kontrolle wurden täglich geführte Stundenzettel für den Zeitraum ab 21.03.2016 bereitgehalten. Weiters wurden für die vier anwesenden Arbeiter sowie für drei weitere bei der Kontrolle nicht angetroffene, nämlich R S, N O und T U, neben den ZKO-Meldungen und gültigen A1-Versicherungsbescheinigungen folgende Unterlagen vorgelegt:
H I: AMS-Bescheid vom 15.04.2016, mit dem die Entsendung untersagt wird, Arbeitsvertrag für die Tätigkeit in Slowenien und Annex zum Dienstvertrag für die Tätigkeit in Österreich, jeweils in deutscher Sprache, Lohnzettel und Lohnzahlungsnachweis für Jänner 2016, Nachweis der Beschäftigungserlaubnis in Slowenien sowie drei slowenischsprachige Dokumente. Aus dem Annex zum Dienstvertrag ergibt sich u.a. die Einstufung in die Lohngruppe IV als Facharbeiter entsprechend dem Kollektivvertrag für Arbeiter im Eisen- und Metallverarbeitenden Gewerbe mit einem Bruttostundenlohn von € 11,67.
R S: Arbeitsvertrag für Slowenien und Annex zum Dienstvertrag für die Tätigkeit in Österreich, Lohnzettel und Lohnzahlungsnachweis für Jänner 2016 und Februar 2016 sowie drei slowenischsprachige Dokumente. Aus dem Annex zum Dienstvertrag ergibt sich u.a. die Einstufung in der Lohngruppe III als Facharbeiter entsprechend dem Kollektivvertrag für Arbeiter im Eisen- und Metallverarbeitenden Gewerbe mit einem Bruttostundenlohn von € 12,26.
J K: AMS-Bescheid vom 15.04.2016, Arbeitsvertrag für die Tätigkeit in Slowenien und Annex zum Dienstvertrag für die Tätigkeit in Österreich, Lohnzettel und Lohnzahlungsnachweis für Dezember 2015 und Jänner 2016, drei slowenischsprachige Dokumente. Aus dem Annex zum Dienstvertrag ergibt sich u.a. die Einstufung in der Lohngruppe III als Facharbeiter mit einem Bruttolohn von € 12,26,
N O: AMS-Bescheid vom 15.04.2016, Arbeitsvertrag für Slowenien und Annex zum Annex zum Dienstvertrag für die Tätigkeit in Österreich, drei slowenischsprachige Dokumente. Aus dem Annex zum Dienstvertrag ergibt sich u.a. die Einstufung in der Lohngruppe III als Facharbeiter zu einem Bruttolohn von € 12,26.
P Q: Arbeitsvertrag für Slowenien und Annex zum Dienstvertrag für die Tätigkeit in Österreich, Lohnzettel für März 2016, drei slowenischsprachige Dokumente. Aus dem Annex zum Dienstvertrag ergibt sich u.a. die Einstufung in der Lohngruppe II als Facharbeiter mit einem Bruttolohn von € 14,12.
T U: Arbeitsvertag für Slowenien und Annex zum Dienstvertrag für die Tätigkeit in Österreich, Lohnzettel für Jänner und Februar 2016 und Lohnzahlungsnachweis für Jänner 2016, drei slowenischsprachige Dokumente. Aus dem Annex zum Dienstvertrag ergibt sich u.a. die Einstufung in der Lohngruppe III als Facharbeiter zu einem Bruttolohn von € 12,26.
L M: Bescheid des AMS H vom 15.04.2016, Arbeitsvertrag für die Tätigkeit in Slowenien und Annex zum Dienstvertrag für die Tätigkeit in Österreich, Lohnzettel und Lohnzahlungsnachweis für Jänner 2016, drei slowenischsprachige Dokumente. Aus dem Annex zum Dienstvertrag ergibt sich u.a. die Einstufung in der Lohngruppe III als Facharbeiter zu einem Bruttolohn von € 12,26.
Darüber hinaus konnten keine weiteren Unterlagen betreffend die Lohneinstufung vorgelegt werden. Die Lohnzettel und Lohnzahlungsnachweise für März 2016 befanden sich nicht auf der Baustelle. Diese Lohnzettel wurden am 15.04.2016 erstellt und es war beabsichtigt, sie den Arbeitern bei ihrem nächsten Aufenthalt am Firmensitz in Slowenien mitzugeben.
Die vier bosnisch-herzegowinischen Staatsangehörigen H I, J K, N O und L M waren ordnungsgemäß zu einer Beschäftigung in Slowenien über die Dauer der Entsendung hinaus zugelassen und bei der E d.o.o. rechtmäßig beschäftigt. Für alle vier Arbeitnehmer gab es bereits mehrere bestätigte Entsendungen nach Österreich.
Mit Bescheiden des AMS H vom 15.04.2016 wurden die Anträge auf Bestätigung der EU-Entsendung unter Verweis auf Art. 2 Abs 1 der Richtlinie 96/71/EG vom 16.12.1996 in Verbindung mit dem Beschluss Nr. A2 der Verwaltungskommission vom 12.06.2009 abgelehnt, da nach Ablauf einer Entsendung eines Arbeitnehmers eine weitere Entsendung für denselben Arbeitnehmer, dasselbe Unternehmen und denselben Mitgliedsstaat erst nach Ablauf von mindestens zwei Monaten nach Ende des vorangegangenen Entsendezeitraums zugelassen werden kann und im gegenständlichen Fall bereits Entsende-bestätigungen vorhanden waren. Gegen diese Bescheide wurde Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht erhoben, das in den Fällen des H I, des J K und des L M der Beschwerde stattgegeben und den jeweiligen Bescheid des AMS behoben hat. Begründet wurden die Erkenntnisse damit, dass die materiellrechtlichen Voraussetzungen für eine Untersagung gemäß § 18 Abs 12 AuslBG iVm Art. 12, 71 und 72 VO (EG) Nr. 883/2004 vom 29.04.2004 iVm Ziffer 3 lit c des Beschlusses Nr. A2 vom 12.06.2009 nicht gegeben gewesen seien, da der aktuelle Entsendezeitraum innerhalb der letztbestätigten, noch laufenden Entsendung gelegen war. Es sei ausdrücklich möglich, während eines Entsendezeitraumes für mehrere Unternehmen Arbeiten nacheinander oder gleichzeitig zu erledigen, sofern der Arbeitnehmer seine Tätigkeit weiterhin für die Rechnung des entsendenden Unternehmens ausübe. Die Beschwerde betreffend N O wurde mit folgender Begründung abgewiesen: Seitens des AMS seien bereits EU-Entsendebewilligungen erteilt worden; die nunmehr angezeigte Entsendung würde an das Enddatum der zuletzt erteilten nahtlos anschließen, weshalb in Hinblick auf die gegenständlich angezeigte Entsendung keine Unterbrechung von zwei Monaten nach Beendigung der bereits bestätigten Entsendung vorliegen würde.
Beweiswürdigung:
Die Feststellungen konnten auf Grund des Strafantrages der mitbeteiligten Partei, dem Kontrollprotokoll und den übrigen dem Strafantrag beigelegten, bei der Kontrolle erhaltenen Unterlagen, weiters auf Grund des Beschwerdevorbringens und der vom Beschwerdeführer der Rechtfertigung im behördlichen Verfahren vom 06.09.2016 beigelegten Unterlagen und der der Beschwerde beigelegten Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichtes sowie der beigeschafften Entscheidung des Bundes-verwaltungsgerichtes betreffend N O getroffen werden.
Rechtliche Beurteilung:
I. Zu den Spruchpunkten 1. bis 7. (unvollständige Bereithaltung von Lohnunterlagen):
§ 7d Abs 1 AVRAG in der tatzeitlich geltenden Fassung BGBl I Nr 94/2014 lautet:
„Arbeitgeber/innen im Sinne der §§ 7, 7a Abs. 1 oder 7b Abs. 1 und 9 haben während des Zeitraums der Entsendung insgesamt (§ 7b Abs. 4 Z 6) den Arbeitsvertrag oder Dienstzettel (§ 7b Abs. 1 Z 4), Lohnzettel, Lohnzahlungs-nachweise oder Banküberweisungsbelege, Lohnaufzeichnungen, Arbeitszeit-aufzeichnungen und Unterlagen betreffend die Lohneinstufung zur Überprüfung des dem/der entsandten Arbeitnehmers/in für die Dauer der Beschäftigung nach den österreichischen Rechtsvorschriften gebührenden Entgelts in deutscher Sprache am Arbeits(Einsatz)ort bereitzuhalten, auch wenn die Beschäftigung des/der einzelnen Arbeitnehmers/in in Österreich früher geendet hat. Bei innerhalb eines Arbeitstages wechselnden Arbeits(Einsatz)orten sind die Lohnunterlagen am ersten Arbeits(Einsatz)ort bereitzuhalten. Ist die Bereithaltung der Unterlagen am Arbeits(Einsatz)ort nicht zumutbar, sind die Unterlagen jedenfalls im Inland bereitzuhalten und der Abgabenbehörde auf Aufforderung nachweislich zu übermitteln, wobei die Unterlagen bis zum Ablauf des der Aufforderung zweitfolgenden Werktags abzusenden sind. Für die Übermittlung gebührt kein Ersatz der Aufwendungen“.
Den Ausführungen im Strafantrag der mitbeteiligten Partei folgend hat die belangte Behörde dem Beschwerdeführer zur Last gelegt, dass für die sieben Arbeitnehmer folgende Unterlagen nicht bereitgehalten worden seien: Lohnzettel und Lohnzahlungsnachweise oder Banküberweisungsbelege für den Zeitraum März 2016, Arbeitszeitaufzeichnungen im Sinne des Arbeitszeitgesetzes für die Monate März und April 2016, Lohnaufzeichnungen (Lohnkontoblätter, Lohnlisten, Lohnsteuerkarten, An- und Abmeldungen zur Krankenversicherung, Melde- und Zuschlagsverrechnungslisten bzw. vergleichbare Unterlagen), Unterlagen betreffend die Lohneinstufung (Nachweis Berufsausbildung/Qualifikation, Unterlagen über einschlägige Vordienstzeiten bzw. Berufserfahrung, alle übrigen Unterlagen, welche Basis für die Einstufung in den österreichischen Kollektivvertrag gebildet haben).
Zu den Lohnzetteln und Lohnzahlungsnachweisen bzw. Banküberweisungsbelege für den Zeitraum März 2016:
Diese lagen unbestrittenermaßen nicht auf der Baustelle auf, sondern befanden am Firmensitz in Slowenien. Entsprechend den Ausführungen des Beschwerdeführers sei es zu aufwendig und unverhältnismäßig, diese nach Erstellung Mitte des jeweiligen Folgemonats umgehend den Arbeitnehmern auf der Baustelle in Österreich in 200 km Entfernung zukommen zu lassen. Sie hätten diese bei ihrem nächsten Besuch am Firmensitz in absehbarer Zeit ausgehändigt erhalten. Überdies wäre es möglich gewesen, diese Unterlagen in elektronischer Form zugänglich zu machen. Zu diesen Einwänden wird auf die Ausführungen zum Verschulden verwiesen.
Zu den Arbeitszeitaufzeichnungen:
Wie sich aus dem Strafantrag der Finanzpolizei und den Beilagen zu diesem ergibt, wurden Stundenaufzeichnungen des Unternehmens vorgelegt. In diese Stundenlisten wurden täglich einerseits die jeweils anwesenden Arbeiter und andererseits der Beginn und das Ende der täglichen Arbeitszeit eingetragen. Derartige Arbeitszeitaufzeichnungen lagen für den gesamten Entsendezeitraum bis zum Tag vor der Kontrolle vor.
Aus dem Gesetzeswortlaut des § 7d Abs 1 AVRAG ergibt sich nicht explizit, dass die
Arbeitszeitaufzeichnungen tatsächlich – wie die mitbeteiligten Partei meint – „im Sinne des AZG“ ausgestaltet sein müssen, etwa unter Angabe von Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit sowie der Pausen im Sinne der einschlägigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 26 AZG. Jedenfalls wurden im gegenständlichen Fall zumindest jeweils Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit eingetragen; fehlende Pauseneintragungen könnten ohnedies allenfalls dem Arbeitgeber selbst zum Nachteil erreichen, wenn – wie im Anlassfall – an einigen Tagen eine durchgehende Arbeitszeit von neun, zehn, elf oder sogar zwölf Stunden angenommen und eine entsprechende Bezahlung verlangt wird.
Zu den Lohnaufzeichnungen:
Wie seitens des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark in diesem Zusammenhang schon mehrfach dargelegt, ist der Begriff „Lohnaufzeichnungen“ im § 7d AVRAG ohne nähere Konkretisierung zu unbestimmt, um die Grundlage für eine Bestrafung bilden zu können. Das Bestimmtheitsgebot des Art. 18 Abs 1 B-VG verlangt für Strafbestimmungen eine besonders genaue gesetzliche Determinierung des unter Strafe gestellten Verhaltens. Diesen Anforderungen wird der Begriff „Lohn-aufzeichnungen“ im § 7d Abs 1 AVRAG nicht gerecht. Hinsichtlich der Nichtbereithaltung von „Lohnaufzeichnungen“ kann dem Beschwerdeführer daher kein Verschulden angelastet werden (vgl. GZ: LVwG 33.15-2564/2015-44 vom 18.12.2015 u.v.a.).
Zu den Unterlagen betreffend die Lohneinstufung:
Aus den deutschsprachigen Anhängen zu den Arbeitsverträgen für die Tätigkeit in Österreich ist ersichtlich, in welche Lohngruppe des Kollekivvertrags für das Eisen- und Metallverarbeitende Gewerbe die Arbeiter jeweils eingestuft waren. Aus dem Kollektivvertrag für Arbeiter im Eisen- und Metallverarbeitenden Gewerbe in Verbindung mit den Angaben in den jeweiligen Anhängen zum Dienstvertrag ergibt sich, dass die Arbeitnehmer sämtliche in den Lohngruppen II bis IV eingereiht waren und somit als qualifizierte Facharbeiter, Facharbeiter oder besonders qualifizierte Arbeitnehmer gelten und dafür die entsprechende Bezahlung zu erhalten haben. Weshalb darüber hinaus zur Frage der Überprüfung der Einstufung im konkreten Fall ergänzende Unterlagen, wie Nachweise über Berufsausbildung und einschlägige Vordienstzeiten etc., notwendig gewesen wären, hat die mitbeteiligte Partei nicht dargelegt.
Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass dem Beschwerdeführer auf Grund der obigen Ausführungen lediglich die nicht bereitgehaltenen Lohnzettel sowie die Lohnzahlungsnachweise oder Banküberweisungsbelege für März 2016 für die genannten sieben Arbeitnehmer zur Last gelegt werden können.
Zu den Beschwerdeausführungen betreffend die Unionsrechtswidrigkeit:
Zum Einwand der Unionsrechtswidrigkeit wird auf die Entscheidung des VwGH vom 28.02.2017, Ra 2016/11/0164, verwiesen. In dieser hat der Verwaltungsgerichtshof (u.a.) Folgendes ausgeführt: „Der EuGH hat im Urteil vom 18. Juli 2007, Rechtssache Kommission gegen Deutschland, C-490/04, eine (fallbezogen deutsche) Rechtsvorschrift, die den Arbeitgeber verpflichtet, die für die Kontrolle der Einhaltung (u.a.) von Tarifverträgen für das Baugewerbe erforderliche Unterlagen (konkret Arbeitsvertrag, Lohnabrechnungen, Arbeitszeit- und Lohn-zahlungsnachweise) im Inland (bzw. auch auf der Baustelle) in deutscher Sprache bereitzuhalten, als Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs angesehen, die durch ein im Allgemeininteresse liegendes zwingendes Ziel - nämlich den sozialen Schutz der Arbeitnehmer und die Kontrolle der Gewährleistung dieses Schutzes - gerechtfertigt sei. Der EuGH hat in diesem Urteil betont, dass die genannte Vorschrift - im Unterschied zu jener, die seinem Urteil vom 23. November 1999, Rechtssache Arblade, C-369/96 u.a., zugrunde gelegen sei und die Überwachungsaufgaben der Behörden in Bezug auf das Vorhandensein der Unterlagen lediglich habe "erleichtern" sollen - die Kontrolle der Baustellen "vielmehr ermöglichen" solle. Dieselbe Rechtsansicht hat der EuGH im Wesentlichen auch im Urteil vom 7. Oktober 2010, Rechtssache Santos Palhota, C-515/08 zum Ausdruck gebracht. Die Materialien zum Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz - LSDB-G, BGBl. I Nr. 24/2011 (1076 BlgNR XXIV.GP Seite 6), mit dem u.a. die Bestimmung des § 7d über die Verpflichtung zur Bereithaltung von Lohnunterlagen in deutscher Sprache in das AVRAG 1993 eingefügt wurde, nehmen hinsichtlich der Vereinbarkeit mit dem Unionsrecht ausdrücklich Bezug auf die genannten Urteile des EuGH.“
Wenn der Beschwerdeführer vorbringt, dass die Regelung des § 7d AVRAG eine permanente Bereithaltung umfangreicher Lohnunterlagen fordere, ohne dass dies tatsächlich erforderlich wäre, und es als ausreichend anzusehen sei, wenn – wie im gegenständlichen Fall erfolgt – die Unterlagen innerhalb einer angemessenen Frist vollständig nachgereicht werden, ist Folgendes zu erwidern: Einerseits wird wiederum auf die genannte Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 28.02.2017, Ra 2016/11/0164, verwiesen, in der auch ausgeführt wird, dass es unionsrechtlich nicht als bedenklich zu erkennen sei, dass die in § 7d Abs 1 AVRAG genannten Unterlagen betreffend die ordnungsgemäße Entlohnung bereits ab dem ersten Arbeitstag am Arbeitsort (Baustelle) bereitgehalten werden müssen, weil nur auf diese Weise eine effektive Kontrolle betreffend die Einhaltung des zustehenden Entgelts auch hinsichtlich solcher entsendeter Arbeitskräfte möglich ist, die am Arbeitsort (auf der Baustelle) nur für kurze Zeit beschäftigt werden. Andererseits ändert der Umstand, dass die nicht bereitgehaltenen Unterlagen nach Aufforderung der Abgabenbehörde fristgerecht und vollständig nachgereicht wurden, nichts an der Tatbestandsmäßigkeit und kann nicht zur Straffreiheit wegen Nichtbereithaltung der Unterlagen führen (vgl. LVwG 33.22-971/2016 vom 23.05.2016 u.a.). Aus dem Wortlaut der Strafbestimmungen des § 7i Abs 4 Z 1 AVRAG (mangelnde Bereithaltung von Lohnunterlagen) einerseits und des § 7i Abs 1 AVRAG (unterlassene Übermittlung von Lohnunterlagen) andererseits folgt eindeutig, dass es sich bei der unterlassenen Bereithaltung der Lohnunterlagen am Arbeitsort und der unterlassenen Übermittlung dieser Unterlagen um zwei verschiedene Tatbestände handelt, welche unabhängig voneinander verwirklicht werden können und gesondert strafbar sind. Dass der Gesetzgeber zusätzlich zu der bereits bis zum 31.12.2014 bestehenden Verpflichtung zur Bereithaltung der Lohnunterlagen nunmehr auch eine Verpflichtung zur Übermittlung dieser Unterlagen schaffen wollte, welche vor Ort nicht bereitgehalten wurden, folgt im Übrigen auch aus den Erläuternden Bemerkungen zur Neuregelung (319 der Beilagen, XXV. GP). So hat auch der Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 04.05.2016, Ra 2016/11/0053, Folgendes ausgeführt: „Die Übermittlung von Sozialversicherungsdokumenten und Lohnunterlagen an die Abgabenbehörde kurze Zeit nach der Kontrolle ändert nichts an der Verletzung der Bereithaltepflicht gemäß § 7b Abs 5 und § 7d Abs 1 AVRAG“.
Zu den Ausführungen des Beschwerdeführers betreffend das Günstigkeitsprinzip:
Soweit sich der Beschwerdeführer auf das Günstigkeitsprinzip beruft, weil nach der die hier vorgeworfene übertretene Bestimmung des AVRAG ablösenden Bestimmung des LSD-BG ein physisches Bereithalten der Lohnunterlagen am Arbeits(Einsatz)ort nicht mehr zwingend vorgesehen ist, sondern auch ein Zugänglichmachen in elektronischer Form ausreicht, ist dem Folgendes entgegenzuhalten:
Bei den Übergangsbestimmungen des ab 01.01.2017 geltenden § 19 LSD-BG gibt es im konkreten Fall keine Rechtsänderung und damit ein günstigeres Recht im Sinne des § 1 Abs 2 VStG im Zeitpunkt der Erlassung des Straferkenntnisses. Durch die Übergangsbestimmung wird der zeitliche Geltungsbereich der bisherigen Strafbestimmungen nämlich für bereits verwirklichte Sachverhalte über das Außerkrafttreten der Bestimmung hinaus verlängert. Dann ist nämlich – für den konkreten Fall – sowohl das auf die Verwaltungsübertretung anwendbare Recht zum Tatzeitpunkt, als auch jenes zum Zeitpunkt der Erlassung des Straferkenntnisses ident, sodass jedenfalls die alte Rechtslage anwendbar ist. Somit kommt ein Günstigkeitsvergleich nicht in Frage (vgl. LVwG 33.29-427/2017-9).
Zum Verschulden ist auszuführen:
Gemäß § 9 Abs 1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nichts anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte gemäß Abs 2 bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist. Im Anlassfall war der Beschwerdeführer im verfahrensrelevanten Zeitraum handelsrechtlicher Geschäftsführer der E d.o.o. Ein verantwortlicher Beauftragter wurde nicht bestellt.
Da zum Tatbestand der übertretenen Bestimmung weder der Eintritt eines Schadens noch einer Gefahr gehört, handelt es sich bei dieser Übertretung um ein Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs 1 VStG. Nach dieser Gesetzesstelle ist Fahrlässigkeit, die im gegenständlichen Fall zur Strafbarkeit genügt, bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes ohne weiteres anzunehmen, wenn der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Dem Beschuldigten ist es im Verfahren nicht gelungen, ein mangelndes Verschulden glaubhaft zu machen. Der Umstand, dass die Erstellung der fehlenden Lohnunterlagen (Lohnzettel und entsprechende Lohnzahlungsbelege) erst am 15.04.2016 erfolgt ist, und diese den Arbeitern bei ihrem nächsten Aufenthalt in Slowenien am 29.04.2016 ausgehändigt worden wären, vermag den Beschwerdeführer nicht zu entschuldigen. Diese Unterlagen hätten beispielsweise den Arbeitern oder dem Verantwortlichen auf der Baustelle per Mail oder Telefax auf die Baustelle übermittelt und dort ausgedruckt werden können, allenfalls hätten diese Unterlagen aus Gründen der Vertraulichkeit auch mittels eingeschriebenem Brief übersandt werden können, ohne dass ein Firmenmitarbeiter deswegen persönlich von Slowenien anreisen hätte müssen. In jedem Fall wäre folglich ein Bereithalten zum Zeitpunkt der Kontrolle am 28.04.2016 möglich gewesen. Da der Beschwerdeführer bereits wegen der Nichtbereithaltung von Lohnunterlagen rechtskräftig bestraft wurde, hätte ihm bekannt sein müssen, dass auch die Lohnzettel und Lohnzahlungsnachweise zu den am Arbeits(Einsatz)ort bereitzuhaltenden Lohnunterlagen gehören.
Es ist dem Beschuldigten daher die Übertretung der gegenständlichen Bestimmung in allen sieben Fällen in der Schuldform der Fahrlässigkeit zur Last zu legen.
Strafbemessung:
Gemäß § 7i Abs 4 Z 1 AVRAG in der tatzeitlich geltenden Fassung BGBl. I Nr. 94/2014 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungs-behörde für jeden Arbeitnehmer mit Geldstrafe von € 1.000,00 bis € 10.000,00, im Wiederholungsfall von € 2.000,00 bis € 20.000,00, sind mehr als drei Arbeitnehmer betroffen, für jeden Arbeitnehmer von € 2.000,00 bis € 20.000,00, im Wiederholungs-fall von € 4.000,00 bis € 50.000,00 zu bestrafen, wer als Arbeitgeber im Sinne der §§ 7, 7a Abs 1 oder 7b Abs 1 und 9 entgegen § 7d die Lohnunterlagen nicht bereithält.
Eine seitens des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark eingeholte Auskunft aus der Verwaltungsstrafevidenz gemäß § 7n Abs 4 AVRAG (nunmehr § 35 LSD-BG) hat ergeben, dass eine zu berücksichtigende Eintragung wegen Nichtbereithaltung von Lohnunterlagen vorliegt. Der Beschwerdeführer wurde mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Salzburg vom 28.07.2014 wegen fehlender Bereithaltung von Lohnunterlagen für sieben Arbeitnehmer nach den damals geltenden Bestimmungen des § 7d Abs 1 iVm § 7i Abs 1 AVRAG mit einer Geldstrafe in Höhe von € 1.100,00 bestraft. Der Beschwerde gegen dieses Straferkenntnis hat das Landesverwaltungsgericht Salzburg mit Erkenntnis vom 23.04.2015, Zl. LVwG -7/318/6-2015 keine Folge gegeben und die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Im gegenständlichen Fall gelangt mangels unmittelbarer Vergleichbarkeit der Strafbestimmungen nicht der vierte Strafsatz (Wiederholungsfall), sondern der dritte Strafsatz (Strafrahmen von € 2.000,00 bis € 20.000,00) zur Anwendung, wobei die einschlägige Vorstrafe als erschwerend zu werten ist.
Gemäß § 19 Abs 1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.
Schutzzwecke des AVRAG sind insbesondere die Sicherung gleicher Arbeitsmarkt- und Lohnbedingungen und die Gewährleistung des sozialversicherungsrechtlichen Schutzes für bestehende Arbeitsverhältnisse und für Arbeitnehmer, welche von Arbeitgebern aus dem EWR-Raum oder aus Drittstaaten zur Erbringung von Arbeitsleistungen nach Österreich entsandt werden, weiters die Sicherung eines fairen wirtschaftlichen Wettbewerbs zwischen den Unternehmen und die Vermeidung rechtswidriger Wettbewerbsvorteile, sowie die Sicherstellung der vorgeschriebenen Abgaben und Sozialbeiträge. Diese Ziele sollen durch verstärkte Kontrolle der Entrichtung des gebührenden Entgelts und durch die Statuierung verschiedener Verwaltungsstraftatbestände, u.a. für den Fall der Nichtbereithaltung von Unterlagen seitens des Arbeitgebers, erreicht werden. Da die Überprüfung der Einhaltung der lohnrechtlichen Bestimmungen durch das Fehlen der Lohnzettel und Lohnzahlungsnachweise am Arbeitsort zumindest erschwert wurde, hat der Beschwerdeführer gegen diesen Schutzzweck verstoßen.
Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungs-strafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Als erschwerend ist, wie erwähnt, die einschlägige Vorstrafe zu werten, Milderungsgründe liegen keine vor.
Hinsichtlich des Verschuldens ist von Fahrlässigkeit auszugehen.
Die Finanzpolizei hat beantragt, je Arbeitnehmer eine Strafe von € 6.000,00 zu verhängen, wobei sie davon ausgegangen ist, dass mit Ausnahme der Arbeitsverträge keine Lohnunterlagen bereitgehalten wurden. Die belangte Behörde ist hinsichtlich der Höhe der Strafen dem Strafantrag gefolgt. Der Umstand, dass der Tatvorwurf hinsichtlich der laut Straferkenntnis nicht bereitgehaltenen Lohnunterlagen deutlich eingeschränkt werden musste, und letztendlich lediglich die fehlenden Lohnzettel und Lohnzahlungsnachweise vorwerfbar sind, war bei der Strafbemessung entsprechend zu berücksichtigen.
Angesichts sämtlicher Strafbemessungskriterien, auch unter Annahme eines allenfalls nur bescheidenen Einkommens des Beschwerdeführers, waren die Strafen somit auf das nunmehr festgesetzte Ausmaß zu reduzieren. Auf Grund des vorliegenden Erschwerungsgrundes der einschlägigen Vorstrafe konnte jedoch keinesfalls mit der Mindeststrafe das Auslangen gefunden werden.
Sollte der Beschwerdeführer nicht in der Lage sein, die nunmehr verhängten Geldstrafen in einem zu bezahlen, wird er auf die Bestimmung des § 54b Abs 3 VStG hingewiesen, wonach die Möglichkeit besteht, bei der belangten Behörde (Bezirkshauptmannschaft Hartberg Fürstenfeld) einen Antrag auf Bewilligung eines Zahlungsaufschubes oder einer Ratenzahlung zu stellen.
Kosten:
Da der Beschwerde hinsichtlich der Strafhöhen in allen Punkten Folge gegeben wurde, fällt für den Beschuldigten gemäß § 52 Abs 8 VwGVG kein Kostenbeitrag zum Beschwerdeverfahren an.
Hinweis gemäß AVRAG:
Gemäß § 7n Abs 2 AVRAG (nunmehr § 35 Abs 2 Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz – LSD-BG) wird darauf hingewiesen, dass mit der rechts-kräftigen Bestrafung die Eintragung des Beschuldigten und jenes Unternehmens, dem die Bestrafung zuzurechnen ist, in die vom Kompetenzzentrum LSDB geführte Evidenz verbunden ist.
II. Zu den Spruchpunkten 8. bis 11. (Übertretungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes):
Rechtliche Beurteilung:
§ 18 Abs 12 AuslBG in der Fassung BGBl. Nr. I 72/2013:
„Für Ausländer, die von einem Unternehmen mit Betriebssitz in einem anderen Mitgliedstaat des Europäischen Wirtschaftsraumes zur Erbringung einer vorübergehenden Arbeitsleistung nach Österreich entsandt werden, ist keine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung erforderlich, wenn
1.
sie ordnungsgemäß zu einer Beschäftigung im Staat des Betriebssitzes über die Dauer der Entsendung nach Österreich hinaus zugelassen und beim entsendenden Unternehmen rechtmäßig beschäftigt sind und
2.
die österreichischen Lohn- und Arbeitsbedingungen gemäß § 7b Abs. 1 Z 1 bis 3 und Abs. 2 des Arbeitsvertragsrechts Anpassungsgesetzes (AVRAG), BGBl. Nr. 459/1993, sowie die sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen eingehalten werden.
Die Zentrale Koordinationsstelle für die Kontrolle der illegalen Beschäftigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz und dem Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz des Bundesministeriums für Finanzen hat die Meldung über die Beschäftigung betriebsentsandter Ausländer gemäß § 7b Abs. 3 und 4 AVRAG unverzüglich der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zu übermitteln. Die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice hat binnen zwei Wochen ab Einlangen der Meldung dem Unternehmen und dem Auftraggeber, der die Arbeitsleistungen in Anspruch nimmt, das Vorliegen der Voraussetzungen zu bestätigen (EU-Entsendebestätigung) oder bei Nichtvorliegen die Entsendung zu untersagen. Unbeschadet der Meldepflicht gemäß § 7b Abs. 3 und 4 AVRAG darf die Beschäftigung bei Vorliegen der Voraussetzungen auch ohne EU-Entsendebestätigung begonnen werden“).
§ 28 Abs 1 Z 4 AuslBG in der Fassung BGBl. Nr. I 113/2015:
„Sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet (§ 28c), begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen,
4.
wer
a)
entgegen § 18 Abs. 12 als Unternehmen mit Betriebssitz in einem anderen Mitgliedstaat des Europäischen Wirtschaftsraumes einen Ausländer im Inland beschäftigt oder
b)
entgegen § 18 Abs. 12 die Arbeitsleistungen eines Ausländers, der von einem Unternehmen mit Betriebssitz in einem anderen Mitgliedstaat des Europäischen Wirtschaftsraumes zur Arbeitsleistung nach Österreich entsandt wird, in Anspruch nimmt,
obwohl § 18 Abs. 12 Z 1 oder 2 nicht erfüllt ist und – im Fall der lit. b – auch keine EU-Entsendebestätigung ausgestellt wurde, bei unberechtigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 1 000 Euro bis 10 000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 2 000 Euro bis 20 000 Euro, bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 2 000 Euro bis 20 000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 4 000 Euro bis 50 000 Euro.“
Mit BGBl. I Nr. 78/2007 vom 13.11.2007 (Änderung des Ausländerbeschäftigungs-gesetzes und des Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetzes) erfolgte aufgrund des EuGH - Urteils vom 21. September 2006, Rs. C-168/04, eine Neufassung des § 18 Abs 12 und des § 28 Abs 1 Z 5 (nunmehr Z 4) AuslBG. In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (215 der Beilagen XXIII. GP) wird unter anderem ausgeführt:
„ … Die bestehenden Regelungen für die Entsendung ausländischer Arbeitskräfte durch Unternehmen aus EWR-Mitgliedstaaten werden nunmehr vollständig an diese gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben angepasst. Um parallele Prüfungen zu vermeiden, soll die verpflichtende Anzeige der Entsendung drittstaatsangehöriger Arbeitskräfte an das Arbeitsmarktservice entfallen und statt dessen die im § 7b AVRAG vorgesehene Meldung von Betriebsentsendungen an die Zentrale Koordinationsstelle für die Kontrolle der illegalen Beschäftigung im Bundes-ministerium für Finanzen (KIAB) als Grundlage für die Prüfung der materiellen Voraussetzungen für die Betriebsentsendung herangezogen werden. Die Meldung ist im Falle der Entsendung drittstaatsangehöriger Arbeitskräfte von der KIAB umgehend an das Arbeitsmarktservice weiterzuleiten und soll um jene Daten erweitert werden, die für die Prüfung einer gemeinschaftsrechtskonformen Entsendung durch das Arbeitsmarktservice erforderlich sind. Dabei handelt es sich insbesondere um die Arbeitsgenehmigung und die Aufenthaltsgenehmigung, um prüfen zu können, ob die entsandten Arbeitskräfte tatsächlich ordnungsgemäß und dauerhaft im Sitzstaat des Arbeitgebers beschäftigt sind. Die Entsendung darf – unabhängig von der Erfüllung der Meldepflicht gemäß § 7b Abs. 3 und 4 AVRAG – bei Vorliegen der Voraussetzungen zunächst auch ohne EU-Entsendebestätigung begonnen werden. Auch die Strafbestimmungen werden an die geänderte Regelung angepasst und dahingehend abgeändert, dass sowohl der ausländische Arbeitgeber als auch der inländische Auftraggeber nur dann bestraft werden, wenn die gemeinschaftsrechtlich zulässigen Voraussetzungen nicht erfüllt sind. Sofern die materiellen Voraussetzungen jedoch vorliegen, soll das bloße Nichtvorliegen der EU-Entsendebestätigung nicht mehr bestraft werden. ….“ (Hervorhebungen durch LVwG).
Die mitbeteiligte Partei hat ihren Strafantrag damit begründet, dass Untersagungsbescheide des AMS H vom 15.04.2016 vorgelegen seien. Mit diesen wurden die Anträge auf Bestätigung der EU-Entsendung unter Verweis auf Art. 2 Abs 1 der Richtlinie 96/71/EG vom 16.12.1996 in Verbindung mit dem Beschluss Nr. A2 der Verwaltungskommission vom 12.06.2009 abgelehnt, da nach Ablauf einer Entsendung eines Arbeitnehmers eine weitere Entsendung für denselben Arbeitnehmer, dasselbe Unternehmen und denselben Mitgliedsstaat erst nach einer Zeitspanne von mindestens zwei Monaten nach Ende des vorangegangenen Entsendezeitraums zugelassen werden kann und im gegenständlichen Fall bereits Entsendebestätigungen vorhanden waren.
Wie im Sachverhalt ausführlich dargelegt, wurden mittlerweile - nach Erhebung entsprechender Beschwerden - seitens des Bundesverwaltungsgerichtes für H I, J K und L M (Spruchpunkte 8., 9. und 11.) die Entsendebestätigungen erteilt, da in diesen Fällen die Untersagungs-bescheide rechtswidrig waren. Der Untersagungsbescheid betreffend N O (Spruchpunkt 10.) wurde hingegen bestätigt, da die nunmehr angezeigte Entsendung an das Enddatum der zuletzt erteilten nahtlos anschließen würde, weshalb in Hinblick auf die gegenständlich angezeigte Entsendung keine Unterbrechung von zwei Monaten nach Beendigung der bereits bestätigten Entsendung vorliegen würde.
Im hier gegenständlichen Verfahren wegen Verletzung des § 28 Abs 1 Z 4 lit a AuslBG geht es jedoch ausschließlich um die Frage, ob die Ausländer in Österreich entgegen § 18 Abs 12 AuslBG beschäftigt wurden, konkret – entsprechend dem Tatvorwurf - entgegen § 18 Abs 12 Z 1; ob sie also ordnungsgemäß zu einer Beschäftigung in Slowenien zugelassen und rechtmäßig bei der E d.o.o. beschäftigt waren. Diese Voraussetzungen waren unbestrittenermaßen nicht nur bei H I, J K und L M sondern auch bei N O gegeben.
Die maßgebende Strafbestimmung des § 28 Abs 1 Z 4 lit a AuslBG pönalisiert nämlich ausschließlich die Nichterfüllung des § 18 Abs 12 Z 1 und 2 AuslBG und stellt nicht auch die Verletzung unmittelbar anwendbarer europäischer Rechtsvorschriften bei der Vornahme von Entsendungen unter Strafe. Eine analoge Ausweitung innerstaatlicher Straftatbestände auf unmittelbar anwendbare europäische Rechtsvorschriften ist nicht zulässig. So ist es Aufgabe der Mitgliedsstaaten, unmittelbar anwendbares Europarecht auch im Verwaltungs-strafverfahren durch entsprechende Strafbestimmungen vollziehbar zu machen; fehlen solche Bestimmungen, beschränkt sich die unmittelbare Anwendbarkeit europäischer Normen auf das Administrativverfahren. Wenn also dem ausländischen Unternehmen eine weitere Entsendung untersagt wird, da diese weitere Entsendung gemäß dem unmittelbar anwendbaren „Beschluss Nr. A2 vom 12.06.2009 zur Auslegung des Artikel 12 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich der auf entsandte Arbeitnehmer sowie auf Selbständige, die vorübergehend eine Tätigkeit in einem anderen als dem zuständigen Mitgliedsstaat ausüben, anzuwendenden Rechtsvorschriften“ erst nach Ablauf von zwei Monaten nach Ende des vorangegangenen Entsendezeitraumes zulässig gewesen wäre, so ist dies für den gegenständlich zu prüfenden verwaltungsstrafrechtlichen Vorwurf nicht maßgeblich.
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die vier kroatischen Staatbürger H I, J K, L M und auch N O ordnungsgemäß zu einer Beschäftigung in Slowenien zugelassen und in einem aufrechten Dienstverhältnis zur E d.o.o. gestanden sind und somit die Tatvorwürfe der Spruchpunkten 8. bis 11. nicht zutreffend sind. Auch wenn für N O aus den oben dargelegten Gründen keine Entsendebestätigung erteilt wurde, kann dem Beschwerdeführer daher diese ihm vorgeworfene Übertretung ebenso wenig wie jene betreffend H I, J K, L M angelgastet werden, weshalb das Verfahren in den Spruchpunkten 8. bis 11. gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG einzustellen war.
Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfragen im Sinne des Art. 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen waren, denen grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Es liegen auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Baustelle, Nichtbereithaltung der Lohnunterlagen, Entsendebestätigung, GünstigkeitsprinzipEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGST:2017:LVwG.33.13.269.2017Zuletzt aktualisiert am
05.09.2019