Entscheidungsdatum
27.02.2019Norm
AsylG 2005 §3Spruch
I408 2152037-2/7E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Harald NEUSCHMID als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, alias XXXX, alias XXXX u.w., geb. XXXX, alias XXXX, alias XXXX, StA. ALGERIEN, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 02.08.2018, Zl. 1117548702-180636074, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer stellte am 03.06.2016 seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz, den er damit begründete, dass sein Vater und seine Mutter getötet worden wären, es in Algerien Probleme gegeben hätte, dort Terror herrschen würde und es dort Terroristen gäbe, welche mehrere Menschen erschossen hätten.
2. Mit Bescheid vom 16.03.2017 wies die belangte Behörde diesen Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Algerien (Spruchpunkt II.) als unbegründet ab. Zugleich erteilte sie dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Algerien zulässig ist (Spruchpunkt III.). Eine Frist für die freiwillige Ausreise besteht nicht (Spruchpunkt IV.). Zugleich erkannte die belangte Behörde einer Beschwerde gegen diese Entscheidung die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt V.). Ferner wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von 8 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VI.). Außerdem wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführer das Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem 29.12.2016 verloren hat (Spruchpunkt VII.).
3. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit ho. Erkenntnis vom 11.04.2018 mit der Maßgabe abgewiesen, dass ein 10-jähriges Aufenthaltsverbot erlassen wurde. Diese Entscheidung erwuchs nach Zustellung am 12.04.2018 in Rechtskraft.
4. Am 05.07.2018 stellte der Beschwerdeführer einen neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz. Er gab dabei eine andere Identität an und führte an, dass er in seiner Heimat Algerien politisch verfolgt werde. Nach zwei Einvernahmen durch die belangte Behörde am 19.07.2018 sowie am 31.07.2018 wurde der verfahrensgegenständliche zweite Antrag auf internationalen Schutz sowohl hinsichtlich des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) als auch des Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) wegen entschiedener Sache zurückgewiesen.
5. Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht erhobene Beschwerde vom 29.08.2018.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der volljährige Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Algerien. Seine Identität steht nicht fest.
Gegen Beschwerdeführer liegt eine bereits seit 12.04.2018 rechtskräftige gerichtliche Entscheidung vor, in der über seinen (ersten) Antrag auf internationalen Schutz vom 03.06.2016 negativ abgesprochen und eine Rückkehrentscheidung nach Algerien verbunden mit einem 10-jährigen Aufenthaltsverbotes erlassen worden ist.
Der Beschwerdeführer wurde zuletzt mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 26.04.2017, XXXX, wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs. 1, 143 Abs. 1 StGB unter Bedachtnahme auf das Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 17.02.2017, XXXX, zu seiner Zusatzfreiheitsstrafe von 2 1/2 Jahren verurteilt und er befand sich vom 21.12.2016 bis 19.10.2018 durchgehend in Haft und weist derzeit keinen gemeldeten Wohnsitz auf.
Es konnte nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer mit einer rumänischen Staatsbürgerin einen gemeinsamen Sohn, geboren am 06.12.2016, hat.
Aus seinem neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz ergeben sich keinerlei Sachverhaltselemente, die nicht schon zum Zeitpunkt der ersten Antragstellung bekannt gewesen wären bzw. denen ein wahrer Kern zuzuerkennen wäre.
Algerien ist weiterhin ein sicherer Herkunftsstaat und die belangte Behörde hat in ihrem Bescheid die aktuelle Lage unter Angabe der von ihr herangezogenen Quellen umfassend und zweifelsfrei dargestellt.
Es haben sich auch in Bezug auf die rechtskräftige Rückkehrentscheidung und das damit verbundene Einreiseverbot von 10 Jahren keinerlei Anhaltspunkte ergeben, die einen neuerliche Entscheidung bedingen würden.
2. Beweiswürdigung:
Die belangte Behörde hat ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse dieses Verfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst. Das Bundesverwaltungsgericht verweist zunächst auf diese schlüssigen und nachvollziehbaren beweiswürdigenden Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid. Auch der Beschwerde vermag das Bundesverwaltungsgericht keine neuen Sachverhaltselemente zu entnehmen, welche geeignet wären, die von der erstinstanzlichen Behörde getroffene Entscheidung in Frage zu stellen.
Der Verfahrensgang und die Feststellung des rechtskräftigen Abschlusses des ersten Verfahrens auf internationalen Schutz ergeben sich aus den dort angeführten behördlichen sowie gerichtlichen Erledigungen und den im Behördenakt aufliegenden Zustellnachweise.
Seine strafgerichtlichen Verurteilungen gründen sich aus der aktuellen Strafregisterabfrage und den dort genannten Strafurteilen, die im Akt der belangten Behörde aufliegen.
Die Feststellungen zu seinem Haftaufenthalt und zum Fehlen eines gemeldeten Wohnsitzes seit seiner Haftentlassung ergeben sich aus der aktuellen ZMR und GVS-Abfrage.
Wenn der Beschwerdeführer nunmehr angibt, mit einer rumänischen Staatsangehörigen einen, am 06.12.2016 geborenen gemeinsamen Sohn zu haben, so steht das im Widerspruch zu seinen Angaben im ersten, rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren, in dem er bei seiner Einvernahme am 03.02.2017 seinen Sohn mit keinem Wort erwähnte und zudem eine slowakische Freundin angab, mit der er damals eine Beziehung haben wollte. Im Strafverfahren am 26.02.2017 gab er an, ledig zu sein und keine Sorgepflichten zu haben. Eine sonstige Änderung im Privatleben des Beschwerdeführers erscheint auch aus der langen Haftdauer und seinem anschließenden Untertauchen ausgeschlossen und wurde auch nicht vorgebracht.
In seinem Fluchtvorbringen gab der Beschwerde nichts an, welches nicht schon im ersten Verfahren bekannt war bzw. welches nicht schon im damaligen Verfahren als unglaubhaft angesehen wurde. Die belangte Behörde hat in ihrem Bescheid klar und umfassend dargelegt, dass es sich um dieselben Fluchtgründe handelt und dass die nunmehrige Behauptung, er wäre Politiker gewesen, zum einen schon im ersten Verfahren vorzubringen gewesen wäre und zudem völlig unglaubwürdig ist.
Es ist dem Beschwerdeführer damit nicht gelungen, neue Sachverhaltselemente vorzubringen, die eine Neubehandlung seiner "Sache" bedingen.
Die Feststellungen zur Lage in Algerien ergeben sich aus den im Bescheid angeführten Berichten und Quellen der Staatendokumentation, denen der Beschwerdeführer weder im ersten Verfahren noch in seiner Beschwerde entgegengetreten ist.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Abweisung der Beschwerde
3.1. Zur Zurückweisung wegen entschiedener Sache (Spruchpunkt I. und II des angefochtenen Bescheides):
Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, wenn die Behörde nicht den Anlass zu einer Verfügung gemäß den Abs. 2 bis 4 findet.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu dieser Bestimmung (z. B. VwGH 25.04.2007, 2004/20/0100; 30.6.2005, 2005/18/0197; 25.4.2002, 2000/07/0235) liegen verschiedene "Sachen" im Sinn des § 68 Abs. 1 AVG vor, wenn in der für den Vorbescheid maßgeblichen Rechtslage oder in den für die Beurteilung des Parteibegehrens im Vorbescheid als maßgeblich erachteten tatsächlichen Umständen eine Änderung eingetreten ist oder wenn das neue Parteibegehren von dem früheren abweicht. Es kann aber nur eine solche behauptete Änderung des Sachverhaltes die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung - nach etwa notwendigen amtswegigen Ermittlungen - berechtigen und verpflichten, der für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen rechtlich Asylrelevanz zukäme; eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages darf nicht von vornherein ausgeschlossen sein. In Bezug auf wiederholte Asylanträge muss die behauptete Sachverhaltsänderung zumindest einen glaubhaften Kern aufweisen, dem Asylrelevanz zukommt und an den die positive Entscheidungsprognose anknüpfen kann. Die Behörde hat sich insoweit bereits bei der Prüfung der Zulässigkeit des (neuerlichen) Asylantrages mit der Glaubwürdigkeit des Vorbringens des Asylwerbers und gegebenenfalls mit der Beweiskraft von Urkunden auseinanderzusetzen. Ergeben die Ermittlungen der Behörde, dass eine Sachverhaltsänderung, die eine andere Beurteilung nicht von vornherein ausgeschlossen erscheinen ließe, entgegen den Behauptungen der Partei in Wahrheit nicht eingetreten ist, so ist der Asylantrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückzuweisen. Eine neue Sachentscheidung ist aber nicht nur bei identem Begehren auf Grund desselben Sachverhaltes, sondern, wie sich aus § 69 Abs. 1 Z 2 AVG ergibt, auch im Fall desselben Begehrens aufgrund von Tatsachen und Beweismitteln, die schon vor Abschluss des Vorverfahrens bestanden haben, ausgeschlossen. Der Begriff "Identität der Sache" muss in erster Linie aus einer rechtlichen Betrachtungsweise heraus beurteilt werden, was bedeutet, dass den behaupteten geänderten Umständen Entscheidungsrelevanz zukommen muss (vgl. VwGH 25. 4. 2002, 2000/07/0235; VwGH 15. 10. 1999, 96/21/0097; siehe weiters die bei Walter/Thienel, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze, Bd. I, 2. Aufl. 1998, E 83 zu § 68 AVG wiedergegebene Judikatur). Bei der Prüfung der Identität der Sache ist von dem rechtskräftigen Vorbescheid auszugehen, ohne die sachliche Richtigkeit desselben (nochmals) zu überprüfen; die Rechtskraftwirkung besteht gerade darin, dass die von der Behörde einmal untersuchte und entschiedene Sache nicht neuerlich untersucht und entschieden werden darf (vgl. VwGH 25. 4. 2002, 2000/07/0235; VwGH 15. 10. 1999, 96/21/0097). Nur eine solche Änderung des Sachverhaltes kann zu einer neuen Sachentscheidung führen, die für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen den Schluss zulässt, dass nunmehr bei Bedachtnahme auf die damals als maßgebend erachteten Erwägungen eine andere Beurteilung jener Umstände, die seinerzeit den Grund für die Abweisung des Parteibegehrens gebildet haben, nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann (vgl. VwGH 9. 9. 1999, 97/21/0913; und die bei Walter/Thienel, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze, Bd. I, 2. Aufl. 1998, E 90 zu § 68 AVG wiedergegebene Judikatur).
Wie bereits in der Beweiswürdigung ausgeführt, ist der belangten Behörde beizupflichten, dass kein neuer, entscheidungsrelevanter Sachverhalt festgestellt werden konnte und somit die Zurückweisung wegen § 68 AVG zu Recht erfolgt war.
3.4. Unterbleiben der mündlichen Verhandlung
Gemäß § 21 Abs 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.
Eine mündliche Verhandlung kann unterbleiben, wenn der für die rechtliche Beurteilung entscheidungsrelevante Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben wurde und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweist. Ferner muss die Verwaltungsbehörde die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht diese tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung in seiner Entscheidung teilen. Auch darf im Rahmen der Beschwerde kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüberhinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten ebenso außer Betracht zu bleiben hat, wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt (VwGH 28.05.2014, 2014/20/0017). Eine mündliche Verhandlung ist bei konkretem sachverhaltsbezogenem Vorbringen des Revisionswerbers vor dem VwG durchzuführen (VwGH 30.06.2015, Ra 2015/06/0050, mwN). Eine mündliche Verhandlung ist ebenfalls durchzuführen zur mündlichen Erörterung von nach der Aktenlage strittigen Rechtsfragen zwischen den Parteien und dem Gericht (VwGH 30.09.2015, Ra 2015/06/0007, mwN) sowie auch vor einer ergänzenden Beweiswürdigung durch das VwG (VwGH 16.02.2017, Ra 2016/05/0038). § 21 Abs 7 BFA-VG 2014 erlaubt andererseits das Unterbleiben einer Verhandlung, wenn - wie im vorliegenden Fall - deren Durchführung in der Beschwerde ausdrücklich beantragt wurde, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint (VwGH 23.11.2016, Ra 2016/04/0085; 22.01.2015, Ra 2014/21/0052 ua). Diese Regelung steht im Einklang mit Art 47 Abs 2 GRC (VwGH 25.02.2016, Ra 2016/21/0022).
Die vorgenannten Kriterien treffen in diesem Fall zu. Unabhängig davon ist der derzeitige Aufenthalt des Beschwerdeführers nicht feststellbar.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Im gegenständlichen Fall wurde keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen. Die vorliegende Entscheidung basiert auf den oben genannten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes.
Schlagworte
Asylverfahren, Bindungswirkung, entschiedene Sache, Fluchtgründe,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:I408.2152037.2.00Zuletzt aktualisiert am
05.09.2019