Entscheidungsdatum
03.04.2019Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
L516 2215764-1/5E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Paul NIEDERSCHICK als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , alias XXXX , alias XXXX , alias XXXX , alias XXXX , geb XXXX , alias XXXX , StA Pakistan, vertreten durch Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.02.2019, Zahl 1180252105-190113826/BMI-EAST_WEST, zu Recht erkannt:
A)
I.
Die Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkte I und II gemäß § 68 Abs 1 AVG als unbegründet abgewiesen.
II.
Die Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkte III bis VIII gemäß § 57, § 10 Abs 1 Z 3, § 15b Abs 1 bis Abs 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG und §§ 52 Abs 2 Z 2 und Abs 9 sowie § 46, 55 Abs 1a und 53 FPG als unbegründet abgewiesen.
B)
Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer, ein pakistanischer Staatsangehöriger, stellte am 30.01.2018 einen ersten Antrag auf internationalen Schutz, welcher vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) mit Bescheid vom 27.02.2018, Zahl 1180252105-180103726, zur Gänze abgewiesen wurde; gleichzeitig wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass dessen Abschiebung nach Pakistan zulässig sei. Jene Entscheidung des BFA wurde durch Hinterlegung im Akt am 01.03.2018 zugestellt und erwuchs mangels Erhebung eines Rechtsmittels mit Ablauf des 29.03.2018 in Rechtskraft.
2. Am 01.02.2019 stellte der Beschwerdeführer den dem gegenständlichen Verfahren zugrunde liegenden zweiten Antrag auf internationalen Schutz, nachdem er zuvor von Deutschland rücküberstellt worden war. Die Erstbefragung nach dem AsylG dazu fand am selben Tag statt, Einvernahmen durch das BFa am 12.02.2019 und 18.02.2019.
2.1. Das gegenständliche Verfahren des Beschwerdeführers wurde nicht zugelassen.
3. Das BFA wies mit gegenständlich angefochtenem Bescheid vom 27.02.2019 den Antrag gemäß § 68 Abs 1 AVG hinsichtlich des Status eines Asylberechtigten (Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides) und hinsichtlich des Status eines subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II des angefochtenen Bescheides) wegen entschiedener Sache zurück. Das BFA erteilte dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG (Spruchpunkt III), erließ gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG (Spruchpunkt IV) und stellte gemäß § 52 Abs 9 FPG fest, dass die Abschiebung nach Pakistan gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V). Das BFA sprach zudem aus, dass gemäß § 55 Abs 1a keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe (Spruchpunkt VI) und erließ gemäß § 53 Abs 1 iVm Abs 2 Z 6 FPG ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot (Spruchpunkt VII). Mit Spruchpunkt VIII wurde darüber abgesprochen, dass dem Beschwerdeführer gemäß § 15b Abs 1 AsylG aufgetragen wurde, ab 02.02.2019 in einem näher bezeichneten Quartier Unterkunft zu nehmen. Gleichzeitig wurde dem Beschwerdeführer vom BFA mit Verfahrensanordnung gemäß § 52 Abs 1 BFA-VG für das Beschwerdeverfahren amtswegig eine juristische Person als Rechtsberater zur Seite gestellt.
4. Der Beschwerdeführer hat gegen diesen ihn am 27.02.2019 zugestellten Bescheid am 08.03.2019 Beschwerde erhoben.
5. Die gegenständliche Beschwerde samt Verwaltungsakten des BFA langte am 12.03.2019 beim Bundesverwaltungsgericht, Außenstelle Linz, ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Sachverhaltsfeststellungen:
1.1. Der Beschwerdeführer führt in Österreich die im Spruch angeführten Namen sowie die ebenso dort angeführten Geburtsdaten. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Pakistan, gehört der Volksgruppe der Arain sowie der sunnitischen Glaubensgemeinschaft an. Seine Identität steht nicht fest. Er besuchte acht Jahre lang die Grundschule und arbeitete in Pakistan als Hilfsarbeiter (Verwaltungsverfahrensakt des BFA zum ersten Antrag (VA1), Aktenseite (AS) 7, 19).
1.2. Der Beschwerdeführer reiste Anfang 2016 aus Pakistan aus, verbrachte anschließend ein Monat im Iran, je acht Monate in der Türkei und in Griechenland und etwa 10 Monate in Serbien, bevor er im Jänner 2018 in Österreich einreiste und den ersten Antrag auf internationalen Schutz stellte (VA1 AS 17 ff). Im März 2018 reiste der Beschwerdeführer nach Italien aus, wo er sich bis etwa August 2018 aufhielt, im Anschluss befand sich der Beschwerdeführer bis Jänner 2019 in Deutschland und wurde anschließend von dort nach Österreich rücküberstellt. Am 01.02.2019 stellte er den zweiten Antrag auf internationalen Schutz (Verwaltungsverfahrensakt des BFA zum gegenständlichen zweiten Antrag (VA2) AS 5ff). Er verfügt gegenwärtig über keine aufrechte Meldeadresse und hat keine neue Abgabestelle bekannt gegeben.
Der Beschwerdeführer lebt in Österreich in keiner Lebensgemeinschaft und hat auch keine Verwandten in Österreich. Eine Schwester des Beschwerdeführers lebt nach wie vor in Pakistan, in XXXX , wobei der Beschwerdeführer mit ihr in telefonischem Kontakt steht (VA2 AS 11). Der Beschwerdeführer hat keinen Deutschkurs besucht und gab nicht bekannt, über Deutschkenntnisse zu verfügen. Er ist in keinem Verein bzw keiner Organisation in Österreich engagiert, nicht erwerbstätig und bezieht gegenwärtig keine Leistungen aus der Grundversorgung für hilfsbedürftige Fremde. Er ist strafrechtlich unbescholten.
1.3. Dem Beschwerdeführer ist grundsätzlich gesund, befand sich nur zum Zeitpunkt der Einvernahme 18.02.2019 wegen einer Erkältung in ärztlicher Behandlung, gegen die ihm Nasentropfen, Vitamin C+Aspirin und ein Antibiotikum verschrieben wurden (AS 125, 157).
1.4. Der Beschwerdeführer stellte am 30.01.2018 einen ersten Antrag auf internationalen Schutz, welcher vom BFA mit Bescheid vom 27.02.2018, Zahl 1180252105-180103726, gänzlich abgewiesen wurde; gleichzeitig wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass dessen Abschiebung nach Pakistan zulässig sei. Jene Entscheidung des BFA erwuchs mangels Erhebung eines Rechtsmittels mit Ablauf des 29.03.2018 in Rechtskraft.
1.5. Der Beschwerdeführer führte zur Begründung seines ersten Antrags auf internationalen Schutz vom 30.01.2018 aus, dass sein Vater ungefähr 80 Jahre alt sei, seine Mutter 50 Jahre und er auch fünf Schwestern im Alter von 18 bis 28 Jahre habe. Brüder erwähnte er keine. Er gab an, dass alle seine Familienangehörigen in Pakistan leben würden und er sein Heimatland aus wirtschaftlichen Gründen verlassen habe. Sein Vater sei zu alt zu arbeiten, der Beschwerdeführer habe fünf ledige Schwestern und er habe in Pakistan nicht genug verdient, um seine Familie zu unterstützen. Sein einziger Ausreisegrund sei, dass er hier im Ausland arbeiten könne, um seine Familie finanziell zu unterstützen. Weitere Gründe habe er nicht. Bei einer Rückkehr befürchte er, in Armut zu leben (VA1 AS 25, 27). Das BFA erachtete jenes Vorbringen als glaubhaft, kam jedoch zu der Beurteilung, dass sich aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers keine drohende asylrelevante Verfolgung ableiten lasse und auch kein Sachverhalt im Sinne der Art 2 und 3 EMRK vorliege (BFA Bescheid vom 27.02.2018).
1.6. Zu seinem verfahrensgegenständlichen zweiten Antrag führte der Beschwerdeführer bei der Erstbefragung am 01.02.2019 im Wesentlichen aus, dass im Jahr 2015 sein Bruder in dessen Uhrengeschäft in Lahore erschossen worden sei. Der Beschwerdeführer sei damals auch im Geschäft gewesen und habe seinen Bruder "nach hinten gezogen". Der Bruder habe einen Streit mit "denen" gehabt, es sei dabei um Politik gegangen. Er sei der einzige Zeuge gewesen. Die Polizei sei korrupt und habe den Beschwerdeführer dazu gezwungen, die erstattete Anzeige wieder zurückzuziehen. Als dann die Eltern verstorben seien, habe er mit seiner Schwester das Haus verkauft und die Schwester sei nach XXXX , er nach Karachi. 2016 habe er Karachi verlassen. Die Schwester sei jetzt verheiratet. Der Mörder des Bruders sei für den Mord im Gefängnis gewesen (VA2 AS 11).
Bei der Einvernahme durch das BFA am 12.02.2019 ergänzte er dazu, dass er von seiner Schwester erfahren habe, dass der Täter freigelassen worden sei. Die Parteimitglieder des Täters hätten nun etwa zehn Tage zuvor das Haus der Schwester in XXXX beschossen und der Ehemann der Schwester (Schwager) sei dabei verletzt worden. Die Gründe für die Ausreise seien dieselben wie im ersten Verfahren, sie würden aber noch kein Ende gefunden haben. Nach Vorhalt durch das BFA, wonach er im Erstverfahren ausschließlich wirtschaftliche Gründe genannt habe, gab der Beschwerdeführer dazu an, dass dies stimme, er an jenem Tag sehr aufgeregt gewesen sei und er nicht gewusst habe, was ihm widerfahre. Es gebe einen Zeitungsartikel über seinen Bruder und auch Anzeigen von der Polizei. Der Beschwerdeführer bejahte die Frage, ob es richtig sei, dass der Beschwerdeführer den gegenständlichen Antrag aus Gründen gestellt habe, welche ihm bereits im Erstverfahren bekannt gewesen seien, er diese jedoch wissentlich nicht vorgebracht habe (VA2 AS 127).
In der Einvernahme am 18.02.2019 verwies der Beschwerdeführer darauf, dass er seine Angaben vom 12.02.2019 aufrecht erhalte. Ihm wurde eine Frist bis zum 26.02.2019 eingeräumt um Beweismittel vorzulegen (VA2 AS 157).
Der Beschwerdeführer legte am 21.02.2019 dem BFA zur Bescheinigung seines Vorbringens in Kopie zwei als pakistanische First Information Reports (FIRs) bezeichnete Schriftstücke vom 20.03.2015 bzw 17.07.2015 (VA2 AS 169-179) sowie einen fremdsprachigen Zeitungsartikel des "Daily Leader" vom 20.03.2015 vor (VA AS 181) vor.
1.7. Das BFA stellte im angefochtenen Bescheid fest, dass der Beschwerdeführer den gegenständlichen Antrag auf Umstände gestützt habe, die er bereits im ersten Verfahren gekannt, jedoch nicht vorgebracht habe, sowie auf gänzlich unglaubwürdige Angaben (Bescheid, S 17). Im Rahmen der Beweiswürdigung führte das BFA aus, dass der Beschwerdeführer im Erstverfahren ausschließlich wirtschaftliche Gründe angegeben habe; dass sein Bruder getötet worden sei, habe der Beschwerdeführer mit keinem Wort vorgebracht. Die nunmehr angeführten Probleme seien dem Beschwerdeführer bereits lange vor Rechtskraft des ersten Asylverfahrens bekannt gewesen und würden somit keinen neuen objektiven Sachverhalt darstellen. Des Weiteren erscheine es nicht nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer den Verlust von Familienmitgliedern bei einer Asylantragstellung gar nicht erwähnt habe. Vielmehr würde nach den logischen Denkansätzen jemand bei tatsächlichem Erleben derartiger Ereignisse, diese bei erster Gelegenheit darlegen, um entsprechenden Schutz zu erhalten. Die Angaben würden auch deshalb völlig unglaubhaft sein, da der Beschwerdeführer in der Erstbefragung völlig entgegengesetzt angegeben habe, dass er alleine deshalb ausgereist sei, um die Familie finanziell zu unterstützen. Zu einer Änderung des objektiven und entscheidungsrelevanten Sachverhaltes sei es mangels glaubhaftem Kern des neuen Vorbringens nicht gekommen (Bescheid, S 100-102).
1.8. In der Beschwerde wird zunächst der Verfahrensgang wiederholt und vorgebracht, dass der Beschwerdeführer die Gründe, weshalb er neuerlich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt habe, ausführlich geschildert habe. Die bereits getätigten Ausführungen würden aufrechterhalten. Aufgrund der ineffizienten Schutzmechanismen des pakistanischen Staates sei eine Inanspruchnahme staatlichen Schutzes nicht möglich. Die Sicherheitslage in Pakistan sei nach wie vor prekär, volatil und geprägt durch den weitgehenden Mangel an rechtsstaatlichen Strukturen. Das BFA sei erneut dazu verpflichtet gewesen, sich mit der allgemeinen Situation in Pakistan auseinanderzusetzen und diesbezügliche Feststellungen zu treffen, es sei daher von einem Verfahrensfehler auszugehen (AS 363ff).
2. Die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen:
2.1. Verfahrensgang und Sachverhalt ergeben sich aus den vom BFA vorgelegten und unverdächtigen Verwaltungsverfahrensakten zu den Anträgen des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz. Die Feststellungen zu den Angaben des Beschwerdeführers im gegenständlichen Verfahren sowie zu den Ausführungen des BFA im angefochtenen Bescheid und der Beschwerde ergeben sich konkret aus den im Akt einliegenden Niederschriften, dem angefochtenen Bescheid und der Beschwerde, wobei zu den jeweiligen Feststellungen die entsprechenden Fundquellen bzw Aktenseiten (AS) angeführt sind.
2.2. Die Feststellungen zur strafrechtlichen Unbescholtenheit ergeben sich aus dem Strafregister der Republik Österreich, der festgestellte Bezug der Leistungen aus der Grundversorgung ergibt sich dem Betreuungsinformationssystem über die Gewährung der vorübergehenden Grundversorgung für hilfs- und schutzbedürftige Fremde in Österreich (GVS).
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
Spruchpunkt I
Zur Zurückweisung des Antrages auf internationalen Schutz hinsichtlich des Status des Asylberechtigten wegen entschiedener Sache (Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides)
3.1. Zur Rechtslage
3.1.1. Gemäß § 68 Abs 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wenn die Behörde nicht den Anlass zu einer Verfügung gemäß § 68 Abs 2 bis 4 AVG findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.
3.2. Allgemein zur entschiedenen Sache nach § 68 Abs 1 AVG
3.2.1. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes steht die Rechtskraft einer Entscheidung einem neuerlichen Antrag entgegen, wenn keine relevante Änderung der Rechtslage oder des Begehrens vorliegt und in dem für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhalt keine Änderung eingetreten ist (VwGH 29.06.2015, Ra 2015/18/0122). Die objektive (sachliche) Grenze dieser Wirkung der Rechtskraft wird durch die "entschiedene Sache", also durch die Identität der Verwaltungssache, über die bereits mit einem formell rechtskräftigen Bescheid abgesprochen wurde, mit der im neuen Antrag intendierten bestimmt (VwGH 17.02.2015, Ra 2014/09/0029). Identität der Sache als eine der Voraussetzungen für die Anwendbarkeit des § 68 Abs 1 AVG ist dann gegeben, wenn sich der für die Entscheidung maßgebende Sachverhalt, der dem rechtskräftigen Vorbescheid zugrunde lag, nicht geändert hat. Im Übrigen ist bei der Überprüfung, ob sich der Sachverhalt maßgeblich verändert hat, vom rechtskräftigen Vorbescheid auszugehen, ohne dass dabei dessen sachliche Richtigkeit nochmals zu ergründen wäre, weil die Rechtskraftwirkung ja gerade darin besteht, dass die von der Behörde entschiedene Sache nicht neuerlich untersucht und entschieden werden darf. Eine andere fachliche Beurteilung unverändert gebliebener Tatsachen berührt die Identität der Sache nicht. In Bezug auf die Rechtslage kann nur eine Änderung der maßgeblichen Rechtsvorschriften selbst bei der Frage, ob Identität der Sache gegeben ist, von Bedeutung sein, nicht aber eine bloße Änderung in der interpretativen Beurteilung eines Rechtsbegriffs oder einer Rechtsvorschrift bei unverändertem Normenbestand (VwGH 24.06.2014, Ro 2014/05/0050). Erst nach Erlassung des Bescheides hervorgekommene Umstände, die eine Unrichtigkeit des Bescheides dartun, stellen keine Änderung des Sachverhaltes dar, sondern bilden lediglich unter den Voraussetzungen des § 69 AVG einen Wiederaufnahmegrund (VwGH 17.02.2015, Ra 2014/09/0029). Im Folgeantragsverfahren können - bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen - nur neu entstandene Tatsachen, die einen im Vergleich zum rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren geänderten Sachverhalt begründen, zu einer neuen Sachentscheidung führen, nicht aber solche, die bereits vor Abschluss des vorangegangenen Asylverfahrens bestanden haben (VwGH 08.09.2015, Ra 2014/18/0089). In Hinblick auf wiederholte Anträge auf internationalen Schutz kann nur eine solche behauptete Änderung des Sachverhaltes die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung - nach etwa notwendigen amtswegigen Ermittlungen - berechtigen und verpflichten, der für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen rechtlich Relevanz zukäme; eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages darf nicht von vornherein ausgeschlossen sein. Die behauptete Sachverhaltsänderung muss zumindest einen "glaubhaften Kern" aufweisen, dem Relevanz zukommt (VwGH 09.03.2015, Ra 2015/19/0048). Neues Sachverhaltsvorbringen in der Beschwerde gegen den erstinstanzlichen Bescheid nach § 68 AVG ist von der "Sache" des Beschwerdeverfahrens nicht umfasst und daher unbeachtlich (VwGH 29.06.2015, Ra 2015/18/0122).
3.3. Zur Beurteilung im gegenständlichen Verfahren
3.3.1. Das Bundesverwaltungsgericht hat fallbezogen unter Beachtung der zuvor zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu prüfen, ob die Behörde auf Grund des von ihr zu berücksichtigenden Sachverhalts zu Recht zum Ergebnis gelangt ist, dass im Vergleich zum rechtskräftig entschiedenen ersten Asylverfahren keine wesentliche Änderung der maßgeblichen Umstände eingetreten ist (vgl VwGH 25.04.2017, Ra 2016/01/0307).
3.3.2. Maßstab der Rechtskraftwirkung bildet die Entscheidung, mit der zuletzt in der Sache entschieden wurde (VwGH 06.11.2009, 2008/19/0783), im vorliegenden Fall somit der Bescheid des BFA vom 27.02.2018, Zahl 1180252105-180103726, welcher mangels Erhebung eines Rechtsmittels mit Ablauf des 29.03.2018 rechtskräftig wurde.
3.3.3. Soweit fallbezogen der Beschwerdeführer den verfahrensgegenständlichen zweiten Antrag auf internationalen Schutz - erstmals - damit begründete, dass im Jahr 2015 sein Bruder von Angehörigen der Volkspartei aufgrund eines politischen Streits erschossen worden sei und der Beschwerdeführer unter Druck gesetzt worden sei, die polizeiliche Anzeige zurückzunehmen, und er dazu auch in Kopie zwei polizeiliche Anzeigen sowie einen Zeitungsartikel aus dem Jahr 2015 vorlegte (vgl oben II.1.6), ist festzuhalten, dass es sich demnach dabei um Geschehnisse handelt, die die bereits vor Abschluss des vorangegangenen Asylverfahrens bestanden haben und schon deshalb nicht zu einer neuen Sachentscheidung führen können (VwGH 08.09.2015, Ra 2014/18/0089).
3.3.4. Der Beschwerdeführer brachte darüber hinaus im Verfahren vor dem BFA neu auch Geschehnisse vor, die sich zeitlich nach rechtskräftigem Abschluss des ersten Asylverfahrens (29.03.2018) ereignet haben sollen. So gab der Beschwerdeführer zum gegenständlichen zweiten Antrag in der Einvernahme am 12.02.2019 an, dass vor etwa zehn Tagen - somit etwa zehn Monate nach Rechtskraft der Entscheidung hinsichtlich des ersten Antrages - das Haus seiner Schwester von den Parteimitgliedern des Mörders des Bruders beschossen worden sei und dabei auch der Ehemann der Schwester verletzt worden sei. Der Mörder des Bruders des Beschwerdeführers sei inzwischen aus dem Gefängnis freigelassen worden (AS 125). Darüber hinaus sei die Polizei korrupt und etwa die Hälfte eines Gehalts in Pakistan müsse alleine für die Stromrechnung aufgewendet werden. Um eine Anzeige erstatten zu können, müsse man in Pakistan bezahlen, wie auch für den Erhalt von Papieren.
3.3.5. Das BFA hat jedoch dem Vorbringen des Beschwerdeführers im gegenständlichen Verfahren mit nachvollziehbarer Begründung auch keinen glaubhaften Kern beigemessen (vgl die oben unter II.1.7. insoweit wiedergegebene Bescheidbegründung). So führte das BFA im angefochtenen Bescheid aus, es sei nicht nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer im Vorverfahren ausschließlich seine Ausreise mit wirtschaftliche Gründe vorgebracht habe und seine Ausreise mit der Unterstützung seiner Familie, da der Vater zum Arbeiten zu alt sei, begründete, er aber damals den angeblichen Tod des Bruders und die daraus resultierende Verfolgung sowie auch den nun vorgebrachten Tod des Vaters vor der Ausreise mit keinem Wort erwähnt habe. Vielmehr würde nach den logischen Denkansätzen jemand bei tatsächlichem Erleben derartiger Ereignisse, diese bei erster Gelegenheit darlegen, um entsprechenden Schutz zu erhalten. Die Angaben würden auch deshalb völlig unglaubhaft sein, da der Beschwerdeführer in der Erstbefragung des Erstverfahrens völlig entgegengesetzt angegeben habe, dass er alleine deshalb ausgereist sei, um die Familie finanziell zu unterstützen. Die vom Beschwerdeführer vorgelegten Kopien seien nicht geeignet einen neuen Sachverhalt zu belegen. Das BFA verwies dazu einerseits auf die Länderfeststellungen, wonach Strafanzeigen häufig gefälscht oder inhaltlich unrichtig seien und Strafverfahren zum Schein problemlos gegen sich selbst in Gang gebracht werden können, sowie andererseits auf ein Judikat des Unabhängigen Bundesasylsenates, wonach die Aussage des Antragstellers von zentraler Bedeutung sei und Urkunden geringere Beweiskraft beizumessen sei, wenn von der Unglaubhaftigkeit der Angaben des Antragstellers auszugehen sei. Das BFA führte anschließend aus, da der Aussage des Antragstellers zentrale Bedeutung zukomme und die Angaben des Beschwerdeführers nicht glaubhaft seien, würden die in Kopie vorgelegten Urkunden nicht dazu führen, das Vorbringen als glaubhaft zu erachten. Zu einer Änderung des objektiven und entscheidungsrelevanten Sachverhaltes sei es mangels glaubhaftem Kern des neuen Vorbringens nicht gekommen (Bescheid, S 100-102).
Die Beschwerde trat der Beweiswürdigung des BFA mit keinem Wort substantiiert entgegen, da dort lediglich ausgeführt wird, dass der Beschwerdeführer seinen zweiten Antrag auf internationalen Schutz ausführlich geschildert habe und auf die bereits getätigten Ausführungen verwiesen werde (AS 365); die bloße Wiederholung eines bestimmten Tatsachenvorbringens in der Beschwerde stellt jedoch weder ein substantiiertes Bestreiten der behördlichen Beweiswürdigung noch eine relevante Neuerung dar (VwGH 27.05.2015, Ra 2015/18/0021).
3.3.6. Soweit in der Beschwerde dem BFA vorgeworfen wird, einen Verfahrensfehler begangen zu haben, es sich mit der allgemeinen Situation in Pakistan nicht auseinandergesetzt habe und keine diesbezüglichen Feststellungen getroffen habe, ist auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach es nicht ausreicht, die Außerachtlassung von Verfahrensvorschriften zu behaupten, ohne in konkreter Weise die Relevanz der genannten Verfahrensmängel darzulegen (VwGH 23.02.2016, Ra 2016/01/0012). Tatsächlich sind Länderfeststellungen auf den Seiten 17 - 95 des Bescheides enthalten und die Beschwerde lässt auch nicht erkennen, welche allfälligen zusätzlichen Aspekte der allgemeinen Situation in Pakistan das BFA nicht beachtet und nicht festgestellt hätte, zumal in der Beschwerde nicht die Gelegenheit wahrgenommen wurde, die vom BFA herangezogenen Länderberichte zu vervollständigen bzw zu entkräften (vgl VwGH 07.11.2017 Ra 2017/18/0210; oben Punkte II.1.7.).
3.3.7. Das Bundesverwaltungsgericht erachtet die oben unter Punkt II.1.7. dargestellten beweiswürdigenden Argumente des BFA zur Begründung der Unglaubhaftigkeit des neuen Vorbringens des Beschwerdeführers in seinen wesentlichen Punkten als logisch konsistent, in sich schlüssig und nachvollziehbar und teilt daher im Ergebnis ebenso die Beurteilung des BFA, dass das im gegenständlichen Verfahren neu erstattete Vorbringen keinen glaubhaften Kern aufweist.
3.4. Mit dem gegenständlich zweiten Antrag auf internationalen Schutz wird daher im Ergebnis die erneute sachliche Behandlung einer bereits rechtskräftig entschiedenen Sache ohne nachträgliche Änderungen der Sachlage und Rechtslage bezweckt, was durch § 68 Abs 1 AVG verhindert werden soll (vgl VwGH 17.02.2015, Ra 2014/09/0029).
3.5. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides war daher abzuweisen.
Zur Zurückweisung des Antrages auf internationalen Schutz hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten wegen entschiedener Sache (Spruchpunkt II des angefochtenen Bescheides)
3.6. Durch die Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten durch das BFA im Erstverfahren wurde rechtskräftig darüber abgesprochen, dass dem Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr nach Pakistan kein reales Risiko einer gegen Art 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht bzw relevante exzeptionelle Umstände nicht vorliegen. Die Rechtskraft dieser Entscheidung wäre daher nur durchbrochen, wenn der Beschwerdeführer im Folgeverfahren den Beweis des realen Risikos einer derartigen Behandlung bzw des Vorliegens außergewöhnlicher Umstände erbracht hätte.
3.6.1. Nach der ständigen Judikatur des EGMR obliegt es - abgesehen von Abschiebungen in Staaten, in denen die allgemeine Situation so schwerwiegend ist, dass die Rückführung eines abgelehnten Asylwerbers dorthin eine Verletzung von Art 3 MRK darstellen würde - grundsätzlich der abschiebungsgefährdeten Person, mit geeigneten Beweisen gewichtige Gründe für die Annahme eines Risikos nachzuweisen, dass ihr im Falle der Durchführung einer Rückführungsmaßnahme eine dem Art 3 MRK widersprechende Behandlung drohen würde (VwGH 23.02.2016, Ra 2015/01/0134). Die Außerlandesschaffung eines Fremden in den Herkunftsstaat kann auch dann eine Verletzung von Art 3 MRK bedeuten, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz (bezogen auf den Einzelfall) nicht gedeckt werden können. Nach der auf der Rechtsprechung des EGMR beruhenden Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist eine solche Situation nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen. Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art 3 MRK ist nicht ausreichend. Vielmehr ist es zur Begründung einer drohenden Verletzung von Art 3 MRK notwendig, detailliert und konkret darzulegen, warum solche exzeptionellen Umstände vorliegen (vgl VwGH 25.04.2017, Ra 2016/01/0307).
3.6.2. Derartige Nachweise hat der Beschwerdeführer im vorliegenden Fall nicht erbracht. Das erstmals in der Beschwerde vom 08.03.2019 erstattete Vorbringen, wonach sich das BFA mit der allgemeinen Situation in Pakistan nicht auseinandergesetzt habe und keine diesbezüglichen Feststellungen getroffen habe (AS 365f), trifft nicht zu (vgl Punkt II.3.3.6.) und würde darüber hinaus auch nicht ausreichen (es reicht diesbezüglich auch nicht zu behaupten, dass sich die Sicherheitslage verschlechtert habe, vgl VwGH 25.04.2017, Ra 2016/01/0307 in Bezug auf Afghanistan). Es sind auch keine Hinweise darauf hervorgetreten, dass es dem Beschwerdeführer nicht möglich wäre, sich erneut in die pakistanische Gesellschaft einzufügen und sich eine existenzielle Grundlage dort aufzubauen. Besondere, in der Person des Beschwerdeführers (neu) begründete Umstände, die dazu führten, dass gerade bei ihm ein - im Vergleich zur Bevölkerung von Pakistan im Allgemeinen - höheres Risiko bestünde, einer dem Art 2 oder 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu sein bzw eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit befürchten zu müssen, wurden - wie bereits oben dargelegt - nicht glaubhaft vorgebracht und sind nicht ersichtlich.
3.7. Es war daher auch die Beschwerde gegen Spruchpunkt II des angefochtenen Bescheides abzuweisen.
Spruchpunkt II
Zur Rückkehrentscheidung (Spruchpunkte III bis V des angefochtenen Bescheides)
3.8. Gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt wird.
3.9. Gemäß § 52 Abs 9 FPG ist mit der Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.
3.10. Gemäß § 55 FPG wird mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt. (Abs 1)
Eine Frist für die freiwillige Ausreise besteht nicht für die Fälle einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 AVG sowie wenn eine Entscheidung auf Grund eines Verfahrens gemäß § 18 BFA-VG durchführbar wird. (Abs 1a) Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen. (Abs 2) Bei Überwiegen besonderer Umstände kann die Frist für die freiwillige Ausreise einmalig mit einem längeren Zeitraum als die vorgesehenen 14 Tage festgesetzt werden. Die besonderen Umstände sind vom Drittstaatsangehörigen nachzuweisen und hat er zugleich einen Termin für seine Ausreise bekanntzugeben. § 37 AVG gilt. (Abs 3) Das Bundesamt hat von der Festlegung einer Frist für die freiwillige Ausreise abzusehen, wenn die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 2 BFA-VG aberkannt wurde. (Abs 4)
3.11. Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist gemäß § 9 Abs 1 BFA-VG idgF die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
3.12. Gemäß § 9 Abs 2 BFA-VG sind bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK insbesondere zu berücksichtigen: 1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war; 2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens; 3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens; 4. der Grad der Integration; 5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden; 6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit; 7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts; 8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren; 9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
3.13. Gemäß § 9 Abs 3 BFA-VG ist über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl I Nr 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.
3.14. Zur Beurteilung im gegenständlichen Verfahren
3.14.1. Der Verwaltungsgerichtshof hat ausgesprochen, dass eine Entscheidung nach § 68 AVG als eine solche zu betrachten ist, die (auch) in Anwendung der §§ 3 und 8 AsylG 2005 ergangen ist, und mit einer Rückkehrentscheidung zu verbinden ist (VwGH 19.11.2015, Ra 2015/20/0082).
3.14.2. Wird durch eine Rückkehrentscheidung in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung dieser Maßnahme gemäß § 9 Abs 1 BFA-VG 2014 (nur) zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs 2 MRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei Beurteilung dieser Frage ist unter Bedachtnahme auf alle Umstände des Einzelfalles eine gewichtende Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen des Fremden, insbesondere unter Berücksichtigung der in § 9 Abs 2 BFA-VG 2014 genannten Kriterien und unter Einbeziehung der sich aus § 9 Abs 3 BFA-VG 2014 ergebenden Wertungen, in Form einer Gesamtbetrachtung vorzunehmen (VwGH 16.11.2016, Ra 2016/18/0041).
3.14.3. Folgende Umstände - zumeist in Verbindung mit anderen Aspekten - stellen Anhaltspunkte dafür dar, dass der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit zumindest in gewissem Ausmaß genützt hat, um sich zu integrieren: Erwerbstätigkeit des Fremden (vgl. E 26. Februar 2015, Ra 2014/22/0025; E 18. Oktober 2012, 2010/22/0136; E 20. Jänner 2011, 2010/22/0158), das Vorhandensein einer Beschäftigungsbewilligung (vgl. E 4. August 2016, Ra 2015/21/0249 bis 0253), eine Einstellungszusage (vgl. E 30. Juni 2016, Ra 2016/21/0165; E 26. März 2015, Ra 2014/22/0078 bis 0082), das Vorhandensein ausreichender Deutschkenntnisse (vgl. E 4. August 2016, Ra 2015/21/0249 bis 0253; E 14. April 2016, Ra 2016/21/0029 bis 0032), familiäre Bindungen zu in Österreich lebenden, aufenthaltsberechtigten Familienangehörigen (vgl. E 23. Mai 2012, 2010/22/0128; (betreffend nicht zur Kernfamilie zählende Angehörige) E 9. September 2014, 2013/22/0247), ein Freundes- und Bekanntenkreis in Österreich bzw. die Vorlage von Empfehlungsschreiben (vgl. E 18. März 2014, 2013/22/0129; E 31. Jänner 2013, 2011/23/0365), eine aktive Teilnahme an einem Vereinsleben (vgl. E 10. Dezember 2013, 2012/22/0151), freiwillige Hilfstätigkeiten (vgl. E 4. August 2016, Ra 2015/21/0249 bis 0253), ein Schulabschluss (vgl. E 16. Oktober 2012, 2012/18/0062) bzw. eine gute schulische Integration in Österreich (vgl. E, 4. August 2016, Ra 2015/21/0249 bis 0253; E 26. März 2015, Ra 2014/22/0078 bis 0082) oder der Erwerb des Führerscheins (vgl. E 31. Jänner 2013, 2011/23/0365) (VwGH 17.10.2016, Ro 2016/22/0005).
3.14.4. Der Beschwerdeführer reiste zunächst im Jänner 2018 in Österreich ein und im März 2018 wieder aus, bevor er spätestens am 01.02.2019 wieder in Österreich einreiste, wobei sein derzeitiger Aufenthaltsort nicht bekannt ist. Diese äußerst kurze Zeit von maximal fünf Monaten (unter der Annahme, dass sich der Beschwerdeführer nach wie vor in Österreich befindet), war nicht ausreichend, dass der Beschwerdeführer maßgebliche Integrationsschritte hätte setzen können. Weder erwähnte er, einen Deutschkurs zu besuchen, noch traten Hinweise auf ein Sozialleben (Familie, Freunde oder Bekannte, Arbeitsplatz) hervor, während in Pakistan zumindest Angehörige seiner Kernfamilie leben. Der Beschwerdeführer verfügt über keinen aufrechten Aufenthaltstitel; sein bisheriger Aufenthalt stützte sich ausschließlich auf das Asylrecht. Der Beschwerdeführer hat den überwiegenden Teil seines Lebens in Pakistan verbracht und wurde dort auch sozialisiert. Es deutet nichts darauf hin, dass es dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in den Herkunftsstaat nicht möglich wäre, sich in die dortige Gesellschaft erneut zu integrieren. Eine anderweitige Aufenthaltsverfestigung, die die Annahme einer Prävalenz der hier bestehenden Bindungen zu Österreich gegenüber jenen zum Herkunftsstaat rechtfertigen würde, ist im Verfahren nicht hervorgetreten.
3.14.5. Den privaten Interessen des Beschwerdeführers stehen die öffentlichen Interessen des Schutzes der öffentlichen Ordnung, insbesondere in Form der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen, sowie des wirtschaftlichen Wohles des Landes gegenüber. Im Rahmen einer Abwägung dieser Fakten iSd Art 8 Abs 2 EMRK und unter Berücksichtigung der Judikatur des EGMR erweisen sich die individuellen Interessen des Beschwerdeführers iSd Art 8 Abs 1 EMRK (vgl oben II.3.14.4.) nicht als so ausgeprägt, dass sie insbesondere das öffentliche Interesse an der Aufenthaltsbeendigung nach Abschluss des gegenständlichen Verfahrens und der Einhaltung der österreichischen aufenthalts- und fremdenrechtlichen Bestimmungen überwiegen. Nach Maßgabe einer Interessensabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG kann dem BFA nicht entgegen getreten werden, wenn es davon ausgegangen ist, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des unrechtmäßigen Aufenthalts des Beschwerdeführers im Bundesgebiet dessen persönliches Interesse am Verbleib im Bundesgebiet überwiegt und daher durch die angeordnete Rückkehrentscheidung eine Verletzung des Art 8 EMRK nicht vorliegt. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen, die im gegenständlichen Fall den Ausspruch einer dauernden Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung rechtfertigen würden.
3.15. Schließlich sind im Hinblick auf die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid gemäß § 52 Abs 9 iVm § 50 FPG getroffenen Feststellungen und Ausführungen keine konkreten Anhaltspunkte dahingehend hervorgekommen, dass eine Abschiebung nach Pakistan unzulässig wäre. Derartiges wurde in der gegenständlichen Beschwerde zwar moniert, jedoch nicht schlüssig dargelegt.
3.16. Da alle gesetzlichen Voraussetzungen für die Erlassung der Rückkehrentscheidung vorliegen, war die Beschwerde gegen Spruchpunkte III bis V des angefochtenen Bescheides als unbegründet abzuweisen.
Zur Ausreisefrist (Spruchpunkt VI des angefochtenen Bescheides)
3.17. Spruchpunkt VI des bekämpften Bescheides stützt sich rechtskonform auf die Bestimmung des § 55 Abs 1a FPG in Verfahren, in denen ein Folgeantrag wegen entschiedener Sache zurückgewiesen wurde, und war daher zu bestätigen.
Zum Einreiseverbot (Spruchpunkt VII des angefochtenen Bescheides)
3.18. Gemäß § 53 Abs 1 FPG 2005 kann vom Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.
Abs 2 und Abs 3 leg cit enthalten beispielhaft aufgezählte Umstände, die beschreiben, wann der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art 8 Abs 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Gemäß Art 11 lit b der Rückführungsrichtlinie (Richtlinie 2008/115/EG vom 16.12.2008) gehen Rückkehrentscheidungen mit einem Einreiseverbot einher, falls der Rückkehrverpflichtung nicht nachgekommen wurde. In anderen Fällen kann eine Rückkehrentscheidung einhergehen.
3.19. Das BFA stützte die Erlassung des zweijährigen Einreiseverbotes im Spruch auf die Bestimmung des § 53 Abs 2 Z 6 FPG und begründete dies auf das Wesentliche zusammengefasst damit, dass der Beschwerdeführer in keiner Weise darlegen habe können, dass er über Mittel zur zumindest kurzfristigen Sicherung seines Lebensbedarfes verfüge. Die privaten und familiären Anknüpfungspunkte des Beschwerdeführers in Österreich seien nicht dergestalt, dass sie einen Verbleib des Beschwerdeführers in Österreich rechtfertigen könnten. Die Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit könne nur durch Erlassung des Einreiseverbotes in der bestimmten Dauer verhindert werden (Bescheid, S 119f).
3.19.1. Soweit in der Beschwerde vorgebracht wird, es sei widersprüchlich, dass dem Beschwerdeführer einerseits Grundversorgung gewährt wurde und andererseits das BFA auf Basis der gewährten Grundversorgung ein Einreiseverbot erlassen hat und es sei zudem nicht nachvollziehbar, welche Gefährdung der Beschwerdeführer für die öffentliche Sicherheit und Ordnung gerade er darstelle (AS 367), ist auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes vom 25.10.2018, Ra 2018/20/0318, hinzuweisen, wonach der Umstand, dass einem Fremden Grundversorgung gewährt wird, geradezu die Beurteilung bestätigt, dass der auf die Mittellosigkeit abstellende Tatbestand des (nunmehr) § 53 Abs. 2 Z 6 FrPolG 2005 erfüllt ist.
3.20. Spruchpunkt VII des angefochtenen Bescheides war daher zu bestätigen.
Zur Anordnung zur Unterkunftnahme (Spruchpunkt VIII des angefochtenen Bescheides)
3.21. Gemäß § 15b Abs 1 AsylG kann einem Asylwerber mittels Verfahrensanordnung des Bundesamtes aus Gründen des öffentlichen Interesses, der öffentlichen Ordnung oder aus Gründen der zügigen Bearbeitung und wirksamen Überwachung des Antrags auf internationalen Schutz aufgetragen werden, in einem von der für die Grundversorgung zuständigen Gebietskörperschaft zur Verfügung gestellten Quartier durchgängig Unterkunft zu nehmen. Über die Verfahrensanordnung ist im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen. Gemäß Abs 2 leg cit ist bei der Beurteilung, ob Gründe des öffentlichen Interesses oder der öffentlichen Ordnung vorliegen, insbesondere zu berücksichtigen, ob 1. Voraussetzungen zum Verlust des Aufenthaltsrechts gemäß § 13 Abs 2 oder für eine Entscheidung gemäß § 2 Abs 4 GVG-B 2005 vorliegen, 2. der Antrag auf internationalen Schutz sich auf einen Staat gemäß § 19 BFA-VG bezieht oder 3. vor Stellung des Antrags auf internationalen Schutz eine Rückkehrentscheidung gegen den Drittstaatsangehörigen rechtskräftig erlassen wurde.
3.21.1. Fallbezogen wurde mit Bescheid des BFA vom 27.02.2018 gegenüber dem Beschwerdeführer eine rechtskräftig gewordene Rückkehrentscheidung ausgesprochen. Der Beschwerdeführer reiste zwar zunächst im März 2018 nach Italien aus, spätestens am 01.02.2019 jedoch wieder nach Österreich ein, obwohl die Rückkehrentscheidung nach wie vor Aufrecht ist (§ 12a Abs 6 AsylG).
3.22. Der vom BFA verfügten Anordnung war daher nicht entgegenzutreten. Auch in der Beschwerde wurde diese nicht bekämpft.
Zu B)
Revision
3.23. Da die Rechtslage durch die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geklärt ist, ist die ordentliche Revision nicht zulässig.
3.24. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Schlagworte
Abschiebung, Asylverfahren, Aufenthaltsberechtigung besondererEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:L516.2215764.1.00Zuletzt aktualisiert am
05.09.2019