TE Vwgh Erkenntnis 1998/11/13 96/19/1031

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Veröffentlicht am 13.11.1998
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;
61/01 Familienlastenausgleich;

Norm

AufG 1992 §1 Abs2 Z2;
AufG 1992 §5 Abs1;
FamLAG 1967 §2;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 96/19/1032 96/19/1033

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Bayjones, Dr. Schick und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Brandtner, über die Beschwerde 1.) des 1994 geborenen F P,

2.) des 1966 geborenen N P und 3.) der 1968 geborenen V P, alle in Linz, der Erstbeschwerdeführer vertreten durch seinen Vater, den Zweitbeschwerdeführer, letzterer sowie die Drittbeschwerdeführerin vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in Linz, gegen die Bescheide des Bundesministers für Inneres vom 12. Juni 1995,

1.)

zu Zl. 301.298/7-III/11/95 (betreffend den Erstbeschwerdeführer),

2.)

zu Zl. 301.298/5-III/11/95 (betreffend den Zweitbeschwerdeführer) und 3.) zu Zl. 301.298/6-III/11/95 (betreffend die Drittbeschwerdeführerin), jeweils betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der erstangefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der zweitangefochtene und der drittangefochtene Bescheid werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von jeweils S 12.770,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Drittbeschwerdeführerin ist Ehegattin des Zweitbeschwerdeführers, der Erstbeschwerdeführer deren gemeinsames Kind. Die Beschwerdeführer stellten am 11. November 1994 beim Magistrat der Stadt Linz-Bezirksverwaltungsamt jeweils einen "Antrag auf Erteilung eines Wiedereinreisesichtvermerkes (Aufenthaltsberechtigung)".

Mit Bescheiden des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 27. Februar 1995 wurden diese als Anträge auf Erteilung von Aufenthaltsbewilligungen gewerteten Anträge namens des Landeshauptmannes von Oberösterreich abgewiesen.

In den dagegen erhobenen Berufungen brachten die Beschwerdeführer vor, die Drittbeschwerdeführerin beziehe auf Grund der Geburt des gemeinsamen Kindes (des Erstbeschwerdeführers) am 11. Februar 1994 Karenzurlaubsgeld in der Höhe von S 288,60 pro Tag.

Mit Bescheiden vom 12. Juni 1995, abgefertigt am 20. Februar 1996, wies der Bundesminister für Inneres die Berufungen des Zweitbeschwerdeführers und der Drittbeschwerdeführerin gemäß § 5 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z. 4 des Fremdengesetzes 1992 (FrG), diejenige des Erstbeschwerdeführers gemäß § 5 Abs. 1 AufG ab.

In der Begründung des zweit- und des drittangefochtenen Bescheides führte der Bundesminister für Inneres aus, die Beschwerdeführer hielten sich "nach wie vor" entgegen den Bestimmungen des Fremdenrechtes sichtvermerksfrei und damit illegal in Österreich auf, zumal sie nicht als Touristen, sondern mit der Absicht, in Österreich einen ordentlichen Wohnsitz zu gründen und hier zu arbeiten, eingereist seien und zu diesem Zweck von Anfang an einen Sichtvermerk benötigt hätten. Dadurch zeigten die Beschwerdeführer, daß sie nicht gewillt seien, die österreichische Rechtsordnung, insbesondere in einem Bereich, der für den geordneten Ablauf eines geregelten Fremdenwesens vorgesehen sei, zu respektieren. Es liege damit ein Sichtvermerksversagungsgrund im Sinne des § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG vor. Gerade die Notwendigkeit, in einem ohnedies sensiblen Bereich die Zuwanderung sorgfältig zu steuern, mache es ebenfalls erforderlich, strenge Maßstäbe an die Beurteilung der gesicherten Unterhaltsmittel von Zuwanderern anzulegen. Sei der Unterhalt für die Geltungsdauer der Bewilligung nicht gesichert, so dürfe gemäß § 5 Abs. 1 AufG eine Bewilligung nicht erteilt werden. Diese Beurteilung zeige im Falle der Beschwerdeführer, daß einem grundsätzlichen Mindestbedarf von S 10.165,-- (exklusive der Miete von S 3.500,--) gemäß dem Sozialhilferichtsatz des Bundeslandes Oberösterreich tatsächlich nur S 8.658,-- an Karenzgeld, welches von der Drittbeschwerdeführerin aufgebracht werden könne, gegenüberstünden. Unter Berücksichtigung der im speziellen Fall gegebenen Umstände sowie im Hinblick auf Art. 8 MRK erachte die Behörde die öffentlichen Interessen höher als das private Interesse an der Familienzusammenführung oder der Aufnahme einer unselbständigen Erwerbstätigkeit.

In der Begründung des erstangefochtenen Bescheides führte die belangte Behörde ebenfalls aus, daß einem grundsätzlichen Mindestbedarf von S 10.165,-- (exklusive der Miete von S 3.500,--) nach dem Sozialhilferichtsatz des Bundeslandes Oberösterreich tatsächlich nur S 8.658,-- an Karenzgeld, welche von der Mutter des Erstbeschwerdeführers aufgebracht werden könnten, gegenüberstünden. Da seine Eltern für ihn unterhaltspflichtig seien, ihnen jedoch keine Bewilligung zum Aufenthalt erteilt worden sei, scheine sein Unterhalt ebenfalls nicht gesichert. Auch in seinem Fall überwögen die öffentlichen Interessen die privaten Interessen.

Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden Beschwerden. Die Beschwerdeführer erachten sich jeweils in ihrem Recht auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die auf Grund ihres persönlichen, sachlichen und rechtlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen Beschwerden erwogen:

Im Hinblick auf den Zeitpunkt der Erlassung der angefochtenen Bescheide (ihre Zustellung erfolgte am 20. Februar 1996) ist für die Überprüfung ihrer Rechtmäßigkeit durch den Verwaltungsgerichtshof die Rechtslage nach der Novelle zum Aufenthaltsgesetz BGBl. Nr. 351/1995 maßgeblich.

Die §§ 5 Abs. 1 und 6 Abs. 1 AufG lauteten in der Fassung dieser Novelle:

"§ 5. (1) Eine Bewilligung darf Fremden nicht erteilt werden, bei denen ein Sichtvermerksversagungsgrund (§ 10 Abs. 1 FrG) vorliegt, insbesondere aber, wenn deren Lebensunterhalt oder eine für Inländer ortsübliche Unterkunft in Österreich für die Geltungsdauer der Bewilligung nicht gesichert ist.

...

§ 6. (1) Außer in den Fällen des § 7 Abs. 1 werden die Bewilligung und deren Verlängerung auf Antrag erteilt. In dem Antrag ist der Zweck des vorgesehenen Aufenthaltes genau anzugeben und glaubhaft zu machen, daß kein Ausschließungsgrund (§ 5) vorliegt. Der Antragsteller kann den bei der Antragstellung angegebenen Zweck im Laufe des Verfahrens nicht ändern."

§ 10 Abs. 1 Z. 4 FrG lautete:

"§ 10. (1) Die Erteilung eines Sichtvermerkes ist zu versagen, wenn

...

4. Der Aufenthalt des Sichtvermerkswerbers die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährden würde;"

§ 5 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Aufenthaltsberechtigung von Flüchtlingen im Sinne der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 126/1968 (Asylgesetz 1968), lautete:

"§ 5. (1) Der Asylwerber ist bis zum rechtskräftigen Abschluß des Feststellungsverfahrens (§ 2) zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt, wenn er den Antrag auf Asylgewährung innerhalb von zwei Wochen ab dem Zeitpunkt stellt, in dem er in das Bundesgebiet eingereist ist oder in dem er von der Gefahr einer Verfolgung aus einem der im Artikel 1 Abschnitt A Ziffer 2 der Konvention angeführten Gründe Kenntnis erlangt hat."

§ 7 Abs. 1 und 3 des Asylgesetzes 1991 lautete:

"§ 7. (1) Ein Asylwerber, der gemäß § 6 eingereist ist, ist ab dem Zeitpunkt, zu dem ein Asylantrag gestellt wurde, zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt, wenn der Asylantrag innerhalb einer Woche ab dem Zeitpunkt der Einreise in das Bundesgebiet oder innerhalb von einer Woche ab dem Zeitpunkt gestellt wurde, in dem er im Bundesgebiet von der Gefahr einer Verfolgung Kenntnis erlangt hat (vorläufige Aufenthaltsberechtigung). Der Asylwerber hat sich den Asylbehörden für Zwecke des Verfahrens nach diesem Bundesgesetz zur Verfügung zu halten.

...

(3) Die vorläufige Aufenthaltsberechtigung kommt einem Asylwerber ab dem Zeitpunkt nicht mehr zu, zu dem das Asylverfahren rechtskräftig abgeschlossen wird oder einem Rechtsmittel gegen eine Entscheidung der Asylbehörden keine aufschiebende Wirkung zukommt."

Zu den Beschwerden des Zweitbeschwerdeführers und der Drittbeschwerdeführerin:

Die belangte Behörde stützte ihre abweisenden Bescheide zunächst darauf, daß sich die Beschwerdeführer "nach wie vor" unrechtmäßig in Österreich aufhielten. Der Aufenthalt in Österreich wird in den Beschwerden auch nicht bestritten.

Aus den vorgelegten Verwaltungsakten ergibt sich allerdings, daß die Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren Bescheide des Bundesministers für Inneres vom 13. Jänner 1994 vorgelegt hatten, mit denen die Berufung der Beschwerdeführer gegen Bescheide der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich, in denen festgestellt wurde, daß die Beschwerdeführer nicht Flüchtlinge im Sinne der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. Nr. 55/1955 seien, abgewiesen wurden (vgl. OZ. 107 bzw. OZ. 39 der zu Zl. 96/19/1032 bzw. 96/19/1033 vorgelegten Verwaltungsakten). In diesen Bescheiden ist ausdrücklich davon die Rede, daß die Beschwerdeführer am 13. Februar 1992 in das Bundesgebiet eingereist seien und am 14. Februar 1992 beantragt hätten, ihnen Asyl zu gewähren. Der Zweitbeschwerdeführer legte überdies eine Kopie des Beschlusses des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. August 1994, Zl. AW 94/01/0432, vor, womit seinem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gegen den abweisenden Asylbescheid erhobenen Verwaltungsgerichtshofbeschwerde mit der Wirkung stattgegeben wurde, daß dem Antragsteller die Rechtsstellung zukomme, die er als Asylwerber vor Erlassung des angefochtenen Bescheides hatte (vgl. OZ. 112 des zu Zl. 96/19/1032 vorgelegten Verwaltungsaktes).

Sollten die Beschwerdeführer aber, wie es in den erwähnten Berufungsbescheiden festgestellt wurde, tatsächlich am 13. Februar 1992 in das Bundesgebiet eingereist sein und, den Feststellungen der erwähnten Bescheide entsprechend, bereits am nächsten Tag Anträge auf Asylgewährung gestellt haben, so hätten sie gemäß § 5 Abs. 1 des Asylgesetzes 1968 eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung erlangt. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine auf Grund des § 25 Abs. 3 des Asylgesetzes 1991 im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes (am 1. Juni 1992) bestehende

vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz 1968 als

vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz 1991 anzusehen (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 28. November 1996, Zl. 95/18/0553). Gemäß § 7 Abs. 3 des Asylgesetzes 1991 hätte diese vorläufige Aufenthaltsberechtigung erst mit dem rechtskräftigen (negativen) Abschluß der Asylverfahren geendet. Es wäre angesichts des Vorbringens der Beschwerdeführer zu ihrer Eigenschaft als Asylwerber Sache der belangten Behörde gewesen, sich - auch im Hinblick auf den vom Zweitbeschwerdeführer vorgelegten Beschluß über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung - darüber Gewißheit zu verschaffen, ob den Beschwerdeführern im Zeitpunkt der Erlassung der angefochtenen Bescheide (weiterhin) eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung zustand. Bei entsprechenden Ermittlungen hätte sich ergeben, daß der Verwaltungsgerichtshof die beiden erwähnten Asylbescheide mit Erkenntnis vom 5. April 1995, Zlen. 94/01/0617, 0675, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben hatte. Da gemäß § 42 Abs. 3 VwGG durch die Aufhebung dieser Bescheide die Rechtssache jeweils in die Lage zurücktrat, in der sie sich vor Erlassung der vom Verwaltungsgerichtshof aufgehobenen Asylbescheide befunden hatte, wäre den Beschwerdeführern jedenfalls in Ermangelung eines zwischenzeitig ergangenen Ersatzbescheides im Asylverfahren im Zeitpunkt der Erlassung der nunmehr angefochtenen Bescheide wieder eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung zugekommen. Im Hinblick auf ihren dann nicht rechtswidrigen Aufenthalt im Bundesgebiet hätte sich die Heranziehung des Sichtvermerksversagungsgrundes nach § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG jedoch als unzulässig erwiesen. Da die belangte Behörde - ausgehend von ihrer unrichtigen Rechtsansicht, ein sichtvermerksfreier Aufenthalt (gemeint wohl: ein Aufenthalt ohne Sichtvermerk) sei jedenfalls "illegal" (gemeint wohl: unrechtmäßig) - ungeachtet des Vorliegens eines entsprechenden Vorbringens der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren Ermittlungen über den Stand des Asylverfahrens nicht gepflogen hat und jegliche Feststellungen in den angefochtenen Bescheiden zur Frage einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung der Beschwerdeführer unterlassen hat, hat sie den entscheidungsrelevanten Sachverhalt in diesem Punkt nicht ausreichend festgestellt und ihre Bescheide daher insoweit mit einem sekundären Feststellungsmangel behaftet.

Die belangte Behörde stützte die Abweisung der Anträge der Beschwerdeführer jedoch auch auf den Ausschließungsgrund des nicht gesicherten Unterhalts gemäß § 5 Abs. 1 AufG. Sie stellte im angefochtenen Bescheid fest, es liege ein Mindestbedarf von S 10.165,-- (exklusive der Miete von S 3.500,--) gemäß dem Sozialhilferichtsatz für das Bundesland Oberösterreich vor, dem gegenüber die Beschwerdeführer nur S 8.658,-- an Karenzgeld, das von der Drittbeschwerdeführerin bezogen wird, aufbrächten.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes haben Fremde von sich aus (initiativ) zu belegen, daß sie über die zur Bestreitung ihres Unterhaltes erforderlichen Mittel verfügen. Nur dadurch kommen sie ihrer Obliegenheit gemäß § 6 Abs. 1 AufG nach, glaubhaft zu machen, daß kein Ausschließungsgrund im Sinne des § 5 Abs. 1 leg. cit. vorliegt. Aufforderungen seitens der Behörde an die Antragsteller, dieser Darlegungspflicht entsprechend zu handeln, sind demnach ebensowenig geboten wie die Durchführung entsprechender amtswegiger Ermittlungen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Juni 1997, Zl. 96/19/0355 ua.).

Die Beschwerdeführer haben sich im Verwaltungsverfahren nicht ausschließlich auf den Karenzgeldbezug der Drittbeschwerdeführerin bezogen. Aus den vorgelegten Akten der Berufungsbehörde ergibt sich nämlich, daß am 11. Jänner 1996, somit vor Abfertigung der angefochtenen Bescheide durch die belangte Behörde, ein ergänzendes Vorbringen der Beschwerdeführer bei der Berufungsbehörde einlangte, in dem diese vorbrachten, einem namentlich genannten Unternehmen in Linz sei für den Zweitbeschwerdeführer eine Beschäftigungsbewilligung für die Zeit vom 12. Dezember 1995 bis zum 11. Dezember 1996 ausgestellt worden, auf deren Grundlage der Zweitbeschwerdeführer am 8. Jänner 1996 bei dem genannten Unternehmen eine Tätigkeit als Estrichleger aufnehmen werde. Beigelegt wurde die vom genannten Unternehmen vorgenommene Anmeldung des Zweitbeschwerdeführers bei der oberösterreichischen Gebietskrankenkasse für eine durchschnittliche Beschäftigung zu 40 Wochenstunden (vgl. OZ. 155 des zu Zl. 96/19/1032 vorgelegten Verwaltungsaktes und den Verweis auf dieses Vorbringen in OZ. 68 des zu Zl. 96/19/1033 vorgelegten Verwaltungsaktes). Die Beschwerdeführer sind demnach ihrer Obliegenheit zur initiativen Glaubhaftmachung von Unterhaltsmitteln nachgekommen.

Zieht man in Betracht, daß nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes auch Ansprüche auf Familienbeihilfe bei der Beurteilung der einem Niederlassungswerber zur Verfügung stehenden Unterhaltsmittel zu berücksichtigende Ansprüche darstellen (vgl. in diesem Sinne das hg. Erkenntnis vom 27. Oktober 1997, Zlen. 96/19/2559 bis 2561), so hätte die belangte Behörde auch die den Beschwerdeführern zur Verfügung stehende Familienbehilfe für den Erstbeschwerdeführer in ihre Berechnung einzubeziehen gehabt. Ausgehend von dem von der Behörde festgestellten Unterhaltsbedarf für die Beschwerdeführer hätte sich für die belangte Behörde unter Einrechnung des von ihr festgestellten Mietaufwandes ein Gesamtbedarf der Beschwerdeführer von S 13.665,-- ergeben. Dieser Betrag läge jedoch nur knapp S 4.000,-- über dem Betrag, der sich als Summe des Karenzgeldbezuges der Drittbeschwerdeführerin und der den Beschwerdeführern zustehenden Familienbeihilfe ergäbe. Bei Einbeziehung einer Beschäftigung des Zweitbeschwerdeführers als Estrichleger bei einem österreichischen Unternehmen mit einer durchschnittlichen Arbeitszeit von 40 Wochenstunden wäre es auch unter der Annahme eines sehr niedrigen Stundenlohnes - wie allgemein bekannt - ausgeschlossen gewesen, daß der erwähnte Differenzbetrag von knapp S 4.000,-- durch das Arbeitseinkommen des Zweitbeschwerdeführers nicht abgedeckt wäre. Diese notorische Tatsache war daher von der Obliegenheit zur initiativen Darlegung durch Bezifferung des Einkommens nicht umfaßt. Bei Zutreffen dieser Behauptungen der Beschwerdeführer erwiese sich jedoch der Vorwurf des nicht gesicherten Unterhaltes der Beschwerdeführer als unbegründet. Indem die belangte Behörde das ergänzende Vorbringen der Beschwerdeführer unberücksichtigt ließ und keine Feststellungen dazu traf, ob das (implizit) von den Beschwerdeführern behauptete Erwerbseinkommen des Zweitbeschwerdeführers geeignet war, den bereits mehrfach erwähnten Differenzbetrag abzudecken, belastete sie ihre Bescheide auch in diesem Punkt mit einem relevanten Feststellungsmangel.

Da die belangte Behörde auf Grund einer Verkennung der Rechtslage - wie aufgezeigt - die den Beschwerdeführern zustehende Familienbeihilfe nicht in ihre Berechnung einbezog und Feststellungen zum Gang des Asylverfahrens unterließ, waren die angefochtenen Bescheide wegen prävalierender Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Zur Beschwerde des Erstbeschwerdeführers:

Die belangte Behörde stützte sich im Spruch des erstangefochtenen Bescheides ausschließlich auf § 5 Abs. 1 AufG. Wie auch die Begründung zeigt, geht die belangte Behörde davon aus, daß der Unterhalt des Erstbeschwerdeführers nicht gesichert sei, weil seine Eltern über keine Aufenthaltsbewilligung verfügten.

Die Beurteilung der Frage, ob der Unterhalt des Erstbeschwerdeführers für die Dauer der zu erteilenden Bewilligung gesichert ist, hängt von der Vorfrage ab, ob auch die unterhaltspflichtigen Eltern, mit denen der Erstbeschwerdeführer Familiengemeinschaft anstrebte, für die Dauer der beantragten Bewilligung über eine Berechtigung zum Aufenthalt im Inland verfügen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 8. Mai 1998, Zlen. 96/19/1802, 1999). Die belangte Behörde hatte daher zu prüfen, ob die Eltern des Erstbeschwerdeführers im Inland aufenthaltsberechtigt waren. Im vorliegenden Fall hätte die belangte Behörde daher Feststellungen darüber zu treffen gehabt, ob die Eltern des Erstbeschwerdeführers nach wie vor auf Grund einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz 1991 zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt waren. Derartige Feststellungen sind jedoch unterblieben. Auch im Falle des Erstbeschwerdeführers ist daher der entscheidungserhebliche Sachverhalt in einem wesentlichen Punkt nicht festgestellt. Wären die Eltern des Erstbeschwerdeführers im Zeitpunkt der Erlassung des erstangefochtenen Bescheides zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt gewesen, so erwiese sich wie im Falle des Zweitbeschwerdeführers und der Drittbeschwerdeführerin aus den dort genannten Gründen die Heranziehung des Ausschließungsgrundes des nicht gesicherten Unterhaltes als nicht gerechtfertigt.

Der erstangefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 13. November 1998

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1996191031.X00

Im RIS seit

01.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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