TE Vwgh Erkenntnis 1998/11/16 97/10/0147

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Veröffentlicht am 16.11.1998
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
80/02 Forstrecht;

Norm

AVG §38;
B-VG Art130 Abs2;
ForstG 1975 §17;
ForstG 1975 §5 Abs2;
VwGG §21 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Bumberger und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Toifl, über die Beschwerde des FM in O, vertreten durch Dr. Wolfgang Ehrenberger, Rechtsanwalt in Purkersdorf, Kaiser-Josef-Straße 1/1, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 30. Juni 1997, Zl. 18.323/11-IA8/97, betreffend Rodungsbewilligung, zu Recht erkannt bzw. den Beschluß gefaßt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Schreiben vom 13. März 1995 beantragte der Beschwerdeführer bei der Bezirkshauptmannschaft Tulln (BH) die Bewilligung zur Rodung des Grundstückes Nr. x/y, KG O, zum Zwecke der Errichtung eines Hauses. Die BH holte zur Frage des öffentlichen Interesses am Siedlungswesen das Gutachten einer Amtssachverständigen für Raumplanung und Raumordnung ein. Diese führte aus, es seien die Gründe, die seinerzeit zur Widmung des Waldgrundstückes "Bauland" geführt hätten, heute weder nachvollziehbar noch begründbar, weil der vereinfachte Flächenwidmungsplan ohne Grundlagenforschung erstellt worden sei. Die Erhebungen hätten jedoch ergeben, daß Baulandflächen auch auf Nichtwaldflächen gewidmet seien und diese auch erweitert werden könnten. Angesichts der rechtswirksam gewidmeten Baulandreserven auf Nichtwaldflächen werde ein unbedingtes Erfordernis der Inanspruchnahme einer Waldfläche für Siedlungszwecke raumordnungsfachlich nicht erkannt. Das Argument der Ausnutzung bestehender Infrastruktureinrichtungen erscheine nicht ausreichend, um die Verwendung von Waldflächen, an deren Erhaltung ein außerordentlich hohes Interesse bestehe, zugunsten der Siedlungstätigkeit zu begründen.

Die BH beraumte eine mündliche Verhandlung an, in der der forsttechnische Sachverständige ausführte, das Grundstück sei im Sinne des § 3 ForstG im Vermessungskataster als Wald eingetragen; es sei auch in der Natur als Wald im Sinne des § 1 ForstG bestockt und weise einen Zusammenhang mit dem angrenzenden Waldkomplex auf. Das Erscheinungsbild entspreche dem typischen Laubmischwald dieses Wienerwaldteiles. Die Waldflächen im fraglichen Bereich wiesen laut Waldentwicklungsplan eine mit 2 bewertete Schutzfunktion, jedoch höchstbewertete Erholungs- und Wohlfahrtsfunktion auf. Die Katastralgemeinde Ollern weise eine Bewaldung von 40 %, die Gemeinde Sieghartskirchen eine von 35 % und der Verwaltungsbezirk Tulln eine von 24 % auf. Die Waldfläche in der KG Ollern betrage insgesamt 308 ha, die Baulandfläche 79,7 ha.

Der Beschwerdeführer brachte vor, es sei die Auffassung der Amtssachverständigen für Raumordnung angesichts durchgeführter Rodungsverfahren betreffend benachbarte Grundstücke, in denen ein öffentliches Interesse am Siedlungswesen erkannt worden sei, absolut unverständlich. Im übrigen sei bereits am 22. September 1949 eine Rodungsbewilligung für die gesamte Siedlung, in der auch das gegenständliche Grundstück liege, erteilt worden; im Jahre 1963 sei auch (auf einem mittlerweile abgeteilten Grundstück) ein Wohnhaus errichtet worden.

Mit Bescheid vom 15. September 1995 wies die BH das Rodungsbegehren ab und führte aus, es sei für den Beschwerdeführer mit dem Argument, es seien in unmittelbarer Nachbarschaft früher Rodungsbewilligungen erteilt worden, nichts zu gewinnen, weil es darum gehe, ob nunmehr ein öffentliches Interesse am Siedlungswesen gegeben sei. Ein solches Interesse bestehe in Ansehung des vorliegenden Rodungsvorhabens nicht. Die vom Beschwerdeführer behauptete Rodungsbewilligung habe bei der BH nicht aufgefunden werden können, andererseits sei festzustellen, daß eine möglicherweise damals wirklich erteilte Rodungsbewilligung durch Rodung der damaligen Waldfläche praktisch konsumiert worden sei. Das Grundstück sei in den letzten 15 Jahren mit forstlichen Gewächsen bestockt gewesen; durch die Wiederbewaldung sei es daher jedenfalls wieder zu einem Waldgrundstück geworden. Angesichts der hohen Bewertung der gegenständlichen Waldfläche in Ansehung der Wohlfahrts- und Erholungsfunktion sei von einem sehr hohen Interesse an der Walderhaltung auszugehen, dem derzeit kein überwiegendes Interesse an einer anderen Verwendung gegenüberstehe.

Der Beschwerdeführer erhob Berufung und brachte vor, es existiere eine unbefristete Rodungsbewilligung vom 26. Juli 1936 für die gesamte Siedlung "Waldheim". Aufgrund dieser Rodungsbewilligung sei die Siedlung entstanden. Das gegenständliche Grundstück sei ursprünglich mit dem Grundstück Nr. x/z verbunden und von dieser Bewilligung, die nach wie vor rechtswirksam bestehe, umfaßt gewesen. Tatsächlich sei es im Jahre 1963 mit einem Einfamilienhaus bebaut und später das (verfahrensgegenständliche) Grundstück Nr. x/y abgeteilt worden. Der Bescheid der BH könne "nicht begründen", daß in den letzten 15 Jahren eine Wiederbewaldung im Sinne des Forstgesetzes eingetreten sei. Die Behörde habe es auch verabsäumt zu klären, ob das Grundstück überhaupt jemals Wald geworden sei. Im übrigen bestehe eine eindeutige Abgrenzung des Siedlungsgebietes zum umgebenden Waldgebiet durch einen nördlich anschließenden Privatweg. Durch die Annahme der Waldeigenschaft für das zur Rodung beantragte Grundstück würde der Wald "geradezu unnatürlich" in das sonstige Siedlungsgebiet hereinspringen. Das öffentliche Interesse an der Erhaltung der längst aufgeschlossenen Siedlung "Waldheim" überwiege - im Gegensatz zu den allgemein gehaltenen Ausführungen des forsttechnischen Amtssachverständigen - das Interesse an der Walderhaltung, zumal eine "geradezu lächerlich kleine" Fläche von 870 m2, die sich noch dazu ganz eindeutig in das geschlossene Siedlungsgebiet einfüge, nichts an der Schutz-, Wohlfahrts- oder Erholungsfunktion der insgesamt 300 ha großen Waldfläche ändere.

Die Berufungsbehörde, der Landeshauptmann von Niederösterreich, holte ein raumordnungsfachliches Gutachten ein, indem neuerlich darauf hingewiesen wurde, daß aus der Rechtswirksamkeit der vorliegenden Baulandwidmung nicht der Schluß gezogen werden könne, daß diese Widmung mit den heutigen Intentionen der Raumordnung übereinstimme. Vielmehr sei festzustellen, daß gerade solche Widmungen nicht unwesentlich dazu beigetragen hätten, die Position der Raumordnung im Umland von Wien grundsätzlich zu überdenken und Konzepte, Maßnahmen und gesetzliche Möglichkeiten zu entwickeln, um zu einem wirksamen Schutz der Landschaft vor der Bedrohung durch Zersiedelungstendenzen zu gelangen. In diesem Sinne sei am 21. Jänner 1987 durch die Landeshauptleute von Niederösterreich, Wien und Burgenland eine "Wienerwald-Deklaration" unterzeichnet worden, in der u.a. die Einschränkung der Siedlungsentwicklung und die Verstärkung des Landschaftsschutzes in der örtlichen Raumplanung angeführt seien. Unter dem Aspekt dieser wesentlich geänderten Akzente könnten jedenfalls keine zusätzlichen Umstände festgestellt werden, die über die Tatsache einer Widmung hinaus eine Gewichtung des öffentlichen Interesses zugunsten des Beschwerdeführers bewirkten. Außerdem müsse nochmals darauf hingewiesen werden, daß sich noch zahlreiche Baulandreserven für Siedlungszwecke auf Nichtwaldflächen befänden.

Der Beschwerdeführer legte eine Stellungnahme eines Ingenieurkonsulenten für Raumplanung und Raumordnung vor, derzufolge im Sinne einer wirtschaftlichen Ausnutzung der bestehenden und geplanten Infrastruktur die öffentlichen Interessen am Siedlungswesen die Interessen an der Walderhaltung überwögen.

Die Amtssachverständige für Raumordnung und Raumplanung führte dazu aus, daß der Gesichtspunkt einer möglichst wirtschaftlichen Ausnutzung der Infrastruktureinrichtungen kein ausreichendes Kriterium sei, um raumordnungsfachlich die Verwendung von Waldboden zugunsten der Siedlungstätigkeit zu begründen. Im übrigen liege der Nachweis vor, daß die Gemeinde über ausreichend große Baulandreserven auf Nichtwaldflächen verfüge. Die Gemeinde habe in dem am 18. Dezember 1995 beschlossenen Entwurf des örtlichen Raumordnungsprogrammes 88,1 ha Wohnbaulandreserven gegenüber dem - bereits mit einem Zuschlag - prognostizierten Wohnbaulandbedarf von ca. 80 ha beantragt. Zahlreiche Einzelansuchen privater Antragsteller seien berücksichtigt und vom Gemeinderat mitbeschlossen worden.

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 19. Juni 1996 wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen und der erstinstanzliche Bescheid bestätigt. Hiezu wurde zunächst ausgeführt, daß eine Rodungsbewilligung, wäre sie wie behauptet erteilt worden, durch die Rodung der damaligen Waldfläche konsumiert worden und eine Wiederbestockung innerhalb der letzten 15 Jahre erfolgt sei. Für die Rodung des durch Wiederbewaldung entstandenen Waldbestandes sei somit eine (neuerliche) Rodungsbewilligung erforderlich. Diese könne allerdings nicht erteilt werden, weil die Annahme eines überwiegenden öffentlichen Interesses an der Siedlungstätigkeit auf einer Waldfläche wegen des bereits dargelegten hohen Interesses an der Walderhaltung einerseits und des Umstandes, daß zahlreiche Baulandreserven auf Nichtwaldflächen bestünden, andererseits, nicht gerechtfertigt sei.

Der Beschwerdeführer erhob neuerlich Berufung und brachte vor, die in der Stellungnahme des Ingenieurkonsulenten für Raumplanung und Raumordnung angesprochene Infrastruktur sei nicht mehr nur in Planung, sondern es bestehe bereits eine gemeindeeigene Straße, Straßenbeleuchtung, Elektroanschlüsse, eine (im Bau befindliche) Kanal- und Gasleitung, eine Bauplatzerklärung und eine Baubewilligung. Demgegenüber beschäftige sich das von der Behörde eingeholte Sachverständigengutachten mehr mit theoretischen Berechnungsgrundlagen und Feststellungen über die vorhandene Baulandreserve auf Nichtwaldflächen, ohne auf die hier gegebene konkrete Situation einzugehen. Schon wenn man bedenke, daß eine im Verhältnis zu der viele Hektar großen Waldfläche geradezu "lächerlich kleine" Fläche im Ausmaß von 870 m2, ihrer bestimmungs- und widmungsgemäßen Verwendung als Bauland zugeführt werden solle, werde deutlich, daß die Zielsetzungen des § 12 ForstG durch die beantragte Rodungsbewilligung nicht verletzt würden. Im Zuge der gebotenen Interessenabwägung müsse aber unbedingt auch berücksichtigt werden, daß, wie bereits im Verfahren festgestellt worden sei, die Bewaldung dieser Parzelle nur durch Wiederbewaldung im Zeitraum der letzten 15 Jahre "eher zufällig passiert ist, als daß es sich um eine geplante Waldnutzung handelt".

Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft holte eine ergänzende raumordnungsfachliche Stellungnahme ein. Dieser zufolge sei das Grundstück rechtswirksam als Bauland-Wohngebiet gewidmet. Diese Widmung sei - im Zuge der Genehmigung des örtlichen Raumordnungsprogrammes der Gemeinde Sieghartskirchen - von der NÖ Landesregierung am 13. Jänner 1997 trotz der von Seiten der Raumordnung erhobenen Einwände genehmigt worden, weil man eine Rücknahme bereits vorliegender Baulandwidmungen nicht erzwingen zu können gemeint habe. An der fachlichen Beurteilung habe sich jedoch nichts geändert. Der nun rechtswirksam gewordene neue Flächenwidmungsplan enthalte rund 87 ha Baulandreserven auf Nichtwaldflächen. Es sei daher nicht erkennbar, daß die Siedlungstätigkeit in Sieghartskirchen auf die in Rede stehende Waldparzelle angewiesen wäre.

Mit Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 30. Juni 1997 wurde die Berufung des Beschwerdeführers als unbegründet abgewiesen und hiezu im wesentlichen ausgeführt, aus der Genehmigung des Flächenwidmungsplanes durch die NÖ Landesregierung könne nicht abgeleitet werden, daß sich die im erst- und zweitinstanzlichen Verfahren dargelegten Intentionen der Raumordnung, einen wirksamen Schutz der Landschaft vor einer - gerade im Umland der Großstadt Wien ständig vorhandenen - Bedrohung durch Zersiedelungstendenzen vorzusehen, wie dies auch in der "Wienerwald-Deklaration" zum Ausdruck komme, geändert hätten. In diesem Zusammenhang sei zu berücksichtigen, daß dem umgebenden Waldbereich nach den Ausführungen des forsttechnischen Amtssachverständigen in der mündlichen Verhandlung eine hohe Erholungs- und Wohlfahrtsfunktion und eine mittlere Schutzfunktion zukomme. Daraus lasse sich ein besonderes öffentliches Interesse an der Erhaltung des Waldes in der unmittelbaren Nähe zum städtischen Raum Wien insbesondere im Hinblick auf die Wirkungen des Waldes auf den Klimaausgleich und die Luftreinhaltung ableiten. Daß die Waldeigenschaft des gegenständlichen Grundstückes nach den Ausführungen des Beschwerdeführers "nur durch Wiederbewaldung eher zufällig passiert" sei, sei für die Beurteilung des öffentlichen Interesses an der Walderhaltung ohne Bedeutung, weil die forstrechtlichen Bestimmungen für alle Grundflächen Geltung hätten, die Wald im Sinne des Forstgesetzes seien. Angesichts des unwidersprochen gebliebenen Umstandes einer ausreichenden Baulandreserve auf Nichtwaldflächen in der Gemeinde könne kein derart dringender, auf andere Weise nicht sinnvoll zu befriedigender Bedarf an Baugrund angenommen werden, daß berechtigterweise von einem Überwiegen des Siedlungsinteresses gegenüber jenem an der Walderhaltung gesprochen werden könne. Ein überwiegendes öffentliches Interesse des Siedlungswesens könne nämlich nicht durch das Interesse eines einzelnen, ein bestimmtes Grundstück zu verbauen, begründet werden. Vielmehr sei es insbesondere dann anzunehmen, wenn dem Interesse der Allgemeinheit, eine weitere Siedlungstätigkeit bzw. -entwicklung zu ermöglichen, anders nicht mehr entsprochen werden könne. Schon daraus ergebe sich, daß mit dem Hinweis des Beschwerdeführers auf die Kleinheit der Rodefläche nichts zu gewinnen sei; andernfalls wäre einer fortschreitenden Rodung von Waldflächen - jeweils Zug um Zug - Tür und Tor geöffnet.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Gemäß § 17 Abs. 1 Forstgesetz 1975 (ForstG) ist die Verwendung von Waldboden zu anderen Zwecken als für solche der Waldkultur (Rodung) verboten.

Unbeschadet der Bestimmung des Abs. 1 kann die gemäß § 19 Abs. 1 zuständige Behörde gemäß § 17 Abs. 2 eine Bewilligung zur Rodung erteilen, wenn ein öffentliches Interesse an einer anderen Verwendung der zur Rodung beantragten Fläche das öffentliche Interesse an der Erhaltung dieser Fläche als Wald überwiegt.

Gemäß § 17 Abs. 3 leg. cit. sind öffentliche Interessen im Sinn des Abs. 2 insbesondere begründet in der umfassenden Landesverteidigung, im Eisenbahn-, Luft- und öffentlichen Straßenverkehr, im Post- und öffentlichen Fernmeldewesen, im Bergbau, im Wasserbau, in der Energiewirtschaft, in der Agrarstrukturverbesserung sowie im Siedlungswesen.

Gemäß § 17 Abs. 4 leg. cit. hat die Behörde bei Abwägung der öffentlichen Interessen im Sinn des Abs. 2 insbesondere auf eine die erforderlichen Wirkungen des Waldes gewährleistende Waldausstattung Bedacht zu nehmen. Unter dieser Voraussetzung sind die Zielsetzungen der Raumordnung zu berücksichtigen.

Die Beschwerde bringt zunächst vor, es sei im gesamten Verfahren die präjudizielle Rechtsfrage, ob die in Rede stehende Fläche überhaupt im Sinne des § 5 ForstG Waldeigenschaft habe, "niemals gelöst, zumindest niemals begründet" worden, obwohl der Beschwerdeführer der Auffassung, es handle sich um Wald, stets entgegengetreten sei.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Frage der Waldeigenschaft des Grundstückes eine für die Entscheidung der Forstbehörde in der Frage, ob die beantragte Rodung dieses Grundstückes bewilligt werden kann, präjudizielle Rechtsfrage, über welche dieselbe Behörde in einem anderen Verfahren (§ 5 ForstG) als Hauptfrage zu entscheiden hat, somit eine Vorfrage im Sinne des § 38 AVG (vgl. das hg. Erkenntnis vom 13. Dezember 1995, Zl. 91/10/0082, und die hier zitierte Vorjudikatur).

Gemäß § 5 Abs. 1 ForstG hat die Behörde, wenn Zweifel bestehen, ob eine Grundfläche Wald ist, von Amts wegen oder auf Antrag eines gemäß § 19 Abs. 2 Berechtigten ein Feststellungsverfahren durchzuführen.

Gemäß § 5 Abs. 2 ForstG hat die Behörde, wenn sie feststellt, daß die Grundfläche zum Zeitpunkt der Antragstellung oder innerhalb der vorangegangenen 15 Jahre Wald im Sinne dieses Bundesgesetzes war, mit Bescheid auszusprechen, ob es sich bei dieser Grundfläche um Wald im Sinne dieses Bundesgesetzes handelt. Weist der Antragsteller nach, daß

a)

die Voraussetzungen des ersten Satzes nicht zutreffen oder

b)

eine Rodungsbewilligung erteilt wurde oder

c)

die Behörde aus einem anderen Anlaß festgestellt hat, daß es sich nicht um Wald im Sinne dieses Bundesgesetzes handelt,

und ist inzwischen keine Neubewaldung erfolgt, so hat die Behörde mit Bescheid auszusprechen, daß es sich bei dieser Grundfläche nicht um Wald im Sinne dieses Bundesgesetzes handelt.

Grundflächen, die bisher nicht Wald waren, unterliegen gemäß § 4 Abs. 1 ForstG im Falle der Aufforstung (Saat oder Pflanzen) nach Ablauf von zehn Jahren nach deren Durchführung, im Falle der Naturverjüngung nach Erreichen einer Überschirmung von fünf Zehnteln ihrer Fläche den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes; die Bestimmungen des IV. Abschnittes sind jedoch bereits ab dem Vorhandensein des Bewuchses anzuwenden.

Die belangte Behörde hat ihre Auffassung, dem in Rede stehenden Grundstück komme Waldeigenschaft zu, - den auf sachverständiger Grundlage beruhenden Ausführungen im Bescheid des Landeshauptmannes vom 19. Juni 1996 folgend - damit begründet, daß angesichts der vorgefundenen Bestockung und des Zusammenhanges mit einer größeren Waldfläche, selbst wenn früher eine Rodungsbewilligung erteilt worden sein sollte, inzwischen eine Neubewaldung im Sinne des § 4 Abs. 1 ForstG erfolgt sei. Daß diese Annahme in tatsächlicher Hinsicht unzutreffend wäre, hat der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren nicht vorgebracht, sondern vielmehr wie auch in der vorliegenden Beschwerde darauf verwiesen, daß die Wiederbewaldung des Grundstückes im Zeitraum der letzten 15 Jahre eher zufällig "passiert" sei, als daß es sich um geplante Waldnutzung gehandelt habe. Der in Ansehung der Frage der Waldeigenschaft des Grundstückes erhobene Beschwerdevorwurf erweist sich somit als unzutreffend.

Die Beschwerde macht weiters geltend, die belangte Behörde habe sich mit den Gründen der Baulandwidmung des Grundstückes nicht hinreichend auseinandergesetzt. Sie habe sich vielmehr mit den Ausführungen der raumordnungstechnischen Sachverständigen begnügt, es aber insbesondere unterlassen, eine Stellungnahme des an der Erstellung des Flächenwidmungsplanes beteiligten Ingenieurkonsulenten für Raumordnung und Raumplanung über die Gründe der Baulandwidmung einzuholen. Das Überwiegen des öffentlichen Interesses an der Walderhaltung sei mit allgemeinen Verweisen auf die "Wienerwald-Deklaration" sowie auf die Wirkungen des Waldes, letztendlich aber damit begründet worden, daß ausreichende Baulandreserven auf Nichtwaldflächen vorhanden wären. Die Gemeinde hätte aber wohl nicht Baulandreserven geschaffen, wenn diese nicht gebraucht würden. Nicht richtig gewürdigt worden sei, daß das Grundstück innerhalb einer längst geschaffenen Siedlung gelegen sei und gemeinsam mit den angrenzenden Grundstücken eine klare gerade Linie zu dem nördlich gelegenen Grundstück bilde. Schon im Hinblick auf die Größe des Grundstückes im Verhältnis zu den umliegenden Waldflächen könne dessen Inanspruchnahme für Wohnbauzwecke nicht gegen das Interesse an der Walderhaltung verstoßen; gehe es doch darum, eine innerhalb eines Siedlungsgebietes lediglich durch mangelhafte Pflege eher zufällig erfolgte Bestockung wieder zu beseitigen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt ein im Siedlungswesen begründetes öffentliches Interesse jedenfalls dann vor, wenn Grundflächen der Verwirklichung eines nach dem Flächenwidmungsplan zulässigen Bauvorhabens dienen sollen. Dieser Umstand vermag aber noch nicht das Überwiegen dieses öffentlichen Interesses gegenüber jenem an der Walderhaltung zu begründen. Selbst wenn nämlich die Rodungsfläche in einem bereits bestehenden Flächenwidmungsplan der Gemeinde als Bauland ausgewiesen ist, bedeutet dies noch nicht, daß eine Verwirklichung dieser anderen Widmung entgegen dem Grundsatz der Walderhaltung auf jeden Fall zulässig wäre; es hat vielmehr die Forstbehörde festzustellen, ob die erforderliche Rodungsbewilligung aufgrund der forstrechtlichen Vorschriften als im öffentlichen Interesse gelegen zu erteilen ist. Die Verwirklichung der von der Gemeinde vorgesehenen anderen Verwendung einer Waldfläche ist in jedem Fall von der Entscheidung der Forstbehörde abhängig, die auf einer dem Gesetz entsprechenden Interessenabwägung beruhen muß (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 29. Jänner 1996, Zl. 94/10/0111, und die hier zitierte Vorjudikatur).

Dem im Verfahren eingeholten raumordnungsfachlichen Gutachten zufolge entspricht die Realisierung der in Rede stehenden Baulandwidmung nicht den Zielen der überörtlichen Raumplanung nach einer Einschränkung der Siedlungsentwicklung und einer Verstärkung des Landschaftsschutzes, wie dies auch in der "Wienerwald-Deklaration" zum Ausdruck komme. Überdies sehe der Flächenwidmungsplan rund 87 ha Baulandreserven auf Nichtwaldflächen vor, sodaß nicht erkennbar sei, daß die Siedlungstätigkeit in der Gemeinde auf das in Rede stehende Grundstück angewiesen sei. Der Beschwerdeführer ist weder im Verwaltungsverfahren, noch selbst in der vorliegenden Beschwerde der Annahme entgegengetreten, es bestünden die dargelegten überörtlichen Raumordnungsziele und es stehe für Siedlungszwecke eine ausreichende Baulandreserve in Form der erwähnten auf Nichtwaldflächen zur Verfügung. Ist aber - wovon die belangte Behörde somit zu Recht ausgehen konnte - in der Gemeinde eine ausreichende Baulandreserve auf Nichtwaldflächen vorhanden, die für eine Verbauung zur Verfügung stehen, dann kann nach ständiger hg. Judikatur von einem Überwiegen des öffentlichen Interesses an der Rodung einer Waldfläche für Bauzwecke nicht die Rede sein (vgl. nochmals das zitierte Erkenntnis vom 29. Jänner 1996 und die hier zitierte Vorjudikatur). Schon aus diesem Grunde konnte die Interessenabwägung nicht zugunsten der Rodung ausfallen; die geltend gemachte Rechtswidrigkeit liegt somit nicht vor.

Schließlich vermag der Verwaltungsgerichtshof die Auffassung der - eine Antragstellung nach Art. 140 Abs. 1 B-VG anregenden - Beschwerde, § 17 ForstG widerspreche zufolge der hier normierten Ermessensentscheidung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Eigentumsfreiheit und der Freiheit des Liegenschaftserwerbs, schon deshalb nicht zu teilen, weil es sich bei der Entscheidung nach § 17 Abs. 2 ForstG um keine Ermessensentscheidung handelt, bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen vielmehr ein Rechtsanspruch auf Rodungsbewilligung besteht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 31. Mai 1979, VwSlg. Nr. 9574/A).

Die sich somit als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Soweit in der Beschwerde ausgeführt wird, der Beschwerdeführer habe das in Rede stehende Grundstück mittlerweile an zwei namentlich genannte Personen verkauft, die daher im verwaltungsgerichtlichen Verfahren als mitbeteiligte Parteien anzusehen seien, ist klarzustellen, daß als mitbeteiligte Partei im Sinne des § 21 Abs. 1 VwGG nur solche Personen angesehen werden können, die schon Rechte erlangt haben, die durch die Aufhebung des Bescheides verletzt werden könnten; einen Eintritt als Mitbeteiligter auf Seiten des Beschwerdeführers kennt das VwGG nicht (vgl. dazu die bei Dolp, Verwaltungsgerichtsbarkeit3 (1987) 165 f, referierte hg. Judikatur). Den Käufern des Grundstücks - von denen in der Beschwerde im übrigen auch nicht behauptet wird, daß das Grundeigentum auf sie bereits übergegangen wäre - kommt daher im vorliegenden Verfahren die Stellung als mitbeteiligte Parteien nicht zu.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 16. November 1998

Schlagworte

Ermessen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1997100147.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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