Entscheidungsdatum
21.06.2019Norm
WRG 1959 §38Text
BESCHLUSS
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat durch Hofrat Mag. Franz Kramer über die Beschwerde der Republik Österreich (Verwaltung des Öffentlichen Wassergutes), vertreten durch die Landeshauptfrau von Niederösterreich, p.A. Amt der NÖ Landesregierung, Abteilung Wasserrecht und Schifffahrt, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Amstetten vom 19. April 2019, Zl. ***, betreffend wasserrechtliche Bewilligung, beschlossen:
I. Der Bescheid der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Amstetten vom 19. April 2019, Zl. ***, wird aufgehoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Bezirkshauptmannschaft Amstetten zurückverwiesen.
II. Gegen diesen Beschluss ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig.
Rechtsgrundlagen:
§§ 12, 38, 41, 102 Abs. 1 lit.b WRG 1959 (Wasserrechtsgesetz 1959, BGBl. Nr. 215/1959 idgF)
§ 8 Z 1 Vermessungsgesetz 1968, BGBl. Nr. 306/1968 idgF
§§ 37, 39 Abs. 2, 59 Abs. 1 AVG (Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51/1991 idgF)
§§ 24, 27, 28 Abs. 1 bis 3, 31 Abs. 1 VwGVG (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 idgF)
§ 25a Abs. 1 VwGG (Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985 idgF)
Art. 133 Abs. 4 B-VG (Bundesverfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 idgF)
Begründung
1. Verwaltungsbehördliches Verfahren und angefochtener Bescheid
Aus den vorgelegten Akten der Bezirkshauptmannschaft Amstetten ergibt sich folgender Sachverhalt:
Auf Grund eines Ansuchens des A führte die Bezirkshauptmannschaft Amstetten ein wasserrechtliches Bewilligungsverfahren betreffend die Errichtung von Uferschutzmauern am *** in der KG *** durch. Laut technischer Beschreibung des Einreichprojektes vom November 2018 soll eine bestehende Ufermauer um ca. 0,9 bis 1,2 m angehoben sowie in gleichartiger Ausführung bachabwärts auf eine Länge von ca. 10,0 m verlängert werden. Das Ansuchen dient hinsichtlich des bereits ausgeführten Anlagenteils der Entsprechung eines gewässerpolizeilichen Alternativauftrags nach
§ 138 Abs. 2 WRG 1959. Im technischen Bericht des Einreichprojekts vom November 2018 ist die gegenständliche Ufermauer als an die Parzelle *** „angrenzende“ Grobsteinschlichtung beschrieben.
Mit Kundmachung vom 1. März 2019 beraumte die Bezirkshauptmannschaft Amstetten hierüber eine mündliche Verhandlung für 3. April 2019 an.
Die Republik Österreich gab dazu zunächst mit Schreiben vom 7. März 2019 eine Äußerung ab, wonach für das Vorhaben, soweit dadurch Öffentliches Wassergut beansprucht würde, bisher nicht um die erforderliche Grundbenützungsbewilligung angesucht worden sei. Der Erteilung der Bewilligung werde daher vorerst nicht zugestimmt. Sollte festgestellt werden, dass projektsgemäß keine Benützung von Öffentlichem Wassergut vorgesehen sei, möge die Stellungnahme allerdings als gegenstandslos behandelt werden.
Mit Anbringen vom 18. März 2019 teilte die Einschreiterin mit Bezug auf das Schreiben vom 7. März 2019 mit, dass dem Einreichplan zufolge große Abweichungen zwischen Kataster- und Naturzustand am *** bestünden; vermutlich liege eine unrichtige Mappendarstellung vor.
In einer Vorsprache des B am 22. März 2019 äußerte dieser gegenüber der Behörde die Ansicht, dass sich die bestehende Mauer des Antragstellers auf Öffentlichem Wassergut befände.
In der bei der mündlichen Verhandlung am 3. April 2019, bei der die Republik Österreich nicht vertreten war, aufgenommenen Verhandlungsschrift findet sich die einleitende „Feststellung“, dass es sich bei der gegenständlichen Ufermauer um eine „an die Parzelle Nr. *** angrenzende Grobsteinschlichtung“ handelte. Im Gutachten des Amtssachverständigen für Wasserbautechnik wird die Projektsabsicht mit der Errichtung und Erhöhung einer Uferschutzmauer auf Grundstück Nr. ***, KG ***, beschrieben. Zur Stellungnahme der Republik Österreich gab laut Verhandlungsschrift der Konsenswerber bzw. sein Projektant die „Mitteilung“ ab, dass sich sämtliche Baumaßnahmen auf Eigengrund befänden, sodass Öffentliches Wassergut nicht betroffen sei; laut Vermessungsplan der Firma C befände sich der bestehende Maueraufsatz auf Grundstück Nr. ***, KG ***, welches im Eigentum des Antragstellers stünde.
In der Verhandlungsschrift ist weiters eine Erklärung der Gemeinde *** protokolliert, worin davon die Rede ist, dass letztere Eigentümerin der bestehenden Ufermauer wäre, auf welcher die vorhabensgegenständliche Mauer aufgesetzt werden soll.
Tragfähige Ermittlung zu den Eigentumsverhältnissen im Grenzbereich des Grundstücks ***, KG ***, und dem Öffentlichen Wassergut (Gewässergrundstück - ***) sind dem Akt der belangten Behörde nicht zu entnehmen.
In der Folge erließ die Bezirkshauptmannschaft Amstetten den Bescheid vom 19. April 2019, ***, mit dem im Spruchteil I. dem A die nachträgliche wasserrechtliche Bewilligung zur Erhöhung der Uferschutzmauer auf eine Länge von 11 m sowie die wasserrechtliche Bewilligung zur Erhöhung der Steinmauer im Ausmaß von ca. 10 m zwischen derzeitigem Bestand und Aufgangstreppe zum alten Wohnhaus auf Grundstück Nr. ***, KG ***, nach Maßgabe einer Projektsbeschreibung und vorgelegten Projektsunterlagen erteilt wurde. Im Spruchteil II. erfolgte die Beurkundung eines Übereinkommens (auf Basis der oben angeführten Erklärung der Gemeinde); im Spruchteil III. wurde über Einwendungen des B abgesprochen. Eine explizite Erledigung des Vorbringens der Republik Österreich erfolgte im Spruch des Bescheides nicht.
Die Bewilligung stützte die Behörde auf den Tatbestand des § 38 WRG 1959.
Begründend gibt die Behörde auszugsweise den Verfahrensgang und den Akteninhalt wieder. Im Rahmen der Erwägungen zitiert die Behörde unter anderem die Bestimmung des § 38 WRG 1959. Weiters wird ausgeführt, dass im gegenständlichen Verfahren zu prüfen gewesen sei, ob öffentliche Interessen oder fremde Rechte verletzt würden. Mit Bezug auf das Vorbringen der Republik Österreich kommt die Behörde zum Schluss, dass im Hinblick auf die Mitteilung des Konsenswerbers, dass sämtliche Baumaßnahmen auf Eigengrund vorgesehen seien und laut Vermessungsplan die in Rede stehenden Maueraufsätze sich auf dem im Eigentum des Konsenswerbers stehenden Grundstück ***, KG ***, befänden, „dem Öffentlichen Wassergut zustehende Rechte durch das Vorhaben nicht beeinträchtigt“ wären. Die angeregte Bereinigung des Katasters sei, „sofern öffentliches Wassergut gemäß Grundbuchsstand nicht betroffen“ wäre, für das gegenständliche Verfahren nicht von Relevanz.
2. Beschwerde
Gegen diesen Bescheid richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Beschwerde der Republik Österreich (Verwaltung des Öffentlichen Wassergutes) vom 24. April 2019.
Nach Darstellung des Sachverhalts aus der Sicht der Beschwerdeführerin wird geltend gemacht, dass die Grenze zwischen den Grundstücken Nr. *** (Öffentliches Wassergut) und *** (Eigentum des Konsenswerbers) in der KG ***, nicht vermessen sei und daher keine rechtlich gesicherte Grenze existiere. Die vorliegende Katastermappe mit Darstellung nicht vermessener Grenzverläufe stelle keinen tauglichen Nachweis darüber dar, wem die von den Ufermauern betroffenen Grundflächen tatsächlich gehörten. Dies gelte auch für den Einreichplan, der auf einer solchen Katasterdarstellung basierte. Es müssten daher erst die Grundlagen dafür geschaffen werden, um eine endgültige Aussage treffen zu können, ob sich die verfahrensgegenständlichen Ufermauern auf Privatgrund oder auf Öffentlichem Wassergut befänden. Daher werde beantragt, den angefochtenen Bescheid aufzuheben.
3. Erwägungen des Gerichts
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat sich bei seiner Entscheidung von folgenden Erwägungen leiten lassen:
3.1. Feststellungen und Beweiswürdigung
Die Feststellungen unter Punkten 1. und 2. zum Verfahrensablauf und Inhalt von Schriftstücken ergeben sich aus den vorgelegten Aktenunterlagen der Behörde sowie des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich und sind – insoweit – unstrittig. Sie reichen allerdings als Grundlage für eine Sachentscheidung über die Beschwerde bei weitem nicht aus.
3.2. Anzuwendende Rechtsvorschriften
WRG 1959
§ 12. (1) Das Maß und die Art der zu bewilligenden Wasserbenutzung ist derart zu bestimmen, daß das öffentliche Interesse (§ 105) nicht beeinträchtigt und bestehende Rechte nicht verletzt werden.
(2) Als bestehende Rechte im Sinne des Abs. 1 sind rechtmäßig geübte Wassernutzungen mit Ausnahme des Gemeingebrauches (§ 8), Nutzungsbefugnisse nach § 5 Abs. 2 und das Grundeigentum anzusehen.
(3) Inwiefern jedoch bestehende Rechte – abgesehen von den Bestimmungen des Abs. 4 des § 19 Abs. 1 und des § 40 Abs. 3 – durch Einräumung von Zwangsrechten beseitigt oder beschränkt werden können, richtet sich nach den Vorschriften des achten Abschnittes.
(4) Die mit einer geplanten Wasserbenutzungsanlage verbundene Änderung des Grundwasserstandes steht der Bewilligung nicht entgegen, wenn das betroffene Grundstück auf die bisher geübte Art benutzbar bleibt. Doch ist dem Grundeigentümer für die nach fachmännischer Voraussicht etwa eintretende Verschlechterung der Bodenbeschaffenheit eine angemessene Entschädigung (§ 117) zu leisten.
§ 38. (1) Zur Errichtung und Abänderung von Brücken, Stegen und von Bauten an Ufern, dann von anderen Anlagen innerhalb der Grenzen des Hochwasserabflusses fließender Gewässer oder in Gebieten, für die ein gemäß § 42a Abs. 2 Z 2 zum Zweck der Verringerung hochwasserbedingter nachteiliger Folgen erlassenes wasserwirtschaftliches Regionalprogramm (§ 55g Abs. 1 Z 1) eine wasserrechtliche Bewilligungspflicht vorsieht, sowie von Unterführungen unter Wasserläufen, schließlich von Einbauten in stehende öffentliche Gewässer, die nicht unter die Bestimmungen des § 127 fallen, ist nebst der sonst etwa erforderlichen Genehmigung auch die wasserrechtliche Bewilligung einzuholen, wenn eine solche nicht schon nach den Bestimmungen des § 9 oder § 41 dieses Bundesgesetzes erforderlich ist. Die Bewilligung kann auch zeitlich befristet erteilt werden.
(…)
(3) Als Hochwasserabflußgebiet (Abs. 1) gilt das bei 30jährlichen Hochwässern überflutete Gebiet. Die Grenzen der Hochwasserabflußgebiete sind im Wasserbuch in geeigneter Weise ersichtlich zu machen.
§ 41. (1) Zu allen Schutz- und Regulierungswasserbauten in öffentlichen Gewässern einschließlich der Vorkehrungen zur unschädlichen Ableitung von Gebirgswässern nach dem Gesetze vom 30. Juni 1884, RGBl. Nr. 117, muß, sofern sie nicht unter die Bestimmungen des § 127 fallen, vor ihrer Ausführung die Bewilligung der Wasserrechtsbehörde eingeholt werden.
(2) Bei Privatgewässern ist die Bewilligung zu derartigen Bauten, sofern sie nicht unter die Bestimmungen des § 127 fallen, dann erforderlich, wenn hiedurch auf fremde Rechte oder auf die Beschaffenheit, den Lauf oder die Höhe des Wassers in öffentlichen oder fremden privaten Gewässern eine Einwirkung entstehen kann.
(3) Der Eigentümer des Ufers an den nicht zur Schiff- oder Floßfahrt benutzten Strecken der fließenden Gewässer ist jedoch befugt, Stein-, Holz- oder andere Verkleidungen zum Schutz und zur Sicherung seines Ufers sowie die Räumung des Bettes und Ufers auch ohne Bewilligung auszuführen. Er muß aber über Auftrag und nach Weisung der Wasserrechtsbehörde auf seine Kosten binnen einer bestimmten Frist solche Vorkehrungen, falls sie öffentlichen Interessen oder Rechten Dritter nachteilig sind, umgestalten oder den früheren Zustand wiederherstellen.
(4) Schutz- und Regulierungswasserbauten einschließlich größerer Räumungsarbeiten sind so auszuführen, daß öffentliche Interessen nicht verletzt werden und eine Beeinträchtigung fremder Rechte vermieden wird. Die Bestimmungen des § 12 Abs. 3 und 4 finden sinngemäß Anwendung.
(5) Bei der Ausführung von Schutz- und Regulierungswasserbauten haben die §§ 14 und 15 Abs. 1, ferner, wenn mit solchen Bauten Stauanlagen in Verbindung sind, auch die §§ 23 und 24 bei Auflassung von derlei Bauten § 29 sinngemäße Anwendung zu finden.
§ 102. (1) Parteien sind:
(…)
b) diejenigen, die zu einer Leistung, Duldung oder Unterlassung verpflichtet werden sollen oder deren Rechte (§ 12 Abs. 2) sonst berührt werden, sowie die Fischereiberechtigten (§ 15 Abs. 1) und die Nutzungsberechtigten im Sinne des Grundsatzgesetzes 1951 über die Behandlung der Wald- und Weidenutzungsrechte sowie besonderer Felddienstbarkeiten, BGBl. Nr. 103, sowie diejenigen, die einen Widerstreit (§§ 17, 109) geltend machen;
ferner
(…)
Vermessungsgesetz
§ 8. Der nach Katastralgemeinden angelegte Grenzkataster ist bestimmt:
1.zum verbindlichen Nachweis der Grenzen der Grundstücke,
(…)
AVG
§ 37. Zweck des Ermittlungsverfahrens ist, den für die Erledigung einer Verwaltungssache maßgebenden Sachverhalt festzustellen und den Parteien Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer Rechte und rechtlichen Interessen zu geben. Nach einer Antragsänderung (§ 13 Abs. 8) hat die Behörde das Ermittlungsverfahren insoweit zu ergänzen, als dies im Hinblick auf seinen Zweck notwendig ist
§ 39. (…)
(2) Soweit die Verwaltungsvorschriften hierüber keine Anordnungen enthalten, hat die Behörde von Amts wegen vorzugehen und unter Beobachtung der in diesem Teil enthaltenen Vorschriften den Gang des Ermittlungsverfahrens zu bestimmen. Sie kann insbesondere von Amts wegen oder auf Antrag eine mündliche Verhandlung durchführen und mehrere Verwaltungssachen zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbinden oder sie wieder trennen. Die Behörde hat sich bei allen diesen Verfahrensanordnungen von Rücksichten auf möglichste Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis leiten zu lassen.
(…)
§ 59. (1) Der Spruch hat die in Verhandlung stehende Angelegenheit und alle die Hauptfrage betreffenden Parteianträge, ferner die allfällige Kostenfrage in möglichst gedrängter, deutlicher Fassung und unter Anführung der angewendeten Gesetzesbestimmungen, und zwar in der Regel zur Gänze, zu erledigen. Mit Erledigung des verfahrenseinleitenden Antrages gelten Einwendungen als miterledigt. Läßt der Gegenstand der Verhandlung eine Trennung nach mehreren Punkten zu, so kann, wenn dies zweckmäßig erscheint, über jeden dieser Punkte, sobald er spruchreif ist, gesondert abgesprochen werden.
(…)
VwGVG
§ 24. (1) Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
(2) Die Verhandlung kann entfallen, wenn
1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben oder die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig zu erklären ist oder
2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist;
3. wenn die Rechtssache durch einen Rechtspfleger erledigt wird.
(3) Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.
(4) Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen.
(5) Das Verwaltungsgericht kann von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.
§ 27. Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.
§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
(3) Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.
(…)
§ 31. (1) Soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss.
(…)
VwGG
§ 25a. (1) Das Verwaltungsgericht hat im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
(…)
B-VG
Artikel 133. (…)
(4) Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Hat das Erkenntnis nur eine geringe Geldstrafe zum Gegenstand, kann durch Bundesgesetz vorgesehen werden, dass die Revision unzulässig ist.
(…)
3.3. Rechtliche Beurteilung
Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde eine wasserrechtliche Bewilligung erteilt, wobei sie davon ausgegangen ist, dass das Vorhaben des A nach § 38 WRG 1959 zu beurteilen ist. Ob diese Zuordnung zutreffend ist oder ob das Vorhaben nicht der vorrangigen Bestimmung des § 41 WRG 1959 zu unterstellen wäre, kann im gegenständlichen Zusammenhang dahingestellt bleiben. In beiden Fällen setzt die Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung unter anderem voraus, dass Rechte Dritter, wozu jedenfalls das Grundeigentum gehört, nicht verletzt werden (vgl. VwGH 23.04.1998, 97/07/0005; 25.07.2002, 2001/07/0037; 29.10.1985, 85/07/0160). Freilich kommt im Falle des Bewilligungsverfahrens nach § 38 WRG 1959 die Einräumung von Zwangsrechten nicht in Betracht. Angemerkt sei, dass bei Unterstellung des Vorhabens unter § 41 WRG 1959 nach Lage des Falles die Privilegierung § 41 Abs. 3 leg.cit schon deshalb nicht zur Anwendung käme, da die vorgesehene Erhöhung der Uferschutzmauer über die bewilligungsfreie Befestigung des Ufers hinausgeht (vgl. VwGH 24.05.2016, Ro 2016/07/0003); dies abgesehen von der Frage des Umfangs der Bindungswirkung des zugrundeliegenden gewässerpolizeilichen Auftrags.
Das mit Bezug auf die Verhandlungskundmachung und die darin enthaltenen Hinweise auf die Möglichkeit zur Erhebung von Einwendungen erstattete Vorbringen der Beschwerdeführerin kann in seiner Zusammenschau (Schreiben vom 7. und 18. März 2019) nicht anders verstanden werden, als dass die Republik Österreich eine mögliche Beanspruchung ihres Grundeigentums geltend macht und dass sie dem (bis auf weiteres) nicht zustimmt. Dieses Vorbringen, welches innerhalb der Frist des § 42 Abs. 1 AVG erstattet wurde, ist somit als Einwendung des Grundeigentums, eines nach § 12 Abs. 2 WRG 1959 wasserrechtlich geschützten Rechtes, zu verstehen. Dem tut auch keinen Abbruch, dass es die Beschwerdeführerin ausdrücklich für möglich hält, dass der Grenzverlauf auch zugunsten des Konsenswerbers so gegeben sein könnte, dass das Eigentum der Republik letztlich nicht betroffen wäre. Forderte man nämlich – für die Tauglichkeit der Einwendung -die unbedingte Behauptung einer Rechtsverletzung, wäre der zweifelnde Betroffene gezwungen, seine Zweifel (unredlicherweise) zu verschweigen, um seine Rechte zu wahren. Damit würde aber der Redliche gegenüber dem Unredlichen benachteiligt, was beabsichtigt zu haben dem Gesetzgeber nicht zugesonnen werden kann.
Die belangte Behörde hatte daher zu prüfen, ob die behauptete Rechtsverletzung bei projektsgemäßer Ausführung des Vorhabens tatsächlich stattfinden wird. Dies hat sie jedoch nicht getan. Vielmehr hat sie sich mit der „Mitteilung“ des Konsenswerbers begnügt, dass das Projekt ausschließlich auf Eigengrund verwirklicht würde. Dieses Vorbringen ist nun keineswegs so zu verstehen, dass der Antragsteller etwa sein Ansuchen dahingehend abändern würde, dass das Vorhaben auf unstrittig in seinem Eigentum stehende Grundflächen verlagert würde, sondern ist in dieser Behauptung des Konsenswerbers eine Bestreitung des Eigentumsrechtes der Republik Österreich an jenen Grundstücksteilen gelegen, welche durch das Vorhaben projektsgemäß in Anspruch genommen werden. Der Umstand, dass die vorliegende Vermessung den Anschein erweckt, dass das Vorhaben innerhalb der Grenzen einer Liegenschaft verwirklicht werden, die nicht im Eigentum der Republik Österreich steht, ändert daran nichts. Wie die Beschwerdeführerin zutreffend ausgeführt hat, kommt nämlich Katastermappen und darin eingetragenen Grenzverläufen keine rechtliche bindende Wirkung in Bezug auf die Grenzen des Eigentumsrechtes an Grundstücken zu. Nur wenn ein Grundstück im Grenzkataster einverleibt ist, sind die darin eingetragenen Grenzen gemäß § 8 Z 1 Vermessungsgesetz 1968 hinsichtlich ihres Verlaufes verbindlich. Andernfalls – wie hier – mangelt es an einer solchen verbindlichen Festlegung des Grenzverlaufs (vgl. VwGH 22.01.2015, Ro 2014/06/0005).
In einem solchen Fall hat die Wasserrechtsbehörde – als Vorfrage – die Eigentumsverhältnisse im strittigen Bereich zu prüfen und festzustellen. In diesem Sinn hat der Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 26.02.2015, 2013/07/0021, explizit zu einem Vorhaben nach § 38 WRG 1959 festgehalten, dass für die Ausführung einer demnach bewilligungspflichtigen Maßnahme bei Inanspruchnahme fremden Grundes die Zustimmung des Grundeigentümers nötig sei. Damit hätte die Wasserrechtsbehörde in einem Verfahren nach § 38 WRG 1959 als Vorfrage, die von den Zivilgerichten als Hauptfrage zu entscheiden ist, zu beurteilen, wer Eigentümer der Liegenschaft ist, auf der ein nach § 38 WRG 1959 zu bewilligendes Projekt zur Ausführung kommen soll.
Dies hat die belangte Behörde im konkreten Fall nicht getan, sondern die notwendigen Ermittlungen dazu in Verkennung der Rechtslage vollständig unterlassen. Trotz des Fehlens eines expliziten Abspruches zu den Einwendungen der nunmehrigen Beschwerdeführerin ist aufgrund des § 59 Abs. 1 zweiter Satz AVG von einer Abweisung der Einwendungen der Republik Österreich auszugehen.
Aufgrund der unzulänglichen Sachverhaltsfeststellung der belangten Behörde hat das Gericht zu prüfen, ob es die erforderliche Ermittlung des Sachverhaltes selbst durchzuführen hat oder ob eine Aufhebung des Bescheides und die Zurückverweisung zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an die belangte Behörde erfolgen soll.
Es gibt – schon im Hinblick auf die Nähe der Behörde zur Sache und ihre Vorkenntnisse aus den vorangegangenen Verfahren – keinen Grund zur Annahme, dass die notwendige Ermittlung des Sachverhaltes durch die Verwaltungsbehörde mit höheren Kosten oder mit einer längeren Verfahrensdauer verbunden wäre, als wenn das Gericht dies selbst durchführte. Die Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 Z 2 VwGVG für eine obligatorische Sachentscheidung durch das Gericht sind daher nicht erfüllt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem grundsätzlichen Erkenntnis vom 26. Juni 2014, Ro 2014/03/0063, zum Ausdruck gebracht (und seither in zahlreichen Entscheidungen bekräftigt), dass im System des § 28 VwGVG die meritorische Entscheidung durch das Verwaltungsgericht Vorrang haben muss und die Kassation im Sinne des § 28 Abs. 3 zweiter Satz leg.cit. nur die Ausnahme darstellen soll.
Demnach soll von der Möglichkeit der Zurückverweisung nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht werden. Dazu gehört, wenn die Verwaltungsbehörde zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt, gar nicht oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltpunkte darauf schließen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann vom Gericht vorgenommen würden. Hingegen berechtigt nicht schon jede Ergänzungsbedürftigkeit oder das Fehlen eines weiteren Gutachtens zu einem Vorgehen nach § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG (zB VwGH 21.11.2017, Ra 2016/05/0025), sondern es muss sich um eine gravierende Ermittlungslücke handeln, damit ausnahmsweise im Sinne der zitierten Vorschrift vorgegangen werden darf.
Ein derartiger Ausnahmefall liegt im entscheidungsgegenständlichen Zusammen-hang vor.
Wie bereits oben näher dargelegt, fehlt es an tragfähigen Sachverhaltsfeststellungen zu den Eigentumsverhältnissen im strittigen Bereich zur Gänze. Mit der bloßen Heranziehung eines Vermessungsplanes auf Basis nicht verbindlicher Grenzangaben ist der insoweit maßgebliche Sachverhalt nicht einmal ansatzweise erhoben. Zur entscheidenden Frage des Grundeigentums an den durch das Vorhaben beanspruchten Flächen hat die belangte Behörde den maßgeblichen Sachverhalt somit überhaupt nicht ermittelt. Unklar (und nicht hinterfragt) ist in dem Zusammenhang auch geblieben, weshalb und auf welcher Rechtsgrundlage die Gemeinde *** Eigentümerin der aufzustockenden Mauer sein sollte, wenn der Konsenswerber Eigentümer des betroffenen Liegenschaftsteiles wäre.
Nach Auffassung des Gerichtes stellt die Unterlassung substantieller Ermittlungen zur Frage der Verletzung eines eingewendeten Rechtes im Sinne des § 12 Abs. 2 WRG 1959, sei es das Eigentumsrecht, sei es ein Wasserrecht, eine derart gravierende Lückenhaftigkeit des Verfahrens dar, welche die Aufhebung des Bescheides und die Zurückverweisung der Angelegenheit an die belangte Behörde hinreichend begründet.
In diesem Sinne hat der Verwaltungsgerichtshof in einer Angelegenheit, bei der die Frage der Verletzung eines Wasserrechtes nicht geklärt war und welche hinsichtlich der Lückenhaftigkeit dem vorliegenden Sachverhalt durchaus vergleichbar scheint, einen Beschluss nach § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG für gerechtfertigt erachtet (VwGH 29.01.2015, Ra 2015/07/0001).
Somit kommt das Gericht zum Ergebnis, dass im gegenständlichen Fall die Voraussetzungen für eine Vorgangsweise nach § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG vorliegen, weshalb spruchgemäß (I.) zu entscheiden war.
Im fortgesetzten Verfahren wird die belangte Behörde, wie bereits dargelegt, die Frage des Eigentumsrechts an jenen Grundflächen zu klären haben, auf denen das Vorhaben projektsgemäß zur Ausführung gelangen soll.
Die gegenständliche Aufhebung und Zurückverweisung bezieht sich auf den gesamten Bescheid vom 19. April 2019 und beschränkt sich daher nicht auf den Spruchteil I. (wasserrechtliche Bewilligung), da die übrigen Absprüche von der Erteilung der Bewilligung abhängig (Beurkundung des Übereinkommens bzw. Abspruch über Einwendungen) bzw. zu dieser im Sinne des § 59 Abs. 1 AVG akzessorisch sind (Kostenentscheidung).
Da gegenständlich keine Sachentscheidung zu treffen war, erübrigt sich die Durchführung einer mündlichen Verhandlung im Sinne des § 24 VwGVG.
Die ordentliche Revision (Art. 133 Abs. 4 B-VG) gegen diese Entscheidung ist nicht zulässig, da im vorliegenden Fall eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung nicht zu klären war, handelt es sich doch um die Anwendung einer eindeutigen bzw. durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. die zitierten Entscheidungen) hinreichend geklärten Rechtslage auf den Einzelfall.
Schlagworte
Umweltrecht; Wasserrecht; wasserrechtliche Bewilligung; Ermittlungsverfahren; Zurückverweisung;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGNI:2019:LVwG.AV.634.001.2019Zuletzt aktualisiert am
04.09.2019