TE Bvwg Erkenntnis 2019/5/27 W239 2215124-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 27.05.2019
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Entscheidungsdatum

27.05.2019

Norm

AsylG 2005 §5
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §61

Spruch

W239 2215124-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Theresa BAUMANN als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX auch XXXX alias XXXX , geb. XXXX , StA. Gambia alias StA. Mali, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 11.02.2019, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 5 AsylG 2005 und § 61 FPG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger aus Gambia, stellte im österreichischen Bundesgebiet am 14.01.2019 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Zuvor hatte der Beschwerdeführer in Österreich erstmals am 07.01.2002 einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Dieser Antrag wurde mit Bescheid des damaligen Bundesasylamtes gemäß §§ 7, 8 AsylG 1997 idgF abgewiesen (rechtskräftig seit 10.03.2004). Am 25.02.2006 hatte er einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz eingebracht. Dieser Antrag wurde gemäß § 68 Abs. 1 AVG iVm § 10 AsylG 2005 idgF zurückgewiesen (rechtskräftig seit 29.04.2006).

3. Am 09.10.2008 hatte der Beschwerdeführer in Österreich abermals um internationalen Schutz angesucht. Damals lag zu seiner Person zu Italien ein EURODAC-Treffer der Kategorie 1 (Asylantragstellung) vom 07.03.2007 vor, woraus sich die Zuständigkeit Italiens zur inhaltlichen Führung des Verfahrens gemäß Art. 16 Abs. 1 lit. e Dublin-II-VO ergab (vgl. Bescheid des Bundesasylamtes vom 08.01.2009; rechtskräftig seit 08.01.2009), sodass der Beschwerdeführer am 21.01.2009 von Österreich nach Italien überstellt wurde.

4. Im Rahmen der Erstbefragung am 15.01.2019 gab der Beschwerdeführer im nunmehr gegenständlichen Verfahren zu Beginn an, er könne der Befragung ohne Probleme folgen.

Ihm wurde vorgehalten, dass er bereits im Jahr 2008 in Österreich einen Asylantrag gestellt habe, über den entschieden worden sei. Zur chronologischen Reihenfolge der Aufenthaltsorte im Bereich der Mitgliedstaaten führte der Beschwerdeführer Folgendes aus: Er habe sich von Jänner 2002 bis 2007 in Österreich in XXXX aufgehalten, sei dann von Februar 2007 bis 2008 in Italien in XXXX gewesen und anschließend von Oktober 2008 bis Jänner 2009 wieder in Österreich in XXXX gewesen. Danach habe er sich fünf Tage lang in Italien aufgehalten und sei dann weiter nach XXXX in Spanien gereist. Dort habe er einen Asylantrag gestellt, der aufgrund der damaligen Dublin-II-VO abgelehnt worden sei. Am 05.01.2012 habe er in XXXX in Österreich einen Asylantrag gestellt und auch eine negative Entscheidung bekommen. Dann habe er 2013 in XXXX in Finnland versucht, Asyl zu bekommen, und habe wieder eine negative Entscheidung erhalten. Finnland sei mit Österreich in Kontakt gewesen, sodass er wieder nach Österreich gekommen sei, aber Österreich habe gesagt, dass Italien zuständig sei. Anschließend sei der Beschwerdeführer für vier Monate nach Schweden gegangen und dann wieder nach Italien. Den letzten Asylantrag habe der Beschwerdeführer in XXXX in Italien im Jahr 2015 gestellt; im Jahr 2017 sei darüber negativ entschieden worden. Danach sei er in die Schweiz gegangen, habe einen Asylantrag gestellt, sei weiter nach Frankreich gereist und sei dann wieder zurück nach Österreich gekommen.

Der Beschwerdeführer denke, dass Österreich für sein Asylverfahren zuständig sei. Er habe Probleme in Gambia und werde verfolgt. Es gebe keine neue Fluchtgründe, außer, dass in ganz Europa nur Österreich für seine Asylsituation zuständig sei. Nach mehrfachen Versuchen, in Italien zu bleiben, habe er das Land bereits fünf Mal verlassen müssen. Er sei seit 2002 in Europa, es gebe keine Änderungen und er könne nur in Österreich einen positiven Asylbescheid bekommen.

4. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) richtete in weiterer Folge am 17.01.2019 ein auf Art. 18 Abs. 1 lit. d der Verordnung (EU) 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin-III-VO) gestütztes Wiederaufnahmeersuchen an Italien. Dabei führte das BFA aus, dass der Beschwerdeführer zuvor bereits am 21.01.2009 von Österreich nach Italien überstellt worden war. Verwiesen wurde auch auf die vom Beschwerdeführer im Verfahren vorgebrachte anschließende Reiseroute samt allen Aufenthaltsorten innerhalb der EU. Abschließend hielt das BFA fest, es hätten sich keine Hinweise darauf ergeben, dass die Zuständigkeit Italiens zwischenzeitlich untergegangen wäre.

Am 31.01.2019 stimmte Italien der Rückübernahme des Beschwerdeführers ausdrücklich gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin-III-VO zu. Dem Schreiben lässt sich neben der Identität als gambischer Staatsbürger [ XXXX ], die auch im gegenständlichen Verfahren angeben wurde, eine Abwandlung derselben mit vertauschten Vor- und Nachnamen [ XXXX ] entnehmen sowie eine Identität als malischer Staatsangehöriger mit einem komplett anderen Namen [ XXXX ]; zudem finden sich in den italienischen Aufzeichnungen insgesamt neun (!) verschiedene Geburtsdaten.

5. Nach Durchführung einer Rechtsberatung und in Anwesenheit einer Rechtsberaterin erfolgte am 06.02.2019 die Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem BFA. Dabei gab der Beschwerdeführer an, dass er sich geistig und körperlich in der Lage sehe, die Befragung durchzuführen; an irgendwelchen schwerwiegenden Krankheiten leide er nicht. Er habe im Bundesgebiet auch keine Angehörigen oder Verwandten, zu denen ein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis oder eine besonders enge Beziehung bestehe. Es gebe aber Freunde hier in Österreich.

Vorgehalten, dass er unter anderem am 06.04.2018 in Italien einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt habe, und nachgefragt, ob er zwischen dem 06.04.2018 und der Antragstellung in Österreich am 14.01.2019 Europa verlassen habe, erklärte der Beschwerdeführer, er habe Europa nicht verlassen; er sei aber nicht durchgehend in Italien gewesen, sondern in verschiedensten europäischen Ländern.

Dem Beschwerdeführer wurde zur Kenntnis gebracht, dass Italien dem Wiederaufnahmeersuchen Österreichs zugestimmt habe, sodass beabsichtig sei, ihn dorthin außer Landes zu bringen. Dazu entgegnete der Beschwerdeführer: "Ich habe aber ein Problem in Italien. 2002 habe ich einen Antrag in Österreich, XXXX , gestellt. Ich war dann fünf Jahre in Österreich und reiste dann nach Italien. Im Februar 2007 habe ich in Italien einen Asylantrag gestellt, wobei mir gesagt wurde, dass ich nach Österreich zurückmüsste. Ich ging aber nicht nach Österreich, sondern blieb in Italien ein Jahr lang auf der Straße. Oktober oder November 2008 kehrte ich nach Österreich zurück, wo ich einen Asylantrag gestellt habe. Die österreichischen Behörden haben mich dann nach Italien überstellt, das war im Jänner 2009. Ich wurde nach XXXX überstellt, wo mir gesagt wurde, dass ich das Land innerhalb von fünf Tagen verlassen muss. Ich war dann wieder auf der Straße. Danach ging ich nach Spanien, wo ich einen Asylantrag gestellt habe. Auch die Spanier sagten, dass ich nach Italien zurückmuss und gaben mir ein Ticket nach Italien. Dort angekommen wurde ich wieder aufgefordert, das Land innerhalb von fünf Tagen zu verlassen. Ich war dann wieder eineinhalb Jahre auf der Straße und in Moscheen. Im Jänner 2012 war ich wieder in Österreich und stellte einen Asylantrag, ich war dann ungefähr eineinhalb Jahre in Österreich. Danach ging ich nach Finnland, das war 2013, 2014. Ich stellte einen Asylantrag und die finnischen Behörden nahmen mit den österreichischen [Behörden] Kontakt auf. Diese sagten jedoch, dass Italien und nicht Österreich zuständig ist. Das stimmt aber nicht, da Österreich das Land war, in dem ich den ersten Asylantrag gestellt habe. Die finnischen Behörden haben mich dann nach Italien überstellt, wo man mir wieder gesagt hat, dass ich das Land verlassen muss. Das war 2014. Im selben Jahr ging ich nach Schweden und wurde 2015 wieder nach Italien überstellt, wo ich zwei Jahre lang auf der Straße leben musste. Ich war dann in einem verlassenen Haus und ging in weiterer Folge im Jahr 2017 in die Schweiz. Nach drei Monaten wurde ich nach Italien überstellt, wo ich wieder aufgefordert wurde, Italien zu verlassen. Ich ging deshalb nach Frankreich, stellte 2018 einen Asylantrag und blieb sechs, sieben Monate in Frankreich. Anschließend reiste ich nach Österreich weiter."

Nachgefragt, ob es bestimmte Gründe gebe, die einer Rückkehr nach Italien entgegenstünden, wiederholte der Beschwerdeführer, dass er nicht nach Italien zurückkehren wolle, weil er mehrmals dazu aufgefordert worden sei, das Land zu verlassen. Er habe dort niemals einen Aufenthaltstitel bekommen. Er habe auch nie eine Unterkunft erhalten und habe in verlassenen Häusern leben müssen. Das halte er nicht mehr aus. Er wolle in Österreich bleiben. Er werde aufgrund der Kälte in Italien auf der Straße nicht überleben; es wäre besser, nach Gambia zurückzukehren, aber nach Gambia könne er auch nicht, weil er dort Probleme habe.

Den aktuellen Länderfeststellungen zu Italien entgegnete der Beschwerdeführer, dass sich Italien nicht für ihn verantwortlich fühle. Er verstehe nicht, warum Italien [seiner Rückübernahme] zustimme und dann am Flughafen gleich sage, dass er das Land verlassen müsse. Er bitte, dass man ihm helfe. Er wolle in Österreich bleiben. Er habe schon viel gelitten.

Die anwesende Rechtsberaterin erstattete kein Vorbringen und stellte keine weiteren Fragen.

6. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des BFA vom 11.02.2019 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Italien gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin-III-VO für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig sei (Spruchpunkt I.). Zudem wurde gemäß § 61 Abs. 1 FPG gegen den Beschwerdeführer die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge gemäß § 61 Abs. 2 FPG die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Italien zulässig sei (Spruchpunkt II.).

Zur Lage in Italien traf das BFA folgende Feststellungen (unkorrigiert):

Neueste Ereignisse - Integrierte Kurzinformationen

KI vom 18.12.2018, Sicherheits- und Immigrationsdekret (Salvini-Dekret); Asylstatistik (relevant für Abschnitt2/ Allgemeines zum Asylverfahren; Abschnitt 3/Dublin-Rückkehrer, Abschnitt 6/Unterbringung und Abschnitt 7/Schutzberechtigte)

Das Sicherheits- und Immigrationsdekret des italienischen Innenministers Matteo Salvini ist am 28.11.2018 vom italienischen Parlament endgültig als Gesetz angenommen worden (GF 3.12.2018; vgl. DS 28.11.2018, INT 27.11.2018).

Es sieht eine Reihe von Änderungen im Asylbereich vor. Um die wichtigsten zu nennen: Der humanitäre Aufenthalt, zuletzt die am häufigsten verhängte Schutzform in Italien, wird künftig nur noch für ein Jahr (bislang zwei Jahre) und nur noch als Aufenthaltstitel für "spezielle Fälle" vergeben, nämlich wenn erhebliche soziale oder gesundheitliche Gründe vorliegen, bzw. wenn im Herkunftsland außergewöhnliche Notsituationen herrschen. Schutzberechtigten, die bestimmte Straftaten begehen, kann der Status leichter wieder aberkannt werden. Ebenso können Migranten, denen bereits die italienische Staatsbürgerschaft verliehen wurde, diese wieder verlieren, wenn sie wegen Terrorismusdelikten verurteilt werden. Die Aufenthaltsdauer in den Abschiebezentren wird von maximal 90 auf 180 Tage verdoppelt. Es wird insgesamt weniger Geld für den Bereich Immigration zur Verfügung gestellt, dafür mehr für die Repatriierung. Das SPRAR-System der Unterbringung soll künftig nur noch für unbegleitete minderjährige Asylwerber und anerkannte Schutzberechtigte zugänglich sein, während andere Asylwerber bis zum Abschluss ihres Verfahrens in den CAS/CARA bleiben sollen. Auch ist vorgesehen, dass besetzte Gebäude geräumt und Besetzer bestraft werden sollen. Italien wird hinkünftig eine Liste sicherer Herkunftsstaaten führen (GF 3.12.2018; vgl. INT 27.11.2018, SO 29.11.2018).

Vulnerable Asylwerber mit Ausnahme unbegleiteter Minderjähriger haben demnach keinen Zugang zum SPRAR-System mehr. Diese Personen werden nun im Rahmen des CAS-Systems untergebracht. Das italienische Innenministerium hat hierzu bekannt gegeben, dass für CAS daher neue Ausschreibungsbedingungen ausgearbeitet wurden, die seitens der Präfekturen in Zukunft bindend herangezogen werden müssen. Es steht derzeit noch eine abschließende Prüfung durch den italienischen Rechnungshof aus, daher wurden diese noch nicht veröffentlicht. Seitens des italienischen Innenministeriums wurde jedoch betont, dass die Einhaltung sämtlicher europarechtlicher Bestimmungen (hier insbesondere die Aufnahmerichtlinie 2013/33/EU) unter Wahrung der menschlichen Würde jedenfalls sichergestellt sei. Bei den Kernleistungen (Sozialbetreuung, Information, soziokulturelle Mediation, sanitäre Einrichtungen sowie Startpaket, Taschengeld und Telefonkarte) komme es zu keiner Kürzung oder Streichung. Lediglich Integrationsmaßnahmen seien in der neuen Systematik Personen mit internationalem Schutz vorbehalten (VB 17.12.2018).

Von der Neuregelung des Aufnahmesystems in Italien sind auch Dublin-Rückkehrer betroffen. Diese werden bereits aktuell nicht mehr im Rahmen des SPRAR-Systems, sondern im CAS untergebracht und laut italienischem Innenministerium kann eine adäquate Unterbringung sichergestellt werden (VB 17.12.2018).

Laut offizieller italienischer Statistik wurden im Jahr 2018 bis zum 14. Dezember 52.350 Asylanträge in Italien gestellt. Mit selbem Datum waren 2018 bereits 53.834 Anträge negativ erledigt (inkl. Unzulässige), 6.852 erhielten Flüchtlingsstatus, 4.132 erhielten subsidiären Schutz, 19.884 erhielten humanitären Schutz. 7.651 Antragsteller waren nicht mehr auffindbar (MdI 14.12.2018).

Quellen:

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DS - Der Standard (28.11.2018): Salvini pflügt Italiens Asylrecht radikal um,

https://derstandard.at/2000092626603/Salvini-pfluegt-via-Sicherheitsdekret-italienisches-Asylrecht-um, Zugriff 5.12.2018

-

GF - Guida Fisco (3.12.2018): Decreto Sicurezza: riassunto del testo e cosa prevede su immigrazione, https://www.guidafisco.it/decreto-sicurezza-testo-cos-e-cosa-prevede-cambia-salvini-immigrazione-2157, Zugriff 5.12.2018

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MdI - Ministero dell'Interno (14.12.2018): Commissione Nazionale per il Diritto di Asilo, per E-Mail

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INT - Internazionale (27.11.2018): Cosa prevede il decreto sicurezza e immigrazione,

https://www.internazionale.it/bloc-notes/annalisa-camilli/2018/11/27/decreto-sicurezza-immigrazione-cosa-prevede, Zugriff 18.12.2018

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SO - Spiegel Online (29.11.2018): Italien verschärft seine Einwanderungsgesetze drastisch, http://www.spiegel.de/politik/ausland/fluechtlinge-italien-verschaerft-seine-einwanderungsgesetze-drastisch-a-1241091.html, Zugriff 5.12.2018

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VB des BM.I Italien (17.12.2018): Bericht des VB, per E-Mail

Allgemeines zum Asylverfahren

In Italien existiert ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit gerichtlichen Beschwerdemöglichkeiten (AIDA 21.3.2018; für ausführliche Informationen siehe dieselbe Quelle).

Laut offizieller italienischer Statistik wurden 2018 bis zum 21. September 42.613 Asylanträge in Italien gestellt. Mit selben Datum waren 2018 38.512 Anträge negativ erledigt (inkl. unzulässige),

4.756 erhielten Flüchtlingsstatus, 2.838 erhielten subsidiären Schutz, 17.728 erhielten humanitären Schutz. 5.433 Antragsteller waren nicht mehr auffindbar (MdI 21.9.2018).

Die Asylverfahren nehmen je nach Region sechs bis fünfzehn Monate in Anspruch. Wenn Rechtsmittel ergriffen werden, kann sich diese Dauer auf bis zu zwei Jahren erstrecken (USDOS 20.4.2018).

Am 24.9.2018 hat Italiens Regierung ein Dekret verabschiedet, das Verschärfungen im Asylrecht vorsieht. Der Schutz aus humanitären Gründen würde weitgehend abgeschafft werden, besetzte Häuser sollen geräumt werden und deren Bewohnern drohen Haftstrafen. Auch die Regelungen für den Verlust des Schutzanspruchs würden verschärft werden. Das vom Kabinett einstimmig verabschiedete Dekret bleibt unter Juristen jedoch umstritten. Es muss nun vom Präsidenten unterzeichnet und dann innerhalb von 60 Tagen auch noch vom Parlament verabschiedet werden, bevor es in Kraft treten kann. In Anbetracht der umstrittenen Materie, kann es also noch zu einer Abschwächung des Dekrets kommen (NZZ 25.9.2018).

Quellen:

-

AIDA - Asylum Information Database (21.3.2018): Italian Council for Refugees (CIR) / Association for Legal Studies on Immigration (ASGI): Country Report: Italy,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_it_2017update.pdf, Zugriff 3.8.2018

-

MdI - Ministero dell'Interno (21.9.2018): Commissione Nazionale per il Diritto di Asilo, per E-Mail

-

NZZ - Neue Zürcher Zeitung (25.9.2018): Italien verschärft sein Asylrecht: Der Schutz aus humanitären Gründen wird abgeschafft, https://www.nzz.ch/international/italien-verschaerft-sein-asylrecht-ld.1422862, Zugriff 25.9.2018

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USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017: Italy, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430262.html, Zugriff 24.9.2018

Dublin-Rückkehrer

Wenn Italien einer Überstellung ausdrücklich zustimmt, wird der Flughafen angegeben, welcher der für das konkrete Asylverfahren zuständigen Quästur am nächsten liegt. Wenn Italien durch Fristablauf zustimmt, landen Rückkehrer üblicherweise auf den Flughäfen Rom-Fiumicino und Mailand-Malpensa. Ihnen wird am Flughafen von der Polizei eine Einladung (verbale di invito) ausgehändigt, der zu entnehmen ist, welche Quästur für ihr Asylverfahren zuständig ist. Die Quästuren sind oft weit von den Ankunftsflughäfen entfernt und die Asylwerber müssen auf eigene Faust und zumeist auch auf eigene Kosten innerhalb weniger Tage dorthin reisen, was bisweilen problematisch sein kann (AIDA 21.3.2018).

Die Situation von Dublin-Rückkehrern hängt vom Stand ihres Verfahrens in Italien ab:

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Wenn ein Rückkehrer noch keinen Asylantrag in Italien gestellt hat, kann er dies tun, so wie jede andere Person auch (AIDA 21.3.2018).

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Ist das Verfahren des Rückkehrers in der Zwischenzeit positiv ausgegangen, hat er eine Aufenthaltserlaubnis erhalten (AIDA 21.3.2018).

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Ist das Verfahren des Rückkehrers noch anhängig, wird es fortgesetzt und er hat dieselben Rechte wie jeder andere Asylwerber auch (AIDA 21.3.2018).

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Wenn das Verfahren vor endgültiger Entscheidung unterbrochen wurde, etwa weil sich der Antragsteller diesem entzogen hat, und der Betreffende wird von Italien im Rahmen von Art. 18(1)(c) zurückgenommen, wird das Verfahren auf Antrag wieder aufgenommen (EASO 12.2015).

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Bei Rückkehrern, die unter Art. 18(1)(d) und 18(2) fallen und welche Italien verlassen haben, bevor sie über eine negative erstinstanzliche Entscheidung informiert werden konnten, beginnt die Rechtsmittelfrist erst zu laufen, nachdem der Rückkehrer von der Entscheidung in Kenntnis gesetzt wurde (EASO 12.2015; vgl. AIDA 21.3.2018).

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Wurde der Rückkehrer beim ersten Aufenthalt in Italien von einer negativen Entscheidung in Kenntnis gesetzt und hat dagegen nicht berufen, kann er zur Außerlandesbringung in ein Schubhaftlager gebracht werden (AIDA 21.3.2018).

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Hat sich der Rückkehrer dem persönlichen Interview nicht gestellt und sein Antrag wurde daher negativ beschieden, kann er nach Rückkehr ein neues Interview beantragen (AIDA 21.3.2018).

Quellen:

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AIDA - Asylum Information Database (21.3.2018): Italian Council for Refugees (CIR) / Association for Legal Studies on Immigration (ASGI): Country Report: Italy,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_it_2017update.pdf, Zugriff 3.8.2018

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EASO - European Asylum Support Office (12.2015): Quality Matrix Report: Dublin procedure, per E-Mail

Unbegleitete minderjährige Asylwerber (UMA) / Vulnerable

In Italien gelten folgende Personenkreise als vulnerabel:

Minderjährige, unbegleitete Minderjährige, Schwangere, alleinstehende Eltern mit minderjährigen Kindern, Opfer von Menschenhandel, Opfer von Genitalverstümmelung und ernsthaft physisch oder psychisch Kranke sowie Alte, Behinderte, und Opfer von Folter, Vergewaltigung oder anderen Formen physischer, psychischer oder sexueller Gewalt. In Italien ist kein eigener Identifizierungsmechanismus für Vulnerable vorgegeben. Es gibt lediglich Leitfäden des Gesundheitsministeriums. Die Identifizierung ist in jeder Phase des Verfahrens durch am Verfahren beteiligte Personen, Beamte oder Betreuer möglich. Die zuständige erstinstanzliche Asylbehörde kann zur Absicherung eine medizinische Untersuchung verlangen. Wenn im Zuge des Interviews ein Vertreter der Behörde den Verdacht hat, es mit einer vulnerablen Person zu tun zu haben, kann er diese speziellen Diensten zuweisen. Wenn die Vulnerabilität eines Antragstellers festgestellt wurde, ist dessen Zugang zu angemessener medizinischer und psychologischer Versorgung und Betreuung sicherzustellen. Vulnerable werden im Verfahren prioritär behandelt (AIDA 21.3.2018).

Beim Schutz von Minderjährigen sind deren Reifegrad und Entwicklung zu berücksichtigen und es ist im besten Interesse des Kindes zu handeln. Der Schutz asylwerbender Minderjähriger wurde durch Gesetz 47/2017 gestärkt, das auch Regeln für die Altersfeststellung festlegt. Es besagt, dass in Ermangelung von Ausweispapieren und bei Zweifeln am Alter des Antragstellers, die Staatsanwaltschaft am Jugendgericht eine sozialmedizinische Untersuchung anordnen kann. Die Untersuchung wird im multidisziplinären Ansatz von entsprechend geschulten Fachkräften durchgeführt, mit möglichst nicht-invasiven Methoden und unter Achtung der Integrität der Person (AIDA 21.3.2018; vgl. CoE/GoI 10.4.2018).

Derzeit wird NGOs zufolge Gesetz 47/2017 aber nicht effektiv umgesetzt und das Alter lediglich mittels Handwurzelröntgen festgestellt und auch keine Schwankungsbreite berücksichtigt. Bis zum Ergebnis dauert es oft Monate und in dieser Zeit wird der Betroffene oft als Erwachsener behandelt. Für medizinische Untersuchungen ist jedenfalls die Zustimmung des Minderjährigen bzw. dessen Vormunds einzuholen (AIDA 21.3.2018).

Wird den Behörden die Existenz eines unbegleiteten Minderjährigen bekannt, ist dies umgehend dem Staatsanwalt am Jugendgericht zur Kenntnis zu bringen, damit das Jugendgericht einen Vormund bestimmen kann, der für Schutz und Wohlergehen des Minderjährigen während des gesamten Asylverfahrens und danach zuständig ist. In der Zwischenzeit kann der Leiter der Unterbringung den UM beim Stellen eines Asylantrags unterstützen, aber der Vormund muss den UM auf den folgenden Stufen des Verfahrens vertreten. Derzeit ist die gebräuchlichste Vorgehensweise, dass der Bürgermeister der Gemeinde, in der der UM untergebracht ist, als Vormund eingesetzt wird und diese Aufgabe an Personen innerhalb der Gemeinde delegiert, die mit sozialen Aufgaben betraut sind. Ein Vormund kann maximal drei Minderjährige betreuen. Die Jugendgerichte führen zu diesem Zweck ein Register freiwilliger Vormunde, die von Amts wegen entsprechend geprüft und geschult werden (AIDA 21.3.2018).

Laut italienischen Gesetzen ist bei der Unterbringung auf spezifische Bedürfnisse der Asylwerber Rücksicht zu nehmen. Dies gilt insbesondere für Vulnerable. Legislativdekret 142/2015 sieht einen Gesundheitscheck in der Erstaufnahme vor, um auch spezielle Unterbringungsbedürfnisse erkennen zu können. Diese speziellen Unterbringungsmöglichkeiten sind auch in den SPRAR-Strukturen sicherzustellen. Die Bewertung spezieller Bedürfnisse wird in den Unterbringungseinrichtungen vorgenommen, allerdings nicht systematisch und je nach Qualität und Finanzlage des jeweiligen Zentrums unterschiedlich. Bei Familien ist auf jeder Unterbringungsstufe die Familieneinheit zu berücksichtigen. In der Praxis kann es vorkommen, dass der Familienvater bei den Männern untergebracht wird und die Mutter mit den Kindern bei den Frauen. Es ist auch möglich, dass eine Aufteilung auf verschiedene Zentren stattfindet, wobei die Kinder üblicherweise bei der Mutter bleiben. Familien können aus temporären Strukturen auf freie Plätze in SPRAR transferiert werden, da diese besser für Familien geeignet sind. Solche Transfers sind abhängig von der Zusammensetzung der Familie, Vorliegen von Vulnerabilität bzw. Gesundheitsproblemen und der Warteliste für SPRAR-Plätze (AIDA 21.3.2018).

Bei UMA ist bei der Unterbringung das beste Interesse des Kindes durch Gespräche zu evaluieren und zu berücksichtigen. In Erstaufnahmeeinrichtungen (etwa 60 mit zusammen 950 Plätzen sind für UMA geeignet) dürfen diese nur für begrenzte Zeit untergebracht werden. Laut Gesetz sind UM binnen zehn Tagen zu identifizieren und binnen 30 Tagen in eine SPRAR-Unterbringung zu verlegen. In dieser Zeit soll die Feststellung des Alters und der individuellen Bedürfnisse geschehen. Im Feber 2018 gab es landesweit 3.488 speziell für UMA gewidmete Plätze im SPRAR. Für UM gibt es, zum Unterschied von erwachsenen Asylwerbern, keinen zentralen Verteilungsmechanismus zwischen den Regionen. Folglich konzentrieren sich UM besonders in Sizilien, Kalabrien und der Lombardei (AIDA 21.3.2018; vgl. FMR 2.2018).

Bei einer Verknappung der Unterbringungsplätze in der Erstaufnahme können UM notfalls auch in CAS untergebracht werden (Ende 2017 gab es 77 CAS für UM in Italien), was von NGOs kritisiert wird. UM dürfen nicht in Zentren für Erwachsene oder Schubhaftzentren untergebracht werden, trotzdem gab es 2017 Fälle in denen Minderjährige in Zentren für Erwachsene oder gar nicht untergebracht wurden. UM werden jedenfalls bis sechs Monate nach Erreichen der Volljährigkeit untergebracht (AIDA 21.3.2018).

Es gibt Berichte über Probleme bei der Überweisung Vulnerabler und unbegleiteter Minderjähriger an geeignete Einrichtungen (USDOS 20.4.2018).

Unbegleitete Minderjährige dürfen nicht in CPR untergebracht werden. Behauptet ein Insasse eines CPR minderjährig zu sein, wird eine Altersfeststellung angeordnet und der Betreffende bis zum Vorliegen des Ergebnisses in einer Unterbringungseinrichtung für Minderjährige untergebracht (CoE/GoI 10.4.2018).

In Italien herrscht Schulpflicht bis zum Alter von 16 Jahren, das gilt auch für Fremde, die sich in Italien aufhalten, selbst wenn dieser Aufenthalt illegal ist. Diese Kinder haben Zugang zu öffentlichen Schulen wie italienische Kinder und haben dieselben Rechte auf Berücksichtigung besonderer Bedürfnisse. Einige Schulen zögern jedoch, eine hohe Zahl ausländischer Kinder zuzulassen. Die Schulen nahe den Aufnahmezentren haben oft nicht genug Plätze zur Verfügung und bisweilen verhindern auch die Eltern der ausländischen Kinder, oder die Kinder selbst, den Schulbesuch (AIDA 21.3.2018).

Laut offizieller italienischer Statistik wurden 2018 bis 21. September 3.286 unbegleitete minderjährige Asylwerber im Land registriert. Mit selbem Datum waren 2018 1.453 Anträge negativ erledigt (inkl. unzulässige), 329 erhielten Flüchtlingsstatus, 135 erhielten subsidiären Schutz, 4.798 erhielten humanitären Schutz. 183 Antragsteller waren nicht mehr auffindbar (MdI 21.9.2018).

Quellen:

-

AIDA - Asylum Information Database (21.3.2018): Italian Council for Refugees (CIR) / Association for Legal Studies on Immigration (ASGI): Country Report: Italy,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_it_2017update.pdf, Zugriff 3.8.2018

-

CoE - Council of Europe - European Committee for the Prevention of Torture and Inhuman or Degrading Treatment or Punishment (10.4.2018): Response of the Italian Government to the report of the European Committee for the Prevention of Torture and Inhuman or Degrading Treatment or Punishment (CPT) on its visit to Italy from 7 to 13 June 2017,

https://www.ecoi.net/en/file/local/1428939/1226_1523350752_2018-14-inf-eng-pdf.pdf, Zugriff 25.9.2018

-

FMR - Forced Migration Review (2.2018) Joseph Lelliott: Italy's 'Zampa' law: increasing protection for unaccompanied children, https://www.ecoi.net/en/file/local/1433697/1226_1527598501_lelliott.pdf, Zugriff 21.9.2018

-

- CoE - Council of Europe - European Committee for the Prevention of Torture and Inhuman or Degrading Treatment or Punishment (10.4.2018): Response of the Italian Government to the report of the European Committee for the Prevention of Torture and Inhuman or Degrading Treatment or Punishment (CPT) on its visit to Italy from 7 to 13 June 2017,

https://www.ecoi.net/en/file/local/1428939/1226_1523350752_2018-14-inf-eng-pdf.pdf, Zugriff 25.9.2018

-

MdI - Ministero dell'Interno (21.9.2018): Commissione Nazionale per il Diritto di Asilo, per E-Mail

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USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017: Italy, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430262.html, Zugriff 24.9.2018

Non-Refoulement

Das italienische Innenministerium hat explizit bestätigt, dass alle Migranten das Recht haben, vor Refoulement geschützt zu werden und keine Ausweisungen zu erhalten, ohne zuvor korrekt darüber informiert worden zu sein. Die italienische Kooperation mit Libyen im Kampf gegen die Migration über das Mittelmeer ist Gegenstand starker Kritik durch Menschenrechtsorganisationen. Es gibt Berichte über sogenannte Push-backs an der österreichischen Grenze (AIDA 21.3.2018).

Quellen:

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AIDA - Asylum Information Database (21.3.2018): Italian Council for Refugees (CIR) / Association for Legal Studies on Immigration (ASGI): Country Report: Italy,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_it_2017update.pdf, Zugriff 3.8.2018

Versorgung

Asylwerber dürfen zwei Monate nach Antragstellung legal arbeiten (AIDA 21.3.2018; vgl. USDOS 20.4.2018).

Im SPRAR gibt es die Möglichkeit an Jobtrainigsprogrammen teilzunehmen und es werden auch standardisierte Integrationsprogramme für Asylwerber und Schutzberechtigte angeboten. Dazu gehören auch Ausbildungen und Praktika. Diese Art von Integrationsmaßnahmen wird nur im SPRAR angeboten, allerdings auch hier mit regionalen Unterschieden. Berufliche Schulungen oder andere Integrationsprogramme können auch mit nationalen Mitteln (8xmille) oder mit Mitteln des Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds (AMIF) über das Innenministerium und NGOs bereitgestellt werden. Die im Rahmen von AMIF finanzierten Projekte sind jedoch in Bezug auf die Dauer der Aktivität und die Anzahl der Projekte sehr begrenzt. Kommunen können auch Berufsausbildungen, Praktika und spezielle Beschäftigungsstipendien finanzieren (borse lavoro), die sowohl Italienern als auch Ausländern offenstehen, einschließlich Asylsuchenden. Die Möglichkeit, an Berufsausbildungen oder Praktika teilzunehmen, ist im Falle von Asylsuchenden, die in Regierungszentren untergebracht sind, erheblich begrenzt. In der Praxis haben Asylwerber Schwierigkeiten beim Zugang zum Arbeitsmarkt, etwa durch Verzögerungen bei der Registrierung ihrer Asylanträge (die damit einhergehende Aufenthaltserlaubnis ist für den Zugang zum Arbeitsmarkt wichtig), oder durch die anhaltende Wirtschaftskrise, die Sprachbarriere, Abgelegenheit der Unterbringungszentren usw. (AIDA 21.3.2018).

Es gibt Berichte über Diskriminierung und Ausbeutung von Migranten durch Arbeitgeber. Die hohe Arbeitslosigkeit schmälert die Chancen von Migranten auf legale Anstellung (USDOS 20.4.2018).

Quellen:

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AIDA - Asylum Information Database (21.3.2018): Italian Council for Refugees (CIR) / Association for Legal Studies on Immigration (ASGI): Country Report: Italy,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_it_2017update.pdf, Zugriff 3.8.2018

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USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017: Italy, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430262.html, Zugriff 24.9.2018

Unterbringung

Grundsätzlich sind Fremde zur Unterbringung in Italien berechtigt, sobald sie den Willen erkennbar machen, um Asyl ansuchen zu wollen. Das Unterbringungsrecht gilt bis zur erstinstanzlichen Entscheidung bzw. dem Ende der Rechtsmittelfrist. Bei Rechtsmitteln mit automatischer aufschiebender Wirkung besteht dieses Recht auch bis zur Entscheidung des Gerichts. Asylwerber können überall in Italien untergebracht werden, je nach Verfügbarkeit von Plätzen und ohne Einspruchsmöglichkeit. Gemäß der Praxis in den Jahren 2016 und 2017 erfolgt der tatsächliche Zugang zur Unterbringung erst mit der formellen Registrierung des Antrags (verbalizzazione) anstatt sofort nach der erkennungsdienstlichen Behandlung (fotosegnalamento). Zwischen diesen beiden Schritten sind, abhängig von Region und Antragszahlen, Wartezeiten bis zu mehreren Monaten möglich, in denen Betroffene Probleme beim Zugang zu alternativer Unterbringung haben können. Zum Ausmaß dieses Phänomens gibt es allerdings keine statistischen Zahlen. Betroffene Asylwerber ohne ausreichende Geldmittel sind daher auf Freunde oder Notunterkünfte angewiesen oder es droht ihnen Obdachlosigkeit. In ganz Italien gibt es auch informelle Siedlungen oder besetzte Häuser, in denen Fremde leben (AIDA 21.3.2018).

Schätzungen der NGO Médecins sans Frontières (MSF) zufolge, waren im Feber 2018 im ganzen Land mindestens 10.000 Personen von der Unterbringung faktisch ausgeschlossen, darunter Asylwerber und Schutzberechtigte. Sie leben nicht selten in besetzen Gebäuden, von denen mittlerweile durch Involvierung von Regionen oder Gemeinden aber auch viele legalisiert wurden (MSF 8.2.2018). Vertreter des UNHCR, von IOM und anderer humanitärer Organisationen und NGOs, berichteten ebenfalls über tausende von legalen und illegalen Migranten und Flüchtlingen, die in verlassenen Gebäuden und in unzulänglichen und überfüllten Einrichtungen in Rom und anderen Großstädten leben und nur eingeschränkten Zugang zu medizinischer Versorgung, Rechtsberatung, Bildung und anderen öffentlichen Dienstleistungen haben (USDOS 20.4.2018).

Von den in Aufnahmestellen der Regierung untergebrachten Migranten ist ein kleiner Prozentsatz in Zentren untergebracht, die direkt von lokalen Behörden geführt werden und deren Qualität allgemein als hoch gilt, während der Rest in Zentren mit sehr unterschiedlicher Qualität untergebracht ist, unter anderem in alten Schulen, Kasernen und Wohnungen (USDOS 20.4.2018).

Das italienische Unterbringungssystem ist in drei Phasen eingeteilt:

die Phase der unmittelbaren Notversorgung in sogenannten CPSA/Hotspots in den Hauptankunftsorten von Bootsflüchtlingen; die Erstaufnahmephase in großen Zentren (CARA bzw. CDA) bzw. in temporären Strukturen (CAS), wenn keine Plätze verfügbar sind; und schließlich die Zweitaufnahmephase in den sogenannten SPRAR-Unterkünften. Gemäß Gesetz muss die Unterbringung in der Erstaufnahme lediglich grundlegenden Bedürfnissen Rechnung tragen, während sie im SPRAR die individuelle Integration im Fokus haben soll:

(...)

(AIDA 21.3.2018)

Grundsätzlich sollten Antragsteller dieses System "so schnell als möglich" durchlaufen und in SPRAR-Strukturen untergebracht werden. Platzmangel hat aber dazu geführt, dass dies nicht immer eingehalten wird (AIDA 21.3.2018).

Mit Stand 31.8.2018 waren 155.619 Migranten in staatlichen italienischen Unterbringungseinrichtungen untergebracht. (VB 24.9.2018).

CPSA (Centri di primo soccorso e accoglienza) / Hotspots

Im Zuge der zunehmenden Migrationsbewegungen in Richtung Europa hat die Europäische Kommission im Mai 2015 zur besseren Steuerung der Migration den sogenannten "Hotspot approach" eingeführt, um in den Hauptankunftsstaaten für Migranten (Griechenland und Italien) eine rasche Identifizierung und Registrierung der ankommenden Migranten zu gewährleisten und die Effektivität der EU-Relocationprogramme zu erhöhen (GDP 18.1.2018).

Personen, die - vor allem auf dem Seeweg - illegal nach Italien gelangen, kommen zunächst in die großen Zentren (CPSA, derzeit formell als Hotspots operativ) in Pozzallo, Trapani und Messina (Lampedusa und Taranto wurden im März 2018 vorläufig geschlossen) und werden dort formell erkennungsdienstlich behandelt und in Asylwerber und Migranten getrennt und entsprechend weiter behandelt - also wenn möglich außer Landes gebracht (eventuell verbunden mit Schubhaft in einem CPR) bzw. in Asylwerberunterkünfte verlegt. Kritiker bezeichnen die Art und Weise wie diese Gruppen identifiziert werden, als oberflächlich (AIDA 21.3.2018).

Der Aufenthalt in den Hotspots soll so kurz als möglich sein und 48 bis 72 Stunden nicht überschreiten, was aber oft nicht eingehalten wird. Kritiker sprechen im Zusammenhang mit dem Aufenthalt in Hotspots von Haft ohne ausreichende gesetzliche Basis und richterliche Anordnung (AIDA 21.3.2018; vgl. GDP 18.1.2018). Personen, die einen Asylantrag gestellt haben, dürfen nach der erkennungsdienstlichen Behandlung (fotosegnalamento) die Hotspots in der Regel zwar ungehindert verlassen und betreten, es wurden in der Vergangenheit aber Verzögerungen bei der Einbringung von Asylanträgen beobachtet, wodurch Antragsteller für Monate in Hotspots bleiben mussten (AIDA 21.3.2018).

Die Gesamtkapazität der Hotspot-Zentren lag im Juli 2017 bei ca.

1.600 Plätzen (GDP 18.1.2018).

CDA (Centri di accoglienza) / CARA (Centri d'accoglienza richiedenti asilo) / CAS (Centri di accoglienza straordinaria)

Zum Unterschied von der Phase der ersten Hilfe und Unterstützung an den Hauptanlandungspunkten von Migration über das Mittelmeer (siehe oben) findet die klassische Erstaufnahme in kollektiven Zentren und - wenn nötig - in temporären Strukturen statt. CDA und CARA sind kollektive Erstaufnahmezentren (AIDA 21.3.2018).

Wenn in anderen Unterbringungsstrukturen temporäre Engpässe herrschen, können CAS als Notunterkünfte, solange als unbedingt notwendig, von den Präfekturen zur Verfügung gestellt werden. Von den CAS sollen die Unterzubringenden im Idealfall dann in SPRAR weitervermittelt werden. Ende August 2017 gab es 9.150 CAS in Italien, 77 davon reserviert für unbegleitete Minderjährige. Anfang Dezember 2017 lebten 151.239 Personen in CAS, das waren 81% des gesamten italienischen Aufnahmesystems (AIDA 21.3.2018).

Erstaufnahmestrukturen sind große Zentren mit sehr vielen Unterbringungsplätzen und bieten eine eher grundlegende Versorgung mit Nahrung, Kleidung, Basisinformation, Rechtsberatung und medizinischer Notversorgung. Es handelt sich um. Die Qualität der Leistungen, insbesondere bei juristischer und psycho-sozialer Unterstützung, ist jedoch regional unterschiedlich. Die Identifizierung und Betreuung von Vulnerablen lassen oft zu wünschen übrig. In diesen Strukturen ist auf die persönlichen Bedürfnisse der Antragsteller (Alter, Geschlecht, Familienverhältnisse, Vulnerabilität) Rücksicht zu nehmen. In CDA, CARA und CAS gibt es in der Regel ein Taschengeld. Ende November 2017 gab es 15 Erstaufnahmezentren in sieben Regionen Italiens, mit damals 10.738 Untergebrachten (AIDA 21.3.2018).

SPRAR (Sistema di Protezione per Richiedenti Asilo e Rifugiati)

Das SPRAR bietet Unterbringung, Unterstützung und Integration für Asylwerber und Schutzberechtigte. Finanziert wird dieses System durch das italienische Innenministerium und die Gemeinden. In der Praxis deckt das SPRAR aber nur rund 20% des Unterbringungsbedarfs in Italien ab. Die SPRAR-Projekte bieten Übersetzungsleistungen, linguistisch-kulturelle Mediation, rechtliche Beratung, Sprachtraining, Einschulung, medizinische Versorgung, sozio-psychologische Unterstützung, Unterstützung Vulnerabler, Jobtrainings, Integrationsberatung sowie kulturelle und Freizeitaktivitäten und ein Taschengeld. Auch im SPRAR kann die Qualität der gebotenen Leistungen regional unterschiedlich sein. Das SPRAR besteht (Stand Feber 2018) aus 876 kleineren dezentralisierten, öffentlich finanzierten Aufnahmeprojekten lokaler Gemeinden und NGOs mit gesamt 35.869 Plätzen. Davon waren 3.488 Plätze in 143 Projekten für unbegleitete Minderjährige und 734 Plätze in 52 Projekten für psychisch beeinträchtigte Personen reserviert. Meist handelt es sich bei den Unterbringungen um Wohnungen (AIDA 21.3.2018).

NGOs

Außerhalb der staatlichen Strukturen existiert noch ein Netzwerk privater Unterbringungsmöglichkeiten, betrieben von karitativen Organisationen bzw. Kirchen. Ihre Zahl ist schwierig festzumachen. Interessant sind sie speziell in Notfällen oder als Integrationsmittel. Im April 2017 beherbergten über 500 Familien in Italien einen Fremden. In einer Initiative der Caritas waren im Mai 2017 rund 500 weitere Migranten privat untergebracht (AIDA 21.3.2018).

CPR (Centri di Permanenza per il Rimpatrio)

Personen, die sich illegal im Land aufhalten und keinen internationalen Schutz beantragen, kommen unter bestimmten Voraussetzungen für eine Unterbringung in einem Schubhaftzentrum (CPR) infrage. Gleiches gilt für Personen die eine Ausweisung erhalten haben. Italien verfügt über fünf CPR mit zusammen 610 Plätzen; vier weitere CPR sind derzeit inaktiv. Unbegleitete Minderjährige und Vulnerable können nicht in CPR untergebracht werden, Familien hingegen schon. In der Praxis werden aber nur sehr selten Kinder in CPR untergebracht (AIDA 21.3.2018). Wenn Migranten in den Hotspots die Abgabe von Fingerabdrücken verweigern, können sie für max. 90 Tage (30 Tage mit zweimaliger Verlängerungsmöglichkeit) in CPR inhaftiert werden (CoE-CPT 10.4.2018).

Diese Zentren waren vormals unter der Bezeichnung Centri di identificazione ed espulsione (CIE) bekannt (GDP 18.1.2018).

Quellen:

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AIDA - Asylum Information Database (21.3.2018): Italian Council for Refugees (CIR) / Association for Legal Studies on Immigration (ASGI): Country Report: Italy,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_it_2017update.pdf, Zugriff 3.8.2018

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Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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