Entscheidungsdatum
24.06.2019Norm
AsylG 2005 §12a Abs2Spruch
W144 2147950-2/3E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. HUBER als Einzelrichter in dem von Amts wegen eingeleiteten Verfahren über die durch den mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.06.2019, Zl. 1 XXXX erfolgte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes betreffend XXXX geb., StA Afghanistan, beschlossen:
A) Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2
iVm § 22 Abs. 10 Asylgesetz 2005 (AsylG) ist rechtmäßig.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger, stellte am 31.10.2015 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz, dem jedoch mit Bescheid des BFA vom 31.01.2017 in Bezug auf die Zuerkennung von Asyl und subsidiärem Schutz keine Folge gegeben wurde; unter einem wurde gemäß § 10 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen den BF eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass die Abschiebung nach Afghanistan zulässig ist.
Gegen den zitierten Bescheid des BFA hat der BF fristgerecht Beschwerde erhoben und wurde diese in der Folge mit Erkenntnis des BVwG vom 21.11.2018, Zl. W252 2147950-1/26E, als unbegründet abgewiesen.
Begründend wurde neben einer umfassenden Darstellung der allgemeinen politischen und menschenrechtlichen Situation in Afghanistan beweiswürdigend zum Fluchtvorbringen im Wesentlichen erwogen, dass dem individuellen Vorbringen des BF zu einer Bedrohung seitens der Taliban - aus näher genannten Gründen, wie Widersprüchen und nur vagen Ausführungen - keine Glaubwürdigkeit zukomme. Auch aus der allgemeinen Lage lasse sich keine asylrechtlich relevante Verfolgungsgefahr für den BF ableiten und werde er als volljähriger und arbeitsfähiger Mann im Hinblick auf die Allgemeinsituation und Art. 3 EMRK im Einklang mit UNHCR auf eine innerstaatliche Fluchtalternative in Herat oder Mazar-e-Sharif verwiesen, die ihm individuell auch zumutbar sei. Seine Abschiebung nach Afghanistan erwiese sich als zulässig, Gründe für ein Aufenthaltsrecht gem. § 57 AsylG seien nicht gegeben und liege auch kein schutzwürdiges Privat- und Familienleben des BF im Bundesgebiet vor.
Dieses Erkenntnis wurde am 23.11.2018 rechtswirksam zugestellt.
Der BF hat daraufhin Österreich verlassen und sich in die Niederlande begeben. Dort hatte er am 29.01.2019 einen weiteren Asylantrag gestellt, wurde jedoch am 24.05.2019 zuständigkeitshalber wieder nach Österreich rücküberstellt.
Mit seinem Erscheinen vor der Behörde am 24.05.2019 gilt dieser weitere Antrag auf internationalen Schutz als im Bundesgebiet eingebracht.
Begründend führte der BF zu seinem neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz aus:
"Es gelten die alten Asylgründe nach wie vor. Mein Leben ist immer noch in Gefahr in Afghanistan.", sowie "Ich habe keine neuen Fluchtgründe. Es gelten die alten Fluchtgründe. Andere Fluchtgründe habe ich keine."
Am 17.06.2019 wurde der BF vom BFA niederschriftlich einvernommen, wobei er im Wesentlichen angab, dass er arbeitsfähig und abgesehen von Kopfschmerzen gesund sei, und dass seine bisherigen Fluchtgründe nach wie vor aufrecht seien. Er habe zuletzt vor 6 Monaten Kontakt mit seiner Familie gehabt, demzufolge könne er auch keine neuen Beweismittel vorlegen. Er habe bereits im Vorverfahren alle Fluchtgründe genannt. Er habe weder Eltern, noch Kinder noch sonstige Verwandte im Bundesgebiet. Er lebe von der Grundversorgung.
Mit dem mündlich verkündetem Beschluss vom 17.06.2019 wurde der faktische Abschiebeschutz des BF gemäß § 12a Abs. 2 Asylgesetz aufgehoben. Begründend führte das BFA dazu in rechtlicher Hinsicht aus, dass gegen den BF eine ausgesprochene Rückkehrentscheidung aufrecht vorliege, zumal seit der Erlassung dieser Entscheidung noch keine 18 Monate vergangen seien, er über kein sonstiges Aufenthaltsrecht verfüge und dass sein nunmehriger Antrag auf internationalen Schutz voraussichtlich wegen res iudicata zurückzuweisen sei, da er keinen neuen Sachverhalt vorgebracht habe. Auch die allgemeine Lage im Herkunftsland (- die umfassend dargestellt wurde) habe sich nicht entscheidungswesentlich seit der letzten Entscheidung geändert; ebenso wenig sein persönlicher körperlicher Zustand und seine persönlichen Verhältnisse, sodass davon ausgegangen werden kann, dass eine Abschiebung seiner Person nach Afghanistan zu keiner Bedrohung seiner Rechte gemäß der EMRK führt. Somit seien alle Voraussetzungen für die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes vorgelegen.
Am 19.06.2019 wurde dieser Beschluss dem BVwG vorgelegt, das BFA wurde am noch am selben Tag von der erfolgten Vorlage verständigt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Festgestellt wird zunächst der dargelegte Verfahrensgang.
Weiters wird ausdrücklich festgestellt, dass der BF keinerlei neue Gründe für seinen Folgeantrag ins Treffen führen konnte, sondern ausschließlich und wiederholt seine alten Fluchtgründe geltend machte.
Weiters wird festgestellt, dass der BF im Wesentlichen gesund ist und jedenfalls an keinen akuten oder existenzbedrohenden Krankheiten leidet - die ins Treffen geführten Kopfschmerzen hat der BF bereits im Vorverfahren thematisiert.
Hinsichtlich der aktuellen Lage im Herkunftsstaat des BF sind gegenüber den im rechtskräftig negativ abgeschlossenen Vorverfahren getroffenen Feststellungen sowohl hinsichtlich seiner Person als auch bezüglich der Lage im Herkunftsstaat bzw. bezüglich dem Auftreten von Nachfluchtgründen keine entscheidungsmaßgeblichen Änderungen eingetreten.
Der BF hat im Bundesgebiet keine verwandtschaftlichen Anknüpfungspunkte; er bestreitet seinen Lebensunterhalt von der Grundversorgung.
2. Beweiswürdigung:
Der Verfahrensgang ergibt sich aus den Verwaltungsakten.
Die Feststellungen zum Gesundheitszustand des BF ergibt sich daraus, dass er im Verfahren erklärt hat, dass er arbeitsfähig sei und an Kopfschmerzen leide, gegen die er Tabletten einnehme.
Die Feststellung, dass der BF keinerlei neue Flucht- bzw. Asylgründe vorbrachte, ergibt sich aus seinen diesbezüglich ausdrücklichen Aussagen.
Die Feststellung zur im Wesentlichen unveränderten Gesamtsituation in Afghanistan ergibt sich aus einem Vergleich der bezughabenden Feststellungen im Vorverfahren und im angefochtenen Bescheid.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1 Gesetzliche Grundlagen:
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
3.2 Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 leg cit die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wenn die Behörde nicht den Anlass zu einer Verfügung gemäß den Abs. 2 bis 4 dieser Bestimmung findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.
§ 12 Abs 1 des Bundesgesetzes über die Gewährung von Asyl (Asylgesetz 2005 - AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 56/2018, ("Faktischer Abschiebeschutz") lautet:
Ein Fremder, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, kann, außer in den Fällen des § 12a, bis zur Erlassung einer durchsetzbaren Entscheidung, bis zur Gegenstandslosigkeit des Verfahrens oder nach einer Einstellung bis zu dem Zeitpunkt, an dem eine Fortsetzung des Verfahrens gemäß § 24 Abs. 2 nicht mehr zulässig ist, weder zurückgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben werden (faktischer Abschiebeschutz); § 32 bleibt unberührt. Sein Aufenthalt im Bundesgebiet ist zulässig. Ein auf Grund anderer Bundesgesetze bestehendes Aufenthaltsrecht bleibt unberührt. § 16 Abs. 4 BFA-VG gilt."
§ 12a AsylG 2005 lautet (auszugsweise):
(1) ....
(2) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) gestellt und liegt kein Fall des Abs. 1 vor, kann das Bundesamt den faktischen Abschiebeschutz des Fremden aufheben, wenn
1. gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht,
2. der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist, und
3. die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
(3) - (6) [...]"
Eine Entscheidung des Bundesamtes, mit der der faktische Abschiebeschutz eines Fremden aufgehoben wurde (§ 12a Abs. 2 AsylG 2005), ist vom Bundesverwaltungsgericht unverzüglich einer Überprüfung zu unterziehen. Das Verfahren ist ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden. § 20 gilt sinngemäß. § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG ist nicht anzuwenden.
(2) Die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 und eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG sind mit der Erlassung der Entscheidung gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 durchsetzbar. Mit der Durchführung der die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung umsetzenden Abschiebung gemäß § 46 FPG ist bis zum Ablauf des dritten Arbeitstages ab Einlangen der gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 zu übermittelnden Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuzuwarten. Das Bundesverwaltungsgericht hat das Bundesamt unverzüglich vom Einlangen der Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung und von der im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 getroffenen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes zu verständigen.
(3) Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 hat das Bundesverwaltungsgericht binnen acht Wochen zu entscheiden."
3.2. Zur Prüfung der Voraussetzungen des § 12a Abs. 2 AsylG 2005
3.2.1. Zum Vorliegen einer aufrechten Rückkehrentscheidung (Z1)
Das Vorliegen einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, einer Ausweisung gemäß § 66 FPG oder eines Aufenthaltsverbots gemäß § 67 FPG ist notwendiges Tatbestandselement des § 12a Abs. 2 AsylG 2005.
Mit Erk des BVwG vom 21.11.2018 iVm dem Bescheid des BFA vom 31.01.2017 wurde gegen den BF rechtskräftig eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG getroffen.
3.2.2 Zum Vorliegen von res iudicata (Z2)
Eine weitere Voraussetzung für die Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes ist, dass "der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist". Es ist also eine Prognose darüber zu treffen, ob der Antrag voraussichtlich (insbesondere wegen entschiedener Sache) zurückzuweisen sein wird (§ 12a Abs. 2 Z 2 AsylG 2005).
Die Prüfung der Zulässigkeit eines Folgeantrags auf Grund geänderten Sachverhalts hat - von allgemein bekannten Tatsachen abgesehen - im Beschwerdeverfahren nur anhand der Gründe, die von der Partei in erster Instanz zur Begründung ihres Begehrens vorgebracht wurden, zu erfolgen (vgl. VwGH 27.11.2018, Ra 2018/14/0213, vom 22.11.2017, Ra 2017/19/0198, mwN).
Nach der Rechtsprechung zu § 68 Abs. 1 AVG liegen verschiedene "Sachen" vor, wenn in der für den Vorbescheid maßgeblichen Rechtslage oder in den für die Beurteilung des Parteibegehrens im Vorbescheid als maßgeblich erachteten tatsächlichen Umständen eine Änderung eingetreten ist oder wenn das neue Parteibegehren von dem früheren abweicht. Eine Modifizierung, die nur für die rechtliche Beurteilung der Hauptsache unerhebliche Nebenumstände betrifft, kann an der Identität der Sache nichts ändern. Es kann aber nur eine solche behauptete Änderung des Sachverhaltes die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung - nach etwa notwendigen amtswegig Ermittlungen - berechtigen und verpflichten, der für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen rechtlich Asylrelevanz zukäme; eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages darf nicht von vornherein ausgeschlossen sein (siehe zB VwGH 17.09.2008 2008/23/0684).
Wie oben in der Beweiswürdigung und den Feststellungen angeführt, war der im Verfahren über den Folgeantrag vorgebrachte Fluchtgrund bereits während des ersten anhängigen Asylverfahrens des BF gegeben. Andere bzw. neue Fluchtgründe sind ausdrücklich nicht gegeben; der BF begehrt vielmehr allein die neuerliche Behandlung seines bereits vormals geltend gemachten Vorbringens.
Nach den obigen Feststellungen muss davon ausgegangen werden, dass der Folgeantrag auf internationalen Schutz wegen res iudicata zurückzuweisen sein wird.
3.2.3. Prüfung auf Verletzung von Rechten nach der EMRK (Z 3)
Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutz ist weiters nur zulässig, wenn die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung für den Asylwerber keine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr 6 oder Nr 13 zur Konvention bedeutet und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringt (§ 12a Abs 2 Z 3 AsylG 2005).
Bereits im ersten Verfahren hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ausgesprochen, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat keiner realen Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention ausgesetzt wäre oder für ihn als Zivilperson als ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit in Folge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes bestehen würde; diese Entscheidung wurde seitens des BVwG bestätigt.
Auch im nunmehr zweiten Asylverfahren bzw. im Verfahren zur Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 ist nichts hervorgekommen, was gegen die Abschiebung des Beschwerdeführers in seinen Heimatstaat Afghanistan im Sinne dieser Bestimmungen spricht.
3.2.3.1. Eingriff in die Rechte nach Art 2 und 3 EMRK
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes setzt die Beurteilung eines drohenden Verstoßes gegen Art 2 oder 3 EMRK eine Einzelfallprüfung voraus, in deren Rahmen konkrete und nachvollziehbare Feststellungen zu der Frage zu treffen sind, ob einer Person im Fall der Rückkehr in ihren Herkunftsstaat die reale Gefahr ("real risk") insbesondere einer gegen Art 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht. Es bedarf einer ganzheitlichen Bewertung der möglichen Gefahren, die sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat (vgl etwa VwGH 08.09.2016, Ra 2016/20/0063 mwN). Um von der realen Gefahr ("real risk") einer drohenden Verletzung der durch Art 2 oder 3 EMRK garantierten Rechte eines Asylwerbers bei Rückkehr in seinen Heimatstaat ausgehen zu können, reicht es nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht aus, wenn eine solche Gefahr bloß möglich ist. Es bedarf vielmehr einer darüberhinausgehenden Wahrscheinlichkeit, dass sich eine solche Gefahr verwirklichen wird (vgl etwa VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479, und 23.09.2009, 2007/01/0515, mwN).
Die Außerlandesschaffung eines Fremden in den Herkunftsstaat kann auch dann eine Verletzung von Art 3 EMRK bedeuten, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz (bezogen auf den Einzelfall) nicht gedeckt werden können. Nach der auf der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte beruhenden Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist eine solche Situation nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen (vgl VwGH 08.09.2016, Ra 2016/20/0063).
Es obliegt dabei grundsätzlich der abschiebungsgefährdeten Person, mit geeigneten Beweisen gewichtige Gründe für die Annahme eines Risikos nachzuweisen, dass ihr im Falle der Durchführung einer Rückführungsmaßnahme eine dem Art 3 EMRK widersprechende Behandlung drohen würde (vgl VwGH 05.10.2016, Ra 2016/19/0158, mit Verweis auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 05.09.2013, I gegen Schweden, Appl. 61.204/09, mwH).
Der BF hat keine Umstände glaubhaft vorgebracht, dass für (noch dazu landesweit) ein "reales Risiko" einer gegen Art. 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung bzw. der Todesstrafe besteht.
Der BF leidet aktuell an keiner akut lebensbedrohlichen Krankheit, sodass jenes sehr außergewöhnliche Ausmaß an Leidenszuständen, wie es in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte für das Vorliegen eines Abschiebehindernisses nach Art. 3 EMRK im Zusammenhang mit gesundheitlichen Problemen gefordert wird, im vorliegenden Fall nicht hervorgekommen ist.
Der Beschwerdeführer hat in Österreich aktuell keine familiären Bindungen und führt daher in Österreich kein iSd Art. 8 EMRK geschütztes Familienleben. Eine Abschiebung des BF bedeutet demnach keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 8 EMRK.
Entsprechend den obigen Ausführungen stellt - nach einer Grobprüfung des Aktes - aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat für ihn somit keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 und 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK dar. Es besteht für ihn als Zivilperson auch keine ernsthafte Bedrohung seines Lebens und seiner Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes.
Somit sind die Voraussetzungen des § 12a Abs. 2 AsylG 2005 gegeben, sodass die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes rechtmäßig ist. Da § 22 Abs. 10 AsylG 2005 dies ausdrücklich vorsieht, war die vorliegende Entscheidung nicht mit Erkenntnis, sondern mit Beschluss zu treffen.
Gemäß § 22 Abs. 1 2. Satz BFA-VG war ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden.
Zu B) Zur Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
aufrechte Rückkehrentscheidung, faktischer Abschiebeschutz -European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W144.2147950.2.00Zuletzt aktualisiert am
04.09.2019