TE Bvwg Erkenntnis 2019/6/26 W240 2197568-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 26.06.2019
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Entscheidungsdatum

26.06.2019

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs4
AsylG 2005 §3 Abs5
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

W240 2197568-1/12E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. FEICHTER über die Beschwerde von XXXX , StA. Afghanistan gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.04.2018,

Zl. 1133222904/161463319, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 20.05.2019 zu Recht erkannt:

A) Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Abs. 1 AsylG

2005 idgF der Status eines Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 idgF wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger der Volksgruppe der XXXX , reiste unter Umgehung der Grenzkontrollen in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 24.10.2016 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Im Rahmen der Erstbefragung am 25.10.2016 gab der Beschwerdeführer an, afghanischer Staatsbürger zu sein und dem Christentum anzugehören. Er habe in XXXX fünf Jahre lang die Grundschule besucht und zuletzt als Automechaniker gearbeitet. Er wisse nicht, wo seine Ehefrau, seine Tochter, seine Eltern und zwei seiner Brüder aufhältig seien. Seine Schwester sei im Iran und ein Bruder in Österreich. Vor etwa acht, neun Monaten habe er den Entschluss zur Ausreise gefasst, sei mit dem Auto zur türkischen Grenze gereist und dann weiter zu Fuß und mit dem Lkw durch unbekannte Länder. Als Fluchtgrund führte der Beschwerdeführer aus, dass seine ganze Familie im Jahr 2010 im Iran vom Islam zum Christentum übergetreten sei. Im Jahr 2012 sei er von vier Personen angegriffen und schwer verletzt worden. Nach zwei Monaten sei er von der Polizei verhaftet worden und etwa neun Monate inhaftiert gewesen. Zudem sei er im Iran geboren und aufgewachsen. Wann und warum seine Familie vor seiner Geburt Afghanistan verlassen habe, wisse er nicht.

3. Im Rahmen der am 09.03.2018 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) erfolgten Einvernahme, führte der Beschwerdeführer insbesondere wie folgt aus:

(...)

LA: Waren Sie jemals in der Türkei?

VP: Nach dem ich aus dem Gefängnis aus dem Iran entlassen wurde und hierherkommen wollte, hielt ich mich ein paar Tage in der Türkei auf.

LA: Warum waren Sie im Gefängnis?

VP: Weil ich im Jahre 2011 konvertiert war.

LA: Wie wurden Sie wieder freigelassen?

VP: Sie haben mich, meinen Bruder und meine Ehefrau festgenommen. Es hat geheißen, ich soll mit denen Zusammenarbeiten. Sie wollten den Drahtzieher der Konvertierung ausfindig machen durch mich. Dann wurde ich auf freien Fuß gesetzt.

(...)

LA: Wie ist ihre Familie in die Türkei gelangt?

VP: Nachdem ich festgenommen wurde sahen meine Eltern keinen anderen Ausweg und flüchteten in die Türkei. Sie hatten auch vor zu konvertieren. Sie warten darauf, bis Sie in ein anderes Land geschickt werden. Sie haben den positiven Bescheid erhalten. Sie dürfen jetzt in ein anderes Land geschickt werden.

LA: In welches Land darf die Familie geschickt werden und wer hat das entschieden? VP: Welche Behörde weiß ich nicht. Sie schickten mir unterlagen per Handy.

LA: Wie ist Ihr Familienstand?

VP: Ich bin Verheiratet. Meine Frau heißt XXXX .

LA: Wann haben Sie geheiratet?

VP: Damals war ich 22 Jahre alt. Aber entschuldige... Mit 18 Jahren habe ich geheiratet und in meinem 22. Lebensjahr brach nach unserer Festnahme der Kontakt zu meiner Frau ab.

LA: Wie haben Sie geheiratet?

VP: Traditionell mit dem Mullah.

LA: War das ein muslemischer Mullah?

VP: Ja, damals waren wir noch keine Christen.

LA: Wo lebt die Frau momentan? VP: Weiß ich nicht.

LA: Wie lange ist es her, als Sie den letzten Kontakt mit der Ehefrau hatten?

VP: 1 1/2 Monate nach der Festnahme hatten wir Kontakt. 3 1/2 Jahre wurde ich inhaftiert und ich bin fast 2 1/2 Jahre hier. Also insgesamt 6 Jahre.

LA: Wollen Sie das Ihre Frau auch in Österreich einreist?

VP: Meine Frau wurde umgebracht. Sie wurde aufgehängt. Ich hatte nur die Tochter, diese wurde von meinen Eltern großgezogen.

LA: Woher wissen sie den Tod der Ehefrau?

VP: Das erfuhr ich von meinen Eltern. Mein Schwiegervater hat bei der Behörde in XXXX nachgefragt und dort wurde Ihm der Tod der Tochter bestätigt.

LA: Wer hat die Obsorge über Ihr Kind?

VP: Meine Eltern. Praktisch mein Vater.

LA: Wann haben Sie den Iran verlassen?

VP: Nachdem ich aus dem Gefängnis entlassen wurde etwas über zwei Jahre.

LA: Nach dem Gefängnis haben Sie sich noch zwei Jahre im Iran aufgehalten?

VP: Nein. Nach meiner Entlassung ging ich noch in derselben Nacht in die Türkei. Sonst drohte mir nochmalige Inhaftierung.

LA: Wurden Sie nach der Enthaftung abgeschoben?

VP: Ich bin nur deshalb freigelassen worden, da ich mit den Behörden zusammenarbeiten sollte. Nach meiner Entlassung floh ich in die Türkei. Ich war nach der Türkei (ca. 20 Tage) ein Jahr in Griechenland.

(...)

LA: Was waren alle Ihre genauen zeitlich, aktuellen und konkreten Gründe, dass Sie Ihren Herkunftsstaat verlassen mussten und auch nicht zurück können. Bitte schildern Sie nun die Fluchtgründe im Detail.

VP: Beginn der freien Erzählung:

Ende des Jahres 2010 war ich sehr krank und ich hatte Anfälle. Meine Eltern wussten nicht mehr weiter und waren im Krankenhaus. Auch an heiligen Stätten beteten sie.

Über die SAT-Anlage hörten wir von einem afghanischen Mann der mittels Konvertierung von seiner Drogensucht loskam. Mein Vater hat diese Organisation per Telefon angerufen. Dort wurde der Vater aufgefordert zum Christentum zu konvertieren. Dann könnte dieser Mann für uns beten. Mein Vater wurde dann Christ. Vier oder fünf Tage danach ging es mir schlecht und ich wurde wieder ins Krankenhaus gebracht. Der Arzt bestätigte jedoch, dass ich gesund sei. Nach drei Tagen kam ich wieder nach Hause. Ich war bewusstlos, aber die Ärzte sagten, ich schlafe nur.

Ein paar Stunden später erwachte ich wieder und hatte das Gefühl gesund zu sein.

Ich nahm mit den Priestern XXXX in Europa oder Amerika Kontakt auf und erbat bei ihnen die Vergebung meiner Sünden.

Fünf Tage später war ich wieder zurück in der Werkstatt und erzählte zwei drogensüchtigen Mitarbeitern über die Heilung durch den christlichen Glauben. Ich versuchte auch jeden unserer Kunden vom Christentum zu überzeugen.

Ich wurde dann einmal für die Dauer von 20 Tagen inhaftiert dann wieder am XXXX entlassen. Dadurch glaubte auch meine Frau dann an das Christentum.

Eines Nachts wurde ich von drei Motorradfahrern überfallen und mit dem Messer attackiert. Die Narben trage ich immer noch am Körper. Im Krankenhaus wurde ich versorgt und drei Tage nach meiner Genesung wurden wir (Bruder XXXX , Ich und meine Frau) von den Behörden verhaftet. Ich war einen Monat mit meiner Frau in Kontakt, danach hörte ich nichts mehr von Ihr. Sie haben mit Morphium gespritzt und darauf verlor ich meine Zähne. Ich wurde auch gefoltert. Ich war dreieinhalb Jahre im Gefängnis und dann sollte ich mit den Behörden zusammenarbeiten. Nach der Entlassung bin ich am selben Tag in die Türkei ausgereist.

Ende der freien Erzählung.

LA: Waren Sie Drogensüchtig? VP: Nein.

LA: Was hatten sie für eine Krankheit?

VP: Ich war Nervenkrank und ich hatte Anfälle.

LA: Jetzt sind Sie gesund.

VP: Ja, jetzt geht's mir gut.

LA: Sie haben in der Erstbefragung angegeben, dass Sie Christ im Iran waren. Gibt es irgendwelche Unterlagen bezüglich Ihrer Konversion?

VP: Ja. Mein Vater hat diese.

LA: Können Sie diese Unterlagen besorgen?

VP: Selber habe ich keine Unterlagen, da ich noch nicht getauft wurde. Im Iran konnte ich nicht getauft werden.

Frage und Vorhalt:

LA: Warum sind Sie in Österreich nicht getauft worden? Sie sind ja schon seit ca. 1 1/2 Jahren hier?

VP: Ich ging in eine Kirche in XXXX , diese konnte ich jedoch aufgrund der Sprache nicht verstehen. Nachdem ich in Wien mit dem Priester gesprochen habe, wollte ich eine Kirche in der Nähe für die Taufe finden.

Dann ging ich vor 1 1/2 Monaten in XXXX in die Kirche und wollte getauft werden. Ich bräuchte einen Dolmetscher und dieser wurde mir zugesagt. Seitdem habe ich nichts mehr gehört von denen.

LA: Wie hat die Kirche in XXXX geheißen? Welche Religion wurde dort praktiziert?

VP: Das ist eine katholische Kirche in der Nähe vom Bahnhof. Ich weiß den Namen nicht. Ich ging dort nur drei Tage hin.

LA: Wie hat die Kirche in XXXX geheißen? Welche Religion wurde dort praktiziert?

VP: Ich kann nicht so gut Deutsch. Ich weiß nicht wie diese Religion heißt. Keine Ahnung. Ich wollte einfach Christ werden und mir war egal welcher Zweig.

LA: Sind Sie getauft? VP: Nein.

LA: Zu welchem Zweig des Christentums bekennen Sie sich nun? VP:

Protestant.

LA: Warum gerade zu diesem Zweig?

VP: Gott kennt nur einen einzigen Weg, egal ob Katholik oder Protestant.

LA: Zu welchem Zweig des Christentums bekannten Sie sich im Iran?

VP: Ich denke diese Sendung wurde von den Katholiken gehalten.

LA: Welche weiteren Zweige des Christentums kennen Sie?

VP: Ich war Inhaftiert und im Gefängnis hatte ich keine Möglichkeit mich zu informieren.

(...)

LA: Könnten Sie sich vorstellen bei einer Rückkehr in Ihr Heimatland wieder zum Islam zu konvertieren? VP: Nein.

LA: Warum ist nicht die ganze Familie ausgereist?

VP: Meine Familie ist dann auch ausgereist.

LA: Was macht momentan Ihr Vater?

VP: Er hat keine Beschäftigung. Er hilft nur in der Kirche in der Türkei mit.

LA: Sie haben im Jahr 1394 (=2016) den Iran verlassen. Das ist ca. 1 1/2 Jahre her. Welche aktuellen Befürchtungen haben Sie in Bezug auf eine mögliche Rückkehr nach Afghanistan? VP: Ich habe niemanden dort und nicht dort gelebt. Außerdem gibt es die Auseinandersetzungen zwischen Sunniten und Schiiten. Wenn ich jetzt als Christ noch dazukomme, was glauben Sie was dann passiert.

LA: Aus welchen Gründen sehen Sie sich persönlich in einer gefährdeteren Position als der durchschnittliche Afghane in Ihrem Alter?

VP: Weil ich Christ bin.

Erklären Sie mir, warum Ihnen als gesunden und erwachsenen Mann, in jenem Land dessen Staatsangehörigkeit Sie innehaben, eine Versorgung nicht möglich sein sollte.

VP: Es gibt Unsicherheit und Krieg in Afghanistan. Die Leute habe Angst und wenn ich auch noch dazu kommen werde...

LA: Sind Sie im Zuge der Kurse einer Arbeitstätigkeit in Österreich nachgegangen?

VP: Ja.

LA: Welcher?

VP: Ich habe mich ehrenamtlich engagiert.

LA: Wo sind die Unterlagen Ihrer Tätigkeit?

VP: Habe ich nicht. Ich habe keine Bestätigungen.

LA: Können Sie diese Bestätigungen besorgen?

VP: Ich werde es versuchen.

(...)

LA: Gab es in Afghanistan oder im Iran eine konkrete, gezielte Verfolgung Ihrer Person alleine aufgrund Ihrer Volksgruppenzugehörigkeit als Araber?

VP: Nein.

LA: Welcher Religion gehören Sie an?

VP: Ich war damals schiitischer Moslem.

LA: Gab es in Afghanistan oder im Iran jemals eine Verfolgung Ihrer Person aufgrund Ihrer Religionszugehörigkeit als schiitischer Muslim?

VP: Nein, als Moslem nicht. Nach dem konvertieren als Christ schon.

LA: Haben, oder hatten Sie jemals irgendwelche Schwierigkeiten/Probleme mit afghanischen Behörden, Polizei oder Gerichten?

VP: Nein, ich war nicht in Afghanistan. Jetzt als Christ werde ich Probleme haben.

(...)"

Im Laufe des Verfahrens wurden folgende Dokumente vorgelegt:

-

Familienfotos

-

Taufurkunden der Familienmitglieder

-

UNHCR- Flüchtlingsbestätigung der Familienmitglieder

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Konvolut an Integrationsbestätigungen

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Konvolut an Unterstützungsschreiben

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Bestätigung eines Pastors vom 19.03.2018 über die Mitgliedschaft des Beschwerdeführers in einer christlichen Gemeinde

-

Taufkursbesuchsbestätigung vom 18.07.2018 einer evangelischen Kirche

-

Bestätigung über die Benachrichtigung des Austrittes an die islamische Glaubensgemeinschaft vom 30.04.2019

-

Taufschein vom 21.04.2019 über die am selben Tag durchgeführte Taufe

4. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde unter Spruchteil I. der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen, unter Spruchpunkt II. dieser Antrag auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan abgewiesen, unter Spruchpunkt III. ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass die Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei und unter Spruchteil IV. eine Frist für die freiwillige Ausreise von 14 Tagen eingeräumt.

5. Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben. In der Beschwerde wurde u.a. ausgeführt, dass der Beschwerdeführer sein gesamtes Leben im Iran verbracht habe und lediglich vor etwa zehn Jahren für acht Tage in Afghanistan gewesen sei. Er sei im Iran zum Christentum konvertiert und sei deshalb verhaftet worden. Nach seiner Verhaftung sei er aus dem Iran geflohen, da er befürchtet habe, erneut festgenommen zu werden. Seine Frau, welche ebenfalls verhaftet worden sei, sei in der Zwischenzeit ermordet worden. Der Beschwerdeführer besuche regelmäßig die Kirche in Österreich und möchte gerne Teil der christlichen Gemeinschaft in Österreich werden. Aufgrund der Sprachdiskrepanz sei ihm die weitere Ausübung nur beschränkt möglich gewesen. Trotzdem besuche er regelmäßig die Kirche und habe auch mehrere Ansuchen gestellt an Taufvorbereitungen teilzunehmen. Die belangte Behörde habe es unterlassen den Beschwerdeführer näher nach den Umständen, welche zu seiner Konversion geführt habe, und auch in Bezug auf die Ausübung des Christentums im Iran, zu befragen. Auch wenn die Ereignisse, welche im Iran stattgefunden hätten, prinzipiell nicht der Gewährung von internationalen Schutz unterliegen würden, da es sich hier nicht um den Herkunftsstaat des Beschwerdeführers handle, sei anzumerken, dass sich hierbei aber der Nachfluchtgrund der Konversion zugetragen habe und in weiterer Folge hier in Österreich ausgelebt werde. Daher seien auch die Ereignisse als Hinweis für die Konversion des Beschwerdeführers heranzuziehen. Die Behörde verkenne die Tatsache, dass im Iran die Ausübung des christlichen Glaubens unter Strafe stehe und auch keine offiziellen Kirchenvertreter ansässig seien, welche eine solche Konversion bestätigen könnten. Weiters führe die Behörde aus, dass die Zusage zur Taufe von einer christlichen Gemeinde in Österreich als Scheinhandlung zu werten sei, da vermeintlich eine Taufvorbereitung hierbei nicht ersichtlich sei. Dem sei entgegenzuhalten, dass der Beschwerdeführer mit dieser Kirche über einen Taufvorbereitungskurs gesprochen habe und diesen auch besuchen wollte, dies aber aufgrund der Entfernung nicht regelmäßig möglich sei.

6. Am 20.05.2019 fand vor dem BVwG eine mündliche Verhandlung statt, an welcher der Beschwerdeführer sowie seine Rechtsvertretung teilnahmen.

Die Rechtsvertretung stellte folgende Fragen:

"BFV: Sind alle Ihre Familienmitglieder Christen?

BF: Ja, außer ein Bruder, XXXX .

BFV: Gibt es Konflikte aufgrund Ihrer Konversion mit Ihrem Bruder XXXX , der nicht konvertiert ist?

BF: Wir haben deswegen keine gute Beziehung zueinander.

BFV: Gibt es noch für Sie besonders wichtige Erfahrungen/Momente, in denen Ihnen Ihr Glaube Kraft gegeben hat?

BF: Wenn ich etwas nicht schaffe und mich müde fühle, suche ich eine Kirche. Es macht mich stark. Diese Religion macht mich stark.

BFV: Und bezogen auf den Iran oder andere Länder?

BF: Im Iran war ich im Gefängnis. Ich wurde sehr schlecht behandelt und nach ca. eineinhalb Jahren.... Ich habe in der Nacht geträumt von Christus. Er war in meinen Träumen. Er sagte zu mir, dass ich sein Sohn bin und ich keine Angst haben soll. Er hat zu mir gesagt, dass ich nie die Hoffnung verlieren soll und er hat mir gezeigt, dass es dort Wein und Essen gibt und dass ich davon kosten soll. Dass ich mich stark fühlen soll und dass ich nie die Hoffnung verlieren soll."

Es wurden dem Beschwerdevorbringen entsprechend folgende Dokumente zur Kenntnis gebracht:

* LIB Afghanistan vom 29.06.2018 (letzte Kurzinformation vom 26.03.2019)

* UNHCR-Richtlinie vom 30.08.2018

* Accord Anfragebeantwortung vom 01.06.2017, a-10159 (Konversion, Apostasie)

Am Ende der Einvernahme wurden der Beschwerdeführerin Kopien der vorliegenden Berichte und Feststellungen ausgefolgt und für eine allfällige schriftliche Stellungnahme eine Frist bis zum 03.06.2019 eingeräumt.

Es langte keine Stellungnahme ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers und ihren Fluchtgründen:

Der Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger, ist Angehöriger der Volksgruppe der XXXX und gehört dem Christentum an. Er wurde im Iran geboren und hat nie in Afghanistan gelebt. Bis zu seiner Ausreise lebte er mit seiner Frau, seiner Tochter, seinen Eltern, seiner Schwester und zwei Brüdern zusammen in einer mehrstöckigen Wohnung in XXXX , Iran. Der Beschwerdeführer besuchte fünf Jahre lang eine Schule und arbeitete zuletzt gemeinsam mit seinem Vater als Automechaniker im Iran. Sein Vater wurde später Priester und unterrichtete den Beschwerdeführer.

Die Ehefrau des Beschwerdeführers ist bereits verstorben, die Tochter des Beschwerdeführers wohnt bei seinen Eltern, die mittlerweile in die Türkei geflüchtet sind.

Zwei Brüder des Beschwerdeführers leben in Österreich, einer ist in Österreich asylberechtigt. Das Asylverfahren des zweiten Bruders ist noch offen. Ein Bruder lebt in Serbien. Der Aufenthaltsort der Schwester und eines anderen Bruders ist dem Beschwerdeführer nicht bekannt. Die Eltern des Beschwerdeführers und seine Tochter leben in der Türkei, wo sein Vater auch als Priester tätig ist.

Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:

Aufgrund einer Krankheit wechselte der Beschwerdeführer im Jahr 2011 im Iran seine Religion und konvertierte zum Christentum. Zuvor war er schiitischer Moslem. Der Beschwerdeführer gibt an gesund worden zu sein, weil er Christ wurde.

Der Vater des Beschwerdeführers ist in der Türkei als Priester tätig. Die Eltern und die Tochter des Beschwerdeführers sind UNHCR registrierte Flüchtlinge in der Türkei.

Der Beschwerdeführer befürchtet, im Fall seiner Rückkehr nach Afghanistan auf Grund seiner erfolgten Konversion vom Islam zum Christentum von anderen Personen getötet zu werden, weil er nach der dort allgemein vorherrschenden Ansicht als Moslem nicht die Religion wechseln hätte dürfen. Der Beschwerdeführer kann auf seinen Glauben nicht verzichten und ist gewillt, auch im Fall der Rückkehr seinen christlichen Glauben offen und nach außen hin erkennbar auszuüben, seine Konversion zum Christentum nicht zu widerrufen und nicht wieder zum Islam überzutreten.

Der Beschwerdeführer wurde in Österreich am XXXX .2019 getauft, trat aus der islamischen Glaubensgemeinschaft aus, arbeitet ehrenamtlich in einer österreichischen Stadtgemeinde, besucht regelmäßig die Gottesdienste und hilft auch bei Auf- und Abbauarbeiten für die Gottesdienste mit. Bis auf den in Österreich asylberechtigten Bruder ist die ganze Familie des Beschwerdeführers zum Christentum konvertiert, somit auch sein jüngerer Bruder, der in Österreich aufhältig ist und mit dem der Beschwerdeführer im ständigen telefonischen und persönlichen Kontakt steht.

Es liegen keine Gründe vor, nach denen der Beschwerdeführer von der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten auszuschließen ist oder nach denen ein Ausschluss des Beschwerdeführers hinsichtlich der Asylgewährung zu erfolgen hat. Solche Gründe sind im Verfahren nicht hervorgekommen.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten. Das Vorliegen schwerwiegender Verwaltungsübertretungen ist nicht bekannt. Der Beschwerdeführer ist irregulär in das Bundesgebiet eingereist.

Feststellungen zum Herkunftsstaat des Beschwerdeführers:

Religionsfreiheit

Etwa 99,7% der afghanischen Bevölkerung sind Muslime, davon zwischen 84,7 und 89,7% Sunniten (CIA 2017; vgl. USCIRF 2017). Schätzungen zufolge sind etwa 10 - 19% der Bevölkerung Schiiten (AA 5.2018; vgl. CIA 2017). Andere in Afghanistan vertretene Glaubensgemeinschaften wie die der Sikhs, Hindus, Baha¿i und Christen machen ca. 0,3% der Bevölkerung aus. Offiziell lebt noch ein Jude in Afghanistan (USDOS 15.8.2017).

Laut Verfassung ist der Islam die Staatsreligion Afghanistans. Anhänger anderer Religionen sind frei, ihren Glauben im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften auszuüben (USDOS 15.8.2017). Der politische Islam behält in Afghanistan die Oberhand; welche Gruppierung - die Taliban (Deobandi- Hanafismus), der IS (Salafismus) oder die afghanische Verfassung (moderater Hanafismus) - religiös korrekter ist, stellt jedoch weiterhin eine Kontroverse dar. Diese Uneinigkeit führt zwischen den involvierten Akteuren zu erheblichem Streit um die Kontrolle bestimmter Gebiete und Anhängerschaft in der Bevölkerung (BTI 2018).

Das afghanische Strafgesetzbuch, das am 15.2.2018 in Kraft getreten ist, enthält keine Definition von Apostasie (vgl. MoJ 15.5.2017). Laut der sunnitisch-hanafitischen Rechtsprechung gilt die Konversion vom Islam zu einer anderen Religion als Apostasie. Jeder Konvertit soll laut islamischer Rechtsprechung drei Tage Zeit bekommen, um seinen Konfessionswechsel zu

widerrufen. Sollte es zu keinem Widerruf kommen, gilt Enthauptung als angemessene Strafe für Männer, während Frauen mit lebenslanger Haft bedroht werden. Ein Richter kann eine mildere Strafe verhängen, wenn Zweifel an der Apostasie bestehen. Auch kann die Regierung das Eigentum des/der Abtrünnigen konfiszieren und dessen/deren Erbrecht einschränken. Des Weiteren ist gemäß hanafitischer Rechtssprechung Proselytismus (Missionierung, Anm.) illegal.

Dasselbe gilt für Blasphemie, die in der hanafitischen Rechtssprechungnter die Kapitalverbrechen fällt (USDOS 15.8.2017) und auch nach dem neuen Strafgesetzbuch unter der Bezeichnung "religionsbeleidigende Verbrechen" verboten ist (MoJ 15.5.2017: Art. 323). Zu Verfolgung von Apostasie und Blasphemie existieren keine Berichte (USDOS 15.8.2017).

Die Religionsfreiheit hat sich seit 2001 zwar verbessert, jedoch wird diese noch immer durch Gewalt und Drangsale gegen religiöse Minderheiten und reformerische Muslime behindert (FH 11.4.2018).

Anhänger religiöser Minderheiten und Nicht-Muslime werden durch das geltende Recht diskriminiert (USDOS 15.8.2017; vgl. AA 5.2018); so gilt die sunnitisch-hanafitische Rechtsprechung für alle afghanischen Bürger/innen unabhängig von ihrer Religion (AA 5.2018).

Wenn weder die Verfassung noch das Straf- bzw. Zivilgesetzbuch bei bestimmten Rechtsfällen angewendet werden können, gilt die sunnitisch-hanafitische Rechtsprechung. Laut Verfassung sind die Gerichte dazu berechtigt, das schiitische Recht anzuwenden, wenn die betroffene Person dem schiitischen Islam angehört. Gemäß der Verfassung existieren keine eigenen, für Nicht- Muslime geltende Gesetze (USDOS 15.8.2017).

Ein Muslim darf eine nicht-muslimische Frau heiraten, aber die Frau muss konvertieren, sofern sie nicht Anhängerin einer anderen abrahamitischen Religion (Christentum oder Judentum) ist. Einer Muslima ist es nicht erlaubt, einen nicht-muslimischen Mann zu heiraten (USDOS 15.8.2017).

Ehen zwischen zwei Nicht-Muslimen sind legal, solange das Paar nicht öffentlich ihren nichtmuslimischen Glauben deklariert (HO U.K. 2.2017; vgl. USDOS 10.8.2016). Die nationalen Identitätsausweise beinhalten Informationen über die Konfession des/der Inhabers/Inhaberin. Das Bekenntnis zum Islam wird für den Erwerb der Staatsbürgerschaft nicht benötigt (USDOS 15.8.2017). Religiöse Gemeinschaften sind gesetzlich nicht dazu verpflichtet, sich registrieren zu lassen (USDOS 15.8.2017).

Laut Verfassung soll der Staat einen einheitlichen Lehrplan, der auf den Bestimmungen des Islam basiert, gestalten und umsetzen; auch sollen Religionskurse auf Grundlage der islamischen Strömungen innerhalb des Landes entwickelt werden. Der nationale Bildungsplan enthält Inhalte, die für Schulen entwickelt wurden, in denen die Mehrheiten entweder schiitisch oder sunnitisch sind; ebenso konzentrieren sich die Schulbücher auf gewaltfreie islamische Bestimmungen und Prinzipien. Der Bildungsplan beinhaltet Islamkurse, nicht aber Kurse für andere Religionen. Für Nicht-Muslime an öffentlichen Schulen ist es nicht erforderlich, am Islamunterricht teilzunehmen (USDOS 15.8.2017).

Christen berichteten, die öffentliche Meinung stehe ihnen und der Missionierung weiterhin feindselig gegenüber. Mitglieder der christlichen Gemeinschaft, die meistens während ihres Aufenthalts im Ausland zum Christentum konvertierten, würden aus Furcht vor Vergeltung ihren Glauben alleine oder in kleinen Kongregationen in Privathäusern ausüben (USDOS 15.8.2017).

Hindus, Sikhs und Schiiten, speziell jene, die den ethnischen Hazara angehören, sind Diskriminierung durch die sunnitische Mehrheit ausgesetzt (CRS 13.12.2017). Beobachtern zufolge sinkt die gesellschaftliche Diskriminierung gegenüber der schiitischen Minderheit weiterhin; in verschiedenen Gegenden werden dennoch Stigmatisierungsfälle gemeldet (USDOS 15.8.2017).

Mitglieder der Taliban und des IS töten und verfolgen weiterhin Mitglieder religiöser Minderheiten aufgrund ihres Glaubens oder ihrer Beziehungen zur Regierung (USDOS 15.8.2017; vgl. CRS 13.12.2017, FH 11.4.2018). Da Religion und Ethnie oft eng miteinander verbunden sind, ist es schwierig, einen Vorfall ausschließlich durch die religiöse Zugehörigkeit zu begründen (USDOS 15.8.2017).

Quellen:

-

AA - Auswärtiges Amt (5.2018): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, https://www.ecoi.net/en/file/local/1434081/4598_1528111899_auswaertiges-amt-bericht-asyl-undabschiebungsrelevantelage-in-der-islamischen-republik-afghanistan-stand-mai-2018-31-05- 2018.pdf, Zugriff 6.6.2018

-

BTI - Bertelsmann Stiftung (2018): Afghanistan Country Report, https://www.bti-project.org/de/ berichte/laenderberichte/detail/itc/AFG/, Zugriff 6.4.2018

-

MoJ - Ministry of Justice (15.5.2017): Strafgesetz:

http://moj.gov.af/content/files/OfficialGazette/ 01201/OG_01260.pdf, Zugriff 12.2.2018

-

CIA - Central Intelligence Agency (2017): The World Factbook - Afghanistan,https://www.cia.gov/library/publications/resources/the-world-factbook/geos/af.html, Zugriff 12.2.2018

-

CRS - Congressional Research Service (13.12.2017): Afghanistan:

Post-Taliban Governance, Security, and U.S. Policy, https://fas.org/sgp/crs/row/RL30588.pdf, Zugriff 12.2.2018

-

FH - Freedom House (11.4.2018): Freedom in the World 2018 - Afghanistan

https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2018/afghanistan, Zugriff 25.5.2018

-

HO U.K. - Home Office United Kingdom (2.2017): Country Policy and Information Note Afghanistan: Hindus and Sikhs,

https://www.gov.uk/government/uploads/system/uploads/attachment_data/file/590778/AFG_-_Sikhs_and_Hindus_-_CPIN_-_v3_1__February_2017_.pdf, Zugriff 3.4.2018

-

USCIRF - U.S. Commission on International Religious Freedom (2017): 2017 Annual Report: Afghanistan Chapter, http://www.uscirf.gov/sites/default/files/Afghanistan.2017.pdf, Zugriff 12.2.2018

-

USDOS - U.S. Department of State (15.8.2017): 2016 Report on International Religious Freedom - Afghanistan, https://www.state.gov/j/drl/rls/irf/2016/sca/268924.htm, Zugriff 3.4.2018

-

USDOS - U.S. Department of State (10.8.2016): 2015 Report on International Religious Freedom - Afghanistan, http://www.state.gov/j/drl/rls/irf/religiousfreedom/index.htm? year=2015&dlid=256299, Zugriff 6.6.2018

Schiiten

Die Bevölkerung schiitischer Muslime wird auf 10 - 15% geschätzt (CIA 2017; vgl. USCIRF 2017). Zur schiitischen Bevölkerung zählen die Ismailiten und ein Großteil der ethnischen Hazara (USDOS 15.8.2017). Die meisten Hazara-Schiiten gehören der Jafari-Sekte (Zwölfer-Sekte) an. Im letzten Jahrhundert ist allerdings eine Vielzahl von Hazara zur Ismaili-Sekte übergetreten. Es gibt einige Hazara-Gruppen, die zum sunnitischen Islam konvertierten. In Uruzgan und vereinzelt in Nordafghanistan leben einige schiitische Belutschen (BFA Staatendokumentation 7.2016).

Afghanische Schiiten und Hazara neigen dazu, weniger religiös und gesellschaftlich offener zu sein als ihre Glaubensbrüder im Iran (CRS 13.12.2017).

Die politische Repräsentation und die Beteiligung an den nationalen Institutionen seitens der traditionell marginalisierten schiitischen Minderheit, der hauptsächlich ethnische Hazara angehören, ist seit 2001 gestiegen (FH 11.4.2018). Obwohl einige schiitischen Muslime höhere Regierungsposten bekleiden, behaupten Mitglieder der schiitischen Minderheit, dass die Anzahl dieser Stellen die demographischen Verhältnisse des Landes nicht reflektiere; auch vernachlässige die Regierung in mehrheitlich schiitischen Gebieten die Sicherheit. Das afghanische Ministry of Hajj and Religious Affairs (MOHRA) erlaubt sowohl Sunniten als auch Schiiten Pilgerfahrten zu unternehmen (USDOS 15.8.2017).

Im Ulema-Rat, der nationalen Versammlung von Religionsgelehrten, die u. a. dem Präsidenten in der Festlegung neuer Gesetze und Rechtsprechung beisteht, beträgt die Quote der schiitischen Muslime ca. 30% (AB 7.6.2017; vgl. USDOS 15.8.2017). Des Weiteren tagen rechtliche, konstitutionelle und menschenrechtliche Kommissionen, welche aus Mitgliedern der sunnitischen und schiitischen Gemeinschaften bestehen und von der Regierung unterstützt werden, regelmäßig, um die interkonfessionelle Schlichtung zu fördern (USDOS 15.8.2017).

Beobachtern zufolge ist die Diskriminierung der schiitischen Minderheit durch die sunnitische Mehrheit zurückgegangen; dennoch existieren Berichte zu lokalen Diskriminierungsfällen (USDOS 15.8.2017). Afghanischen Schiiten ist es möglich, ihre Feste öffentlich zu feiern; einige Paschtunen sind jedoch wegen der Feierlichkeiten missgestimmt, was gelegentlich in Auseinandersetzungen mündet (CRS 13.12.2017). In den Jahren 2016 und 2017 wurden schiitische Muslime, hauptsächlich ethnische Hazara, oftmals Opfer von terroristischen Angriffen u.a. der Taliban und des IS (HRW 2018; vgl. USCIRF 2017).

Unter den Parlamentsabgeordneten befinden sich vier Ismailiten. Einige Mitglieder der ismailitischen Gemeinschaft beanstanden die vermeintliche Vorenthaltung von politischen Posten (USDOS 15.8.2017).

Weiterführende Informationen zu Angriffen auf schiitische Glaubensstätten, Veranstaltungen und Moscheen können dem Kapitel 3. "Sicherheitslage" entnommen werden; Anmerkung der Staatendokumentation.

Quellen:

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AB - Afghan Bios (7.6.2017): National Ulema Council Afghanistan AUC, http://www.afghanbios.info/index.php?

option=com_afghanbios&id=1218&task=view&total=3340&start=3067&Itemid=2, Zugriff 6.4.2018

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BFA Staatendokumentation (7.2016): AfPak Grundlagen der Stammes- & Clanstruktur http://www.bfa.gv.at/files/berichte/AFGH_Stammes_und %20Clanstruktur_Onlineversion_2016_07.pdf, 12.2.2018

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CIA - Central Intelligence Agency (2017): The World Factbook - Afghanistan,https://www.cia.gov/library/publications/resources/the-world-factbook/geos/af.html, Zugriff 12.2.2018

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CRS - Congressional Research Service (13.12.2017): Afghanistan:

Post-Taliban Governance, Security, and U.S. Policy, https://fas.org/sgp/crs/row/RL30588.pd f https://www.fas.org/sgp/crs/row/RL30588.pd f , Zugriff 12.2.2018 ,

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FH - Freedom House (11.4.2018): Freedom in the World 2018 - Afghanistan

https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2018/afghanistan, Zugriff 25.5.2018

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HRW - Human Rights Watch (2018): Afghanistan, Events of 2017, https://www.hrw.org/worldreport/2018/country-chapters/afghanistan, Zugriff 9.4.2018

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USCIRF - U.S. Commission on the International Religious Freedom (2017): 2017 Annual Report: Afghanistan Chapter, http://www.uscirf.gov/sites/default/files/Afghanistan.2017.pdf, Zugriff 5.4.5018

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USDOS - U.S. Department of State (15.8.2017): 2016 Report on International Religious Freedom - Afghanistan, https://www.state.gov/j/drl/rls/irf/2016/sca/268924.htm, Zugriff 3.4.2018

Christentum und Konversionen zum Christentum

Nichtmuslimische Gruppierungen wie Sikhs, Baha'i, Hindus und Christen machen ca. 0.3% der Bevölkerung aus. Genaue Angaben zur Größe der christlichen und Bahai-Gemeinschaften sind nicht vorhanden (USDOS 15.8.2017; vgl. USCIRF 2017). Die einzige im Land bekannte christliche Kirche hat ihren Sitz in der italienischen Botschaft (USCIRF 2017) und wird von der katholischen Mission betrieben (FT 27.10.2017; vgl. AIK o.D.). Die afghanischen Behörden erlaubten die Errichtung einer katholischen Kapelle unter den strengen Bedingungen, dass sie ausschließlich ausländischen Christen diene und jegliche Form des Proselytismus vermieden werde (vertrauliche Quelle 8.11.2017). Öffentlich zugängliche Kirchen existieren in Afghanistan nicht (USDOS 15.8.2017). Für christliche Afghanen gibt es keine Möglichkeit der Religionsausübung außerhalb des häuslichen Rahmens, da es in Afghanistan keine Kirchen gibt (abgesehen von einer katholischen Kapelle auf dem Gelände der italienischen Botschaft). Zu Gottesdiensten, die in Privathäusern von internationalen NGOs abgehalten werden, erscheinen sie meist nicht oder werden aus Sicherheitsgründen nicht eingeladen (AA 5.2018). Ausländische Christen dürfen ihren Glauben diskret ausüben (FT 27.10.2017). Berichten zufolge gibt es im Land weiterhin keine christlichen Schulen (USDOS 15.8.2017); ein christliches Krankenhaus ist in Kabul aktiv (NYP 24.4.2014; vgl. CNN 24.4.2014, CURE o.D.).

Auch gibt es in Kabul den Verein "Pro Bambini di Kabul", der aus Mitgliedern verschiedener christlicher Orden besteht, und eine Schule für Kinder mit Behinderung betreibt (PBK o.D.; vgl. FT 27.10.2017). Des Weiteren sind je zwei jesuitische und evangelische Missionare in Afghanistan aktiv (FT 27.10.2017).

Neben der drohenden strafrechtlichen Verfolgung werden Konvertiten in der Gesellschaft ausgegrenzt und zum Teil angegriffen (AA 5.2018). Christen berichteten von einer feindseligen Haltung gegenüber christlichen Konvertiten und der vermeintlichen christlichen Proselytenmacherei (USDOS 15.8.2017). Zu einer Strafverfolgungs- oder Strafzumessungspraxis, die speziell Christen diskriminiert, kommt es in Afghanistan in der Regel nur deshalb nicht, weil sich Christen nicht offen zu ihrem Glauben bekennen. In städtischen Gebieten sind Repressionen gegen Konvertiten aufgrund der größeren Anonymität weniger zu befürchten als in Dorfgemeinschaften (AA 9.2016). Beobachtern zufolge hegen muslimische Ortsansässige den Verdacht, Entwicklungsprojekte würden das Christentum verbreiten und Proselytismus betreiben (USDOS 15.8.2017).

Afghanische Christen sind in den meisten Fällen vom Islam zum Christentum konvertiert (AA 5.2018). Quellen zufolge müssen Christen ihren Glauben unbedingt geheim halten. Konvertiten werden oft als geisteskrank bezeichnet, da man davon ausgeht, dass sich niemand bei klarem Verstand vom Islam abwenden würde; im Falle einer Verweigerung, zu ihrem alten Glauben zurückzukehren, können Christen in psychiatrische Kliniken zwangseingewiesen, von Nachbarn oder Fremden angegriffen und ihr Eigentum oder Betrieb zerstört werden; es kann auch zu Tötungen innerhalb der Familie kommen. Andererseits wird auch von Fällen berichtet, wo die gesamte Familie den christlichen Glauben annahm; dies muss jedoch absolut geheim gehalten werden (OD 2018).

Mitglieder der christlichen Gemeinschaft, die oft während ihres Aufenthalts im Ausland konvertierten, üben aus Angst vor Diskriminierung und Verfolgung ihre Religion alleine oder in kleinen Kongregationen in Privathäusern aus (USDOS 15.8.2017). Zwischen 2014 und 2016 gab es keine Berichte zu staatlicher Verfolgung wegen Apostasie oder Blasphemie (USDOS 15.8.2017). Der Druck durch die Nachbarschaft oder der Einfluss des IS und der Taliban stellen Gefahren für Christen dar (OD 2018). Die im Libanon geborene Rula Ghani, Ehefrau von Staatspräsident Ashraf Ghani, entstammt einer christlich-maronitischen Familie (NPR 19.2.2015; vgl. BBC 15.10.2014). Einige islamische Gelehrte behaupten, es gebe keine öffentlichen Aufzeichnungen ihrer Konvertierung zum Islam (CSR 13.12.2017).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (5.2018): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, https://www.ecoi.net/en/file/local/1434081/4598_1528111899_auswaertiges-amt-bericht-asyl-undabschiebungsrelevantelage-in-der-islamischen-republik-afghanistan-stand-mai-2018-31-05-2018.pdf, Zugriff 6.6.2018

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AA - Auswärtiges Amt (9.2016): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, https://www.ecoi.net/en/file/local/1253781/4598_1478857553_3-deutschland-auswaertiges-amtbericht-ueber-die-asyl-und-abschiebu ngsrelevante-lage-in-der-islamischen-republik-afghanistan-19-10-2016.pdf

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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