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ZollrechtNorm
BAO §225Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kaniak und die Hofräte Dr. Eichler, Dr. Frühwald, Hofstätter und Kobzina als Richter im Beisein des Schriftführers Dr. Baran über die Beschwerde des Dr. LW, Rechtsanwalt in V, als Masseverwalter im Konkurs WS KG und WS, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom 30. Mai 1968, Zl. 1242/4/VI/1968, betreffend Geltendmachung der Sachhaftung gemäß § 178 Zollgesetz 1955, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 390,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Zollamtes Wels vom 16. Februar 1968 wurde hinsichtlich der namentlich genannten, für die Firma WS KG zum freien Verkehr abgefertigten Waren gemäß § 178 Zollgesetz 1955 (ZG) in Verbindung mit § 3 Abs. 2 leg. cit. die Sachhaftung geltend gemacht und im Grunde des § 225 Abs. 1 Bundesabgabenordnung (BAO) deren Beschlagnahme ausgesprochen.
Diesen Bescheid bekämpfte der Beschwerdeführer als Masseverwalter im Konkurs WS KG und WS im administrativen Instanzenzug zunächst unter dem Gesichtspunkt seiner nicht ordnungsgemäß erfolgten Zustellung. Im Zuge des Berufungsverfahrens anerkannte der Beschwerdeführer den von der Behörde erbrachten Nachweis darüber, daß der bekämpfte Bescheid dem Adressaten tatsächlich zugekommen ist, wodurch die Zustellung gemäß § 107 BAO als vollzogen gilt, und änderte die Anfechtungsgründe der Berufungsschrift dahin gehend, daß, soweit der Beschlagnahmebescheid Maschinen betreffe, diese gemäß dem § 294 ff ABGB als Zubehör der Liegenschaft zu gelten hätten und einer separaten Pfändung entzogen seien.
Die Finanzlandesdirektion für Oberösterreich gab mit Bescheid vom 30. Mai 1968 der Berufung insoweit statt, als sie die im erstinstanzlichen Bescheid verfügte Beschlagnahme von drei Kraftfahrzeugen aufhob. Im übrigen wies sie die Berufung als unbegründet ab. Die Geltendmachung der Sachhaftung stelle keinen Vollstreckungsakt der Pfändung dar. Das Pfandrecht bestehe nämlich kraft Gesetzes durch Erfüllung der im Gesetz geforderten Voraussetzungen. Vorliegendenfalls seien diese Voraussetzungen mit dem Entstehen der Zollschuld erfüllt. Seitdem bestehe daher an den verzollten Waren (beweglichen Sachen) das durch die Sachhaftung begründete gesetzliche Pfandrecht. Dieses Pfandrecht entstehe unmittelbar aus dem Tatbestand. Seiner Realisierung habe allerdings eine bestimmte Form der Geltendmachung vorauszugehen. Diese formelle Geltendmachung sei vorliegendenfalls durch Erlassung eines Bescheides im Sinne des § 225 BAO erfolgt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird.
Der Gerichtshof hat erwogen:
Unter Berufung auf § 178 ZG, demzufolge Waren, für die die Zollschuld entstanden ist, für den auf sie entfallenden Zoll haften und aus diesem Grunde beschlagnahmt werden können, bringt der Beschwerdeführer vor, schon aus dem Wortlaut der bezogenen Gesetzesstelle sei ersichtlich, daß erst durch die Beschlagnahme das gesetzliche Pfandrecht in Erscheinung trete, also wirksam werde. Dazu komme die Anordnung des § 225 BAO, der verfüge, daß die sachliche Haftung durch Erlassung eines Beschlagnahmebescheides geltend zu machen sei. Hier werde noch klarer zum Ausdruck gebracht, daß es einer Geltendmachung der sachlichen Haftung bedürfe und daß diese Geltendmachung durch einen Beschlagnahmebescheid zu erfolgen habe. Erst durch die Beschlagnahme werde die sachliche Haftung "geltend gemacht". Geltend machen heiße aber, einen Anspruch verwirklichen. Wenn sich aber im Zeitpunkt der Geltendmachung der Rechtszustand der Ware verändert habe, dann könne der Anspruch nicht mehr wirksam werden; es wäre z. B. undenkbar, daß der Ersteher einer im Versteigerungswege veräußerten und zollbelasteten Ware eine sachliche Haftung übernehme. Auch das gesetzliche Pfandrecht des Vermieters an den eingebrachten Sachen des Mieters entstehe mit deren Einbringung. Wirksam werde es aber erst mit der pfandweisen Beschreibung. Dementsprechend würde, wenn sich vor der pfandweisen Beschreibung die Rechtslage ändere, das Pfandrecht erlöschen. Der Beschlagnahmebescheid des Zollamtes Wels sei in einem Zeitpunkt ergangen, in dem die Maschinen gemäß §§ 294 ff ABGB, durch eine fixe Verbindung Zubehör der Liegenschaft geworden seien. Bei der Beschlagnahme handle es sich um den sichtbaren Akt der Geltendmachung eines Pfandrechtes. Solange ein solches Pfandrecht nicht sichtbar sei, sei es nicht existent. Wäre dies der Fall, so bedürfte es gar nicht der Bestimmung des § 225 BAO, weil allein die Bestimmung, daß ein gesetzliches Pfandrecht begründet sei, genügen würde.
Gemäß § 178 ZG haften Waren, für die die Zollschuld unbedingt oder bedingt entstanden ist, ohne Rücksicht auf die Rechte anderer Personen für den auf sie entfallenden Zoll und können aus diesem Grunde vom Zollamt beschlagnahmt werden. Die Haftung beginnt mit dem Entstehen und endet mit dem Erlöschen der Zollschuld.
Gemäß dem §§ 225 Abs. 1 BAO werden sachliche Haftungen, die nach den Abgabenvorschriften an beweglichen Sachen bestehen, durch Erlassung eines die Beschlagnahme der haftenden Sachen aussprechenden Bescheides geltend gemacht.
Dem Beschwerdeführer ist sohin in der Auffassung beizupflichten, daß es vor Verwertung der haftenden Sachen der Geltendmachung der sachlichen Haftung durch Erlassung eines Beschlagnahmebescheides bedarf. Der Beschwerdeführer irrt jedoch, wenn er vermeint, das Pfandrecht sei, solange es durch die Beschlagnahme nicht sichtbar gemacht wurde, als solches nicht existent. Er übersieht dabei, daß der § 178 ZG nicht etwa bloß einen Anspruch auf Einräumung eines Pfandrechtes, einen Pfandrechtstitel, schafft, sondern daß die Sachhaftung ex lege mit dem Entstehen der Zollschuld nach § 174 ZG beginnt und mit dem Erlöschen der Zollschuld nach Maßgabe der Bestimmungen des § 176 ZG endet, sodaß es schon nach dem Wortlaut des § 178 ZG zur Begründung des Pfandrechtes eines individuell konkreten Verwaltungsaktes nicht bedarf.
Aber auch die Berufung des Beschwerdeführers auf § 225 BAO und sein aus dieser Rechtsvorschrift gezogener Schluß, die bezogene Bestimmung der Bundesabgabenordnung wäre überflüssig, bestünde das Pfandrecht als solches schon vor dem Zeitpunkt seiner Geltendmachung, sind rechtsirrig. Die Geltendmachung der sachlichen Haftung nach § 225 BAO ist nämlich ein Bescheid, der die Feststellung enthält, daß die Sache auf Grund einer bestimmten Gesetzesstelle für die Abgabe haftet, die bisher nicht bezahlt wurde, ferner den an den Bescheidempfänger gerichteten Hinweis auf die Möglichkeit, die Verwertung der Sache durch Bezahlung des Abgabenbetrages abwenden zu können, sowie die Verfügung der Beschlagnahme der Sache zwecks Verwertung gemäß § 87 der Abgabenexekutionsordnung (Reeger-Stoll, Kommentar zur Bundesabgabenordnung, Wien 1966, Seite 751). Daher spricht der § 225 BAO von den nach den Abgabenvorschriften bestehenden sachlichen Haftungen, wodurch die rechtliche Existenz; das Bestehen eines Pfandrechtes, im Gegensatz zu einem bloßen Anspruch auf Pfandrechtsbegründung, als Voraussetzung für den weiteren Verfahrensschritt der Geltendmachung in zweifelsfreier Weise dargetan wird.
Damit aber ist dem vom Beschwerdeführer aus seiner irrigen Auffassung über den Gehalt des § 225 leg. cit., wonach ein Pfandrecht, solange es nicht geltend gemacht wurde, nicht existent sei, gezogenen Schluß, es könne, wenn sich im Zeitpunkt der Geltendmachung der Rechtszustand der Ware verändert habe, der Anspruch nicht mehr wirksam werden, der Boden entzogen.
Der Beschwerdeführer befindet sich auch im Irrtum, wenn er in diesem Zusammenbang zur Stützung seiner Rechtsansicht ausführt, daß die zollrechtliche Sachhaftung des § 178 ZG dem redlichen Erwerber einer im Versteigerungswege erstandenen Ware gegenüber nicht wirksam sei. Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 18. November 1963, Zl. 1496/61, sowie in der Folge in seinem Erkenntnis vom 8. März 1966, Zl. 783/64, dargetan hat, wirkt die Sachhaftung nach § 178 ZG, wie sich aus dem Wortlaut der angeführten Gesetzesbestimmung ergibt, gegen jedermann, somit auch gegen den sonst gemäß § 367 ABGB. bzw. § 366 HGB von der Rechtsordnung geschützten redlichen Besitzer.
Verfehlt ist auch der vom Beschwerdeführer im gleichen Sachzusammenhang herangezogene Vergleich des Pfandrechtes nach § 178 ZG mit dem gesetzlichen Pfandrecht des Vermieters an den eingebrachten Sachen des Mieters. Die Anordnung des § 178 ZG ist eine abgabenrechtliche, sohin öffentlich-rechtliche Sondervorschrift, deren Aufgabe es ist, den Abgabenanspruch sicherzustellen. Dementsprechend endet die Sachhaftung im Grunde der bezogenen Gesetzesstelle erst mit dem Erlöschen der Zollschuld. Einen anderen Erlöschensgrund kennt das Gesetz nicht. Demgegenüber ist das nach Zivilrecht bestehende gesetzliche Pfandrecht des Bestandgebers schon strukturell von ganz anderer Art. Gemäß § 1101 ABGB steht dem Vermieter und Verpächter eines Grundstückes ein gesetzliches Pfandrecht zu. Dieses Pfandrecht ergreift die in den Bestandgegenstand eingebrachten Einrichtungsgegenstände und Fahrnisse des Mieters (Pächters). Dieses Pfandrecht besteht aber nur solange, als sich die Fahrnisse in den gemieteten Räumen befinden und endet grundsätzlich sobald sie aus den Mieträumen entfernt werden, sofern diese nicht vorher pfandweise beschrieben wurden. Die pfandweise Beschreibung aber bewirkt selbst in diesen Fällen nicht - wie der Beschwerdeführer zu Unrecht annimmt - das Wirksamwerden des Pfandrechtes, sondern beugt nur dem Erlöschen des Pfandrechts vor, indem sie den Beweis sichert, daß die Fahrnisse sich in den gemieteten oder gepachteten Räumen befunden haben (vgl. hiezu Ehrenzweig, System des österreichischen Privatrechtes, 2. Aufl., Wien 1957, I/2, Seite 417).
Schon aus diesem Grunde vermag der Beschwerdeführer aus dem Hinweis auf die Funktion der pfandweisen Beschreibung im Falle des Pfandrechtes des Bestandgebers, die er in eine Beziehung zur Geltendmachung der Sachhaftung nach § 225 BAO zu bringen sucht, nichts zu gewinnen, da selbst die pfandweise Beschreibung der Fahrnisse des Mieters kein der Pfandrechtsbegründung vergleichbarer Akt ist, der, wie der Beschwerdeführer rechtsirrig vermeint, das Pfandrecht erst "wirksam" werden, das heißt, wie sich der Beschwerdeführer an anderer Stelle verdeutlicht, dieses "existent" werden läßt. Soweit der Beschwerdeführer schließlich an diesem Beispiel darzutun sucht, es erlösche das Pfandrecht, wenn sich vor der pfandweisen Beschreibung "die Rechtslage ändere" und daraus schließen zu können glaubt, die Sachhaftung nach § 178 ZG erlösche, wenn die den Gegenstand der Sachhaftung bildende bewegliche Sache vor dem Zeitpunkt der Geltendmachung der Haftung zufolge der Bestimmungen der §§ 294 ff ABGB zu einer unbeweglichen geworden sei, so verkennt der Beschwerdeführer auch diesbezüglich die Rechtslage. Die Sachhaftung nach § 178 ZG erstreckt sich im Grund der bezogenen Gesetzesstelle auf Waren. Waren im Sinne des Zollgesetzes 1955 sind zwar gemäß § 2 Abs. 1 leg. cit. bewegliche körperliche Sachen. Auf diesen Warenbegriff aber finden die Bestimmungen der §§ 294 ff ABGB keine Anwendung, da weder das Zollgesetz 1955 noch die Bundesabgabenordnung als die einschlägigen Verwaltungsrechtsvorschriften die Anwendung der Bestimmungen des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches im Gegenstande vorsehen und sich daher schon aus diesem Grunde die Anwendung zivilrechtlicher Vorschriften für den Bereich des Verwaltungsrechtes im Gegenstande verbietet.
Damit erweist sich die Beschwerde zur Gänze als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG 1965 in Verbindung mit den Bestimmungen der Verordnung BGBl. Nr. 4/1965.
Wien, am 26. September 1969
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1969:1968000989.X00Im RIS seit
04.09.2019Zuletzt aktualisiert am
04.09.2019