Index
L55002 Baumschutz Landschaftsschutz Naturschutz Kärnten;Norm
AVG §63 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Bumberger und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Toifl, über die Beschwerde des W S in D, vertreten durch Mag. Dr. Friedrich Studentschnig, Rechtsanwalt in Klagenfurt, Karfreitstraße 4/II, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 4. März 1998, Zl. Ro-212/1/1998, betreffend Zurückweisung einer Berufung (mitbeteiligte Partei: S P), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Kärnten Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft V. (BH) vom 6. August 1997 wurde der mitbeteiligten Partei (mP) gemäß § 10 Abs. 3 des Kärntner Naturschutzgesetzes, LGBl. Nr. 54/1986 (K-NSchG) die Ausnahmebewilligung für Grabungen, Schüttungen und bauliche Maßnahmen auf einem im Eigentum des Beschwerdeführers stehenden Grundstück zum Zweck einer Quellfassung erteilt. Mit dem Wasser dieser Quelle soll, wie sich aus der Begründung des Bescheides ergibt, der Bedarf für die Versorgung von drei landwirtschaftlichen Gebäuden gedeckt werden.
Der Beschwerdeführer berief. Er machte geltend, das Gebiet, in welchem die Quelle gefaßt werden solle, sei ein wertvolles Feuchtgebiet, in welchem nach § 8 K-NSchG ein generelles Verbot von Anschüttungen, Entwässerungen, Grabungen und sonstigen den Lebensraum von Tieren und Pflanzen nachhaltig gefährdenden Maßnahmen gelte. Die Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausnahmebewilligung nach § 10 Abs. 3 K-NSchG lägen nicht vor. Das Ermittlungsverfahren sei unzureichend geblieben.
Die belangte Behörde hielt dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 12. November 1997 vor, als berührter Grundeigentümer sei er im Rahmen des naturschutzbehördlichen Verfahrens lediglich berechtigt, in der Frage der zivilrechtlichen Zustimmung zur Inanspruchnahme des Grundeigentums mitzusprechen. Die Zustimmung des Beschwerdeführers zur Grundinanspruchnahme liege in Form eines von der Agrarbezirksbehörde K. am 15. April 1970 beurkundeten Übereinkommens vor. Es sei daher von einer liquiden Zustimmung des Beschwerdeführers auszugehen. Der im K-NSchG verankerte Schutz der Natur hingegen sei von der Behörde von Amts wegen wahrzunehmen und nicht vom Beschwerdeführer. Ob einem Vorhaben Kriterien des Naturschutzgesetzes entgegenstünden, sei von der Behörde zu prüfen; dem Grundeigentümer komme hiebei kein Mitspracherecht zu. Ein Eingehen auf die vom Beschwerdeführer in der Berufung vorgebrachten Argumente sei daher nicht möglich. Es sei daher beabsichtigt, die Berufung als unzulässig zurückzuweisen.
In seiner Stellungnahme erklärte der Beschwerdeführer, die Urkunde vom 15. April 1970 beziehe sich nicht auf jene Quelle, welche Gegenstand des erstinstanzlichen Bescheides sei. Eine Zustimmung des Beschwerdeführers als Grundeigentümer liege daher nicht vor.
Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 4. März 1998 wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der BH vom 6. August 1997 als unzulässig zurück.
In der Begründung heißt es, ein liquider Nachweis für die Zustimmung des Beschwerdeführers als Grundeigentümer zum Vorhaben der mP liege nicht vor. § 63 lit. b des Wasserrechtsgesetzes 1959 ermögliche aber grundsätzlich eine Enteignung oder die Einräumung von Zwangsrechten für die im erstinstanzlichen Bescheid bewilligten Maßnahmen. Damit erübrige sich die Zustimmung des Grundeigentümers. Außerdem sei die Parteistellung des vom Antragsteller verschiedenen Grundeigentümers im naturschutzbehördlichen Bewilligungsverfahren auf die verfahrensrechtliche Durchsetzung des Zustimmungserfordernisses beschränkt. Hinsichtlich des Schutzes der Natur und der darüber hinausgehenden Vollziehung des Kärntner Naturschutzgesetzes käme dem Beschwerdeführer kein subjektiv-öffentliches Recht zu.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte mit Beschluß vom 9. Juni 1998, B 809/98-3, ihre Behandlung ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof vertritt der Beschwerdeführer die Auffassung, die belangte Behörde habe seine Berufung zu Unrecht zurückgewiesen. Sie hätte ermitteln müssen, ob konkret für die beantragte Maßnahme eine Enteignung oder eine Einräumung von Zwangsrechten möglich sei. Zur Frage, ob die Voraussetzungen für eine Enteignung oder eine Zwangsrechtseinräumung erfüllt seien, gebe es keine Ermittlungsergebnisse.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Die mitbeteiligte Partei hat ebenfalls eine Gegenschrift
erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 51 Abs. 2 K-NSchG sind in einem Antrag Art, Lage, Umfang und Verwendung des Vorhabens anzugeben. Das Eigentum am betroffenen Grundstück ist glaubhaft zu machen. Ist der Antragsteller nicht Grundeigentümer, ist die Zustimmung des Eigentümers zur beabsichtigten Maßnahme schriftlich nachzuweisen, es sei denn, daß aufgrund anderer gesetzlicher Regelungen für die beantragte Maßnahme eine Enteignung oder eine Einräumung von Zwangsrechten möglich ist.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes verleiht § 51 Abs. 2 K-NSchG dem vom Antragsteller verschiedenen Grundeigentümer Parteistellung, die aber auf die verfahrensrechtliche Durchsetzung des Zustimmungserfordernisses beschränkt ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. November 1997, 95/10/0098 und die dort angeführte Vorjudikatur).
Der Beschwerdeführer hat in der Berufung ausschließlich vorgebracht, es lägen die materiellrechtlichen Voraussetzungen des K-NSchG für die Erteilung einer Ausnahmebewilligung nicht vor. Diesbezüglich stand ihm aber von vornherein kein Mitspracherecht zu. Eine Berufung aber, die ein Vorbringen ausschließlich in Bereichen enthält, in welchen dem Berufungswerber kein Mitspracherecht zukommt, ist unzulässig (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Oktober 1993, 93/10/0106 und die dort angeführte Vorjudikatur). Der Einwand, das von der Agrarbezirksbehörde am 15. April 1970 beurkundete Übereinkommen decke die Grundinanspruchnahme nicht ab, wurde vom Beschwerdeführer erst nach Ablauf der Berufungsfrist erhoben und erweist sich somit als verspätet. Ebenso wie das Fehlen eines begründeten Berufungsantrages in einer Berufung nicht durch eine Berufungsergänzung außerhalb der Berufungsfrist saniert werden kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom 13. November 1996, 96/21/0771), kann auch eine Berufung, die sich außerhalb des Mitspracherahmens einer Partei bewegt, nicht nach Ablauf der Berufungsfrist dadurch in eine zulässige Berufung umgewandelt werden, daß neue, sich im Bereich des Mitspracherechtes bewegende Gründe nachgeschoben werden.
Im übrigen erweist sich auch die Auffassung der belangten Behörde, eine Zustimmung des Grundeigentümers sei gar nicht erforderlich gewesen, als zutreffend.
§ 51 Abs. 2 K-NSchG sieht den Entfall des Erfordernisses der Zustimmung des Eigentümers zur beabsichtigten Maßnahme vor, wenn aufgrund anderer gesetzlicher Regelungen für die beantragte Maßnahme eine Enteignung oder eine Einräumung von Zwangsrechten möglich ist. Mit dieser Regelung sollen jene Probleme gelöst werden, die sich ergeben, wenn einzelne Grundeigentümer zu bestimmten Vorhaben, für deren Realisierung eine Enteignungsmöglichkeit nach anderen Verwaltungsvorschriften gegeben ist, im naturschutzbehördlichen Verfahren vorerst ihre Zustimmung verweigern. In einem solchen Fall müßte nämlich einerseits die Naturschutzbehörde den Antrag (mangels Eigentümerzustimmung) zurückweisen, andererseits wäre eine Enteignung durch die zuständige Enteignungsbehörde ohne Vorliegen aller Bewilligungen für ein Vorhaben rechtlich bedenklich (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Mai 1987, 84/05/0069 und die dort angeführte Vorjudikatur). Eine Lösung dieses Problems in der Form, daß zunächst eine Enteignung oder Zwangsrechtseinräumung nach den Bestimmungen anderer Gesetzte durchgeführt wird, ohne daß vorher im naturschutzrechtlichen Verfahren abgeklärt ist, unter welchen Voraussetzungen eine naturschutzbehördliche Bewilligung erteilt werden kann, wäre nicht sinnvoll (vgl. die Erläuterungen zur Regierungsvorlage zur K-NSchG-Novelle LGBl. Nr. 4/1988, Verf-375/15/87). § 51 Abs. 2 K-NSchG soll daher in jenen Fällen, in denen für ein auch naturschutzbehördlich bewilligungspflichtiges Vorhaben eine Enteignung oder eine Zwangsrechtseinräumung nach anderen gesetzlichen Regelungen in Betracht kommt, die Möglichkeit eröffnen, das naturschutzbehördliche Verfahren ohne Zustimmung des betroffenen Grundeigentümers abzuwickeln. § 51 Abs. 2 K-NSG erlegt aber der Naturschutzbehörde keine eingehende Prüfung dahingehend auf, ob das konkrete Projekt alle in einem sonstigen Gesetz vorgesehenen Voraussetzungen für eine Enteignung oder eine Zwangsrechtseinräumung erfüllt; vielmehr hat die Naturschutzbehörde lediglich zu prüfen, ob für das zur naturschutzbehördlichen Bewilligung beantragte Projekt grundsätzlich die Möglichkeit einer Enteignung oder Zwangsrechtseinräumung in anderen Gesetzen vorgesehen ist. Die konkrete Beurteilung, ob und unter welchen Voraussetzungen die Enteignung oder Zwangsrechtseinräumung ausgesprochen werden kann, obliegt der hiefür zuständigen Behörde. Dem Gesetzgeber des K-NSchG kann nicht unterstellt werden, er habe der Naturschutzbehörde ein Parallelverfahren zur Prüfung der Enteignungs- oder Zwangsrechtseinräumungsvoraussetzungen auferlegen wollen.
Bei dem in Rede stehenden Projekt der mP handelt es sich um die Fassung einer Quelle, die zur Versorgung von landwirtschaftlichen Anwesen mit Wasser dient.
Nach § 63 lit. b des Wasserrechtsgesetzes 1959 kann die Wasserrechtsbehörde in dem Maße als erforderlich für Wasserbauvorhaben, deren Errichtung, Erhaltung oder Betrieb im Vergleich zu den Nachteilen von Zwangsrechten überwiegende Vorteile im allgemeinen Interesse erwarten läßt, die notwendigen Dienstbarkeiten einräumen oder entgegenstehende dingliche Rechte einschränken oder aufheben, damit die genehmigte Anlage mit den zu ihr gehörigen Werken und Vorrichtungen hergestellt, betrieben und erhalten sowie der Vorschreibung sonstiger Maßnahmen entsprochen werden kann. Diese Bestimmung eröffnet grundsätzlich die Möglichkeit, für Wasserbauvorhaben, die der Wasserversorgung dienen, Zwangsrechte einzuräumen. Für die beantragte Maßnahme der mP kommt daher eine Zwangsrechtseinräumung grundsätzlich in Betracht. Die Voraussetzungen für den Entfall des Erfordernisses der Zustimmung des Beschwerdeführers zur beabsichtigten Maßnahme der mP liegen daher vor, ohne daß im einzelnen zu prüfen war, ob tatsächlich im Detail alle Voraussetzungen für die Enteignung oder Zwangsrechtseinräumung gegeben sind. War aber eine Zustimmung des Beschwerdeführers zur Grundinanspruchnahme nicht erforderlich, dann kam ihm auch kein Mitspracherecht im naturschutzbehördlichen Verfahren zu. Zu Recht hat daher die belangte Behörde seine Berufung zurückgewiesen.
Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 16. November 1998
Schlagworte
Beteiligter Inhalt der Berufungsentscheidung Voraussetzungen der meritorischen Erledigung Zurückweisung (siehe auch §63 Abs1, 3 und 5 AVG) Umfang der Abänderungsbefugnis Allgemein bei Einschränkung der Berufungsgründe beschränkte ParteistellungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1998100268.X00Im RIS seit
18.02.2002