TE Vwgh Erkenntnis 2012/3/15 2010/17/0210

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Veröffentlicht am 15.03.2012
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Index

L34005 Abgabenordnung Salzburg
L74005 Fremdenverkehr Tourismus Salzburg
10/07 Verwaltungsgerichtshof
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AVG §58 Abs2
AVG §60
BAO §135
LAO Slbg 1963 §104 Abs1
TourismusG Slbg 2003 §38 Abs3
VwGG §42 Abs2 Z3 litc

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):2010/17/0211

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch, die Hofräte Dr. Holeschofsky und Dr. Köhler, die Hofrätin Dr. Zehetner sowie den Hofrat Dr. Sutter als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pichler, über die Beschwerden der R GmbH in W, vertreten durch Dr. Gerwin Brandauer, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Faistauergasse 5, gegen die Bescheide der Salzburger Landesregierung jeweils vom 25. Jänner 2010, 1) Zl. 215-BERU/4/293-2009, betreffend Tourismusverbandsbeiträge 2005 bis 2009 für die Betriebsstätte in H (protokolliert zur hg. Zl. 2010/17/0210), sowie 2) Zl. 215- BERU/4/295-2009, betreffend Tourismusverbandsbeiträge 2005 bis 2009 für die Betriebsstätte in W (protokolliert zur hg. Zl. 2010/17/0211), zu Recht erkannt:

Spruch

Die angefochtenen Bescheide werden wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Salzburg hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 2.652,80 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.1. Die Beschwerdeführerin betreibt ein Unternehmen mit den Betriebsstätten H und W, das sich vornehmlich der Sand- und Schottergewinnung widmet. Sie hat für beide Betriebsstätten jeweils fristgerecht die Beitragserklärungen betreffend die Festsetzung der Tourismusbeiträge für die Jahre 2005 bis 2009 abgegeben und darin ihre Umsätze jeweils in der Beitragsgruppe 6 "Sand- und Schottergewinnung" erklärt.

1.2. Nach zwei im Verwaltungsakt zur hg. Beschwerde Zl. 2010/17/0211 einliegenden getrennten Verständigungen der Gewerbebehörde über die Straßenumbenennung des Unternehmensstandortes einerseits hinsichtlich der Gewerbeausübung Sand- und Kiesgewinnung und andererseits hinsichtlich der Gewerbeausübung Sprengungsunternehmen gemäß § 127 Z 3 GewO 1994 hat das Landesabgabenamt von der Beschwerdeführerin für beide Betriebsstätten die Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 2003 und 2004 jeweils angefordert und erhalten.

Nach einer im Verwaltungsakt zur hg. Beschwerde Zl. 2010/17/0211 dokumentierten Einsichtnahme in die Homepage der Beschwerdeführerin hat das Landesabgabenamt schließlich mit getrennten Schreiben vom 24. November 2008 von der Beschwerdeführerin für beide Betriebsstätten binnen Monatsfrist jeweils eine Aufgliederung der Umsätze auf "Bohr- und Sprengtechnik", "Recycling", "Sand- und Schottergewinnung" sowie "Erd-, Grabungs- und Abbrucharbeiten" der Umsatzsteuerbescheide 2003 bis 2006 verlangt und diese Anforderung damit begründet, dass dies "zur Bearbeitung der Beitragserklärung 2005 bis 2008" erforderlich sei.

Diese Schreiben des Landesabgabenamtes blieben unbeantwortet.

1.3. Mit jeweils fünf Bescheiden vom 16. September 2009 setzte das Landesabgabenamt die Tourismusbeiträge 2005 bis 2009 für beide Betriebsstätten neu fest, weil sich die Selbstbemessungen jeweils als unrichtig erwiesen hätten.

Begründend führte das Landesabgabenamt für beide Betriebsstätten aus, dass nach den Bestimmungen der geltenden Ortsklassenverordnung, LGBl. Nr. 96/2005 die betroffene Gemeinde der Ortsklasse C angehöre. Die Tätigkeit "Spreng- und Bohrtechnik" sei nach der geltenden Beitragsgruppenordnung in der Ortsklasse C der Beitragsgruppe 5 (Berufe, die nicht ausdrücklich genannt sind), die Tätigkeit "Recycling" der Beitragsgruppe 5 (Einzelhandel, der nicht ausdrücklich genannt ist), die Tätigkeit "Sand- und Schottergewinnung" der Beitragsgruppe 6 und die Tätigkeit "Erd- und Raupenarbeiten" der Beitragsgruppe 6 zuzuordnen. Die von der Beschwerdeführerin ausgeübten Tätigkeiten seien daher nicht ausschließlich in die Beitragsgruppe 6, sondern in die Beitragsgruppen 5 und 6 einzureihen. Da keine nach Beitragsgruppen getrennte Beitragsberechnung erfolgt sei, werde der gesamte Umsatz in die in Betracht kommende niedrigste Beitragsgruppe, also gegenständlich in die Beitragsgruppe 5, eingereiht.

1.4. Mit gemeinsamem Schreiben vom 7. Oktober 2009 erhob die Beschwerdeführerin gegen alle zehn Bescheide Berufung und wandte sich darin gegen die von der belangten Behörde angenommene Zuordnung ihrer Umsätze zu den Beitragsgruppen 5 und 6. Da sie vornehmlich Umsätze aus Sand- und Schottergewinnung sowie Erd-, Grabungs- und Abbrucharbeiten (Beitragsgruppe 6) ausführe und Umsätze aus Sprengungen (Beitragsgruppe 5) nur in einem kleinen untergeordneten Ausmaß tätige, entspreche die Umgliederung der gesamten Umsätze von der Beitragsgruppe 6 in die Beitragsgruppe 5 nicht den tatsächlichen Verhältnissen und sei gesetzwidrig. Zudem stellte die Beschwerdeführerin die Nachreichung einer detaillierten Aufstellung der Umsätze in Aussicht.

Nach einem Urgenzschreiben des Landesabgabenamtes legte die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 28. Oktober 2009 schließlich eine "detaillierte Aufgliederung der Erlöse in die Beitragsgruppen 5 und 6 in Spreng- und Schottererlöse" zur Berufungsergänzung vor und beantragte eine "Umgliederung und Neufestsetzung der Beitragshöhe auf Basis dieser Erlöszuordnung". Die vorgelegte Umsatzaufgliederung ergab - bei 50%iger Zuordnung der Umsätze zu den Betriebsstätten H und W - für beide Betriebsstätten jeweils folgendes Bild:

Jahr

Sprengumsätze

Erlöse aus Sand und Schottergewinnung

2005

45.000,00 EUR

1,837.008,32 EUR

2006

7.180,00 EUR

1,536.361,70 EUR

2007

11.870,00 EUR

1,537.499,86 EUR

2008

21.716,00 EUR

1,730.791,70 EUR

2009

28.289,50 EUR

1,992.254,35 EUR

Für Recyclingumsätze der Beitragsgruppe 5 bleibt nach dieser Umsatzaufgliederung der Beschwerdeführerin, die in Summe jeweils den vom Landesabgabenamt bescheidmäßig festgestellten Jahresumsatz der Betriebsstätte H bzw. W ergibt, kein Raum mehr.

1.5. Mit dem erstangefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung gegen die Beitragsfestsetzungen für die Betriebsstätte in H, mit dem zweitangefochtenen Bescheid die Berufung gegen die Beitragsfestsetzungen für die Betriebsstätte in W ab.

Begründend führte sie in beiden Fällen aus, § 38 Abs. 3 Salzburger Tourismusgesetz 2003 (S.TG) verlange, dass eine Umsatzaufteilung bereits in der Beitragserklärung zu erfolgen habe. Dies würden auch die Erläuterungen in der Regierungsvorlage unterstreichen. Demnach sei es den Beitragspflichtigen verwehrt, im Berufungsverfahren ein neues Sachverhaltsvorbringen hinsichtlich einer Aufteilung der Umsätze auf einzelne Beitragsgruppen zu erstatten. Werde also in der Beitragserklärung eine solche Aufteilung nicht vorgenommen, dann komme es zu jener Rechtsfolge, die in den Erläuterungen als Sanktion angesprochen werde. Der gesamte Umsatz werde der in Betracht kommenden niedrigsten Beitragsgruppe zugeordnet. Dies sei im beschwerdegegenständlichen Fall die für Spreng- und Bohrtechnik (Berufe, die nicht ausdrücklich genannt sind) und Recycling (Einzelhandel, der nicht ausdrücklich genannt ist) geltende Beitragsgruppe 5. Die nunmehr mit der Berufung bekanntgegebene Aufteilung des Gesamtumsatzes könne auf Grund des § 38 Abs. 3 S.TG nicht mehr berücksichtigt werden. Es würde sowohl der dargelegten Sanktionsfunktion als auch der beabsichtigten Entlastung des Landesabgabenamtes widersprechen, wenn die Umsatzaufteilung auch noch nachträglich vorgenommen werden könnte. Aus diesem Grund hätte die belangte Behörde bei der Beitragsfestsetzung auch die Umsätze aus der Sand- und Schottergewinnung und Erd- und Raupenarbeiten mit dem für die Beitragsgruppe 5 geltenden Beitragssatz von 0,90 Promille belasten müssen.

Zwar sei bei der Auslegung des § 38 Abs. 3 S.TG zu berücksichtigen, dass die Beitragsgruppen des S.TG eine unterschiedliche Nähe der betreffenden Berufsgruppen und Branchen zum Tourismus zum Ausdruck brächten und der Umsatz einen jeweils anderen Tourismusnutzen repräsentiere, welcher die unterschiedlichen Beitragssätze rechtfertige. Würden im Rahmen eine Berufsgruppe daher (Haupt-)Umsätze getätigt, so sei davon auszugehen, dass diese in einer bestimmten, durch die Beitragsgruppen und die zugeordneten Beitragssätze konkretisierten Nähe zum Tourismus stünden. Nur sofern Hilfsumsätze ihrerseits "aufgrund der (weitgehenden) Identität des Adressatenkreises" keinen anderen Tourismusnutzen als die Hauptumsätze repräsentierten, müssten diese nicht gesondert ausgewiesen werden. Im vorliegenden Fall könne aber "der aus der Tätigkeit 'Spreng- und Bohrtechnik' erzielte Umsatz keinesfalls als Hilfsumsatz für die 'Sand- und Schottergewinnung' angesehen" werden.

1.6. Mit Beschluss vom 20. September 2010, B 391/10-3 und B 398/10-3, lehnte der gegen diese Bescheide zunächst mit Beschwerde angerufene Verfassungsgerichtshof die Behandlung derselben ab und trat die Beschwerden dem Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG zur Entscheidung ab.

Begründend führte der Verfassungsgerichtshof unter anderem aus, dass im Hinblick auf die Vorjudikatur keine Bedenken gegen eine Regelung bestünden, nach der alle Berufsgruppen, die in der Anlage nicht angeführt seien, unabhängig von der Ortsklasse pauschal in eine einzige (relativ günstige) Beitragsgruppe einzureihen seien. Auch gegen § 38 Abs. 3 Satz 2 S.TG bestünden angesichts der von ihm verfolgten legitimen verwaltungsökonomischen Ziele (Hinweis auf die Materialien 107 Blg. zum stenographischen Protokoll des Salzburger Landtages,

11. GP) keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Den Beitragspflichtigen sei es zumutbar, die Aufteilung ihrer Umsätze auf die Beitragsgruppen bereits verbindlich in der Beitragserklärung vorzunehmen.

1.7. Gegen diese beiden Bescheide wenden sich die beiden Beschwerden, in denen jeweils Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhalts geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde legte die Akten vor und erstattete Gegenschriften, in welchen sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerden beantragte.

2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat - nach Verbindung der Beschwerden zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung - über die Beschwerden erwogen:

2.1. Das Salzburger Tourismusgesetz 2003 - S.TG 2003, LGBl. Nr. 43/2003 (WV) lautet in der diesbezüglich unveränderten Stammfassung auszugsweise:

"5. Abschnitt

Verbandsbeiträge

Beitragsgruppen

§ 32

(1) Zur Berechnung der Verbandsbeiträge werden die Berufsgruppen der Pflichtmitglieder in Beitragsgruppen (1 bis 7) eingeteilt. Die Einreihung der einzelnen Berufsgruppen in die Beitragsgruppen hat die Landesregierung durch Verordnung zu treffen (Beitragsgruppenordnung). Die Einreihung ist gesondert für die einzelnen Ortsklassen (§ 34) vorzunehmen. Sie hat in sieben Gruppen zu erfolgen.

(2) Für die Einreihung in Beitragsgruppen ist das Verhältnis des von der einzelnen Berufsgruppe nach allgemeinen wirtschaftlichen Erfahrungen aus dem Tourismus mittelbar oder unmittelbar erzielten Erfolges zum entsprechenden Gesamterfolg aller Berufsgruppen unter Beachtung der branchentypischen Umsatzstruktur (eigene Wertschöpfung) maßgebend.

Sonderfälle des beitragspflichtigen Umsatzes

§ 36

(1) Ist ein Pflichtmitglied in mehrere Beitragsgruppen eingereiht, ist der Verbandsbeitrag nach Beitragsgruppen getrennt zu berechnen, jedoch in einem Gesamtbetrag zu entrichten.

Vereinfachte Umsatzermittlung

§ 38

(3) Fallen die Umsätze eines Pflichtmitgliedes durch Zugehörigkeit zu verschiedenen Berufsgruppen in unterschiedliche Beitragsgruppen (§ 36 Abs. 1), hat der Beitragspflichtige für eine nach Beitragsgruppen getrennte Erfassung der Umsätze zu sorgen und die auf diese jeweils entfallenden Umsätze der Beitragsberechnung zugrunde zu legen. Unterlässt dies der Beitragspflichtige, wird der gesamte Umsatz der für den Beitragspflichtigen in Betracht kommenden niedersten Beitragsgruppe zugeordnet. Teilt der Beitragspflichtige den Umsatz nicht auf alle für ihn in Betracht kommenden höheren Beitragsgruppen auf, gilt der Beitrag diesbezüglich trotzdem als richtig festgesetzt.

Beitragserklärung und Beitragsleistung

§ 40

(1) Jedes Pflichtmitglied hat bis 31. Mai eines jeden Jahres (…) dem Landesabgabenamt eine Erklärung über den für die Beitragsbemessung nach den vorstehenden Bestimmungen maßgebenden Umsatz und den sich danach ergebenden Verbandsbeitrag abzugeben (Beitragserklärung). Diese Erklärung hat alle für die Beitragsfeststellung erforderlichen Aufschlüsselungen des Umsatzes und sonstigen Angaben zu enthalten. Die Beitragserklärung ist unter Verwendung eines von der Landesregierung aufzulegenden Formulares zu erstatten. Ist ein Umsatzsteuerbescheid für das maßgebende Kalenderjahr bereits zugestellt, sind die in Betracht kommenden Angaben aus diesem Bescheid in die Beitragserklärung zu übernehmen. (…)"

2.2. Die Erläuterungen zu § 38 Abs. 3 S.TG lauten (Nr. 107 der Beilagen zum stenografischen Protokoll des Salzburger Landtages, 11. GP):

"Eine der größten Belastungen des Landesabgabenamtes stellt es dar, der Aufteilung eines Beitragspflichtigen auf mehrere Beitragsgruppen nachzugehen. Die Beitragserklärungen sind diesbezüglich in vielen Fällen mangelhaft. Zur an sich bereits aus dem Bestand unterschiedlicher Beitragsgruppen ableitbaren Pflicht zur gesonderten Zuordnung der Umsatzanteile wird nun eine Sanktion festgelegt, die gewährleisten soll, dass diese Aufteilungspflicht auch befolgt wird. Anderenfalls ist der gesamte Umsatz der niedersten für den Beitragspflichtigen in Betracht kommenden Beitragsgruppe (mit einem höheren oder dem höchsten Beitragssatz) zuzuordnen. Wird eine Teilung zwar vorgenommen, nicht aber auf sämtliche in Betracht kommenden Beitragsgruppen, so gilt diese insoweit als richtig, als der Beitragspflichtige zu niedere Beitragsgruppen gewählt hat. In diesem Fall kommt es zu keiner Richtigstellung und Festsetzung durch das Landesabgabenamt."

3.1. Mit Erkenntnis vom 13. Dezember 2007, B-588/07 u.a., hat der Verfassungsgerichtshof eine Verpflichtung zur getrennten Erfassung von "Hilfsumsätzen" nach § 38 Abs. 3 S.TG verneint und dies folgendermaßen begründet:

"2.2. Werden im Rahmen einer "Berufsgruppe" … (Haupt)Umsätze getätigt, so ist davon auszugehen, dass diese in einer bestimmten, durch die Beitragsgruppen und die zugeordneten Beitragssätze näher konkretisierten Nähe zum Tourismus stehen. (…) Es liegt auf der Hand, dass der Fremdenverkehrsnutzen dieser Berufsgruppe nicht größer wird, wenn - wie im vorliegenden Fall von der beschwerdeführenden Partei vorgebracht - im Zusammenhang mit dieser Tätigkeit Hilfsumsätze getätigt werden, die lediglich die Hauptumsätze ergänzen und im Wesentlichen denselben Adressatenkreis haben wie die Hauptumsätze. Da derartige Hilfsumsätze aufgrund der (weitgehenden) Identität des Adressatenkreises ihrerseits keinen anderen Fremdenverkehrsnutzen als die Hauptumsätze repräsentieren, ist es von vornherein verfehlt, sie einer eigenen Beitragsgruppe zuzuordnen. Dann kann aber auch nicht davon ausgegangen werden, dass den Beitragspflichtigen die Verpflichtung trifft, Hilfsumsätze der geschilderten Art gesondert der Beitragsberechnung zugrunde zu legen. Das Unterlassen dieser Bekanntgabe kann in diesem Fall folglich keinesfalls die Sanktion des §38 Abs3 S.TG auslösen.

Der Bescheid war daher schon deshalb aufzuheben, weil die belangte Behörde von der verfehlten Rechtsansicht ausgegangen ist, dass die im Beschwerdefall getätigten Hilfsumsätze jeweils eigene unternehmerische Tätigkeiten des Beitragspflichtigen begründen.

2.3. In Anbetracht dieses Ergebnisses kann dahingestellt bleiben, ob die belangte Behörde der angewendeten Vorschrift auch einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt hat, weil bei der von ihr vertretenen Interpretation dieser Vorschrift das Unterlassen einer getrennten Bekanntgabe von bloßen Hilfsumsätzen anscheinend durch eine Sanktion geahndet würde, die in keinem Verhältnis zum Fehlverhalten des Beitragspflichtigen steht und durch das Ziel der Verwaltungsökonomie jedenfalls nicht mehr gerechtfertigt werden könnte."

3.2. Im Beschwerdefall ist nun hinsichtlich der Festsetzung der Tourismusverbandsbeiträge durch die belangte Behörde im Wesentlichen strittig, ob die Sprengumsätze der Beschwerdeführerin getrennt zu erfassen und der Beitragsberechnung zugrunde zu legen gewesen wären oder ob sie als "Hilfsumsätze" nicht gesondert zu erfassen sind.

Die Beschwerdeführerin sieht die Sprengumsätze als Hilfsumsätze zu den Umsätzen der Beitragsgruppe 6 nicht gesondert ausweispflichtig. Die belangte Behörde habe zu der von ihr übermittelten Umsatzaufstellung keine weiteren zweckdienlichen Erhebungen durchgeführt und in den angefochtenen Bescheiden ohne nähere Begründung apodiktisch den Charakter als Hilfsumsätze verneint.

Im Bereich der Erdarbeiten sowie Sand- und Schottergewinnung seien im Zuge des Güterwegebaues und Aushubes jedoch begleitende Sprengungen bei entsprechenden Geländegegebenheiten üblich bzw. notwendig. Die Feststellung der belangten Behörde, dass der "Adressatenkreis" der Umsätze keine weitgehende Identität aufweise, sei unrichtig, unbegründet und auf keinerlei Erhebungen oder Angaben im Verwaltungsverfahren gestützt. Geeignete behördliche Nachforschungen, inwieweit diese Rechtsmeinung in der Geschäftstätigkeit der Beschwerdeführerin begründet sei, habe die belangte Behörde nicht getroffen.

Tatsächlich seien die Sprengumsätze Hilfsumsätze mit weitgehend gleichem "Adressatenkreis" und unterstützendem Charakter für die Erdbewegung und Sand- und Schotterlieferung. Die Fremdenverkehrsnutzung der Berufsgruppe Sand- und Schottergewinnung werde mit dieser Hilfstätigkeit nicht größer. Es sei daher rechtlich verfehlt, die Sprengumsätze einer eigenen Beitragsgruppe zuzuordnen.

3.3. Die belangte Behörde vertritt die Auffassung, dass "der aus der Tätigkeit 'Spreng- und Bohrtechnik' erzielte Umsatz keinesfalls als Hilfsumsatz für die 'Sand- und Schottergerwinnung' angesehen werden" könne.

Dabei räumt die belangte Behörde in ihren Bescheidbegründungen - in Übereinstimmung mit dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 13. Dezember 2007, B-588/07 u.a. - zwar zunächst selbst ein, bei der Auslegung des § 38 Abs. 3 S.TG sei zu berücksichtigen, dass die Beitragsgruppen des S.TG eine unterschiedliche Nähe der betreffenden Berufsgruppen und Branchen zum Tourismus zum Ausdruck brächten und der Umsatz einen jeweils anderen Tourismusnutzen repräsentiere, welcher die unterschiedlichen Beitragssätze rechtfertige. Sofern daher Hilfsumsätze ihrerseits "aufgrund der (weitgehenden) Identität des Adressatenkreises" keinen anderen Tourismusnutzen als die Hauptumsätze repräsentierten, müssten diese nicht gesondert ausgewiesen werden.

Feststellungen, warum im Beschwerdefall von keiner (weitgehenden) Identität des "Adressatenkreises" auszugehen sei, gibt es in den angefochtenen Bescheiden allerdings keine. Die belangte Behörde hat es in den angefochtenen Bescheiden unterlassen, den Berufungsangaben der Beschwerdeführerin zum "untergeordneten" Charakter der Sprengumsätze entgegenstehende Beweisergebnisse anzuführen und zu begründen, weshalb sie unter Berücksichtigung solcher Beweisergebnisse zu der getroffenen Annahme gelangte.

Auch zu den in den Bescheidbegründungen ebenfalls angeführten Recycling-Umsätzen der Beitragsgruppe 5 fehlen in den angefochtenen Bescheiden Feststellungen.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausgeführt hat, ist ein Bescheid, wenn ihm ein Begründungsmangel anhaftet, der zur Folge hat, dass die Beschwerdeführerin über die von der belangten Behörde getroffenen Erwägungen nicht ausreichend unterrichtet und die Überprüfung des angefochtenen Bescheides auf die Rechtmäßigkeit seines Inhaltes gehindert wird, und nicht auszuschließen ist, dass die belangte Behörde bei Vermeidung des Mangels zu einem anderen Bescheid gekommen wäre, gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 27. September 1994, Zl. 94/17/0284 m.w.N.).

Dies ist hier der Fall. Angesichts der Knappheit der Begründung der angefochtenen Bescheide ist der Verwaltungsgerichtshof nicht in der Lage zu beurteilen, auf Grund welcher Überlegungen die belangte Behörde davon ausgegangen ist, dass der aus der Tätigkeit "Spreng- und Bohrtechnik" erzielte Umsatz "keinesfalls" als Hilfsumsatz für die "Sand- und Schottergewinnung" anzusehen sei.

Wenn die belangte Behörde nunmehr in ihrer Gegenschrift etwa auf die getrennten Gewerbeberechtigungen der Beschwerdeführerin für Sand- und Kiesgewinnung einerseits und für Sprengunternehmungen andererseits oder auf den Internetauftritt der Beschwerdeführerin verweist, so ist ihr schon entgegenzuhalten, dass Darlegungen in der Gegenschrift fehlende Erörterungen und Feststellungen im angefochtenen Bescheid nicht zu ersetzen vermögen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 21. Mai 1990, Zl. 89/15/0115).

Da die belangte Behörde somit die angefochtenen Bescheide mit dem dargestellten Begründungsmangel belastet hat, waren sie gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

3.4. Sollte die belangte Behörde im fortzusetzenden Verfahren neuerlich den Charakter der Sprengumsätze als getrennte Hauptumsätze (statt als Hilfsumsätze) bejahen, müsste sich die belangte Behörde im Hinblick auf die Sanktionsfolge des § 38 Abs. 3 S.TG in der Folge noch damit auseinander setzen, ob die von der Beitragspflichtigen eingeschlagene Vorgehensweise einer gemeinsamen Erfassung der Umsätze einer vertretbaren (wenn auch letztlich unrichtigen) Rechtsmeinung entspringt. Die Beitragspflichtigen können nämlich über § 38 Abs. 3 S.TG nicht dazu gezwungen werden, von vornherein eine für sie ungünstige Rechtsauslegung einzunehmen, um allfällige Sanktionsfolgen nach § 38 Abs. 3 S.TG zu vermeiden.

So hat der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 23. Februar 2012, Zl. 2007/17/0082, 0083 ausgesprochen, dass eine unterlassene Aufschlüsselung nicht die Rechtsfolgen des § 38 Abs. 3 S.TG nach sich ziehen kann, wenn die von der Beitragspflichtigen vorgenommene Aufschlüsselung einer vertretbaren Rechtsmeinung entspringt. Möglicherweise letztlich inhaltlich unrichtige Erklärungen können nämlich ebenso wenig einen Anwendungsfall von § 38 Abs. 3 S.TG begründen wie unrichtige Angaben in Steuererklärungen einen Verspätungszuschlag auslösen können. Andernfalls würden legitime rechtliche Auseinandersetzungen über die richtige abgabenrechtliche Einordnung von Zweifelsfällen stets von der drohenden Sanktionsfolge des § 38 Abs. 3 S.TG belastet.

Dem stehen auch nicht die Ausführungen des Verfassungsgerichtshofs in dem in Pkt. 1.6. zitierten Ablehnungsbeschluss entgegen, wonach es den Beitragspflichtigen zumutbar sei, "die Aufteilung ihrer Umsätze auf die Beitragsgruppen bereits verbindlich in der Beitragserklärung vorzunehmen". Eine Sanktionsfolge auch für die Zugrundelegung von vertretbaren Rechtsauslegungen der Beitragspflichtigen in ihren Beitragserklärungen ergibt sich daraus nicht. Es ist nämlich weder aus dem Wortlaut, der Zielsetzung oder der Systematik der Bestimmung noch aus den Materialien erkennbar, dass diese nicht nur im Dienste der Verwaltungsökonomie eine besondere vorfeldweise Mitwirkung der Beitragspflichtigen durch frühzeitige gesonderte Erfassung ihrer erkennbar verschiedenen Beitragsgruppen angehörenden Umsätze, sondern darüber hinaus auch - je nach Blickrichtung - eine einseitige Prämierung bzw. Sanktionierung für den Fall des Obsiegens der Abgabenbehörde in einem Rechtsstreit über die richtige Rechtsauslegung hinsichtlich einer strittigen Beitragsgruppeneinordnung normieren wollte.

Zum Zeitpunkt der Abgabe der gegenständlichen Beitragserklärungen hatte die Beitragspflichtige zudem noch keine Kenntnis vom Rechtsstandpunkt des Landesabgabenamtes hinsichtlich einer Verneinung des von der Beschwerdeführerin angenommenen "untergeordneten" Charakters der Sprengumsätze, auf den sie etwa durch eine eventualiter getrennte Offenlegung der Sprengumsätze und entsprechende Beitragsberechnung "unter Vorbehalt" hätte reagieren können (vgl. dazu auch das hg. Erkenntnis vom 25. Mai 2005, Zl. 2003/17/0117).

Die Behauptung der belangten Behörde in der Gegenschrift, dass die Sanktion des § 38 Abs. 3 S.TG für die Beschwerdeführerin vorhersehbar gewesen sei und durch eine gehörige Aufteilung der Umsätze nach der (letztlich unbeantworteten) Aufforderung durch das Landesabgabenamt vom 24. November 2008 noch von vornherein vermeidbar gewesen wäre, findet in eben diesem Schreiben keine Entsprechung. Weder enthält das Schreiben einen Hinweis auf § 38 Abs. 3 S.TG noch darauf, dass dessen Rechtsfolge durch seine Beantwortung vermieden werden könnte. Ihm ist auch keinerlei Rechtsstandpunkt der Behörde zu entnehmen. Es verlangt lediglich "zur Bearbeitung der Beitragserklärung" eine zahlenmäßige Aufschlüsselung der Umsätze auf mehrere, einzeln genannte Bereiche, von denen zwei unzweifelhaft der Beitragsgruppe 6 angehören und daher nicht im Sinne des § 38 Abs. 3 S.TG getrennt zu erfassen wären (s Pkt. 1.2). Im Übrigen ist die belangte Behörde in den angefochtenen Bescheiden selbst - ohne die in der Gegenschrift vertretene Differenzierung - davon ausgegangen, dass allein eine getrennte Erfassung der Umsätze bereits in der Beitragserklärung die Sanktionsfolge des § 38 Abs. 3 S.TG vermeiden kann (s oben Pkt. 1.5.).

4. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 15. März 2012

Schlagworte

Begründungspflicht Beweiswürdigung und Beweismittel AllgemeinBegründungspflicht und Verfahren vor dem VwGH Begründungsmangel als wesentlicher Verfahrensmangel"zu einem anderen Bescheid"

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2012:2010170210.X00

Im RIS seit

04.09.2019

Zuletzt aktualisiert am

04.09.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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